3) Nach der Zahl der Beweismittel, durch welche die
Gewißheit von einer bestimmten einzelnen
Thatsache bewirkt wird, ist der
ein einfacher oder ein zusammengesetzter, je nachdem diese
Gewißheit durch eine einzige
Gattung von Beweismitteln,
z. B. durch
Zeugnis, oder erst durch das Zusammenwirken mehrerer
Gattungen, wovon eine einzige in ihrer speziell vorliegenden
Beschaffenheit für sich allein zur Begründung derselben nicht genügt, erreicht wird. Es gehört also wesentlich zum
Begriff des zusammengesetzten Beweises, daß keins der denselben bildenden Beweismittel für sich
allein schon volle
Gewißheit begründet. Wird daher irgend eine
Thatsache, welche bereits durch eine einzige
Gattung von Beweismitteln
vollständig erwiesen ist, auch noch durch andre Beweismittel bewahrheitet oder wahrscheinlich gemacht, so ist kein zusammengesetzter
Beweis, sondern eine harmonierende
Konkurrenz von Beweisen vorhanden, welche in den meisten
Fällen eintritt
und natürlich die
Gewißheit um so mehr begründet.
4)
Endlich ist der Beweis, als Ergebnis der Beweisführung aufgefaßt, entweder ein vollständiger oder ein unvollständiger,
je nachdem dieses Ergebnis in strafrechtlicher
Gewißheit oder nur in einem mehr oder weniger hohen
Grad von
Wahrscheinlichkeit
besteht. Die
Verurteilung des Beschuldigten kann nur auf
Grund eines vollständig erbrachten Anschuldigungsbeweises
erfolgen, während zur
Einleitung der Strafverfolgung und zur
Erhebung der öffentlichen
Klage der bloße
Verdacht hinreicht.
Die
Eröffnung des Hauptverfahrens setzt hinreichenden
Verdacht voraus; ebenso kann eine
Untersuchungshaft nur dann verhängt
werden, wenn dringende Verdachtsgründe vorhanden sind.
Gegenstand des Beweises ist im allgemeinen jede nicht schon völlig gewisse
Thatsache, welche zur Begründung
der
Anschuldigung oder der Entschuldigung gehört oder mittel- oder unmittelbaren Einfluß auf jene oder diese hat. Der
Begriff
von Beweissatz im
Sinn des
Zivilprozesses fällt im
Strafverfahren ganz hinweg, weil es nicht wohl möglich ist, die einzelnen
Gegenstände der Beweisung im voraus zu bestimmen,
da man bei dem Beginn des
Verfahrens den ganzen
Stoff
und
Umfang der Untersuchung in der
Regel noch nicht kennt und im Verlauf derselben objektive und subjektive Umstände und Verhältnisse
sich ergeben können, an die man früher gar nicht dachte.
Dagegen besteht hier, wie imZivilprozeß, die Beweislast, d. h. die Verbindlichkeit zur Beweisung. Der
anklagende Teil, er sei ein Privatkläger oder der
Staat, hat die
Pflicht, die Anschuldigungsbehauptungen zu beweisen, wenn
die durch die
Anklage bezweckte
Verurteilung rechtlich möglich sein und im
Erkenntnis ausgesprochen werden soll. Dagegen kann
man nicht dem Beschuldigten eine Verpflichtung zum Beweis seiner Unschuld auflegen; nicht er hat
seine Unschuld, sondern ihm ist seine
Schuld zu beweisen. Ein abgesondertes Beweisverfahren, wie im
Zivilprozeß, gibt es im
Strafprozeß nicht, sondern der ganze
Prozeß ist Beweisverfahren und Beweisaufnahme (s.
Strafprozeß).
In dem heutigen, auf Grundlage der
Mündlichkeit,
Öffentlichkeit und Anklageschaft beruhenden
Strafverfahren gibt es
keine gesetzliche Beweistheorie; das
Gericht hat die einzelnen vorgeführten Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit
sowohl einzeln als in ihrem Zusammenwirken sorgfältig und gewissenhaft zu
prüfen. Über die
Frage,
ob eineThatsache als erwiesen
anzunehmen sei oder nicht, entscheiden nicht gesetzliche Beweisregeln, sondern lediglich die freie, auf der gewissenhaften
Prüfung gewonnene Überzeugung des
Richters, entsprechend der materiellen Beweistheorie im
Zivilprozeß.
Das Strafgesetz sagt also nicht: Es muß eine
Thatsache für wahr angenommen werden, die von dieser oder jener Anzahl von
Zeugen bekundet wird, oder: Es darf nicht ein Beweis als hinreichend geführt angesehen werden, der nicht auf
diesen oder jenenUrkunden, auf so und so viel
Zeugen oder
Anzeichen beruht, sondern es liegt einzig die
Frage dem
Richter vor: Bist du durch die vorgelegten Beweise vollkommen überzeugt, daß der Angeklagte des
Verbrechens, welches
ihm nach
Inhalt der
Anklage zur
Last gelegt ist, schuldig sei oder nicht, und von der
Entscheidung dieser
Frage allein hängt die
Verurteilung oder
Freisprechung des Angeklagten ab, wie die deutsche Strafprozeßordnung sagt (§ 260):
Ȇber das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das
Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der
Verhandlung geschöpften
Überzeugung«.
Vgl. Deutsche
[* 2] Strafprozeßordnung, § 48 ff., 243 ff.
(spr. bjūick oder bj-ŭick),Thomas, engl. Holzschneider und Zeichner, Begründer einer bessern
Epoche der
Formschneidekunst,
geb. 1753, gewann 1775 mit einem von ihm nach der
Natur gezeichneten und in
Holz
[* 6] geschnittenen
Jagdhund
den von der
LondonerGesellschaft der
Künste ausgesetzten
Preis für den besten
Holzschnitt. Er starb 1828. Hauptwerke sind:
»A general history of quadrupeds«
(Newcastle
[* 7] 1790, Lond. 1811);
»History of British birds« (das. 1809, 2 Bde.;
neue Ausg. 1847).
Bewick erfand das neue
Verfahren, wodurch man im
Holzschnitt alle Abstufungen der
Tinten erreichen
kann, indem man der Oberfläche der Holztafeln verschiedene
Höhen gibt. Eine neue
Ausgabe von über 2000 »Bewick-Woodblocks«
veranstaltete Reeve (Lond. 1870).
Vgl.
»Memoir of
Th. Bewick, by himself« (Lond. 1862);
Thomson, Life and works
of
Th. Bewick (das. 1882);
in objektiver Hinsicht der Inbegriff aller derjenigen
Vorstellungen, welche dem Vorstellenden »bewußt«,
d. h. von ihm als vorhanden gewußt, sind; in subjektiver Hinsicht das
Wissen umVorstellungen selbst (Bewußtheit).
In jener steht es dem Nichtbewußtsein, d. h. dem Inbegriff aller derjenigen
Vorstellungen, welche, wie z. B. die vergessenen,
zwar einmal im B. waren und daher unter günstigen Umständen auch wieder in dasselbe zurückkehren (erinnert werden) können,
im gegenwärtigen
Augenblick jedoch nicht in demselben, also, bildlich gesprochen, »unter der
Schwelle« des Bewußtseins (dunkel) sind,
¶
mehr
in dieser dagegen der »Unbewußtheit«, d. h.
dem Nichtwissen um seine Vorstellungen, gegenüber. Die Menge der in jedem gegebenen Augenblick bewußten ist gegen jene der
nichtbewußten Vorstellungen verschwindend klein; wer in seine Arbeit vertieft ist, weiß von seiner Umgebung, dem Ticken der
Uhr,
[* 9] dem Geräusch auf der Straße, dem Gespräch im Nebenzimmer, durchaus nichts, obgleich die genannten
Schallreize notwendig entsprechende Gehörsempfindungen in ihm erzeugen müssen.
Daher hat man auch mit Recht seit Locke von der »Enge des Bewußtseins« gesprochen, die stets nur einer geringen Menge von Vorstellungen
gleichzeitig im B. gegenwärtig zu sein gestattet. Das »Nichtwissen« um
Vorstellungen, welches im vorgenannten Fall durch die Konzentration der Aufmerksamkeit auf ein gewisses und
Ablenkung derselben von jedem andern Gebiet des Vorstellens herbeigeführt wird, findet ebenso beim Erwachten in Bezug auf
seine gehabten Traum-, beim Geisteskranken während des lichten Zwischenraums in Bezug auf seine im Zustand des Deliriums gehabten
Wahnvorstellungen statt.
Daher sagt man, daß im Schlaf, in der Betäubung, Ohnmacht, Narkose, im Wahnsinn und ähnlichen Zuständen
das Bewußtsein aufhöre, weil zwar nicht das Vorstellen selbst (das im Gegenteil als Traum, als Fieberphantasie sich oft in hohem
Grad steigert), aber das Wissen um dasselbe verloren geht. Wie hier nach dem Verhältnis der Vorstellung zum
Vorstellenden bewußte von unbewußter, so wird nach dem Verhältnis der Vorstellung zum (durch dieselbe) Vorgestellten die
Vorstellung des eignen Selbst (Ichvorstellung, s. Ich) von jener der Außenwelt (Nichtichvorstellung) unterschieden und jener
Geisteszustand, in dem beide letztere klar auseinander gehalten, innere und äußere Welt scharf gesondert werden, auch wohl
Bewußtsein genannt. In diesem Sinn sagen wir, der Kranke sei nicht bei Bewußtsein, wenn er seine Fieberträume und Halluzinationen
für Wahrheit oder sich selbst für einen andern hält, als er wirklich ist. Mit dem in subjektiver Hinsicht, dem Wissen um
Vorstellungen, muß keineswegs das Wissen um dieselben als die unsern, das Selbstbewußtsein (s. d.), notwendig
verbunden sein; vielmehr setzt letzteres das Vorhandensein der (keineswegs ursprünglichen) Vorstellung des eignen Ich, welchem
die als vorhanden gewußten Vorstellungen zugeschrieben werden sollen, ebenso wie das Wissen um die letztern (deren Bewußtheit)
bereits voraus.