zukommenden Durchsichtigkeit beraubt oder dessen Gestalt bloß nachgeahmt wird, ohne daß man dabei einen andern Zweck als
den der Täuschung hat. So bringt man wohl blinde Fenster, Thüren etc. nur der Symmetrie wegen an, ohne zu bedenken, daß auf
diese Weise eine vorübergehende oder dauernde Täuschung nicht erzielt werden kann. Durch Anwendung solcher
Fenster oder Thüren gibt sich der Architekt selbst das Zeugnis, daß er nicht fähig war, Schönheit und Zweckmäßigkeit zu
vereinigen. -
Dann nennt man auch alles blind, was nur zum Schein geschieht oder vorhanden ist; z. B. blinder Angriff, s. v. w. Scheinangriff,
blinder Kauf, s. v. w. Scheinkauf. In der Anatomie heißt ein Kanal, der keinen Ausgang hat, z. B. der Blinddarm
der Pflanzenfresser.
Karl, deutscher Politiker und Schriftsteller, geb. zu Mannheim, beteiligte sich schon als Student der
Rechte in Heidelberg an politischen Bewegungen und wurde 1847 wegen Verbreitung der Heinzenschen Schrift »Deutscher Hunger und
deutsche Fürsten« verhaftet. Freigelassen, setzte er seine Mitarbeiterschaft an radikalen Blättern fort.
Beim Ausbruch der Revolution von 1848 trat er in Karlsruhe und Frankfurt als Parteiführer hervor. Verwundet, mußte er nach dem
Heckerschen Aufstand ins Elsaß flüchten, kämpfte im Herbst, als Mitglied der provisorischen Regierung, beim Freischarenzug
Struves mit, wurde mit letzterm im Schwarzwald gefangen genommen und 1849 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.
Von Volk und Soldaten befreit, ging er, da er Brentanos zweifelhafte Leitung der Revolution verwarf, als diplomatische Bevollmächtigter
des regierenden Landesausschusses nach Paris, wo er wegen angeblicher Teilnahme an Ledru-Rollins Erhebung verhaftet und vonL.
Napoleon für immer ausgewiesen wurde. Mit seiner Gattin, welche Gefängnis erduldet und Opfer für die
Volkssache gebracht, begab er sich nach Brüssel, 1852 nach London. Hier blieb er in enger Beziehung zu den Häuptern der europäischen
Demokratie, zu Garibaldi, Mazzini, Ledru-Rollin, Louis Blanc u. a., und war in der Presse Deutschlands, Englands, Italiens, Amerikas
thätig.
Jahrelang förderte er die schleswig-holsteinische Sache, z. B. durch vertrauliche Übermittelung von Denkschriften schleswigscher
Führer an das auswärtige Amt in London und an der Spitze eines deutschen Ausschusses. Seine Vaterlandsliebe bewies er 1870-71
durch umfassende Wirksamkeit. In deutschen, englischen, amerikanischen, italienischen Zeitschriften hat er eine Menge auf eigne
Forschungen gegründete Abhandlungen über germanisches Altertum, über Geschichte, Politik, Litteratur
und Sprachkunde veröffentlicht. Sein Stiefsohn Ferdinand (Cohen) versuchte, im Glauben an eine Abtretung deutschen Gebiets, einen
Angriff auf Bismarck und gab sich im Gefängnis den Tod.
Bodenbeleg aus Brettern oder Balken, welcher unter den eigentlichen Fußboden, mag dieser
nun aus gehobelten Dielen, Parkett oder aus Gipsguß bestehen, zu liegen kommt.
Die Blindboden tragen zur bessern Erhaltung der
Wärme im Zimmer wesentlich bei;
auch halten sich die eigentlichen Fußboden auf diesen länger.
(Blindeninstitute). Es gibt, abgesehen von Heilanstalten für Augenkranke, zwei
Arten
von Instituten für Blinde: Anstalten zur Versorgung unheilbarer Blinden (Blindenhospitäler), in denen erwachsene Blinde
Beschäftigung und Unterhalt finden, und Anstalten zur Erziehung und zum Unterricht blinder Personen, insbesondere blindgeborner
oder erblindeter Kinder. Das älteste bekannte Blindenhospital wurde 1260 nach dem Kreuzzug Ludwigs des
Heiligen unter dem Namen Quinze-Vingts in Paris gestiftet; es fanden darin vorzugsweise in Ägypten erblindete Krieger Aufnahme.
Nach den Befreiungskriegen wurden in Preußen aus milden Beiträgen für die erblindeten Krieger fünf Werkschulen, worin Anleitung
für Handarbeiten erteilt wurde, zu Königsberg, Marienwerder, Breslau, Berlin und Münster eingerichtet, von denen die
zu Königsberg und Breslau sich in andrer Gestalt bis jetzt erhalten haben. Ähnliche Arbeits- und Versorgungsanstalten, zum
Teil mit Unterrichtsanstalten verbunden, bestehen jetzt in Wien, Prag, Dresden, Gemünd in Württemberg, Dublin, Glasgow, Neapel,
Kopenhagen, Petersburg, Paris u. a. O. Die letztgenannten Anstalten zur Erziehung und zum Unterricht von blinden Personen, insbesondere
von Kindern, stammen erst aus der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Schon früher kannte man allerdings
Mittel, um Blinden mit Erfolg Unterricht in einem oder dem andern Fach der Wissenschaft oder Kunst zu erteilen; aber ihre Anwendung
beschränkte sich aus den Privatgebrauch und entbehrte einer festen Methode.
Gegenwärtig ist der öffentliche Blindenunterricht ein selbständiger Zweig der pädagogischen Didaktik
geworden. J. ^[Jacob] Bernoulli lehrte bereits 1667 zu Genf
ein blindes Mädchen schreiben; der blinde Saunderson konstruierte mit
Nadeln und Schnüren ein Rechen- und Meßbrett und löste damit verwickelte Aufgaben. Dasselbe ist von dem blinden Weißenburg
in Mannheim bekannt, der auch eine Lese- und Schreibmaschine erfand. Ein Fräulein Paradies zu Wien erdachte
sich höchst sinnreiche Apparate zum Lesen, Schreiben und Notensetzen und brachte es im Orgelspiel zur Virtuosität.
Sie hat durch das Zusammentreffen und Zusammenwirken mit Hauy zu Paris (1784) für die Geschichte der Blindenanstalten eine historische Bedeutung
erlangt. Valentin Hauy (geb. oder 1745 zu St.-Just, gest. 1822 in
Paris), der Bruder des berühmten Mineralogen, faßte nämlich den Gedanken, für die Blinden eine ähnliche Lehranstalt zu errichten,
wie der Abbé de l'Epée für Taubstumme gegründet hatte, und machte 1784 den Versuch mit einem blinden Knaben. Unterstützt
von der damals in Paris entstandenen Philanthropischen Gesellschaft, konnte Hauy bald noch elf andre blinde
Kinder dazunehmen, und so entstand die erste Anstalt, in welcher die Zöglinge nicht nur in abgemessenen Handarbeiten, sondern
auch in der Musik, im Lesen, Schreiben, Rechnen und in andern Wissenschaften unterrichtet wurden.
Zum Lesen gebrauchte Hauy erhabene Buchstaben aus Metall, womit zugleich auf Papier gedruckt werden konnte;
zum Schreiben einen Rahmen mit Drähten zur Trennung der Zeilen, welcher über das Papier gelegt wurde; zur Geographie Landkarten,
worauf die Gebirge, Flüsse, Städte und Landesgrenzen auf verschiedene Art gestickt waren: alles Vorrichtungen, die er durch
Fräulein Paradies kennen gelernt hatte. 1791 wurde die Anstalt zu einer königlichen erhoben und mit der
Taubstummenanstalt zusammengelegt, vier Jahre später indes wieder von ihr getrennt. Da Napoleon als Erster Konsul die Anstalt
Hauys mit dem Blindenhospital der Dreihundert verband,
mehr
zog sich dieser aus dem Staatsdienst zurück und wirkte fortan als Privatmann weiter für seine große Idee. 1806 ging er auf
Einladung des Kaisers Alexander 1. nach Petersburg, um dort ein öffentliches Blindeninstitut einzurichten. Nach der Restauration
wurde (1816) die Pariser Blindenanstalt vom Hospital wieder getrennt. Sie erhielt 80 Freistellen und als
Direktor den berühmten Arzt Guillié. Außer Paris besitzt Frankreich in mehreren Provinzialstädten, z. B. in Bordeaux, Nancy,
Lille, Marseille, Arras, Caen, Soissons, Lyon, St.-Hippolyte du Fort (protestantisch); im ganzen 16 Anstalten.
Nach dem Vorgang Frankreichs entstanden Blindenanstalten zunächst in England durch Privatwohlthätigkeit und anfangs mehr zum Unterricht
in Handarbeiten und im Kirchengesang, mit Ausschluß des geistbildenden Unterrichts, den man dort erst in
neuerer Zeit angenommen hat. Jetzt bestehen in Großbritannien mit Irland 24 öffentliche und 23 private Blindenanstalten. Im übrigen Europa
hat sich die Zahl der Blindenanstalten seit Beginn des Jahrhunderts so weit verbreitet, daß kein Land mehr ganz derselben
entbehrt, wenn auch kaum irgendwo dem Bedürfnis völlig genügt wird.
Amerika zählt gegenwärtig gegen 40 Blindenanstalten, wovon 30 auf die Vereinigten Staaten von Nordamerika entfallen. In Deutschland wurde
die erste öffentliche Blindenanstalt zu Berlin bei Hauys Durchreise 1806 durch die Unterstützung des Königs gegründet und
Zeune (s. d.) zum Direktor derselben ernannt, der sich seitdem um diese Anstalt und um die Verbesserung
und Vereinfachung des Blindenunterrichts überhaupt große Verdienste erworben hat. Im J. 1883 waren im Deutschen Reich 24 öffentliche
Blindenanstalten vorhanden, nämlich in Preußen 13, Bayern und Sachsen je 3, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar und Hamburg je
eine.
In den 13 preußischen Anstalten wurden 1880 zusammen 803 Kinder (502 Knaben, 201 Mädchen) von 117 Lehrern unterrichtet. Diesen
stand noch immer eine bedeutende Zahl blinder Kinder im schulpflichtigen Alter ohne Unterricht gegenüber. 1875 gab es im Staat 1050 blinde
Kinder im Alter von 8 bis 16 Jahren, von denen 356 in Blindenanstalten, 259 in Ortsschulen und 435 nicht unterrichtet
wurden. Es ist anzunehmen, daß das Verhältnis seither sich wesentlich gebessert hat. Als Musteranstalt und zur Ausbildung
von Blindenlehrern dient die königliche Blindenanstalt in Steglitz bei Berlin. In Berlin ist außerdem für ortsangehörige
blinde Kinder eine Blindenschule (ohne Internat) begründet worden. In Österreich-Ungarn ist die älteste
Blindenanstalt die zu Wien.
Hier stellte schon seit 1804 der damalige Armendirektor und spätere Direktor der Blindenanstalt, Klein, glückliche Versuche
mit dem Unterricht zweier blinder Knaben an; 1808 errichtete derselbe mit Genehmigung und Unterstützung des Staats eine Anstalt,
welche 1816 zu einer öffentlichen erhoben wurde; auch Klein hat sich durch Verbesserung und Verbreitung
des Blindenunterrichts bleibenden Ruhm erworben. Jetzt weist die Monarchie 8 Blindenanstalten aus. In der Schweiz gibt es 4 private Blindenanstalten.
In den jetzigen Blindeninstituten erfahren besonders der Leseunterricht, der Schreibunterricht und der Unterricht in der Geographie
eine eigentümliche Behandlung, wogegen sich die Behandlungsweise der übrigen Lehrgegenstände der bei
vollsinnigen Kindern angewendeten nähert. Das Lesen wird von den Blinden entweder an der Stachel- oder an der Reliefschrift geübt
(s. Blindendruck). Durch den internationalen Kongreß der Blindenlehrer zu Berlin 1879 wurde der Punktierschrift des blindenBlindenlehrersL.
Braille (s. d.) vor allen andern Schriftsystemen der
Vorzug gegeben.
Die Blinden erhalten bald eine ungemeine Fertigkeit im Lesen und im Hervorbringen dieser Schrift; alle Bücher, welche die Blinden
gebrauchen, sind auf diese Weise gedruckt. Das Schreiben der gewöhnlichen Schrift wird daneben geübt, weil es für den Blinden
im Verkehr mit Vollsinnigen von Wert ist. Der Unterricht in der Erdkunde hat viel von seiner Schwierigkeit
für Blinde verloren, seitdem man sich nach Zeunes Vorgang der Reliefkarten dabei bedient. Die Blindenlehrer schreiten bei diesem
Unterricht von engern zu weitern Kreisen fort.
Der Rechenunterricht beschränkt sich in den Blindeninstituten auf das Kopfrechnen, veranschaulicht durch 100 kleine Würfel.
Alle Lösungen geschehen durch einfache Verstandesoperationen. Die Zöglinge erreichen hierin gewöhnlich
eine ungemeine Fertigkeit. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Musikunterricht gewidmet. Man will hierdurch einzelnen Blinden,
die musikalische Anlage besitzen, ein Mittel verschaffen, sich später ihren eignen Unterhalt zu suchen; dann will man aber
auch dem Blinden durch Musik sein nächtliches Dasein erheben und erheitern, und es gelingt dies, da die
Blinden meist Gefühlsmenschen sind, recht oft.
Wichtig für die Ausbildung der Blinden ist auch der Unterricht in Handarbeiten, ihre gewerblich-technische Ausbildung. Gewöhnlich
erstrecken sich die Arbeiten der Blinden aus Spinnen, Stricken, Teppichmachen aus Tuchenden und Stroh, Schuhmachen aus Tuchenden,
Korbflechten, Flechten von Schnüren, Bandweben, Seiler-, Drechsler-, Böttcher- und Tischlerarbeiten etc.
Merkwürdig ist die außerordentliche Ausbildung, die mancher Blinde in mechanischen Arbeiten, selbst den feinsten, erlangt
hat.
Die wunderbare Vervollkommnung des Tastsinnes ersetzt ihm den Gesichtssinn fast vollkommen. Aber auch auf geistigem Gebiete
haben sich viele Blinde ausgezeichnet. Der schon erwähnte blinde Saunderson wirkte als Professor der Mathematik
in Cambridge, Thomas Blacklock war Doktor der Theologie und gern gehörter Prediger in Edinburg, John Metcalf in Manchester beaufsichtigte
den Straßenbau und legte nach selbständigen Plänen und Berechnungen mehrere neue Straßen an. Johann Knie unternahm ohne Begleiter
eine Reise durch Deutschland, ein andrer Blinder besuchte alle fünf Weltteile, umschiffte die Erde und gab
eine Beschreibung seiner Reise heraus.
Die Verbindung der Blinden- mit Taubstummenanstalten wird jetzt allgemein verworfen, da beiden Anstalten ganz verschiedene Aufgaben
gestellt sind. Nur für die gottlob! seltenen Unglücklichen, denen beide Sinne versagt sind, bleibt die Verbindung beider Arten
des Unterrichts notwendig. Versorgungsanstalten haben nur für kranke und hilflose Blinde Berechtigung. Der
arbeitsfähige Blinde soll eben durch die Erziehung in der Blindenanstalt für das Leben mit Vollsinnigen erzogen und zum selbständigen
Erwerben seines Unterhalts befähigt werden Seit 1873 tritt alle zwei Jahre ein internationaler Blindenlehrerkongreß
zusammen.
Vgl. Hauy, Essai sur l'education des aveugles (Par. 1786);
Zeune, Belisar, über den Unterricht
der Blinden (4. Aufl., Berl. 1834);
Derselbe, Über Blinde und Blindenanstalten (das. 1817);
Klein, Lehrbuch zum Unterricht der Blinden (Wien
1812);
Mad. Nieboquet, Des aveugles et de leur éducation (Par. 1837);
Knie, Anleitung zur zweckmäßigen Behandlung blinder
Kinder (3. Aufl., Berl. 1839);
Georgi, Anleitung zur zweckmäßigen Behandlung blinder Kinder im Kreis
mehr
ihrer Familien (Dresd. 1857);
St. Marie, Der Blinde und seine Bildung (Leipz. 1868);
Pablasek, Die Blindenanstalten, deren Bau, Einrichtung und
Thätigkeit (Wien 1875);
Rösner, Unterricht der Blinden (in Diesterwegs »Wegweiser«, 5. Aufl., Essen 1877, Bd. 3, S. 487 ff.);
Guttstadt, Verbreitung der Blinden und Taubstummen (in »Zeitschrift des königl. preuß. Statistischen Büreaus«
1883, Heft 1 u. 2, S. 191 ff.);
»Organ der Taubstummen- und Blindenanstalten« (Frankf., seit 1853, begründet von Matthias,
jetzt hrsg. von Vetter);
»Zentralblatt für das gesamte Unterrichtswesen in Preußen« 1881, S. 262.