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aber auch Verkürzungen, wie in dem ebenfalls berühmten, auf Palibothra am Ganges als Heimat deutenden »Hitopadeça« (»Heilsame Unterweisung«) aus unbekannter Zeit (zuerst hrsg. von Carey, Serampur 1804; am besten von Schlegel und Lassen, Bonn [* 2] 1829-31, 2 Bde.; von Johnson, neue Ausg. 1864; von Max Müller, Lond. 1864-65; auch in engl. Übersetzung, das. 1865; deutsch von Max Müller, Leipz. 1844; von L. Fritze, Bresl. 1874; von Schönberg, Wien [* 3] 1884; franz. von Lancereau, Par. 1855) und noch kürzer in drei Kapiteln des großen Erzählungswerks »Kathâsaritsâgara«.
Das »Pantschatántra« hat nicht allein in den indischen Volkslitteraturen, sondern auch im Osten zu den Chinesen, Tibetern, Mongolen und Kalmücken Verbreitung gefunden, während »Hitopadeça« auf Indien selbst beschränkt blieb. Nach dem westlichen Asien [* 4] kam diese Sammlung verhältnismäßig spät, indem sie in der dem »Pantschatántra« zu Grunde liegenden Fassung unter dem persischen König Nuschirwan d. Gr. (531-579) von seinem Arzt Barsuye unter dem Titel: »Kalilah und Dimnah« (Namen von zwei Schakalen, die als Hauptpersonen im 1. Buch auftreten) in die mittelpersische Profansprache (Pehlewi) übersetzt wurde. Diese Übersetzung ist, wie die ganze Profanlitteratur des alten Persien, [* 5] untergegangen; indessen durch die Mittelstufe einer erst neuerdings entdeckten altsyrischen Übersetzung (hrsg. v. Bickell, mit Einleitung von Th. Benfey, Leipz. 1876) oder vielleicht auch selbständig neben ihr wurde das Werk unter dem abbassidischen Kalifen Almansur (754-775) von Abdallah Ibn Almokaffa (gest. 760) ins Arabische übertragen (hrsg. von Silvestre de Saci), Par. 1816; Kairo [* 6] 1836 u. öfter im Orient gedruckt; engl. von Knatchbull, Oxf. 1819, und deutsch von Philipp Wolff, Stuttg. 1839, 2 Bde.). Aus dieser arabischen Übersetzung Ibn Almokaffas sind auch fast alle übrigen Bearbeitungen und Übersetzungen geflossen.
Besondere Verbreitung fand die Sammlung in Persien selbst. So wurde der persische Text schon von dem ältesten Dichter der neupersischen Litteratur, Rudegi (gest. 940), zu einem Tierepos umgeformt. Aber auch in neupersischer Prosa gibt es mehrfache Bearbeitungen, z. B. von Abu'lmaali-Nasr-Allah (um 1150), von Hossein Ben Ali, genannt al Vâiz (gegen Ende des 15. Jahrh.) unter dem Titel: »Anvâr i Suhaili« (»Die Lichter des Kanopos«, Kalkutta [* 7] 1850 u. öfter, Bombay [* 8] 1824, Hertford 1851; franz. von David Sahid, eigentlich Gaumin, Par. 1644; engl. von Eastwick, Hertford 1854) und von Abu'l Fasl, Wesir des Großmoguls Akbar (1590),
unter dem Titel: »Ayyâr i dânish« (»Prüfstein der Weisheit«). Ali Tschelebi, Professor zu Adrianopel, übersetzte das Werk um 1540 nach der persischen Bearbeitung des Vâiz ins Türkische unter dem Titel: »Hamâjûn-Nâmeh« (»Das kaiserliche Buch«, Bulak 1838; das erste Heft einer Ausgabe mit Übersetzung von E. v. Adelburg, Wien 1855; franz. von Galland, Par. 1725; ergänzt von Cardonne, das. 1778). Selbst in das Malaiische und Afghanische wurde die Sammlung in der arabisch-persischen Fassung übersetzt.
Nach dem Occident wanderte das Werk aus der arabischen Übersetzung des Almokaffa zunächst in griechischer Übertragung; der Grieche Simeon Seth übersetzte es gegen das Ende des 11. Jahrh. unter dem Titel: »Στεφανίτης καὶ Ἰχνηλάτης« (»Der Siegbekränzte und der Aufspürer«) in das Griechische (hrsg. von Starck, Berl. 1697; wieder abgedruckt, Athen [* 9] 1851). Aus dieser griechischen Übersetzung ging die italienische von Nuti (Ferrara [* 10] 1583; vgl. darüber Pertschin »Orient und Occident«, Bd. 2, S. 261 ff.), die lateinische von Possinus (Rom [* 11] 1666) und eine altslawische (hrsg. von Bulgakow, Petersb. 1878) hervor.
Ein oder zwei Jahrhunderte nach dem Griechen wurde, angeblich durch einen Rabbi Joel, eine noch nicht publizierte hebräische Übersetzung verfaßt (verstümmelte Handschrift in Paris), [* 12] welche Johannes von Capua im 13. Jahrh. unter dem Titel: »Directorium humanae vitae« (1. Ausg. um 1480, dann öfter) ins Lateinische übertrug. Aus dieser lateinischen Übersetzung ließ Herzog Eberhard im Bart von Württemberg [* 13] das Werk durch Antonius v. Pforr ins Deutsche [* 14] übertragen (gedruckt u. d. T.: »Buch der Byspel der alten Weisen«, Ulm [* 15] 1483, mit Holzschnitten).
Vgl. Benfey, Über die alte deutsche Übersetzung des Kalilah und Dimnah, in »Orient und Occident«, Bd. 1, S. 138-187. Alle 16 im 15. und 16. Jahrh. davon gemachten Auflagen sind selten, besonders die ersten (gute neue Ausgabe von Holland, Stuttg. 1860).
In Spanien [* 16] wurde die Arbeit des Almokaffa auf Anregung des Infanten Alfonso (spätern Königs Alfons des Weisen) 1251 auch ins Kastilische übersetzt (neue Ausgabe von Gayangos, Madrid [* 17] 1860) und daraus wieder ins Lateinische von Raymond von Béziers im Auftrag der Königin Johanna von Navarra, der Gemahlin des Königs Philipp des Schönen. Teils der lateinischen Übersetzung des Johannes von Capua, teils der des Raymond von Béziers, teils der deutschen Übersetzung folgen die Übersetzungen in die neuern Sprachen Europas, in das Spanische [* 18] (Burgos 1498), Italienische (von A. Firenzuola, Flor. 1548, und von Doni, Vened. 1552), Französische (von Cottier nach der ersten ital. Übersetzung, Lyon [* 19] 1556; von Larivey nach der andern, Par. 1579), ins Englische [* 20] (Lond. 1570, von North nach Doni), Holländische [* 21] (Amsterd. 1623), Dänische (Kopenh. 1618), Schwedische (Stockh. 1743) und Deutsche (Leipz. 1802 und Eisenach [* 22] 1803), woran sich dann erst in neuester Zeit die oben erwähnten, unmittelbar aus dem Original geflossenen Übersetzungen anreihen.
Bidpais Fabelbuch erinnert ein wenig an den Geist unsers »Reineke Fuchs«, behauptet dabei jedoch den eigentümlichen orientalischen Lehr- und Erzählton neben dem faktenlosen, ganz didaktischen Rahmen, der Häufung der Sentenzen und Gemeinplätze und der beschwerlichen Einschachtelung von einer Erzählung in die andre und aller zugleich in die Lehrsätze des Meisters. Mit der Fabelsammlung Bidpais hat man oft das Volksbuch der »Sieben weisen Meister« (s. d.) verwechselt.
Vgl. die Einleitungen von de Sacy und Benfey zu ihren Ausgaben und Übersetzungen, außerdem immer noch L. Deslongchamps, Essai sur les fables Indiennes (Par. 1838),