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eine Unterscheidung zwischen einer sogen. Handelsblockade, d. h. einer Absperrung von dem militärisch durchaus unverfänglichen Handelsverkehr, und der militärischen Blockade, d. h. dem Abschneiden des Verkehrs mit einer Festung [* 2] oder einer Seestation von militärischer Bedeutung, nicht durchführen, und die Seemächte haben sich bisher den Versuchen gegenüber, das Blockaderecht auf das letztgedachte Gebiet zu beschränken, ablehnend verhalten. Dagegen ist der Unterschied zwischen effektiver und fiktiver Blockade. (Blocus sur papier, Papierblockade) von besonderer Wichtigkeit. In frühern Zeiten pflegten nämlich die Seemächte die bloße Erklärung des Blockadezustandes für ausreichend zu erachten, um denselben auch wirklich herbeizuführen.
Obgleich die thatsächliche Schließung des feindlichen Hafens nicht erfolgt und die Seesperre thatsächlich nicht eingetreten war, hielten sich kriegführende Seemächte gleichwohl durch jene Erklärung zur Wegnahme neutraler Schiffe [* 3] berechtigt, welche mit dem blockierten Hafen den Handelsverkehr fortsetzten. So läßt z. B. ein Edikt der niederländischen Generalstaaten vom die wichtigste ältere Urkunde über diesen Gegenstand, die Frage unentschieden, ob die Blockade, um wirksam zu sein, effektiv sein müsse oder nicht, d. h. ob die Ein- und Ausfahrt durch Kriegsschiff oder durch Landbatterien des blockierenden Staats denn auch in der That verhindert sein müsse.
Die sogen. bewaffnete Neutralität von 1780, welcher alle europäischen Mächte, mit Ausnahme von England, beitraten, stellte dagegen den Grundsatz aus, daß ein Hafen nur dann für blockiert gelten könne, wenn das Einlaufen in denselben mit unmittelbarer Gefahr verbunden sei, und der Pariser Kongreß stellte mit Zustimmung Englands den völkerrechtlichen Satz fest, daß eine Blockade nur dann obligatorisch sei, wenn sie effektiv wäre, d. h. aufrecht erhalten durch eine genügende Streitmacht, um wirksam das Anlegen an dem feindlichen Gestade zu untersagen.
Gleichwohl erklärte Dänemark [* 4] 1864 Stettin [* 5] in Blockadezustand, ohne die Absperrung durchzuführen. Es ist jedoch heutzutage als völkerrechtlich feststehender Grundsatz zu bezeichnen, daß die Blockade eine effektive sein muß, wenn anders sie die nachteiligen Folgen des Blockadebruchs herbeiführen soll, sei es nun, daß das neutrale Schiff [* 6] mit Gewalt oder mit List die Blockade zu brechen unternahm. Allerdings ist auch eine Erklärung der Blockade erforderlich und zwar zunächst eine allgemeine und öffentliche Proklamation des Blockadezustandes in Ansehung des betreffenden Hafens oder Seegebiets.
Außerdem muß aber auch ein in gutem Glauben dem Hafen sich näherndes Schiff von der Blockade besonders benachrichtigt werden. Macht sich dann ein neutrales Schiff gleichwohl mittels Gewalt oder List des Bruches der Blockade. Schuldig, so kann es von der blockierenden Macht genommen und als gute Prise (s. d.) behandelt werden. Gehört die Ladung einem andern Eigentümer als demjenigen, welchem das Schiff gehört, so erfolgt Freisprechung des erstern, wenn dem Eigentümer der Ladung die Absicht des Blockadebruchs unbekannt und dieser ohne sein Zuthun erfolgt war. Hat das Schiff, welches einen Blockadebruch beging, inzwischen einen neutralen Hafen erreicht, so kann es nicht noch nachträglich aufgebracht werden. Die Mannschaft des wegen Versuchs des Bruches der Blockade aufgebrachten Schiffes verfällt in keinerlei Strafe.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Völkerrechts Geßner, Le [* 7] droit des neutres sur mer (2. Aufl., Berl. 1876).