Bernardo Dovizio oder Divizio, ital.
Prälat und Dichter, geb. im gleichnamigen Städtchen, ward
von
Leo X., dessen
Sekretär
[* 2] er jahrelang gewesen war, und zu dessen
Erhebung auf den päpstlichen
Stuhl er durch seine Schlauheit
nicht wenig beigetragen haben soll, zum
Kardinal ernannt und erwarb sich in dieser
Stellung besondere
Verdienste
als Beschützer der
Kunst und
Wissenschaften. Er starb angeblich an
Gift. Bibbiena ist Verfasser des wahrscheinlich ältesten
italienischen
Lustspiels:
»Calandra«
(Siena 1521 u. öfter; auch im »Teatro italiano
antico«,
Liv. 1786 und
Mail. 1808), welches schon 1490 geschrieben sein soll, aber erst 1510 aufgeführt
wurde und sich durch
Witz, Lebendigkeit des
Dialogs und reine
Sprache,
[* 3] aber auch durch grobe
Verletzung des
Anstandes auszeichnet.
Was zunächst die
Ordnung und
Einteilung des sogen. Alten
Testaments, d. h. der von dem nachexilischen
Judentum als inspirierte
Religionsurkunden gefaßten Überreste der althebräischen Litteratur, betrifft, so folgt unsre deutsche Lutherbibel darin
der
Vulgata (s. d.) und diese wieder der griechischen Übersetzung
der
Alexandriner (sogen.
Septuaginta, s. d.), nur daß hier die
Apokryphen, welche
Luther als Anhang geordnet hat, mitten unter
den kanonischen
Büchern sich befinden.
Während diese
Ordnung den
Inhalt berücksichtigt, so daß auf die historischen
Bücher die poetischen, auf diese die prophetischen
folgen, teilten die palästinischen
Juden nach Ursprung undAutorität und unterschieden Thorah
(Gesetz),
Nebiim
(Propheten) und
Ketubim
(Schriften), so daß sie auch, nach den beiden Hauptteilen zusammenfassend, vom Alten
Testament
als von
Gesetz und
Propheten sprachen. Die Thorah sind die fünf
Bücher Mosis. Die
Propheten zerfallen in die frühern, d. h.
die geschichtlichen
Bücher,
Josua,
Richter,
Samuel und
Könige, und in die spätern, diese wieder in drei
große:
Jesaias,
Jeremias,
Ezechiel, und in zwölf kleine.
Was den
Inhalt der alttestamentlichen
Bücher im allgemeinen betrifft, so enthalten die historischen nach
einer allgemeinen
Urgeschichte der Menschheit
(1. Mos. 1-11). die Geschichte des hebräischen
Volkes bis um die Mitte des 5. Jahrh.
v. Chr. und zwar so, daß jedes
Buch auf das vorhergehende Rücksicht nimmt und auf das folgende vorbereitet. Nur die
Chronik
wiederholt denInhalt des zweiten
Buches Samuelis und der
Bücher der
Könige von andern
Gesichtspunkten aus.
Der zweite Teil der Bibel, das die ältesten Schriftdenkmäler des
Christentums enthaltende
Neue Testament, zerfiel ursprünglich
in das Evangelienbuch und in das Apostelbuch, woran sich die
Apostelgeschichte und
Apokalypse anschlossen.
Auch diese Sammlung ist aus historischen, didaktischen
Schriften und einer prophetischen
Schrift zusammengesetzt. Im Apostelbuch
schieden sich die 14 dem
Paulus beigelegten
Briefe leicht von den sieben Schreiben andrer
Apostel, welche ursprünglich eine
weniger lokal beschränkte Bestimmung hatten und darum gewöhnlich katholische, d. h.
allgemeine,
Briefe genannt wurden.
Das erste Zeichen von dem Vorhandensein der alttestamentlichen Sammlung ist die Erwähnung derselben im
Prolog des
Jesus Sirach
(132
v. Chr.); später führt
Philo das
Alte Testament als ein
Ganzes an und citiert
Stellen daraus, aber erst
Josephus kennt nachweisbar
die jetzigen alttestamentlichen
Bücher. Dieselben haben sich ohne
Zweifel erst allmählich zusammengefunden.
Die jüdische
Tradition, wonach unter
Esra die »große
Synagoge« (s. d.) die Sammlung zu stande gebracht haben soll, ist
nachweisbar ebenso unhistorisch wie die
Sage, daß
Esra durch göttliche
Eingebung die alttestamentlichen
Bücher wiederhergestellt
und zusammengefaßt habe.
Wohl aber war
er an der Redaktion der ältesten der drei Sammlungen beteiligt, d. h.
an der Abfassung des
Gesetzes. Die Verlesung desselben an den
Sabbaten nach einem feststehenden Lesekreis galt schon zu Jesu
Zeiten als alte
Gewohnheit, und die
Samaritaner kennen noch keine andern heiligen
Schriften. Erst später kam es zu einer zweiten
Sammlung, welche die
Propheten umschloß. Den gottesdienstlichen
Gebrauch derselben ersehen wir aus
Luk.
4, 16-21. Man nannte die Lesestücke aus dem
Gesetz Paraschen, die aus den
Propheten Haphtharen.
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mehr
Die dritte, gemischte Sammlung stammt frühstens aus der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. und stand selbst zur neutestamentlichen
Zeit noch nicht in allen ihren Teilen fest. Auf alle drei Sammlungen wurden von seiten der Kirchenväter, im schwankenden
Gegensatz zu den Apokryphen (s. d.), Name und Begriff des Kanon angewandt. S. Kanonische Bücher.
Genauer können wir den Verlauf der Bildung des neutestamentlichen Kanon verfolgen. Die christliche Litteratur beginnt mit
den Briefen des ApostelsPaulus (53-63) und der Offenbarung des Johannes (68). Nochvor der Zerstörung Jerusalems (70) war auch
schon derjenige Typus der Darstellung des Lebens Jesu zur Ausbildung gelangt, welcher den ältern, unsern
drei ersten Evangelien (70-110) zu Grunde liegt. Die übrigen neutestamentlichen Schriften entstanden meist in der ersten Hälfte
des 2. Jahrh. Nur sehr allmählich tritt der Gebrauch aller dieser Bücher in der Kirche hervor und zwar zunächst noch ohne
irgend einen Anspruch auf gottesdienstliche Geltung oder kanonische Autorität.
Die ersten Gemeinden schöpften ihre Erbauung aus dem Alten Testament, dessen Auslegung man nach Maßgabe
der neuen Offenbarung umgestaltete. Daher findet sich auch bis in die zweite Hälfte des 2. Jahrh. herab noch keine Berufung
auf neutestamentliche Schriften als beweiskräftige, nur namentliche Anführungen einzelner Sentenzen, meist Sprüche Jesu.
Zuerst suchten sich die häretischen Sekten für ihre abweichenden Lehrmeinungen eine sichernde Unterlage
in einem Kanon zu schaffen.
Die Sammlung der Evangelien war also gegen 200 schon abgeschlossen, nicht aber die der apostolischen Schriften. Aus bestimmten
Zeugnissen ergibt sich aber auch, daß neben den genannten noch mancherlei später nicht mehr als apostolisch
anerkannte Schriften im kirchlichen Gebrauch waren, welche erst allmählich von den kanonischen, als inspiriert angesehenen,
geschieden wurden. Von großer Bedeutung für die Geschichte des Kanon ist die Angabe des Geschichtschreibers Eusebios von
Cäsarea, welcher um 326 als »allgemein anerkannt«
(Homologumena) nur die oben angeführten Bücher aufzählt, während er die übrigen Petrus- und Johannes- sowie die Jakobus-
und Judas-Briefe unter die widersprochenen Schriften (Antilegomena) stellte, zu welchen ihm, wiewohl in untergeordneter Weise,
noch die »Thaten des Paulus«, der Hirt des Hermas, die Apokalypse des Petrus, der Brief des Barnabas und die
Apostolischen Konstitutionen gehören. Am längsten waren zwischen Abendland und Morgenland der Hebräerbrief und die Apokalypse
des Johannes streitig; aber um 400 ließ man sich diese endlich auch im Osten, jenen auch im Westen des Reichs gefallen.
Während nun im kirchlichen Gebrauch sämtliche Bücher des Alten und NeuenTestaments gleichberechtigt nebeneinander stehen,
hat seit Semler (»Von der freien Untersuchung des Kanons«, Halle
[* 8] 1771-75) die Wissenschaft mit immer größerm Eifer sich der
Erforschung der Zeit und des Ursprungs der biblischen Schriften gewidmet, und man ist allmählich innerhalb
der freilich eng gezogenen Grenzen
[* 9] einer nach wissenschaftlicher Methode verfahrenden Theologie zu wirklicher Unbefangenheit
bezüglich des historischen Urteils und zu in allen Hauptpunkten übereinstimmenden Resultaten gelangt.
Kapiteleinteilung. Verse. Von ihrem Ursprung bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst erfuhren die biblischen
Bücher eine doppelte Reihe von Veränderungen, zunächst solche, welche nur teils von den Fortschritten der Schreibkunst,
[* 10] teils
von den wechselnden Versuchen, das Lesen und Verstehen zu erleichtern, abhingen; dann auch solche, welche die Worte und Gedanken,
also die wesentliche, innere Gestalt des Bibeltextes, betrafen. Der Text des Alten Testaments wurde schon
von den Rabbinern in Verse abgeteilt; ihre Bezeichnung mit Zahlen ist aber erst spät, zuerst durch RobertStephanus in der Vulgata
1555-58, eingeführt worden. Im hebräischen Text erschien sie vollständig erst in Athias' Bibelausgabe von 1661. Weit jünger
und christlichen Ursprungs ist die heutige Kapiteleinteilung, welche zuerst Daniel Bomberg in den gedruckten
hebräischen Text (1525) aufgenommen hat. Im NeuenTestament ist die Versabteilung noch jüngern Ursprungs als im Alten Testament.
Zum Behuf des Vorlesens teilte der alexandrinische Diakonus Euthalios in seiner um 60 veranstalteten Ausgabe der Apostelgeschichte
und Briefe den Text nach Stichen oder Verszeilen ab, auf die so viel Worte kamen, als beim Vorlesen zusammen
gelesen werden sollten. Diese Einteilungs- und Zahlungsart wurde Stichometrie genannt und, da sie Beifall fand, von andern
auch auf die Evangelien übertragen. Um denRaum zu ersparen, setzte man später die Stichen nicht mehr ab, sondern begnügte
sich, das Ende derselben durch Punkte oder andre Zeichen zu bemerken. Mit unsern heutigen Versen haben
diese Lesezeilen jedoch nur entfernte Ähnlichkeit.
[* 11] Eine Kapiteleinteilung wird zwar schon bei den Kirchenvätern erwähnt,
doch sind
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