auf der Ausgangsschwelle des Neuen Testaments zur alten katholischen Kirche wird. Der Name biblische Dogmatik, welchen andre vorziehen,
ist deshalb weniger passend, weil sich genau und scharf umgrenzte eigentliche Glaubenssätze in der Bibel kaum finden, die
eigentliche Dogmengeschichte vielmehr gerade da anhebt, wo die b. T. aufhört. Im übrigen s. Theologie
und Dogmatik. Nach der Natur der Sache zerfällt auch die b. T. in zwei Hauptteile: in die des Alten und die des Neuen Testaments.
Jene unterscheidet die prophetisch-hebräische und die gesetzlich-jüdische Periode, diese die evangelische und die apostolische
Periode. Unter den Quellen der biblischen Theologie nehmen neben der Bibel auch die Mischna, Philo und Josephus,
die alt- und neutestamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphen eine wesentliche Stelle ein. Auch diese Wissenschaft ist in ihrem
rein historischen Charakter ein Produkt der neuern protestantischen Theologie. Ihre moderne Bearbeitung beginnt mit De Wette (»Biblische
Dogmatik des Alten und Neuen Testaments«, 3. Aufl., Berl. 1830), Baumgarten-Crusius (1828), v. Cölln (1836),
Lutz (2. Ausg., Pforzh. 1861) und Ewald (Leipz. 1871-76, 4 Bde.).
Das Beste auf dem Gebiet der biblischen Theologie des Alten Testaments bietet H. Schultz (2. Aufl., Frankf. 1878). Einen neuen
Aufschwung nahm die b. T. des Neuen Testaments seit der Zeit, als die Lehrbegriffe der einzelnen neutestamentlichen
Schriftsteller genauer untersucht und hinsichtlich ihrer Verschiedenheit voneinander geprüft wurden, wodurch ein farbenreiches
Bild von der religiösen Bewegung der apostolischen Zeit, als dem Quell der nachfolgenden Entwickelung der alten katholischen
Kirche, entstanden ist. In dieser Richtung haben das Beste geleistet auf mehr konservativem Standpunkt: K. F. Schmid
( biblische Theologie des Neuen Testaments«, 4. Aufl., Gotha 1868) und Weiß ( biblische Theologie des Neuen Testaments«, 4. Aufl., Berl. 1884); vom Standpunkt
der freien Wissenschaft aus: Reuß (»Histoire de la théologie chrétienne au siècle apostolique«, 3. Aufl., Straßb.
1864),
Baur (»Vorlesungen über neutestamentliche Theologie«, Tübing. 1864) und Immer (»Neutestamentliche Theologie«,
Bern
1878).
Ernst, Freiherr von, Naturforscher und Schriftsteller, geb. 9. Juni 1806 zu Schwebheim in Franken, studierte zu Würzburg
zuerst Rechtswissenschaft, bald aber Naturwissenschaften, besonders Chemie. Er lieferte: »Chemische Untersuchungen
verschiedener Eiterarten« (Berl. 1842);
»Chemische Untersuchungen über die Knochen und Zähne des Menschen und der Wirbeltiere«
(Schweinf.
1844) und »Hilfstabellen zur Erkennung zoochemischer Substanzen« (Erlang. 1846).
Dann veröffentlichte er in Gemeinschaft mit
Geist: »Untersuchungen über die Krankheiten der Arbeiter in den Phosphorzündholzfabriken« (Erlang. 1847) sowie mit
Harleß »Die Ergebnisse der Versuche über die Wirkung des Schwefeläthers« (das. 1847). Nachdem er noch »Chemische Fragmente über
die Leber und die Galle« (Braunschw. 1849) herausgegeben hatte, ging er nach Brasilien und um das Kap Horn nach Chile, das er in
allen Richtungen durchwanderte. Einen Bericht über diese Reise gab er in seinen »Reisen in Südamerika« (Mannh.
1854, 2 Bde.). Nach seiner Rückkehr lebte er meist in Nürnberg, wo er auch seine reichen naturhistorischen und
ethnographischen
Sammlungen ausstellte und 5. Juni 1878 starb. Hier publizierte er: »Vergleichende Untersuchungen über das Gehirn des Menschen
und der Wirbeltiere« (Mannh. 1854);
»Die narkotischen Genußmittel und der Mensch« (Nürnb. 1855);
»Die
Getreidearten und das Brot« (das. 1860);
»Der Kaffee und seine Surrogate« (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in
München, 1858);
»Die Bronze- und Kupferlegierungen der alten und ältesten Völker« (Erlang. 1869) und »Über alte Eisen- und
Silberfunde« (Nürnb. 1873).
Mit novellistisch gehaltenen Reiseskizzen und kulturhistorischen Schilderungen
(»Erinnerungen aus Südamerika«, Leipz. 1861, 3 Bde.;
»Aus Chile, Peru und Brasilien«, das. 1862, 3 Bde.,
u. a.) beginnend, beschäftigte sich in den letzten Jahren vorzugsweise mit belletristischen Arbeiten und entwickelte aus diesem
Feld eine erstaunliche Fruchtbarkeit. Wir erwähnen von diesen Schriften, die sich besonders durch gelungene Charakterzeichnung
und schöne landschaftliche Schilderungen auszeichnen: »Ein Juwel« (Leipz. 1863);
»Ein edles Frauenherz« (2. Ausg., Jena 1869);
»Abenteuer eines jungen Peruaners in Deutschland« (das. 1870);
»Die Kinder des Gauners« (Nürnb. 1872);
»Die neun Stationen des
Herrn v. Scherenberg« (2. Aufl., Jena 1880);
»Wackere Frauen« (das. 1876) etc.
(spr. beißeßt'r oder bißtr), Stadt in Oxfordshire (England), 18 km nordnordöstlich von Oxford, hat
(1881) 3306 Einw. und Fabrikation von Sackleinwand und Seilerwaren, Brauerei.
Dabei, an der alten Römerstraße Akeman Street,
die Ruine von Älia Castra, jetzt Alcester.
(spr. bīssähtr), Dorf im franz. Departement Seine, Arrondissement Sceaux, auf einer Anhöhe über der Bièvre, 1 km
südlich von Paris gelegen. Ludwig IX. gründete hier ein Kartäuserkloster, welches 1290 von Johann, Bischof
von Winchester (hieraus die Korrumpierung in Bicêtre), erworben, später zu einem Invalidenhaus bestimmt, dann, als
Ludwig XIV. das große Invalidenhaus gegründet hatte, zum Hospital umgestaltet wurde. Gegenwärtig ist es Armen-, Kranken-
und Irrenhaus mit ca. 2800 Betten. Historisch merkwürdig ist Bicêtre durch die Blutszenen, deren Schauplatz
es während der Revolution 3.-5. Sept. 1792 war. Ein in der Nähe liegendes Fort des mittlern Befestigungsringes von Paris hat
von dem Orte den Namen.
(spr. -scha), Marie François Xavier, Mediziner, geb. 11. Nov. 1771 zu Thoirette (Jura), studierte in Montpellier,
Lyon und seit 1793 in Paris. Schon 1797 begann er anatomische Vorträge zu halten, und 1800 wurde er als
Arzt am Hôtel-Dieu angestellt. Er starb 22. Juli 1802 am Typhus. Durch sein Werk »Anatomie générale, appliquée à la physiologie
et à la médecine« (Par. 1801, 2 Bde.,
u. öfter; deutsch von Pfaff, Leipz. 1802, 2 Bde.)
legte er den Grundstein zur heutigen allgemeinen Gewebelehre und verschaffte dadurch der pathologischen Anatomie die Bedeutung,
welche ihr in der praktischen Medizin gebührt, indem er sie zum Ausgangspunkt der Entwickelungsgeschichte der Krankheiten erhob.
Er schrieb: »Traité des membranes« (Par. 1800,
mehr
neue Aufl. 1816; deutsch von Dörner, Tübing. 1802); »Recherches sur la vie et la mort« (Par. 1800, neue Ausg.
1862; deutsch von Veizhans, Dresd. 1802).