mehr
eine sehr dürftige. Als der
Vater ihn und einen ältern
Bruder 1757 zu seinem Schwiegersohn von Krackwitz, Gutsbesitzer aus
der
Insel
Rügen, schickte, erregte hier der Anblick schwedischer
Husaren die Kriegslust so mächtig in ihnen, daß sie heimlich
das
Gut verließen und sich in das in der
Nähe kantonierende Husarenregiment
Sparre als
Freiwillige aufnehmen
ließen. Bei einem
Streifzug wurde Blücher von preußischen
Husaren des Bellingschen
Regiments gefangen und zum Obersten
Belling gebracht, der ihn seines kecken soldatischen Benehmens wegen liebgewann
und ihn zum Übertritt unter
Friedrichs
Fahnen
aufforderte. Blücher wurde 1760 preußischer
Kornett und
Bellings
Adjutant, 1761 Premierleutnant und zeichnete
sich in der
Schlacht bei
Freiberg
[* 2] aus. 1770 rückte er mit seinem
Regiment in
Polen ein und ward 1771 Stabsrittmeister.
Da er durch seine Lust an
Spiel und
Wein, seine Streitsucht und seinen
Verkehr mit den
Polen sich den
Tadel seines
Kommandeurs,
des
Generals v.
Lossow, zuzog und bei der nächsten Beförderung übergangen wurde, schrieb
er an
Friedrich
II. die kühnen
Worte: »Der von Jägersfeld, der kein andres
Verdienst hat, als der Sohn des
Markgrafen von
Schwedt
[* 3] zu sein,
ist mir vorgezogen worden.
Ich bitte
Ew.
Majestät um meinen
Abschied.« Der König ließ ihn ¾ Jahr in
Arrest
setzen, damit er sich eines
Bessern besinne, und als der Unbeugsame bei seiner
Erklärung blieb, erklärte der König: »Der
Rittmeister v. Blücher ist seiner
Dienste
[* 4] entlassen; er kann sich zum
Teufel scheren«. Blücher widmete sich nun der
Landwirtschaft, heiratete
die schöne Tochter des sächsischen Obersten v. Mehling, verwaltete zuerst
ein
Gut desselben, kaufte dann das
Gut
Groß-Raddow in
Pommern,
[* 5] bew
ährte sich als einsichtsvoller Landwirt und wurde Deputierter
der Landschaftsdirektion.
Selbst der große König bezeugte ihm mündlich und schriftlich seine Achtung, obwohl er ihm eine Anstellung in der Armee, um die Blücher wiederholt nachsuchte, verweigerte. Erst 1787, nachdem Friedrich Wilhelm II. den Thron [* 6] bestiegen, durfte in sein altes Regiment und zwar als Major wieder eintreten. Er machte, ohne ins Gefecht zu kommen, den holländischen Feldzug mit, wurde 1788 Oberstleutnant und 1791 Oberst der roten Husaren.
Der
Krieg mit
Frankreich bot ihm Gelegenheit, sich namentlich bei
Kaiserslautern
[* 7] 1793 und
Kirrweiler 1794 als
kühner Reiterführer zu bew
eisen. Er avancierte 1794 zum
Generalmajor, 1801 zum
Generalleutnant und nahm 1803 als
Gouverneur
der von
Preußen
[* 8] neuerworbenen westfälischen
Landschaften seinen Sitz in
Münster,
[* 9] wo er mit dem
Oberpräsidenten vom
Stein auf
das erfolgreichste zusammenwirkte. Nach dem
Tod seiner ersten
Frau (1789) hatte er sich mit Amalie v.
Colomb
verheiratet. Im
Krieg von 1806, zu
dem er eifrig getrieben hatte, befehligte Blücher bei
Auerstädt
[* 10] 14. Okt. die
Vorhut, folgte nach
dem unglücklichen
Ausgang der
Schlacht dem
Fürsten von
Hohenlohe an die Oder und wandte sich nach der
Kapitulation von
Prenzlau
[* 11] durch das Mecklenburgische nach
Lübeck,
[* 12] um im schlimmsten
Fall sich einzuschiffen, sah sich aber, nachdem
die
Franzosen die Stadt erstürmt hatten, nach großem Verlust gezwungen, mit 6000
Mann in Ratkau zu kapitulieren.
Auf
Ehrenwort entlassen, ging er nach
Hamburg,
[* 13] ward aber schon gegen den
General
Victor ausgew
echselt. Nach dem
Tilsiter
Frieden erhielt er das
Generalkommando in
Pommern und hörte nicht auf, von hier aus den König zu neuem
Kampf gegen
den Unterdrücker zu mahnen. Er verbarg seinen leidenschaftlichen
Haß
gegen
Frankreich so wenig, daß der König es 1812 für
nötig fand, ihn vom
Generalkommando zu entfernen und ihm
Schlesien
[* 14] als
Wohnsitz anzuweisen. Als 1813 der
Krieg erklärt worden war, wurde Blücher, der 1809 zum
General der
Kavallerie befördert worden war, besonders auf
Scharnhorsts Betrieb,
anfangs unter dem Oberbefehl
Wittgensteins, an die
Spitze der preußischen
Truppen in
Schlesien gestellt. Er befehligte dieselben
bei
Lützen
[* 15] und bei
Bautzen
[* 16] und schlug auf dem
Rückzug die französische
Vorhut bei
Haynau; doch war die
ganze Kriegführung und insbesondere der
Waffenstillstand vom 4. Juni nicht nach seinem
Sinn, er fühlte sich durch die diplomatische
Art der obersten Heeresleitung in hohem
Grad beschränkt.
Um so freudiger begrüßte
er den Wiederbeginn der Feindseligkeiten, und ein weites
Feld eröffnete sich
seiner Kampfeslust, als ihm der Oberbefehl des schlesischen
Heers
übertragen wurde. Unterstützt von dem gleichgesinnten
Gneisenau,
war Blücher neben
Bülow die treibende
Kraft
[* 17] in der
Aktion der Verbündeten und errang die bedeutendsten Erfolge. Er vernichtete
in der
Schlacht an der
Katzbach (26. Aug.) das
Heer
Macdonalds, erbeutete 105
Kanonen und befreite
Schlesien, erzwang 3. Okt. den
Übergang über die
Elbe bei
Wartenburg und schlug 16. Okt.
Marmont bei
Möckern. Am 18. stellte er sich mit großer Selbstverleugnung
unter den zaudernden
Kronprinzen von
Schweden,
[* 18] war aber auch jetzt allen voran und drang 19. Okt. stürmend in die
Thore
Leipzigs
ein. Er wurde nun zum
Feldmarschall ernannt und von den verbündeten Monarchen aufs höchste ausgezeichnet.
In dem
Hauptquartier
der Verbündeten in
Frankfurt
[* 19] drang er, in
Opposition gegen die österreichische
Diplomatie, mit allem
Nachdruck auf einen Heereszug
gegen
Paris.
[* 20] Am Neujahrstag 1814 überschritt das schlesische
Heer den
Rhein bei
Kaub und
Mannheim.
[* 21] Nachdem
Blücher trotz des zweifelhaften
Kampfes bei
Brienne seine Vereinigung mit der Hauptarmee bew
erkstelligt und mit derselben 1. Febr. bei
La Rothière gesiegt hatte, versuchte er selbständig mit seinem
Truppen an der
Marne gegen
Paris zu operieren. Da seine Heerhaufen
aber getrennt marschierten, so gelang es
Napoleon, dieselben einzeln anzugreifen und in die größte
Gefahr
zu bringen. Nur mit großem Verlust vermochte Blücher sich den
Rückzug nach
Châlons frei zu machen und den Rest seines
Heers wieder
zu vereinigen. Er zog sich nun auf die Hauptarmee zurück, schloß sich aber dem weitern
Rückzug derselben nicht an, sondern
wirkte sich die Erlaubnis zu einer neuen, selbständigen
Operation aus. Er marschierte an die
Aisne, vereinigte
sich mit dem von
Norden
[* 22] anrückenden
Bülow und gewann
9. und 10. März den
Sieg bei
Laon. Trotz ernster
Krankheit, die ihn nötigte,
vom
Wagen aus zu kommandieren, trieb er zum
Marsch nach
Paris und erstürmte hier den
Montmartre. Doch nahm
er in seiner
Verstimmung über die den
Franzosen gemachten
Konzessionen an dem Einzug nicht teil und legte 2. April den Oberbefehl
nieder. Von
Friedrich
Wilhelm III. wurde er zum
Fürsten von Wahlstadt ernannt und erhielt die Herrschaft
Trebnitz in
Schlesien
als
Dotation.
Als er im Juni den verbündeten Monarchen nach
England folgte, ward er hier mit einem Jubel
empfangen, der alle
Grenzen
[* 23] überstieg. Die Stadt
London
[* 24] verehrte ihm das
Bürgerrecht und die
Universität
Oxford
[* 25] den Doktorhut.
Er begab sich darauf auf seine schlesischen
Güter und lebte, von
Krankheit oft beschwert, abwechselnd dort und zu
Berlin.
[* 26]
Nach Napoleons Rückkehr von Elba zum ¶
mehr
Oberfeldherrn der preußischen Armee ernannt, nahmen er und Wellington in Belgien [* 28] eine etwas zu ausgedehnte Stellung ein. Bei Ligny von der französischen Hauptmacht geschlagen, wobei er infolge des Sturzes seines verwundeten Pferdes fast gefangen genommen worden wäre, zeigte Blücher nicht die geringste Entmutigung und langte 18. Juni zeitig genug bei Belle-Alliance an, um den bedrängten Wellington zu retten und Napoleon den Sieg zu entreißen. Unermüdet stürmte er darauf hinter dem stehenden Feind her, und schon am 29. stand er zum zweitenmal vor Paris.
Den angebotenen Waffenstillstand verwarf er, schlug den Feind bei Sèvres, Plessis, Piquet und Issy, zwang
die Hauptstadt zur Kapitulation und das Heer zum Abzug hinter die Loire und zog 7. Juli Paris ein, wo er sein Hauptquartier im Schloß
St.-Cloud nahm. Friedrich Wilhelm III. schuf einen eignen Ordensstern für ihn, das Eiserne Kreuz, von goldenen Strahlen umgeben;
aber fast mehr noch, als ihn die Dankbarkeit seines Königs freute, ärgerte ihn das Schonungssystem,
das man wieder anwenden zu wollen schien. Er drang aufs neue aus für Deutschland
[* 29] günstigere Friedensbedingungen und gebrauchte
in den Verhandlungen einen den Franzosen ungew
ohnten Ton und die deutsche Sprache. An Wellingtons großer diplomatischer Tafel
brachte er den berühmten Toast aus: »Was die Schwerter
[* 30] uns erwerben, laßt die Federn nicht verderben!«
Am 31. Okt. nahm er durch Proklamation vom Heer Abschied und kehrte abermals im Triumph nach Deutschland zurück.
Nur die Spannung und Energie des Geistes hatte bisher seinen kränklichen Körper aufrecht gehalten; jetzt, nach geschlossenem Frieden, zeigte sich seine Gesundheit zerrüttet durch Strapazen, der Körper durch die Zahl der Jahre gebeugt. Er lebte meist auf seinen Gütern. 1819 besuchte er Karlsbad zum letztenmal, kehrte krank nach seinem Gut Krieblowitz in Schlesien zurück und starb sanft am Abend des Seinem Wunsch gemäß ward er prunklos bei den drei Linden an der Straße von Krieblowitz begraben. Blücher war ein stattlicher, schöner Mann von heldenhafter Erscheinung.
Seine Popularität war überaus groß, seine soldatische Derbheit ist fast sprichwörtlich gew
orden, und zahlreiche Äußerungen
derselben sind noch jetzt allbekannt. Seine Vorzüge bestanden in der Festigkeit
[* 31] des Willens, in seinem klaren Verstand, im
praktischen Scharfblick und in der Raschheit und Energie der That bei treffender, wenn auch oft derber
Rede. Trotz seiner großen Erfolge bew
ahrte er eine seltene Bescheidenheit. Seine vernachlässigte Erziehung, sein zügelloses
Jugendleben machten sich jedoch bis an sein Lebensende bemerklich; das Spiel liebte er leidenschaftlich, und trotz der Freigebigkeit
des Königs waren seine Vermögensumstände selten in geordneten Zustand.
Sein »Campagne-Journal der Jahre 1793 und 1794« erschien 1796, seine »Gedanken über Formierung einer preußischen Nationalarmee« 1805, merkwürdig durch die darin ausgesprochene Grundidee, jeder Preuße müsse Soldat, die Dienstzeit kurz, die Behandlung besser werden. Eine dritte Schrift von ihm: »Bemerkungen über die Instruktion und das Exerzieren der Kavallerie« (1807),
ist theoretisch von geringer Bedeutung. Ein Erzbild Blüchers, von Rauchs Meisterhand modelliert, schmückt seit 1820 den »Blücherplatz« zu Breslau, [* 32] ein andres desselben Meisters, seit 1826, den Opernplatz zu Berlin; ein drittes, von Schadow, mit der bekannten Inschrift von Goethe, befindet sich in Rostock. [* 33] Die besten Biographien Blüchers sind von F. Förster (Leipz. 1821), Varnhagen von Ense (»Biographische Denkmale«, Bd. 3),
J. ^[Johannes] Scherr (2. Aufl., das. 1865, 2 Bde.) und Wigger (s. unten).
Vgl. auch v. Schöning, Geschichte des preußischen 5. Husarenregiments mit besonderer Rücksicht auf Blücher (Berl. 1843),
und in Briefen aus den Feldzügen 1813-15« (hrsg. von v. Colomb, Stuttg. 1876).
Fürst Blücher hinterließ zwei Söhne, denen die gräfliche Würde zu teil ward:
1) Franz, Graf von Blücher-Wahlstadt, geb. machte die Feldzüge von 1813 und 1814 mit und starb als preußischer Generalmajor zu Köpenick, geisteskrank infolge der im Krieg erhaltenen Kopfwunden, mit Hinterlassung von zwei Söhnen: Gebhard, geb. erhielt den fürstlichen Titel nach dem Rechte der Erstgeburt, Haupt der Linie Blücher-Wahlstadt und erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, gest. und Gustav Oktavius Heinrich, Graf von Blücher, geb. Ehrenritter des Johanniterordens und preußischer Kammerherr, gest. in Baden-Baden. [* 34] Der Sohn des erstern, dem seine Gemahlin, die katholische Gräfin von Larisch-Moenich, sechs Herrschaften in Österreichisch-Schlesien zubrachte, Fürst Gebhard Lebrecht, geb. das jetzige Haupt der Familie, erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses und Herr der Majorate Krieblowitz und Wahlstadt, ist, wie seine Nachkommenschaft, katholisch.
2) Friedrich Gebhard, Graf von Blücher-Wahlstadt, geb. 1780, beteiligte sich ebenfalls an den Feldzügen von 1813-15, nahm später seinen Abschied als Oberstleutnant und starb ohne männliche Nachkommen. Ein Enkel des Oheims des Fürsten Blücher, Konrad Daniel von Blücher, geb. ist der Begründer einer eignen Linie, Blücher-Altona, machte sich in den Kriegsjahren 1813 und 1814 sowie später hochverdient um diese Stadt und starb daselbst als dänischer Geheimer Konferenzrat und Oberpräsident der Stadt. Er war mit seinen Nachkommen in den dänischen Grafenstand erhoben worden. Eine dritte Linie des Geschlechts, die Linie Blücher-Finken, die im Mecklenburgischen begütert ist, begründete der Domherr und Johanniterritter Ludwig Gerhard Hartwig Friedrich von Blücher, geb. gest. welcher vom König von Preußen in den Grafenstand erhoben ward.
Vgl. Wigger, Geschichte der Familie von Blücher (Rost. 1878, 2 Bde., von denen der zweite eine ausführliche Biographie des Feldmarschalls enthält).