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legt eine Königin in 24 Stunden 3000 Eier [* 2] und kann dabei noch über 15 Stunden ausruhen.
Den Drohnen und der Königin liegt lediglich die Fortpflanzung der Art ob; alle übrigen Geschäfte außerhalb und innerhalb des Stockes besorgen die Arbeitsbienen. Sie lecken den Blumennektar (auch andre Süßigkeiten: Blattlaushonig, Blatthonig etc.) auf, sammeln ihn in der Honigblase an und setzen ihn, in den Stock zurückgekehrt, in die Zellen ab. Der Bienenhonig ist aber nicht etwa bloß durch Verdunstung von Wasser verdickter Pflanzennektar, sondern er ist ein Produkt der Bienen, das im Honigmagen durch einen chemischen Prozeß aus Nektar erzeugt wird.
Den Pollen (Blumenstaub) sammeln die Bienen von den männlichen Blütenteilen, befeuchten ihn mit Speichel und Honig, um ihn klebrig zu machen, und tragen ihn in ihren Körbchen als sogen. Höschen in den Stock, um ihn in die Zellen zu stampfen. Wasser brauchen die Bienen zur Löschung ihres Durstes, und um verzuckerten Honig wieder flüssig zu machen; sie sammeln es aber nicht in den Zellen auf, sondern teilen es sich gegenseitig mit. Von verschiedenen Pflanzen, z. B. den Knospen [* 3] der Erlen, Kastanien etc., tragen die Bienen Kitt ein, jedoch nicht auf Vorrat, sondern um ihn sogleich zur Abglättung der Wohnung, zur Verstopfung aller Ritzen derselben und zur stärkern Befestigung der Waben an der Decke [* 4] und den Wänden zu verwenden.
Das Futter für die Larven bereiten in der Regel die jüngern Bienen, welche noch nicht aufs Feld ausfliegen. Brütende Bienen nehmen eine Quantität Honig und Pollen in den Chylusmagen auf und bereiten aus dem Speisebrei (Chymus) einen besondern Saft, den Speisesaft (Chylus), den sie, insoweit sie ihn nicht zur Ernährung des eignen Lebens ins Blut aufnehmen, den Larven als Futtersaft reichen. Da Honig keinen Stickstoff enthält, so gibt der Pollen den Stickstoff zum Futtersaft her.
Die Wachsbereitung ist in der Regel ebenfalls eine Arbeit der jüngern Bienen. Wollen die Bienen Wachs erzeugen, so nehmen sie vielen Honig und Pollen in ihren Chylusmagen auf und lassen den bereiteten Chylus ins Blut übergehen, aus welchem sie das Wachs in den sogen. Spiegeln abscheiden und an den vier letzten Bauchschuppen in Gestalt dünner, länglichrunder Blättchen als Wachs hervortreten lassen. Die Wachserzeugung ist daher ein willkürlicher Akt der Bienen. Das Bauen der Waben besorgen ebenfalls die jungen Bienen. Die bauenden Bienen ziehen mit den Hinterfüßen sich selbst und andern Bienen die Wachsblättchen aus den Bauchringen hervor, zerkauen und bespeicheln sie und bringen sie nun dort an, wo sie eine Wabe beginnen oder weiterführen wollen.
Jede Wabe besteht aus einer Mittelwand, an welcher auf beiden Seiten horizontal liegende sechseckige Zellen aufgeführt sind. Die Zellen, mit welchen die Waben an der Decke befestigt sind (Heftzellen), sind fünfeckig, damit jede derselben mit einer flachen Seite befestigt werden kann. Die kleinen sechseckigen Zellen (Arbeiterzellen) dienen zur Erbrütung der Arbeitsbienen und die großen sechseckigen Zellen (Drohnenzellen) zur Erbrütung der Drohnen. Übergangszellen sind da vorhanden, wo die Bienen von Arbeiterzellen zu Drohnenzellen übergehen.
Verlängerte Arbeiter- und Drohnenzellen dienen nur zur Aufspeicherung des Honigs. Die Weiselzellen stehen isoliert, mit der Mündung nach unten, sind eichelförmig und inwendig rund; nach dem Ausschlüpfen der Königin werden sie in der Regel wieder abgenagt. Es gibt unter ihnen zwei Formen, sogen. Schwarmzellen und Nachschaffungszellen; die erstern sind gleich anfänglich als Weiselzellen angelegt und haben einen runden Boden, die andern sind umgeformte Arbeiterzellen mit einem Pyramidenboden. Die eigentliche Bauzeit der Bienen ist der Frühling, besonders die Monate Mai und Juni. Neugebaute Waben sind schneeweiß, durch die Ausdünstung der Bienen werden sie aber bald gelblich und dunkel gefärbt.
Solange die Arbeiter- und Drohnenlarven gekrümmt auf dem Zellenboden liegen, wird ihnen nur Futtersaft gereicht; sobald sie aber das Kopfende aufwärts richten, erhalten sie bis zur Bedeckelung Honig und Pollen und müssen das Futter nun selbst verdauen. Eine königliche Larve erhält von Anfang an bis zur Bedeckelung der Zelle [* 5] nur feinsten Futtersaft in überreicher Menge. Es ist also neben der geräumigen Zelle das reiche und sorgfältiger präparierte Futter, welches in der königlichen Larve die vollständige Entwickelung der Geschlechtsorgane bewirkt. Zugleich erhellt, daß die Larven in den Arbeiterzellen, da ihnen vom sechsten Tag an, wenn die Entwickelung der Geschlechtsorgane beginnt, unverdautes Futter gereicht wird, sich zu Weibchen mit unentwickelten Geschlechtswerkzeugen ausbilden. In der Regel entwickelt sich aus dem Bienenei in drei Tagen eine Larve. Die Königin ist 5½ Tage offene
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Verdauungsapparat der Biene.] [* 6] ¶
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Larve und 8½ Tage bedeckelte Nymphe, die Arbeitsbiene 6 Tage Larve und 11 Tage bedeckelte Nymphe, die Drohne 6 Tage offene Larve und 15 Tage bedeckelte Nymphe; es entwickelt sich demnach, vom Moment des gelegten Eies an gerechnet, die Königin in 16, die Arbeitsbiene in 20 und die Drohne in 24 Tagen. Von der Erzeugung der einzelnen Wesen, welche zur Erhaltung eines Bienenvolks notwendig sind (Fortpflanzung im engern Sinn), ist die Erzeugung eines neuen und zweiten Bienenvolks (Fortpflanzung im weitern Sinn) zu unterscheiden. Die Geburt eines neuen jungen Bienenvolks erfolgt im Schwärmakt (s. Bienenzucht). [* 8]
Da Honig keinen Stickstoff enthält, so können die Bienen auf die Dauer von bloßem Honig nicht leben; den Stickstoff, den sie zur Erhaltung ihres Lebens genießen müssen, liefert ihnen, wie schon erwähnt, der Pollen. Die Drohnen und die Königin verzehren Futtersaft und Honig; sie erhalten also den nötigen Stickstoff in dem Speisesaft; rohen Pollen fressen beide Bienenwesen nie. Die Arbeitsbienen genießen zur eignen Leibesernährung unverdauten Honig und Pollen.
Arbeitsunfähige und krüppelhafte Arbeitsbienen und Drohnen werden im Bienenvolk nicht geduldet, sondern von den Arbeitsbienen unbarmherzig zum Flugloch hinausgetrieben. Lehrt der Instinkt ein Volk, daß die Fruchtbarkeit seiner Königin zu Ende geht, so erbrütet es rechtzeitig eine junge und beseitigt die alte (Königinwechsel). Das Durchschnittsalter der Königin beträgt drei, bisweilen fünf Jahre. Die Drohnen leben vom Mai bis Anfang August, wo sie von den Arbeitsbienen in der sogen. Drohnenschlacht vertilgt werden (s. Bienenzucht).
Die Arbeitsbienen erreichen im Sommer ein durchschnittliches Alter von sechs Wochen; die im Herbst erbrüteten Arbeitsbienen leben bis ins Frühjahr des nächsten Jahrs. Die jüngern Bienen verrichten die Arbeiten innerhalb des Stockes und machen etwa am achten Tag ihres Insektenlebens ihre ersten Ausflüge; nach Tracht stiegen die jungen in der Regel erst vom 16. Tag an, nachdem sie die Zellen verlassen haben. Erforderlichen Falls können die ältern Bienen die regelmäßigen Arbeiten der jungen verrichten, nicht aber können die jungen Bienen früher als nach naturgemäßer Regel Honig, Pollen, Wasser und Kitt eintragen; auch die Not vermag sie nicht auf die Weide [* 9] hinauszutreiben.
Im Frühjahr halten die Bienen Reinigungsausflüge oft schon bei 6° R. Wärme [* 10] im Schatten; [* 11] Ausflüge nach Tracht unternehmen sie bei mehr als 12° R. im Schatten, stark fliegen sie bei 18-20° R. Die äußere Temperatur hat auf die Wärme im Bienenvolk nur unbedeutenden Einfluß, denn selbst bei etwa 6-8° findet man im Innern des Volkes 20 und mehr Grad Wärme. Im Brutnest und im bauenden Volk herrschen in der Regel 26-28° Wärme. Steigt die Wärme im Bienenstock über 29°, so stellen die Bienen alle Arbeiten ein, setzen sich müßig vor den Stock (Vorliegen der und fächeln (ventilieren) stark im Flugloch, um die verderbliche Hitze aus dem Stock zu treiben.
Die fächelnden Bienen sitzen die Wände entlang und auf dem Bodenbrett bis zum Flugloch hinaus, sich die erwärmte Luft von oben nach unten gleichsam mit den Flügeln zuwerfend; dabei strömt die Luft so stark aus dem Flugloch hervor, daß sie ein kleines Papierwindmühlchen in Bewegung setzt. Frische Luft strömt ganz von selbst durch das Flugloch ein. Die fächelnden Bienen gaben seit Plinius zu der Fabel von der Thorwache der Bienen Veranlassung; wenn auch die am Flugloch fächelnden Bienen ankommende Räuber abwehren, so thun sie nur das, was jede andre Biene thut, die sich in der Nähe des Flugloches aufhält.
Die Drohnen besitzen, wie erwähnt, keinen Stachel, und ihre kurzen Beißzangen benutzen sie auch nicht als Waffe. Die Königin gebraucht ihren Stachel nur gegen andre Königinnen und nie gegen Arbeitsbienen; auch den Menschen sticht sie freiwillig nicht. Die Arbeitsbienen bedienen sich der Beißzangen als Waffen, [* 12] um fremde Bienen festzuhalten oder ihnen sowie den Drohnen in der Drohnenschlacht die Flügel zu verdrehen. Ihre Hauptwaffe ist jedoch der Stachel, den sie gegen jede fremde Biene sowie gegen andre Tiere und Menschen gebrauchen.
Das Bienengift lähmt gestochene einzelne Glieder [* 13] und tötet die Bienen. Die Arbeitsbienen fallen Menschen und Tiere an, wenn sie ihren Stock oder ihre Königin in Gefahr glauben; sie stechen darum besonders in der Nähe ihrer Wohnung oder beim Einfassen des Schwarmes; die sammelnden Bienen sind auf dem Feld scheu und furchtsam. Besonders stechlustig sind die Bienen bei heißer Luft und namentlich bei Gewitterschwüle; auch weisellose Völker sind sehr stechlustig. Das Bienengift, dessen Hauptbestandteil konzentrierte Ameisensäure ist, verursacht Schmerz, Entzündung und Geschwulst; manche Personen bekommen schon von einem einzigen Stich das Nesselfieber.
Ein Universalmittel gegen den Bienenstich gibt es nicht. Die einzig rationelle Behandlung des gestochenen Körperteils besteht darin, daß man den stecken gebliebenen Stachel möglichst schnell entfernt, hierauf die Stichwunde so lange ausdrückt, bis ein Bluttröpfchen hervortritt, und schließlich die schmerzhafte Stelle mit feuchtem Lehm etc. kühlt. Viele Bienenzüchter sind der Ansicht, daß sich der menschliche Organismus an das Bienengift gewöhnt, weil bei Personen, die häufig gestochen wurden, endlich keine Geschwulst mehr eintrat. Zu den Bienengewächsen, d. h. den Pflanzen, welche von den Bienen gern besucht werden, gehören alle blühenden Obstbäume, besonders Kirsch- und Apfelbäume, außerdem die Linde, Akazie, Weide, Roßkastanie etc.; Haselnuß, Sahlweide, Heidekraut, Ginster etc.; Esparsette, Raps, Buchweizen, weißer Klee, Honigklee (Bocharaklee), Hederich, Wicke, Pferdebohne, Sonnenblume etc.
Vgl. Huber, Nouvelles observations sur les abeilles (2. Ausg., Par. u. Genf [* 14] 1814, 2 Bde.; deutsch mit Anmerkungen herausgegeben von G. Kleine, Einbeck [* 15] 1856-59, 2 Bde.);
Claus, Der Bienenstaat (Berl. 1873);
Girdwoyn, Anatomie et physiologie de l'abeille (Par. 1875).