mehr
Spalten gedrungenen
Strahlen auf einem in geeigneter
Entfernung angebrachten
Schirm zu einem schmalen
Bild
O O
[* 1]
(Fig. 3) des
Spaltes
vereinigen. Die
Strahlen haben bis zum
Bild
O O alle den gleichen Weg zurückzulegen und treffen daselbst ohne Gangunterschied
zusammen. Die gebeugten
Strahlen bestehen, für jede Beugung
srichtung, aus ebenso vielen unter sich gleichen
Strahlenbündeln, als Öffnungen im
Gitter vorhanden sind; je zwei benachbarte Bündel haben unter sich einen um so größern
Gangunterschied, je größer ihre
Abweichung von den direkten
Strahlen ist, oder je weiter die
Stelle des
Schirms, wo alle zu
dieser
Richtung gehörigen
Strahlen vereinigt werden, von der Mitte
O O absteht.
Nun muß es eine gewisse Beugung
srichtung geben, für welche der Gangunterschied je zweier Nachbarbündel eine ganze
Wellenlänge des roten
Lichts beträgt. In dieser
Richtung müssen sich daher sämtliche Bündel gegenseitig verstärken, und
an der entsprechenden
Stelle des
Schirms wird ein schmales rotes Spaltbild R auftreten. Entfernt man sich
aber nur sehr wenig aus dieser
Richtung, so müssen sich, wenn das
Gitter hinlänglich viele
Striche enthält, sämtliche Strahlenbündel
bei ihrer Vereinigung gegenseitig vernichten.
Denn nimmt z. B. bei einem
Gitter von 100
Strichen der Beugung
swinkel nur um so viel zu, daß das erste Bündel um 1 + 1/100
Wellenlänge gegen das zweite verzögert ist, so bleibt es gegen das dritte um 2 + 2/100, gegen das vierte
um 3 + 3/100 etc., gegen das 51. um 50 + 50/100 oder um 50 + ½ Wellenlänge zurück. Das 51. Bündel
befindet sich also mit dem 1. in entgegengesetztem Bewegungszustand, ebenso das 52. mit dem 2., das 53. mit
dem 3. etc., endlich das 100. mit dem 50. Daraus geht hervor, daß sich die gebeugten
Strahlen in jeder
Richtung vernichten,
außer in jenen
Richtungen, für welche der Gangunterschied je zweier Nachbarbündel eine ganze Anzahl von Wellenlängen ausmacht.
Das Beugung
sbild auf dem
Schirm wird sich daher für einfaches rotes
Licht
[* 2] sehr einfach gestalten. In der
Mitte erscheint das
Bild O des
Spaltes, dann folgt auf jeder Seite in einer
Entfernung, welche dem Gangunterschied einer ganzen
Wellenlänge dieses roten
Lichts entspricht, eine schmale rote
Linie R, dann in doppeltem
Abstand, dem Gangunterschied von
zwei Wellenlängen entsprechend, eine zweite rote
Linie R' und weitere noch im dreifachen (R''), vierfachen etc.
Abstand.
Für violettes
Licht würde
man in gleicher
Weise eine
Reihe violetter
Linien erhalten, welche aber infolge der kürzern Wellenlänge
dieser Lichtgattung dem Spaltbild
O O näher, nämlich bei
V,
V', V'', liegen. Bei Anwendung von weißem
Licht erscheint das mittlere Spaltbild weiß, weil hier alle
Farben sich aufeinanderlegen; die durch Beugung
des Lichts
[* 3] entstandenen verschiedenfarbigen
Linien aber, welche z. B. dem Gangunterschied von je einer Wellenlänge angehören, legen
sich nach der Reihenfolge der Wellenlänge nebeneinander und bilden zu jeder
Seite des weißen Spaltbildes ein prachtvolles
Farbenband, welches von außen nach innen die bekannte Reihenfolge der Regenbogenfarben,
Rot,
Orange,
Gelb,
Grün, Hellblau, Dunkelblau,
Violett, zeigt, das erste
Gitterspektrum VR; ebenso bilden die
Strahlen höherer Gangunterschiede
das zweite (V'R'), dritte (V''R'') etc.
Gitterspektrum. In einem durch ein
Prisma
[* 4] entworfenen
Spektrum ist die verhältnismäßige
Austeilung der
Farben von dem
Stoff des
Prismas abhängig; in einem
Gitterspektrum aber sind die einfachen
Farben lediglich nach den Unterschieden ihrer Wellenlängen geordnet, also nach einem Merkmal, welches den
Strahlen an und
für sich eigen ist.
Das Gitterspektrum ist daher als das normale oder typische Spektrum anzusehen. Bei Anwendung von Sonnenlicht zeigen sich auch im Gitterspektrum die Fraunhoferschen Linien (s. Farbenzerstreuung) [* 5] jede an der Stelle, welche ihr vermöge ihrer Wellenlänge zukommt. Beobachtet man das Gitterspektrum mittels eines auf einem geteilten Kreis [* 6] drehbaren Fernrohrs, so kann man den Winkelabstand jeder Fraunhoferschen Linie vom mittlern Spaltbild messen und daraus unter Berücksichtigung des bekannten Abstandes je zweier Gitterstriche die diesen bestimmten Strahlen zukommenden Wellenlängen ermitteln. Die folgende kleine Tabelle enthält die nach diesem Verfahren gefundenen Wellenlängen für die Fraunhoferschen Linien, ausgedrückt in Millionteln eines Millimeters:
A | 760 |
B | 687 |
C | 656 |
D | 589 |
E | 527 |
F | 486 |
G | 431 |
H | 393 |
Die Lichtwellen sind hiernach außerordentlich klein; auf die Länge eines Millimeters gehen 1315 Wellen [* 7] des äußersten Rot (Linie A), 1698 Wellen des gelben Natriumlichts (D) und 2542 Wellen des äußersten Violett (H).
Erinnern wir uns nun an eine aus der alltäglichen Erfahrung bekannte Thatsache. Wenn wir ein Musikstück aus verschiedenen Entfernungen anhören, so vernehmen wir doch stets dieselbe Harmonie; die hohen und tiefen Töne, welche zu demselben Taktschlag gehören, erreichen immer gleichzeitig unser Ohr. [* 8] Daraus folgt, daß alle Töne, hohe und tiefe, sich mit der gleichen Geschwindigkeit durch die Luft fortpflanzen. Bei der Fortpflanzung von Wellen entsteht aber aus jeder ganzen Schwingung [* 9] des Erregungsmittelpunkts eine vollständige Welle; jeder tönende Körper erzeugt daher in einer Sekunde so viele aufeinander folgende Schallwellen, als die Zahl seiner Schwingungen in der Sekunde beträgt, und da sich der Schall [* 10] während dieser Zeit um eine Strecke von 340 m fortpflanzt, so muß die Gesamtlänge der in einer Sekunde erregten Schallwellen für alle Töne 340 m betragen. Um daher die Wellenlänge zu erfahren, braucht man nur zu untersuchen, wie oft die Schwingungszahl,
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Entstehung der Gitterspektra.] ¶
mehr
und um die Schwingungszahl zu finden, wie oft die Wellenlänge in der Fortpflanzungsgeschwindigkeit enthalten ist. Nun weiß man, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts 300,000 km beträgt (s. Licht, auch Aberration) [* 12] und im freien Äther des Weltalls für alle Lichtarten die gleiche ist. Nachdem jetzt die Wellenlängen für die verschiedenen einfachen Lichtarten bekannt sind, lassen sich daher auch ihre Schwingungszahlen mit Leichtigkeit ermitteln; dieselben werden ausgedrückt durch die Anzahl von Wellenlängen, welche je in der Strecke von 300,000 km enthalten sind.
Für das äußerste Rot z. B., von dessen Wellen 1315 auf die Länge eines Millimeters gehen, findet man so die ungeheure Zahl von 394,500,000,000,000 oder beiläufig 395 Billionen Schwingungen in der Sekunde! Je kleiner die Wellenlänge ist, desto größer muß die Schwingungszahl sein; in einem Strahl gelben Natriumlichts macht jedes Ätherteilchen während einer Sekunde 509 Billionen Schwingungen, und dem äußersten Violett entspricht eine Schwingungszahl von 763 Billionen.
Ein Ton erscheint uns um so höher, je größer seine Schwingungszahl ist. Wie das Ohr die Häufigkeit der Schallschwingungen als Tonhöhe vernimmt, so empfindet das Auge [* 13] die Häufigkeit der Lichtschwingungen als Farbe. Damit in unserm Bewußtsein die Empfindung des Gelb der Natriumflamme entstehe, müssen in jeder Sekunde 509 Billionen Ätherwellen in das Auge dringen und auf die Netzhaut treffen, nicht mehr und nicht weniger. So ist die Farbe eines jeden einfachen Lichtstrahls durch die Anzahl feiner Schwingungen bedingt; die Schwingungszahl ist das unveränderliche Merkmal für das, was wir bei Lichtempfindungen Farbe, bei Schallempfindungen Tonhöhe nennen.
Die Farbenfolge des Spektrums ist als eine Art Lichttonleiter anzusehen, welche vom tiefsten unserm Auge vernehmbaren Farbenton, dem äußersten Rot, aufsteigt bis zum höchsten, dem äußersten Violett. Dem roten Anfang der sichtbaren Farbentonleiter gehen noch voraus die tiefen ultraroten Töne, deren Schwingungen zu langsam sind, um unsern Sehnerv zur Lichtempfindung anzuregen, und jenseit des violetten Endes schließen sich an als höchste Töne die ultravioletten, welche auf unser Auge nur einen äußerst schwachen Lichteindruck hervorbringen.
In der Musik nennen wir einen Ton die Oktave eines andern, wenn seine Schwingungszahl doppelt so groß oder seine Wellenlänge halb so groß ist als die des letztern; übertragen wir diese Benennung auf das Gebiet der Farbentöne, so können wir sagen, daß das sichtbare Spektrum (von A bis H) nicht ganz eine Oktave ausfüllt. Betrachten wir aber das Sonnenspektrum in seinem ganzen Umfang, so treffen auf das Ultrarot etwa zwei Oktaven, auf das sichtbare Spektrum nicht ganz eine, auf das Ultraviolett etwas mehr als eine, so daß der ganze Bereich der Sonnenstrahlung ungefähr vier Oktaven umfaßt.
Auch im zurückgeworfenen Licht zeigen die Gitter und überhaupt feingestreifte Oberflächen Farbenerscheinungen, welche durch
die Interferenz der gebeugten Strahlen entstehen. Die Perlmutter z. B. ist aus außerordentlich dünnen, von der Schnecke abgelagerten
Kalkschichten zusammengesetzt, welche schief zur Oberfläche stehen und daher auf ihr als feine Streifung
zu Tage treten; daß nur diese Beschaffenheit der Oberfläche es ist, welche das zarte Farbenspiel der Perlmutter verursacht,
ergibt sich aus der Thatsache, daß, wenn man die Perlmutter auf schwarzem Siegellack abdrückt, auf dem Siegellack dieselben
Farben sich zeigen. Durch Eingravierung feiner Linien läßt sich ein perlmutterähnliches Farbenspiel,
z. B. auf metallenen Knöpfen (Bartonsche Irisknöpfe), hervorrufen (über Beugung
serscheinungen durch Bärlappsamen und andre
feine Körperchen s. Hof).
[* 14]