mehr
kommenden Frühjahr erfolgte, dienten ebenso wie das Brachfeld bis Johannis als Weide. Futterkräuter und Hackfrüchte wurden auf dem Ackerland nicht gebaut, das Viehfutter lieferten, mit Ausnahme des Hafers, lediglich die ständigen Grasweiden und Wiesen, die Rindviehhaltung war von dem Ertrag derselben abhängig. Den geringen Bedarf an Gemüse oder sonstigen nicht zu den Körnerfrüchten gehörenden Gewächsen deckte man durch Anbau in Gärten oder auf andern in der Nähe der Höfe gelegenen Grundstücken, die von der Dreifelderwirtschaft ausgeschlossen waren. Wo die landwirtschaftliche Bevölkerung in Dörfern zusammenwohnte, war regelmäßig die ganze Feldmark in drei Teile geteilt; die Brach-, Winter- und Sommerfelder der Einzelnen bildeten je zusammenhängende Flächen.
Deshalb konnte der gesamte Viehstand eines Dorfs gemeinschaftlich auf dem Brachland und den Stoppelländereien geweidet werden;
es bestanden regelmäßig das Recht der gemeinsamen Brach- und Stoppelweide, meist auch Weiderechte der Grundherren;
die einzelnen Besitzer konnten ihre Grundstücke nicht anders benutzen, als es das System der Dreifelderwirtschaft ihnen vorschrieb;
insbesondere war thatsächlich und rechtlich eine Benutzung des Brachlandes durch Bestellung mit Hackfrüchten oder andern Gewächsen unmöglich.
Das ständige Weideland war hier gewöhnlich gemeinsames Eigentum und wurde von den Dorfgenossen gemeinschaftlich benutzt, die Pflege desselben aber sehr vernachlässigt. Die Wiesen waren zwar Eigentum der Einzelnen, aber es pflegte bloß ein Schnitt von denselben genommen zu werden, und sie wurden häufig im ersten Frühjahr und im Herbst nach der Heuernte auch noch beweidet und zwar von allem Dorfvieh gemeinschaftlich. Bei der reinen Dreifelderwirtschaft blieb also ein volles Dritteil des Ackerlandes für die Pflanzenproduktion unbenutzt, und eine reichliche Ernährung des Viehs konnte nur stattfinden, wo im Verhältnis zum Ackerland eine große Wiesen- und Weidenfläche von hoher natürlicher Fruchtbarkeit vorhanden war.
Dies Betriebssystem ist noch ein extensives System, das wenig Arbeitskräfte und wenig Kapital erfordert. Seine Einführung war gegen früher ein Fortschritt, es zwang die Landwirte zu einer geregelten Bestellung und Benutzung des Ackers und erhöhte die Körnerproduktion. Und es war mit der Einfachheit, Regelmäßigkeit und Stetigkeit seines Betriebes ein rationelles System, solange die landwirtschaftliche Bevölkerung dünn und geistig wenig entwickelt, die Einsicht in die Gesetze der Pflanzen- und Tierproduktion gering, das Bedürfnis einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion nicht vorhanden war und eine stärkere Verwendung von Arbeit und Kapital sich nicht entsprechend bezahlt gemacht hätte. Je mehr aber im Lauf der Zeit diese Voraussetzungen fortfielen, verlor das System an seiner Berechtigung und machten sich die Nachteile, die hauptsächlich in einer unvollständigen Ausnutzung der Bodenkräfte, in einer Verringerung der Bodenfruchtbarkeit und einer Verschlechterung des Rindviehstandes bestanden, immer mehr fühlbar.
Eine Reform konnte aber nicht erfolgen ohne eine Änderung des bisherigen Rechtszustandes, insbesondere ohne Aufhebung des Rechts der gemeinsamen Brach- und Stoppelweide. Diese erfolgte vielfach schon im vorigen Jahrhundert. Die reine Dreifelderwirtschaft wurde nun ersetzt durch die verbesserte Dreifelderwirtschaft. Diese besteht darin, daß das bisherige Brachfeld ganz oder teilweise mit Früchten, die nicht zu den Getreidearten gehören, z. B. mit Klee, Kartoffeln, Rüben, Hülsenfrüchten etc., bebaut wird.
Die Vorzüge dieses Betriebssystems vor der reinen Dreifelderwirtschaft sind: die Bodenkräfte werden besser ausgenutzt, und es wird eine erheblich höhere Gesamtproduktion erzielt;
durch den Anbau von Viehfutter kann mehr Vieh gehalten und dieses besser genährt werden, die Viehhaltung wird unabhängiger von der vorhandenen Fläche an Wiesen und Weiden, und auch die Sommerstallfütterung des Rindviehs wird ermöglicht;
die reichlichere Fütterung bewirkt eine reichlichere Düngerproduktion, und dies wirkt wieder günstig auf die Erhaltung und Steigerung der Bodenfruchtbarkeit des Ackerlandes ein;
endlich können durch den Anbau von Wurzelgewächsen und sonstigen Hackfrüchten die Arbeitskräfte gleichmäßiger während des ganzen Sommers beschäftigt werden.
Aber das System hat noch die Nachteile: der Körnerbau überwiegt noch zu sehr;
dadurch, daß stets zwei Halmfrüchte aufeinander folgen, werden die chemischen wie physikalischen Eigenschaften des Bodens ungünstig beeinflußt;
für den Futterbau bleibt zu wenig Land übrig.
Die verbesserte Dreifelderwirtschaft hat heute noch in Deutschland und andern Ländern eine große Verbreitung, ist aber in der Gegenwart höchstens nur noch in Ländern zweckmäßig, wo wegen Reichtums des Bodens und dünner Bevölkerung eine starke Produktion von Getreide zum Zweck des Exports gerechtfertigt ist (Rußland, Nordamerika). Bleibt ein Teil des Brachfeldes unangebaut, weil die reine Brache wegen zu starker Verunkrautung und schwieriger Bodenbeschaffenheit oder auch mit Rücksicht auf den Rapsbau nicht zu entbehren ist, und wird nun dieser Teil viel energischer behandelt (Umbrechen der Stoppel schon im Herbst, vier- bis fünfmaliges Pflügen), so spricht man von Felderwirtschaft mit schwarzer Brache.
4) Die geregelte Feldgraswirtschaft (auch Koppel-, Wechsel-, Schlagwirtschaft, in Süddeutschland stellenweise Eggartenwirtschaft genannt). Dieses in Dänemark, in einzelnen Gegenden Englands und in den Marschgegenden des nordwestlichen Deutschland schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, wurde 1783 (durch den Landdrost von der Lühe) in Mecklenburg eingeführt und verbreitete sich von dort, allerdings in mannigfach veränderter und verbesserter Form, in den kontinentalen Küstengegenden der Nord- und Ostsee.
Bei diesem Betriebssystem wird in fest bestimmter Zeit und Reihenfolge das Land eine Anzahl von Jahren zum Anbau von Getreide oder auch von andern Gewächsen verwendet und dann ebenso eine Anzahl von Jahren als Weide benutzt. Das ganze Land wird in Schläge eingeteilt. Der Graswuchs ist nicht mehr ein rein natürlicher, man säet in die Getreidefrucht, welche der Weideperiode unmittelbar voraufgeht, Gräser, Klee oder sonstige Futterpflanzen ein. (Der Name Koppelwirtschaft erklärt sich daher, daß in Holstein die einzelnen Schläge mit Gräben und Wällen, auf welch letztern lebendige Hecken, sogen. Knicks, sich befinden, umgeben waren, um die Weidetiere am Ausbrechen zu verhindern und zugleich vor dem heftigen Wind zu schützen, und daß man diese so eingefriedigten Schläge Koppeln nannte.) Die Fruchtfolge und Zahl der Schläge ist bei diesem Betriebssystem keine fest gegebene. Boden- und Marktverhältnisse bedingen hier Unterschiede. Man unterscheidet in jenen Hinsichten verschiedene Arten der geregelten Feldgraswirtschaft, so die holsteinische, mecklenburgische, märkische und andre Koppelwirtschaften. Bei der holsteinischen Koppelwirtschaft (die frühere ist unter dem Einfluß der Thaerschen Lehren
mehr
modifiziert worden) liegt der Schwerpunkt der Wirtschaft in der Rindviehhaltung und zwar behufs Erzeugung der Butter. Die Hälfte des Ackerlandes wird dem Rindvieh zur Weide überlassen und außerdem ein erheblicher Teil der erzeugten Körner verfüttert. Verkauft werden von Ackerbauprodukten direkt wesentlich nur Weizen und Raps oder Rübsen. Die Zahl der Schläge variiert zwischen 7 und 11. Übliche Fruchtfolgen sind z. B.:
1) Brache, 2) Weizen oder Roggen, 3) Gerste, 4) Hafer mit Klee und Gras, 5) Mäheklee, 6-7) Weide, oder:
1) Brache, 2) Raps oder Rübsen, 3) Weizen oder Roggen, 4) Gerste, 5) Hafer mit Klee und Gras, 6) Mäheklee, 7-9) Weide, oder:
1) Brache, 2) Raps, 3) Weizen, 4) Gerste, 5) Erbsen, 6) Roggen oder Weizen, 7) Hafer, 8) Hafer mit Klee und Gras, 9) Mäheklee, 10-11) Weide. Bei der mecklenburgischen Koppelwirtschaft wird der Getreidebau mehr begünstigt, im übrigen ist die Zahl der Schläge, auch die Fruchtfolge in den einzelnen sehr verschieden. In der Regel werden Binnen- und Außenschläge unterschieden; wo dies der Fall, haben jene, die mehr in der Nähe des Wirtschaftshofs und auf besserm Boden liegen, eine andre Fruchtfolge (Rotation) als diese und dienen vorzugsweise, bisweilen ausschließlich der Produktion von Körnern, Wurzelgewächsen, Mäheklee, eventuell auch Handelsgewächsen. Die Außenschläge, entfernt gelegen, resp. auf schlechterm Boden, dienten früher fast ausschließlich zur Weide, heute wechselt auf ihnen eine mehrjährige Weidenutzung mit mehrjährigem Anbau von andern Gewächsen, namentlich Körnerfrüchten. In neuerer Zeit richtet man die Fruchtfolge auch nach dem Prinzip des Fruchtwechselsystems ein, z. B.
1) Brache, 2) Rübsen, 3) Weizen, 4) ½ Runkelrüben, ½ Kartoffeln, 5) Roggen, 6) ½ Erbsen, ½ Grünwicken, 7) Sommergetreide mit Klee und Gras, 8) Mäheklee, 9-10) Weide. Auf besserm Boden baut man zunächst eine Reihe von Jahren verschiedene Früchte möglichst so, daß nie zwei Getreidefrüchte aufeinander folgen, und benutzt ihn dann 1, 2, höchstens 3 Jahre als Weide. Auf schlechterm Boden baut man 2-3 Jahre Getreide, vielleicht auch Lupinen und Kartoffeln und benutzt ihn dann mindestens ebenso lange als Weide. Bei der Eggartenwirtschaft sind die Schläge kleiner, und die Grasnutzung und Viehhaltung werden begünstigt. - Die geregelte Feldgraswirtschaft ist zwar ein weniger extensives System als die reine Dreifelderwirtschaft, da hier alles Land unter den Pflug kommt, mehr Arbeit und Kapital (für Vieh, Stallungen, Scheunen) gebraucht werden; aber in ihrer einfachen Form gehört auch sie noch zu den extensiven Betriebssystemen.
Sie gestattet aber auch einen intensiven Betrieb durch Beschränkung der Zahl der Weideschläge, Anbau von Wurzel- und Handelsgewächsen etc. Wesentlich ist diesem Betriebssystem der Weidegang des Nutzrindviehs und bei Schafhaltung auch der Schafe im Sommer. Eine Sommerstallfütterung kommt nur bei Zugtieren, namentlich Zugpferden, vor. Die geregelte Feldgraswirtschaft eignet sich, abgesehen von gebirgigen Gegenden, wo klimatische und Bodenverhältnisse sie auch für kleinere Güter bedingen, nur für große Güter, weil sie eine größere Zahl von Schlägen erfordert und diese nicht so klein sein dürfen, daß die Beweidung schwierig wird.
Für große Güter kann, wenn die Arbeitskräfte schwer zu erlangen oder teuer sind, wenn ungünstige klimatische Verhältnisse zur möglichsten Sparsamkeit mit Arbeitskräften im Sommer zwingen, wenn der wenig fruchtbare Boden eine schonende Benutzung verlangt, wenn das Kapital für eine intensivere Bewirtschaftung schwer zu erlangen, wenn eine ausgedehnte Schafhaltung angezeigt oder der Weidegang für das Rindvieh notwendig ist, die geregelte Feldgraswirtschaft vorteilhafter als die Fruchtwechselwirtschaft sein. Daher kommt es, daß sie noch heute auf rationell bewirtschafteten großen Gütern im nordöstlichen Deutschland das herrschende. Betriebssystem ist.
5) Die Fruchtwechselwirtschaft ist dasjenige Betriebssystem, bei welchem in der Fruchtfolge ein regelmäßiger Wechsel zwischen bodenzehrenden und bodenschonenden Pflanzen (sogen. Fruchtwechsel) stattfindet (d. h. das Ackerland in regelmäßigem Wechsel das eine Jahr mit einer Halmfrucht, das andre Jahr mit einer Blattfrucht bestellt wird, allenfalls nur am Ende der Rotation zwei Halmfrüchte aufeinander folgen), aber nie mehr als die Hälfte des gesamten Ackerareals Halmfrüchte trägt.
Arten von Fruchtwechsel sind längst vereinzelt in Übung gewesen, am bekanntesten ist von diesen Arten der im vorigen Jahrhundert in England, in der Grafschaft Norfolk, eingeführte sogen. Norfolker Fruchtwechsel, Einteilung des Ackerlandes in vier Felder, Fruchtfolge:
1) Wintergetreide, 2) Wurzelgewächse, 3) Sommergetreide, 4) Klee. Aber erst seit A. Thaer dem System die praktische und wissenschaftliche Begründung gegeben, fand dasselbe in Deutschland und in den übrigen Kulturländern seine große Verbreitung. Die Fruchtwechselwirtschaft beruht auf der Erkenntnis, daß die Pflanzen sich hinsichtlich ihrer Ernährung aus dem Boden in bodenzehrende und bodenschonende scheiden, indem die einen (Getreide-, Öl- und Gespinstpflanzen) ihre Nahrung wesentlich aus dem Boden und zwar aus der Ackerkrume, die andern (Blatt- und Wurzelgewächse, wie Klee, Hülsenfrüchte, Tabak, Möhren etc.) größtenteils aus der Luft, aus dem Wasser und aus dem Untergrund entnehmen, daß dabei die letztern (die bodenschonenden) bei dichtem Stande die Erdkrume gegen Austrocknung und Verschollung schützen, dazu vermöge ihrer röhrenförmig tief gehenden Wurzeln den Boden lockern und in einen für Getreideanbau günstigen Zustand bringen, daß somit durch eine passende Auswahl und Folge der Halm-, Blatt- und Wurzelgewächse in Verbindung mit einer zweckmäßigen (eventuell künstlichen) Düngung sich nicht nur die Brache völlig beseitigen, jedenfalls erheblich einschränken läßt, sondern auch ohne Grasland eine Wirtschaft mit starkem Viehstand bestehen kann.
Bei der Fruchtwechselwirtschaft zeigt die Feldeinteilung kein Brachland (oder doch nur in einem sehr kleinen Umfang) und auf dem zum Ackerbau geeigneten Boden kein Grasland. Alles Ackerland ist unter dem Pflug, das Vieh wird auch im Sommer im Stall gefüttert. Die viel intensivere Bodenbearbeitung und die Düngung (Stallmist und künstliche Düngung) werden der jeweilig anzubauenden Frucht entsprechend vorgenommen. Die Fruchtfolge ist ein Fruchtwechsel, bei welchem unter Berücksichtigung aller für den Roh- und Reinertrag maßgebenden Verhältnisse, insbesondere auch der wechselnden Absatzverhältnisse, die einzelnen Fruchtarten durch den Landwirt bestimmt werden.
Das System ist ein intensives, es erfordert ein viel größeres Kapital und viel mehr Arbeitskräfte als die bisher erwähnten. Die Vorzüge der Fruchtwechselwirtschaft sind: sie gestattet die gänzliche oder doch erhebliche Einschränkung der Brache;
sie ermöglicht durch den Fruchtwechsel die vollständige und gleichmäßige Ausnutzung der Bodenkräfte in der Ackerkrume wie im Untergrund;
der Fruchtwechsel hält den Boden locker, unkrautfrei und verlangsamt die Verflüchtigung des Humus;
man kann den Pflanzenbau im einzelnen den Verhältnissen des Bodens, Klimas, Absatzes etc.
mehr
anpassen, insbesondere auch den Futterbau einrichten nach Maßgabe einerseits der vorhandenen natürlichen ständigen Futterflächen, anderseits des Bedarfs für die rationelle Viehhaltung; sie gestattet die Einführung der Sommerstallfütterung des Rindviehs, die reichliche Produktion von Winterfutter und erhöht dadurch den Stalldünger und die Bodenfruchtbarkeit; sie vermag durch den Anbau mannigfaltiger Gewächse eine annähernd gleiche Verteilung des Bedarfs an menschlichen und tierischen Arbeitskräften auf den ganzen Sommer herbeizuführen.
Die Fruchtwechselwirtschaft liefert einen größern Rohertrag als die Betriebssysteme 1-4, aber nicht immer auch einen größern Reinertrag; sie ist kein absolut besseres Betriebssystem als diese, sondern auch nur unter bestimmten Voraussetzungen rationell anwendbar. Es müssen hinreichend Arbeitskräfte und Kapital zur Verfügung stehen, der Absatz leicht und gesichert, dabei die Preise der landwirtschaftlichen Produkte hohe sein; sie setzt also allgemein eine dichte und wohlhabende Bevölkerung, eine höhere Kulturstufe voraus.
Sie erfordert ferner einen guten oder mindestens mittelguten Boden und günstige klimatische Verhältnisse, damit für eine zweckmäßige Fruchtfolge die genügende Auswahl möglich ist. Auch an die landwirtschaftliche Bildung des Wirtschaftsdirigenten stellt sie höhere Anforderungen. Wo diese Voraussetzungen nicht vorhanden, sind andre Betriebssysteme rationeller, namentlich wenn bei ihnen auch, soweit es möglich, das Prinzip der Fruchtwechselwirtschaft praktische Anwendung findet. Daher die Erscheinung, daß in Mittel-, West- und Süddeutschland die Fruchtwechselwirtschaft ihre hauptsächlichste Verbreitung in den tiefer gelegenen Distrikten hat, während in den höher gelegenen die Feldgraswirtschaft, resp. die verbesserte Felderwirtschaft vorherrscht, und daß im nordöstlichen Deutschland die Fruchtwechselwirtschaft nur in besonders bevorzugten Lagen, namentlich in der Nähe großer Städte, vorkommt.
6) Die freie Wirtschaft. Bei diesem Betriebssystem wird grundsätzlich und fortdauernd von der Innehaltung eines bestimmten Wirtschaftssystems und namentlich einer festen Fruchtfolge abgesehen. Der Wirtschaftsplan wird nie auf mehrere Jahre, sondern immer nur für ein Jahr entworfen. Man produziert auf dem Ackerland diejenigen Produkte, die nach den jeweiligen Marktverhältnissen (Absatz, Preis) und nach den individuellen Produktionsverhältnissen der Gutswirtschaft (Bodenbeschaffenheit, Witterungsverhältnisse, Kapital, Arbeitskräfte, Intelligenz des Dirigenten etc.) momentan als die rentabelsten erscheinen.
Durch entsprechende Bodenbearbeitung und Düngung (auch künstliche) wird der Boden für die Erzeugung der anzubauenden Frucht geeignet gemacht. In der Regel wird das ganze Land bestellt, und eigentlicher Ackerboden dient nie als Grasland. Dies Betriebssystem gestattet die Erzielung der höchsten Erträge: es lassen sich Ausfälle vermeiden oder doch verringern, die bei einer Fruchtfolge unvermeidlich sind, wenn ein Feld sich zu dem für dasselbe bestimmten Gewächs nicht eignet, oder wenn ein Saatfeld durch die Witterung, Insektenfraß etc. geschädigt ist;
es kann bei ihm den wechselnden Marktkonjunkturen am meisten Rechnung getragen werden.
Aber dies Betriebssystem ist auch nur unter bestimmten Voraussetzungen mit Erfolg durchführbar. Absolute Voraussetzung ist die Freiheit in der Benutzung des Bodens. Dem Dirigenten müssen ferner Arbeitskräfte und Kapitalien (zum Ankauf von Futter, künstlichen Dungmitteln, Saatgut, zur Anschaffung von totem und lebendem Inventar) beliebig zur Verfügung stehen. Er muß viel Um- und Einsicht haben, muß genau die Beschaffenheit seines Bodens, die Gesetze der Pflanzenbildung und tierischen Ernährung kennen, die Marktverhältnisse richtig beurteilen können, den klaren Überblick über alle Verhältnisse seiner Wirtschaft haben.
Erforderlich sind ferner sehr günstige klimatische und Bodenverhältnisse, der Landwirt muß unter vielen Kulturgewächsen wählen können. Diese Voraussetzungen sind nur in begrenztem Maß, bei großen Gütern nur ganz ausnahmsweise vorhanden. Auf großen Gütern ist ein festes Betriebssystem kaum zu entbehren. Im ganzen kommt die freie Wirtschaft nur verhältnismäßig selten vor. Am meisten empfiehlt sie sich für mittlere und kleine Güter in der Nähe von größern Städten und für Wirtschaften, deren Ackerland aus vielen zerstreut liegenden Parzellen, die noch dazu von sehr verschiedener Beschaffenheit sind, besteht.
7) Die Weidewirtschaft ist eine Art von Feldgraswirtschaft. In neuerer Zeit, aber namentlich seit dem Aufkommen der Fruchtwechselwirtschaft, und seitdem die Viehhaltung durch die Mastviehwirtschaft eine größere Bedeutung erlangte, hat sie eine so eigentümliche Gestalt erhalten, daß sie vielfach als ein besonderes Betriebssystem hingestellt wird. Sie beruht auf der Weidenutzung. Der größte Teil des gesamten Areals (auch des an sich zum Ackerbau geeigneten Landes) ist Weide und wird als solche ständig oder doch viele Jahre nacheinander benutzt; man bricht eine Weide nur um und verwandelt sie in Ackerland, wenn der Graswuchs ungenügend wird, legt aber dann gleichzeitig ein früheres Ackerstück zur Weide nieder.
Das eigentliche Ackerareal der Wirtschaft ist gering, die Viehhaltung im Verhältnis zu demselben groß. Man kann deshalb die Äcker stark düngen und fortgesetzt mit stark angreifenden, aber ertragreichen Früchten bestellen. Für die Winternahrung der Tiere ist man hauptsächlich auf Wiesen und abgemähtes Weidegras angewiesen; daher muß auch die Viehhaltung im Winter möglichst beschränkt, im Sommer möglichst ausgedehnt werden. Dies wird erreicht durch Viehmästung, die bei diesem Betriebssystem den Schwerpunkt der Viehnutzung bildet. Mageres oder halbfettes Vieh (Rindvieh, auch Schafe) wird im Frühjahr gekauft, auf der Weide gemästet und im Lauf des Sommers, spätestens im Herbst wieder verkauft. Im Winter hält man außer den notwendigen Arbeitstieren nur so viel Vieh, wie zur Deckung des Hausbedarfs an Fleisch und Molkereiprodukten und zur Ausnutzung des gewonnenen Heus, Strohs und der etwanigen Wurzelgewächse nötig ist. - Die Weidewirtschaft ist ein sehr einfaches Betriebssystem. Sie erfordert wenig Arbeiter und Arbeitsvieh, wenig Maschinen und Geräte, ein geringes Gebäudekapital. Die Verwaltung und Beaufsichtigung des Betriebes ist einfach und wohlfeil. Der Hauptteil des erforderlichen Geldbetriebskapitals besteht in dem Geld zum Ankauf des Nutzviehs, das aber spätestens in einem halben Jahr umgesetzt ist. - Die Weidewirtschaft ist um so mehr angezeigt, je mehr die geringe Dichtigkeit der Bevölkerung oder die Höhe der Arbeitslöhne oder die klimatischen Verhältnisse zur Ersparnis in der Verwendung von Arbeitskräften drängen. Sie ist aber auch an Voraussetzungen gebunden, die ihrer Anwendung nur eine enge Grenze setzen. Sie erfordert einen reichen graswüchsigen Boden, ein feuchtes, den Graswuchs begünstigendes Klima; es müssen ferner magere Viehstücke nach Bedarf zu geeigneter Zeit und angemessenen Preisen gekauft und die fetten Tiere ebenso verkauft werden können, eine Bedingung, welche für große Besitzer in der Regel viel schwerer zu erfüllen
mehr
ist als für mittelgroße. Diese Weidewirtschaft eignet sich daher für fruchtbare Niederungs- und Marschgegenden, wo Boden und Klima für den Graswuchs günstig sind und nahe Wasserstraßen den leichten und guten Absatz der fetten Tiere sichern; wir finden sie demzufolge in Deutschland hauptsächlich in Ostfriesland, an der Westküste von Schleswig-Holstein, in den Mündungsgebieten der Weser, Elbe, Oder, Weichsel und des Pregel. Dort herrscht überall auch der mittelgroße Grundbesitz vor. Sie hat dort in den beiden letzten Jahrzehnten infolge der Steigerung der Arbeitslöhne und der Fleischpreise und der Verbesserung der Verkehrsmittel sehr an Ausdehnung gewonnen. - Eine andre Art als die bisher erwähnte ist die Weidewirtschaft in Alpengegenden.
Hier ist nur wenig Ackerland, die Bergabhänge liefern aber verhältnismäßig viel Futter für Milchvieh, weniger für Mastvieh. Da nun aber die frische Milch nicht verkauft werden kann und auch die Butterfabrikation meist nicht möglich ist, wird der Schwerpunkt der Weidewirtschaft, zu der die natürlichen Verhältnisse zwingen, in die Käsefabrikation gelegt. Die größte Schwierigkeit bei dieser Weidewirtschaft ist die Durchwinterung der Kühe. Verkauf des Milchviehs im Herbst und Ankauf von neuem im Frühjahr ist nicht möglich. Man muß sich deshalb mit einer notdürftigen Winterfütterung durch den Ertrag von Thalwiesen und durch Alpenheu behelfen. - Zwischen beiden Arten steht die holländische Weidewirtschaft.
Die klimatischen und Bodenverhältnisse sind in Holland ähnliche wie in den norddeutschen Marschen. Auch in Holland ist nur ein kleiner Teil des landwirtschaftlichen Areals, wo Weidewirtschaft besteht, Ackerland. Aber der Schwerpunkt der Weidewirtschaft liegt nicht in der Rindviehmästung, sondern in der Gewinnung von Milch und in der Verarbeitung derselben zu Butter und Käse. Diese Betriebsgestaltung bedingt, daß ein erheblicher Teil der Futterflächen nicht abgeweidet, sondern zur Heugewinnung für das notwendige Winterfutter benutzt wird.
Die Wirtschaften mit technischen Nebengewerben bilden kein besonderes Betriebssystem, die technischen Nebengewerbe (Ziegelei, Torffabrikation, Kalkbrennerei, Branntweinbrennerei, Bierbrauerei, Stärkefabrikation, Runkelrübenzuckerfabrikation, Molkerei, Mehlfabrikation) üben freilich auch einen bestimmenden Einfluß auf den landwirtschaftlichen Betrieb aus und unter Umständen in einem Maß, daß dieser wesentlich nach jenen eingerichtet wird; indes das landwirtschaftliche Betriebssystem ist doch auch in diesen Fällen in eins der vorerwähnten allgemeinen Betriebssysteme einzureihen.
Litteratur: v. d. Goltz, Landwirtschaft. I. Teil, in Schönbergs »Handbuch der politischen Ökonomie«, S. 614 ff. (Tübing. 1882);
Roscher, Nationalökonomik des Ackerbaues etc., § 24 ff. (10. Aufl., Stuttg. 1881);
Hanssen, Zur Geschichte der Feldsysteme in Deutschland, in seinen »Agrarhistorischen Abhandlungen« (Leipz. 1880);
G. Walz, Landwirtschaftliche Betriebslehre (2. Aufl., Stuttg. 1878);
Krafft, Lehrbuch der Landwirtschaft (3. Aufl., Berl. 1881, 4 Bde.);
H. Settegast, Die Landwirtschaft und ihr Betrieb, Bd. 2 (Bresl. 1875);
Krämer, Landwirtschaftliche Betriebslehre (Berl. 1878);
Komers, Die landwirtschaftliche Betriebsorganisation (Prag 1876);
P. Hlubeck, Betrachtungen über die Wirtschaftssysteme (das. 1857);
Birnbaum, Die Wirtschaftssysteme (Gießen 1857).