Lewis,
Payne) herrührende
Einbände sehr gesucht. Selbst der
Schnitt der
Bücher ist oft mit den saubersten Gemälden verziert.
Auch durch Sonderbarkeiten andrer Art suchte man bisweilen den
Einbänden einen eigentümlichen Wert zu geben. Der Buchhändler
Jessery zu
London
[* 2] ließ
Fox' Geschichte
Jakobs II. mit
Anspielung auf den
Namen des Verfassers in Fuchsleder
(fox-skin), und der bekannte englische Biblioman Askew ein
Buch sogar in
Menschenhaut binden. Auch die
Göttinger Universitätsbibliothek
besitzt eine
Ausgabe des
Hippokrates, in
Menschenhaut gebunden.
Bei der
Versteigerung der
Bibliothek des
Herzogs von
Roxburghe zu
London 1812 ging ein
Exemplar der ersten, bei Valdarfer 1472 erschienenen
Ausgabe des
Boccaccio um 2260 Pfd. Sterl. weg, und es bildete sich ein besonderer Bibliomanenklub,
der sogen.
Roxburghe Club, der sich jährlich 13. Juli, dem Jahrestag des Verkaufs des
Boccaccio, in der St.
Alban's Tavern versammelte.
England ist seitdem der Hauptsitz der Bibliomanie geblieben, und der
Preis, den man für einzelne kostbare und seltene
Werke zahlt, ist ins Unglaubliche gestiegen. So wurden bei
Versteigerung der großartigen
Syston-Bibliothek zu
London im
Dezember 1884 eine
sogen. Mazarinbibel, das erste aus der
BuchdruckpresseGutenbergs (1455) hervorgegangene
Buch, mit 3900 Pfd. Sterl. und ein
Pergamentexemplar des seltenen »Psalmorum codex« (1459 von
Fust und
Schöffer gedruckt) sogar mit 4950 Pfd. Sterl.
erstanden.
Eine
Nachbildung des
oben genannten
Roxburghe Club ist unter andern die
Société des bibliophiles français in
Paris
[* 3] (seit 1820),
welche durch die gewöhnlich nicht in den
Buchhandel kommenden
Abdrücke alter Druckseltenheiten oder
Handschriften, die sie
veranstaltet, der litterarischen Raritätensucht neue
Nahrung gibt. In
England treten auch oftGesellschaften
zusammen, welche auf ihre
Kosten irgend ein Werk in wenigen Prachtexemplaren drucken lassen, oder ein Einzelner läßt aus
Liebhaberei von einem solchen Prachtwerke nur ein einziges
Exemplar mit ungeheurem Aufwand abdrucken, um es allein zu besitzen.
Neuerlich hat die in
England eine
Richtung eingeschlagen, welche der
Wissenschaft mehr förderlich ist.
So haben die
Camden Society (seit 1837), die
Percy Society,
Shakespeare Society, Historical Society,
Aelfric Society, die
Early EnglishText Society und der
SpaldingClub zu
Aberdeen
[* 4] (seit 1839) für die ältere
englische Litteratur sehr Ersprießliches geleistet.
- Der natürliche
Gegensatz von Bibliomanie würde Bibliophobie (»Bücherscheu«)
sein, doch hat sich dieses
Ausdrucks nur
Dibdin (s. d.) bedient, um den Widerwillen des
Zeitalters gegen
Litteratur und Büchererwerb zu bezeichnen.
Wahrsagung aus aufgeschlagenen Bücherstellen, wozu im
Altertum der
Homer, in den spätern
Zeiten
die
»Äneide«
(Sortes Virgilianae) und zuletzt, namentlich bei den Pietisten, die
Bibel
[* 5] gebraucht wurde.
Man nahm die
Stelle, wo der
Daumen beim
Aufschlagen zu liegen kam, als
Rat oder Auskunft erteilend an, wonach das
Verfahren auch »Däumeln«
heißt.
(griech.), zunächst der
Ort, wo
Bücher aufbewahrt werden, dann auch die Sammlung der
Bücher selbst
(Liberei). Wesentlich ist dabei der
Zweck der
Aufbewahrung und Benutzung, wodurch sich eine Bibliothek von bloßen Bücherlagern
unterscheidet. Es gibt und gab Bibliotheken im Privatbesitz (Privatbibliotheken) und solche zum öffentlichen
Gebrauch (öffentliche
Bibliotheken).
Ihre Entstehung hängt immer mit einem hohen Bildungsgrad, reicher Litteraturentwickelung
und bequemem Schreibmaterial zusammen.
Die Geschichte der Bibliotheken geht in das frühste
Altertum zurück. Bereits die alten Ägypter besaßen große Büchersammlungen,
aus denen die
Papyrusrollen (s. d.) auf uns gekommen sind, welche bis 1866
v. Chr. hinaufreichen. Auch die in den Ruinenstädten
von
Assyrien und
Babylonien entdeckten Tafeln und
Cylinder mit Schriftzeichen sind Überreste einer Art
von Bibliotheken. Bei den Griechen finden sich zur Zeit der
Freiheit nur wenige
Spuren von Privatbibliotheken in den Nachrichten
der klassischen
Autoren, während über die erste öffentliche, von Pisistratos zu
Athen
[* 6] angelegte Büchersammlung bedeutende
Zweifel herrschen.
Nach dem
Untergang derFreiheit wurde die griechische
Kultur in die Nachbarländer, nach
Asien,
[* 7]
Ägypten
[* 8] und
Italien,
[* 9] verpflanzt, was die
Gründung von Bibliotheken zur
Folge hatte. Die bedeutendsten waren die beiden alexandrinischen
Bibliotheken, von den
Ptolemäern gestiftet, und die Bibliothek zu
Pergamon,
[* 10] welche den pergamenischen
Königen Entstehung und Wachstum
verdankte (vgl.
Parthey, Das alexandrinische
Museum, Berl. 1838, und
Ritschl, Die alexandrinischen Bibliotheken,
Bresl. 1838). In
Rom
[* 11] erwachte der
Sinn für Büchersammlungen erst nach dem zweiten
PunischenKrieg.
Der erste Begründer einer öffentlichen Bibliothek war
AsiniusPollio. Unter
Augustus, der selbst die Oktaviana und dann die palatinische
Bibliothek einrichtete, gehörte es zum guten
Ton, eine Bibliothek im eignen
Haus zu haben. Die Einrichtung eines römischen
Bibliothekzimmers lehren teils Vitruv und
Plinius, teils die in
Herculaneum ausgegrabene Bibliothek kennen. Die
Aufsicht war nur Freigelassenen
anvertraut. Im 4. Jahrh. soll es in
Rom 29. öffentliche Bibliotheken gegeben haben, die von
den vornehmen
Römern fleißig besucht wurden.
Namhafte Klosterbibliotheken befanden sich zu
Monte Cassino,
Korvei (in
Westfalen),
[* 13]
Fulda,
[* 14] wo
Hrabanus MaurusMönche
als
Schreiber beschäftigte, vor allem aber zu St.
Gallen, wo
Abt Gosbert (816-836) den
Grund zu der berühmten Bibliothek legte, die
alle damaligen Sammlungen übertraf. Im 14. Jahrh. hatte jedes
Stift wenigstens ein Skriptorium, über welches der Armarius
die
Aufsicht führte; das Schreibmaterial lieferte der
Camerarius oder
Cellarius, die Auswahl der zu schreibenden
Bücher besorgte der
Abt, und die Bibliothekverwaltung lag ebenfalls dem Armarius ob. Das Aufleben der antiken
Studien in der
Zeit des
Humanismus begünstigte den Sammeleifer.
Gelehrte, wie
Poggio, Philelphus, fingen an,
Bücher¶
mehr
zusammenzubringen, und ihrem Beispiel folgten Fürsten und reiche Patrizierfamilien. In Florenz
[* 16] sammelten die Mediceer, aus
deren Thätigkeit die Mediceo-Laurentiana hervorging. PapstNikolaus V., der gegen 3000 Handschriften aufkaufte, schuf damit
die große vatikanische Bibliothek. In Ungarn
[* 17] hielt König MatthiasCorvinus in Italien gebildete Schönschreiber in seinem Sold, um seine
Bibliothek, die vielberufene Corvina, zu bereichern. Dieser kostbare Bücherschatz, weniger durch innern Wert
als äußere Pracht ausgezeichnet, ward bei der EroberungOfens durch die Türken (1526) in alle Winde
[* 18] zerstreut, so daß sich
Reste in den bedeutenden Bibliotheken Europas vorfinden. Die 35 Werke, welche SultanAbd ul Hamid II. in unsern
Tagen den Ungarn zurückerstattet hat, sind nur ein höchst dürftiger Überrest von den 50,000 Bänden der ehemaligen Corvina.
Über die Bibliotheken des Mittelalters überhaupt gibt erschöpfende Auskunft W. Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittelalter
(2. Aufl., Leipz. 1875).
Eine neue Epoche in der Geschichte der Bibliotheken begann mit Erfindung der Buchdruckerkunst. Denn von
nun an war die Sammlung einer Bibliothek nicht mehr mit so großen Kosten und Schwierigkeiten verknüpft wie früher. Nach Aufhebung
der Klöster infolge der Reformation fielen deren Bibliotheken entweder den Städten und Kirchen oder den Landesherren und gelehrten
Bildungsanstalten zu, wodurch eine allgegemeinere ^[richtig: allgemeinere] Brauchbarkeit der Bücherschätze
herbeigeführt wurde.
Unter den Bibliotheken der Gegenwart gebührt neben den großen Zentralbibliotheken den deutschen Universitätsbibliotheken
ein hervorragender Platz. Ihre Entstehung schließt sich überall an die Stiftung der Universitäten als solcher an und reicht
daher teilweise bis ins 14. Jahrh. zurück. Neuern Datums sind die Universitätsbibliotheken zu Berlin
[* 21] (1810), Bonn (1818),
Erlangen
[* 22] (1743) und die durch Gehalt und Zahl wie durch die Art ihrer Einrichtungen gleich ausgezeichnete
zu Göttingen
[* 23] (1737). Die jüngste ist die neue Universitäts- und Landesbibliothek zu Straßburg,
[* 24] die mit der Wiederherstellung
der Universität (1872) ins Leben trat und durch freiwillige Gaben sowie durch reiche eigne Mittel bald einen ungeahnten Aufschwung
nahm.
Auch bei den übrigen Universitätsbibliotheken hat die Erkenntnis ihrer Bedeutung für die Aufgaben der
Universitäten während des letzten Dezenniums einerseits zu besserer Dotierung, anderseits zur Reform ihrer Verwaltung im Sinn der
»Selbständigkeit des bibliothekarischen Berufs« den Anstoß gegeben.
Unter den großen Zentralbibliotheken steht nach den neuesten Schätzungen die Pariser Nationalbibliothek
mit 2,500,000 Bänden und 92,000 Manuskripten obenan. Demnächst zählt das Britische Museum zu London 1,356,000 Bände. Der Bestand
der königlichen Bibliothek in Berlin wird auf 900,000, der der Stuttgarter öffentlichen Bibliothek auf 300,000 Bände angegeben.
Einer besondern Erwähnung bedürfen noch die Volks- und Gemeindebibliotheken, welche teils durch Privat-,
teils durch Gemeindemittel, teils auf dem Weg der Vereinsthätigkeit seitens der Volksbildungsvereine geschaffen wurden,
um die Massen aufzuklären und dem Volk eine gesunde und billige Lektüre darzubieten (vgl. Preusker: Über öffentliche, Vereins-
und Privatbibliotheken, Leipz. 1839-40, 2 Hefte; Die Dorfbibliothek, das.
1843; Bürgerbibliotheken, Meiß. 1850; Jannasch, Die Volksbibliotheken, Berl. 1876). S. Volksschriften.
Nachweise über die Bibliotheken aller Zeiten und LänderbringtEdw. Edwards in seinen »Memoirs of libraries« (Lond.
1859, 2 Bde.),
zu denen als Ergänzungswerke von demselben Verfasser hinzutreten: »Libraries and founders of libraries« (das.
1865),
»Free town libraries« (das. 1869) und »Lives
of the founders of the British Museum, 1570-1870« (das. 1870, 2 Bde.).
Ein Verzeichnis der Bibliotheken in Europa
[* 25] vom Mittelalter bis auf die Neuzeit mit Litteraturangaben lieferte Vogel (»Litteratur
europäischer öffentlicher und Korporationsbibliotheken«, Leipz. 1840). Für die deutschen
Bibliotheken der Gegenwart besitzen wir Petzholdts »Handbuch deutscher Bibliotheken« (Halle
[* 26] 1853) und »Adreßbuch
der Bibliotheken Deutschlands
[* 27] mit Einschluß von Österreich-Ungarn
[* 28] und der Schweiz«
[* 29] (Dresd. 1874-75); speziell für die österreichischen
Grassauers »Handbuch für österreichische Universitäts- und Studienbibliotheken«
(Wien
[* 30] 1883); für die nordamerikanischen außer Rhees' »Manual of public libraries« (Philad. 1859) das offizielle Quellenwerk
»Public libraries in the United States of America« (Washingt. 1876, 2 Tle.). Schätzbares Material zur Geschichte
und Beschreibung älterer und neuerer Bibliotheken enthält Naumanns »Serapeum« (Leipz. 1840-70, 31 Jahrg.) und Petzholdts »Anzeiger
für Bibliographie und Bibliothekswissenschaft« (Dresd., seit 1840).
Zu wünschen bleibt eine einheitliche und durchgreifende Ausbildung der Bibliothekstatistik, die über die ersten Anfänge
nicht hinausgediehen ist. Namentlich würde eine regelmäßige Veröffentlichung der Dotationsverhältnisse,
des Personalstandes, der Zuwachs- und Benutzungsziffern von erheblichem Wert sein. Wir haben von dergleichen Arbeiten zu nennen:
»Statistica del regno d'Italia, Biblioteche, Anno 1863« (Flor. 1865);
Bibliothek ist auch Titel für Sammelwerke oder für solche Schriften, welche Nachrichten über Schriftsteller einer gewissen Gattung
oder über deren Werke, oft mit Auszügen belegt, enthalten.