wegen seiner burlesk-satirischen Gedichte. Dieselben sind teils Sonette, teils sogen. Capitoli in Terzinen und werden wegen
ihres Witzes und ihrer Laune wie besonders wegen der reinen, echt florentinischen Sprache sehr geschätzt, verletzen aber meistens
in gröblicher Weise den Anstand. Die Italiener betrachten Berni als den größten Meister in dieser Gattung,
die sie nach ihm Poesia bernesca nennen. Diese Gedichte sind mit andern ähnlichen seiner Zeitgenossen (Giov.
della Casa, Molza, Varchi, Mauro u. a.) enthalten in der Sammlung »Opere burlesche« (Flor. 1548-55, 2 Bde.; das.
[Neapel] 1723, 3 Bde., u. öfter)
wie auch in Auswahl abgedruckt hinter der Ausgabe des »Orlando« in den »Classici italiani« (Mail. 1806).
Außerdem hat man von Berni noch einige weniger bedeutende Gedichte und Prosaschriften und eine Anzahl Briefe. Auch als lateinischer
Dichter hat er sich ausgezeichnet. Diese »Rime, poesie latine e lettere«
wurden herausgegeben von Virgili (Flor. 1885).
Hochgebirgsgruppe der Graubündner Alpen, zerfällt durch den Sattel des wilden und vergletscherten Murettopasses
in eine westliche und östliche Hälfte, jene mit dem Monte della Disgrazia (3680 m), diese mit dem Piz Bernina (4052 m) als
Haupt. Hier erreichen die Graubündner Alpen ihre mächtigste Entwickelung; aus einer großartigen Schnee- und
Eiswelt ragt ernst und feierlich ein Kranz von Felsgipfeln auf. Der Eisstrom des Morteratschgletschers, der sich in seiner
obern Hälfte mit dem Persgletscher vereinigt, ist 7,5 km lang und ein wahrer Modellgletscher,
insofern sich auf ihm alle Gletscherphänomene vorfinden.
Gleich ihm entsenden auch der Roseg- und der Tschiervagletscher in ihrer Vereinigung (zur Zeit stark
im Rückgang begriffen) einen Abfluß zum Inn. Aus der Mitte des Gletschers erhebt sich eine mit Kräutern bewachsene Felseninsel,
ein beliebtes Touristenziel. Der Roseggletscher bietet von Pontresina aus einen herrlichen Anblick dar. Von Pontresina, der
besten Station für die Berninagruppe, führen Wege (1¼, bez. 2½ Stunden) zu dem Unterende des Morteratsch-
sowie des Roseggletschers, die man beide von ihrer Fronte besteigen kann.
Durch schön grüne Färbung zeichnet sich der Palügletscher aus, der gegen Val Poschiavo hinabsteigt und mit ein paar andern
Eisströmen der Südabdachung des Gebirges angehört. Auch die abgetrennte Westhälfte des ganzen Berninagebirges, diejenige
des Monte della Disgrazia, birgt ihre mächtigen Eisströme auf der Schweizerseite, in den Nebenthälern
des Bergell: den Fornogetscher ^[richtig: Fornogletscher] und den Albignagletscher. Die Ersteigung der schwierigsten Gipfel
eröffnete der Churer Forstinspektor Coaz mit dem Piz Bernina. Es folgten zunächst Piz Morteratsch (Brügger u. a., 1858),
Piz Tremoggia (J. J. ^[Johann Jacob] Weilenmann, 1859), Monte della Disgrazia (Kennedy und Leslie Stephen,
1862), Piz Zupò (Enderlin und Serardy, 1863), Muot da Palü, die mittlere (höchste) Spitze des Palüstocks (Buxton u. a.,
1863), Piz Roseg, die etwas niedrigere Nordspitze (Birham, 1863), Piz Roseg, der höhere Südgipfel (Moore und Walker, 1865),
Crasta Güzza (J. J. ^[Johann Jacob] Weilenmann, 1865). Diesen ersten Besteigungen folgten weitere gründliche
Durchforschungen der ganzen Gebirgsgruppe, in neuester Zeit besonders durch Güßfeldt, Professor Minnigerode, Professor Schulz.
Heute ist die Berninagruppe ein Hauptziel des alpinen Sports. Die Spitze des Bernina erreicht man auf dem gewöhnlichen Weg in 8-9
Stunden von der Bovalhütte aus, die 4 Stunden von
Pontresina an der Westseite des Morteratschgletschers
liegt. Einen vortrefflichen Ein- und Überblick der Berninagruppe gewähren auch die nördlich gelegenen Felsnadeln des Piz
Languard und des Piz Ot. Die Einsenkung zwischen der Berninagruppe und den mit Piz Languard zur Ofenpaßgruppe gehörigen nächsten
Gebirgsstöcken bildet den Paß Bernina (2330 m), der Engadin und Veltlin (zunächst Puschlav) verbindet (s. Flatz
und Poschiavo).
Die Paßstraße, erst 1864 vollendet, ist die dritthöchste Fahrstraße der Schweiz (Furka 2436 m, Flüela 2403 m) und auch im
Winter lebhaft benutzt. Sie steigt hinter Pontresina, angesichts des Morteratschgletschers, hinan, am Berninawirtshaus vorüber;
weiterhin erscheinen rechts die beiden 7 Monate jährlich zugefrornen Hochseen, deren einer, der Lago Nero,
zum Inngebiet gehört, während der Abfluß des Lago Bianco dem Po sich zuwendet. Etwa 10 Minuten unterhalb der Paßhöhe, noch
auf der Engadiner Seite, erreicht man das sogen. Ospizio (2309 m), ein gewöhnliches Wirtshaus.
Von hier aus folgt ein näherer (älterer) Fußweg dem Abfluß des Lago Bianco über Cavaglia, von wo der
schöne Palügletscher besucht werden kann; die Straße aber biegt links ab und steigt in zahlreichen Windungen thalwärts
am Wirtshaus La Rosa vorüber nach Poschiavo.
Vgl. Studer, Über Eis und Schnee, Bd. 3 u. 4 (Bern
1871 u.
1883).
Lorenzo, ital. Architekt, Bildhauer und Maler, geb. 1598 zu Neapel, genoß den Unterricht seines Vaters, ging
mit demselben nach Rom und erregte hier durch sein Talent die Aufmerksamkeit Pauls V. Papst Gregor XV. ernannte ihn zum Ritter,
Urban VIII. 1629 zum Oberaufseher des Baues der Peterskirche und zum Direktor aller öffentlichen Arbeiten
für die Verschönerung Roms. In gleicher Ehre und Thätigkeit erhielt sich unter Innocenz X. und Alexander VII. Im J. 1663 ging
er auf die Einladung Ludwigs XIV. wegen des Louvrebaues nach Paris.
Seine Reise dahin, über welche er ein noch erhaltenes Tagebuch geführt hat, glich einem Triumphzug; allein
seine Zeichnungen zum Louvre mußten später Claude Perraults Entwürfen weichen. Mehr Beifall hatte eine Büste des Königs aus
Marmor, die Bernini ebenfalls in Paris fertigte; dagegen mißriet eine Reiterstatue des Königs gänzlich. In Rom fand der Künstler
unter Clemens X. sein altes Ansehen wieder und behauptete dasselbe bis zu seinem Tod, Bernini besaß
bedeutende Phantasie und große technische Geschicklichkeit; aber seine Richtung war eine der einfachen Schönheit entfremdete,
dem Geschmack des sinnlichen Reiz und Pomp verlangenden Zeitalters frönende.
Seine Gestalten sind gespreizt und unnatürlich. Sein Fleisch hat ein so aufgedunsenes Ansehen, daß die
Muskeln der männlichen Körper an Blasen erinnern, und die Fleischmassen seiner Frauen sind von übertriebener Üppigkeit. Sein
Faltenwurf ist manieriert. Auch als Architekt huldigte Bernini demselben theatralischen Pomp; er ist einer der hervorragendsten Vertreter
des Barockstils. In beiden Richtungen, namentlich aber in der Plastik, hat Bernini den größten Einfluß auf
seine Zeitgenossen ausgeübt und zu den verdrehten und haltungslosen Figuren, welche die Bildhauerei vom Ende des 17. Jahrh.
bis über die Mitte des 18. kennzeichnen, das Vorbild gegeben. Von seinen zahlreichen, meist in Rom befindlichen Werken sind
hervorzuheben: die Säulengänge auf dem St. Petersplatz, Berninis Hauptwerk, 1667 angefangen und unter
Clemens IX. vollendet, mit 162 Statuen von Heiligen und Ordensstiftern, die
mehr
nach Berninis Zeichnungen gefertigt sind;
die Fassade des Palastes Barberini gegen die Via delle quattre Fontane;
der Palast Bracciano
auf der Piazza di S. S. Apostoli;
die Scala regia des vatikanischen Palastes;
die Galerie und Fassade an der Meerseite des Kastells
Gandolfo;
das Arsenal in Civita Vecchia;
die Fontäne am Platz Barberini u. a.;
das große Tabernakel über
dem Hauptaltar der Peterskirche, unter Urban VIII. gefertigt;
die vier Kirchenväter, welche den Stuhl des heil. Petrus tragen,
daselbst über dem Altar der heiligen Jungfrau, am Ende der Haupttribüne, unter Alexander VII. mit ungeheuern Kosten angefertigt;
die Grabmäler Urbans VIII. und Alexanders VII.;
die Bildsäulen des Longinus und Konstantins d. Gr. zu Pferde,
sämtlich daselbst;
die heil. Theresia in der Kirche Santa Maria della Vittoria, von dem Künstler selbst für sein bestes Werk
erklärt;
der Raub der Proserpina in der Villa Ludovisi, eine manierierte Nachahmung des Sabinerinnenraubes von Giovanni Bologna;
die Marmorstatuen: Äneas und Anchises, Apollo und Daphne in der Villa Borghese, eine Jugendarbeit, aber eine
seiner besten;
Neptun und Glaucus in der Villa Montalto;
der Triton der Quelle am Platz Navona;
Urban VIII. auf dem Kapitol.
Auch
als Schriftsteller, namentlich als Komödiendichter, hat sich Bernini versucht.