als blaue Tinte, zur Aquarellmalerei, zum Illuminieren von Landkarten und zum Ausspritzen der Gefäße bei anatomischen Präparaten.
In der Zeugdruckerei befestigt man bisweilen das fertige Berliner mit Eiweiß auf den Geweben, meist erzeugt man es aus diesen selbst,
indem man sie mit Eisenoxydlösung tränkt und dann durch eine Mischung von gelbem Blutlaugensalz mit
Mineralsäure passiert. Wird gleichzeitig Zinnchlorür angewendet, so erhält das Blau eine prächtige Purpurnüance (Raymonds
Blau, Napoleons Blau, Kaliblau). Das auf Seide hervorgebrachte Bleu de France wird nur mit Blutlaugensalz versetzt, indem man die
Lösung mit Schwefelsäure versetzt und das Gewebe in der Flüssigkeit bei Luftzutritt erhitzt. Berliner wurde 1704 von
Diesbach in Berlin entdeckt und die Fabrikation bis 1724 geheim gehalten. Später wurde es der Ausgangspunkt für zahlreiche
Untersuchungen, und erst in neuester Zeit erkannte man die wahre Zusammensetzung.
Braun (Preußischbraun), sehr schönes, beständiges und gut deckendes Braun, wird durch Glühen des Berliner
Blaus an der Luft dargestellt, besteht aus Eisenoxyd und Kohlenstoffeisen, kann aber im großen nicht leicht
von gleichmäßiger Nüance erhalten werden. Es ist nicht giftig und als Wasser-, Öl- und Kalkfarbe brauchbar.
Kongreß, die Versammlung von Vertretern der Großmächte Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien,
Italien, Rußland und Türkei, welche, von Österreich angeregt, auf Einladung der deutschen Reichsregierung 13. Juni 1878 unter
Vorsitz des Fürsten Bismarck in Berlin zusammentrat, um das im Frieden von San Stefano festgesetzte Ergebnis des russisch-türkischen
Kriegs zu prüfen und mit den Interessen Europas, besonders Englands und Österreichs, in Einklang zu bringen.
Das Ergebnis der Beratungen war der Berliner Friede vom 13. Juli 1878, der die Fürstentümer Rumänien, Serbien
und Montenegro, letztere beiden erheblich vergrößert, für souverän erklärte, Bulgarien als suzeränen Staat und Ostrumelien
als autonome Provinz von der Türkei abtrennte, Rußland Bessarabien und einen Teil Armeniens als neue Gebietserwerbungen zusprach,
Österreich mit der Okkupation Bosniens und der Herzegowina beauftragte und Griechenland eine Erweiterung
seiner Nordgrenze in Aussicht stellte. Die Macht der Türkei in Europa und Asien ward durch den Vertrag erheblich geschwächt,
aber der Einfluß Rußlands zu gunsten Österreichs eingeschränkt.
Rot (Preußisch rot), gebrannter, lebhaft roter Ocker, sonst auch Englischrot oder eine aus Fernambukholz
oder andern Rotholzsorten mit Alaun dargestellte Lackfarbe.
(spr. -ōs), Hector, berühmter franz. Komponist, geb. 11. Dez. 1803 zu La Côte St.-André unweit Grenoble, wurde
von seinem Vater, einem dortigen Arzt, zu dem gleichen Beruf bestimmt und erhielt demgemäß eine vorwiegend wissenschaftliche
Erziehung. Mit äußerst bescheidenen musikalischen Kenntnissen kam er 1822 nach Paris, um Medizin zu studieren; doch vertauschte
er dies Studium bald mit dem der Musik, freilich gegen den Willen seines Vaters, der ihm sogar seine Unterstützung entzog, so
daß Berlioz gezwungen war, als Chorist des Theaters Gymnase dramatique seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 1826 als
Schüler ins Konservatorium aufgenommen, fand er im Direktor der Anstalt, Cherubini,
zwar einen Gegner, dafür aber in LeSueur
einen auf sein Wesen liebevoll eingehenden Lehrer, und von diesem gefördert, konnte er 1830 mit einer Kantate: »Sardanapale«,
den sogen. römischen Preis gewinnen, infolgedessen er einen 18monatlichen Aufenthalt in Rom und Neapel
nehmen durfte.
Schon früher war er in Paris als Komponist öffentlich aufgetreten, zuerst 1828 mit den Ouvertüren: »Waverley« und »Les
francs juges«, das Jahr darauf mit der fünfsätzigen Symphonie »Épisode de la vie d'un artiste«, in welcher die charakteristischen
Merkmale seines gesamten Schaffens schon deutlich zu Tage traten: das Streben, einen dichterischen Gedanken
in Tönen zu versinnlichen, und ein dem entsprechender Aufwand instrumentaler Mittel sowie jene Überschwenglichkeit der Phantasie
und Freiheit der formalen Gestaltung, welche die damals in Frankreich zum Durchbruch gekommene Romantik im allgemeinen kennzeichneten.
Noch entschiedener zeigten diese Seite der Berliozschen Individualität seine spätern symphonischen Arbeiten:
»Le retour à la vie«, eine Art Ergänzung zur oben genannten »Épisode«, die er nebst der Ouvertüre zum »König Lear« aus Italien
zurückgebracht;
»Harold en Italie« (zum erstenmal aufgeführt 1834);
die Totenmesse (Requiem) zur Begräbnisfeier des Generals
Damrémont (1837);
»Romeo et Juliette« mit Solo- und Chorgesang (1839);
die Trauer- und Siegessymphonie
für Militärmusik, zur Einweihung der Julisäule (1840),
und die Ouvertüre »Le carnaval romain«.
Alle diese Werke erregten
durch die Originalität der Erfindung und die von den bisherigen Mustern völlig abweichende Form ein ungemeines Aufsehen,
wogegen der Versuch des Künstlers, mit der Oper »Benvenuto Cellini« (1838) auf der Bühne festen Fuß zu
fassen, völlig mißlang.
Inzwischen war auch als musikalischer Schriftsteller mit Erfolg thätig gewesen, zuerst 1828 als Mitarbeiter des »Correspondant«,
dann der 1834 gegründeten »Gazette musicale«, endlich des »Journal des Débats«. Die Vorteile, die ihm aus dieser Stellung
erwuchsen, büßte er jedoch zum Teil wieder ein durch die rücksichtslose Schärfe seiner Kritik, welche
ihm zahlreiche Feinde zuzog. Von der Haltung des Pariser Publikums im ganzen wenig befriedigt, beschloß er, 1843 eine größere
Kunstreise zu unternehmen, die ihn zunächst nach Norddeutschland führte, wo er meist mit Begeisterung aufgenommen wurde
und unter andern in Griepenkerl (Braunschweig), Rob. Schumann und Lobe (Leipzig) warme Verehrer seiner Kunst
fand.
Zwei Jahre später bereiste er Österreich und Ungarn und 1847, nachdem er das Jahr zuvor seine Symphoniekantate »La damnation
de Faust« in Paris zur Aufführung gebracht, Rußland, wo er noch mehr als in Deutschland gefeiert wurde. 1852 besuchte er zum
zweitenmal Deutschland und verweilte diesmal längere Zeit in Weimar bei Liszt, der schon seit Jahren für
die Verbreitung der Berliozschen Musik thätig gewesen war. Von seinen spätern Kompositionen sind zu erwähnen: das Mysterium
»L'enfance de Christ« (1854),
ein doppelchöriges Tedeum (1856),
welches ihm die Ehre der Mitgliedschaft der Akademie eintrug,
die komische Oper »Béatrice et Bénédict« (1862 in Baden und später in Weimar aufgeführt) und die große
Oper »Les Troyens« (1866 im lyrischen Theater zu Paris aufgeführt). Mit diesem Werk, welches er als sein bestes bezeichnete,
das Publikum jedoch abermals ablehnte, nahm Berlioz Abschied von der Pariser Öffentlichkeit. Er starb 8. März 1869 in
Paris, nachdem er noch das
mehr
Jahr zuvor eine dritte Reise nach Rußland unternommen, die ihm die höchsten Ehren eingebracht hatte. Während seiner letzten
Lebensjahre von seinen Landsleuten wenig beachtet, wurde er nach seinem Tod Gegenstand der Aufmerksamkeit des französischen
Publikums, und neuerdings sind seine größern Werke in Paris durch wiederholte Aufführungen fast populär geworden.
Selten oder nie sind die Meinungen in künstlerischen Dingen so geteilt gewesen wie in Bezug auf Berlioz' Musik,
und noch jetzt steht der Partei, die ihn als den französischen Beethoven betrachtet, eine andre schroff gegenüber, welche
seiner Kunst jeglichen Wert abspricht. Nur über seine Meisterschaft in der Behandlung des Orchesters, dessen
Ausdrucksfähigkeit er noch über Beethoven hinaus steigerte, ist man in allen Künstlerkreisen einerlei Meinung, und sein
»Traité d'instrumentation« (Par. 1844; deutsch von A. Dörffel, Leipz.
1864) hat ungeteilten Beifall gefunden.
Das Gleiche gilt von seinen übrigen Schriften, welche nicht nur den geistreichen Menschen und Musiker, sondern auch eine edle,
ausschließlich dem Ideal zugewandte Künstlernatur in jeder Zeile erkennen lassen. Es sind dies: »Voyage
musical en Allemagne, etc.« (1844);
»Les soirées de l'orchestre« (1853);
»Les grotesques de la musique« (1859) und »A
travers chants« (1862, 2. Aufl. 1872), beide letztere vorwiegend humoristischen Inhalts.
Die meisten dieser Schriften erschienen
in deutscher Übersetzung von Richard Pohl (Leipz. 1864, 4 Bde.). Nach
seinem Tod erschienen die kurz vorher von ihm verfaßten, auch Briefe enthaltenden »Mémoires« (Par. 1870; 2. Aufl. 1878, 2 Bde.;
seine Reisen in Italien, Deutschland, Rußland und England betreffend) und »Correspondance inédite 1819-68« (das.
1878).
Vgl. Jullien, Hector Berlioz (Par. 1882);
Hippeau, Berlioz, l'homme et l'artiste (das. 1883-85, 3 Bde.);
Ernst, L'œuvre dramatique de H. Berlioz (das. 1884);
Pohl, H. Berlioz, Studien und Erinnerungen (Leipz. 1884).