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Schutzpatron der Fischer, Nikolaus der der Schiffer und Kaufleute. Da die Fischer eher dagewesen sein werden als die Schiffer, so ist der Stadtteil Alt-Kölln, noch heute das geographische Zentrum der Stadt, auch ihr ältester Teil. Dieses Fischerdorf ist wendischen, die Schifferansiedelung in Alt-Berlin höchst wahrscheinlich schon germanischen Ursprungs. Beide Orte, wohl schon im 12. Jahrh. entstanden, erhielten unter der Regierung der Markgrafen Johann I. und Otto III. Stadtrechte, Kölln um 1232 (von Spandau [* 2] her), Berlin [* 3] um 1240 (von Brandenburg [* 4] a. d. Havel).
Was nun die Namen beider Städte betrifft, so hängen sie wohl mit dem Wasser und den natürlichen und künstlichen Einrichtungen an seinem Ufer zusammen. »Berlin« ist höchst wahrscheinlich auf »Wehr« (Damm) zurückzuführen und der Bär als Wappentier erst nachträglich wegen des ähnlichen Wortklanges gewählt worden. »Kollen« bezeichnet nach der Sprache [* 5] der Wenden einen aus Sumpf und Wasser sich erhebenden Hügel. Erst 1307 wurden beide Städte unter dem Markgrafen Hermann zu einer einzigen Stadt mit gemeinschaftlicher Kommunal- und Gerichtsverfassung vereinigt.
Schon 1308 entbot Berlin die mächtigsten Städte der Mittelmark zu sich, um mit ihnen über die Aufrechthaltung des Landfriedens zu beraten. So legte es den Grund zu einem Städtebund in der Mark, an dessen Spitze es durch seine Lage naturgemäß treten mußte. Die Bundesversammlungen fanden bald regelmäßig nur in Berlin statt, und von hier aus entwickelte sich dann auch jene oppositionelle Richtung gegen die freilich nur schwachen und oft wechselnden Landesregierungen nach dem Aussterben der Askanier. Berlin war es, welches als Vertreterin des märkischen Städtebundes die Verbindung mit der mächtigen nordischen Hansa bewirkte, und in dessen Mauern auch die Landstände der Mark Brandenburg bald auch von jenseit der Elbe und der Oder zusammenkamen und tagten. Schon 1319 hatte die Stadt das Münzrecht und 1392 die Blutgerichtsbarkeit erworben.
Die Unabhängigkeit Berlins hat erst Friedrich II., der Eiserne, der zweite Hohenzoller in der Mark, gebrochen. Er benutzte 1442 einen Zwiespalt zwischen dem aristokratischen Rat und der Bürgerschaft, erschien, von der letztern gerufen, in der Stadt, beseitigte den alten Rat und die selbständige Gerichtsbarkeit, führte die Trennung beider Städte herbei, setzte ein neues Regiment ein, machte die Wahl neuer Ratsglieder von seiner Bestätigung abhängig und verbot alle Bündnisse der Städte innerhalb und außerhalb des Landes.
Eine lange Widersetzlichkeit der gesamten Bevölkerung [* 6] gegen eine solche nicht erwartete neue Ordnung der Dinge artete bis zur offenen Fehde (»Berliner [* 7] Unwille«) aus, in der Berlin, von den übrigen mit gleichem Schicksal bedrohten Städten verlassen, 1448 besiegt wurde. Die Strafe war Verlust der Mühlen, [* 8] des Zolles und der Niederlage. Was die Hansestadt Berlin als den schwersten Schimpf ertragen mußte, den Bau der kurfürstlichen Burg durch ihren Besieger an der Stelle, wo noch heute das kaiserliche Schloß steht, gerade das war wiederum die ergiebigste Quelle [* 9] zu weiterer Blüte. [* 10]
Denn Berlin war nun und blieb die Residenz der Hohenzollern. [* 11] Es wurde bald eine treue Stütze der Monarchie, von deren Schicksalen seine weitere Entwickelung abhängen mußte. Eine dauernde Hofhaltung führte zuerst Johann Cicero in Berlins Mauern ein. Joachim I. gründete das Kammergericht 1516, durch welches das römische Recht in der Mark weitere Verbreitung fand. Joachim II., mit dem Berlin 1539 die lutherische Reformation annahm, reformierte das Kirchen- und Schulwesen, gründete ein evangelisches Konsistorium und baute die noch aus dem 13. Jahrh. stammende Dominikanerkirche (auf dem heutigen Schloßplatz) zu einer Dom- und Gruftkirche für das Herrscherhaus um. Seit 1539 war eine Buchdruckerei in Berlin, Maler, Tonkünstler, Baumeister und Bildhauer wurden herangezogen.
Unter Joachim II. begann auch 1538 der Um- oder Neubau des königlichen Schlosses in Kölln, ein Werk, das unter dem Großen Kurfürsten fortgeführt, unter den Königen Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. aber zu seiner gegenwärtigen Vollendung gebracht wurde. In die Regierungszeit Johann Georgs (1571-98) fallen die erste Bebauung des Werders in der Nähe des königlichen Schlosses, die Errichtung der ersten lateinischen Schule (1574 in dem aufgehobenen Franziskanerkloster) sowie die Niederlassung vieler geschickter Handwerker und Künstler aus den Niederlanden.
Auch der kurfürstliche Leibarzt Leonhard Thurneysser beschäftigte in weitläufigen Anstalten viele Maler, Formschneider, Zeichner und Drucker. Die Einwohnerzahl von und Kölln war um jene Zeit immer noch ziemlich unbedeutend, sie überstieg bis zu Ende des 16. Jahrh. selten 12,000. Der 1613 erfolgte Übertritt des Kurfürsten Johann Siegmund zum reformierten Bekenntnis hatte in Berlin, dessen Bevölkerung von fanatischen Geistlichen aufgehetzt wurde, mehrere Aufläufe zur Folge, in deren einem (1615) sogar der Statthalter, Markgraf Johann Georg von Jägerndorf, verwundet wurde.
Sehr hart war das Schicksal Berlins während des Dreißigjährigen Kriegs. Mißwachs und Teurung, Stockung der Gewerbe und des Verkehrs, ansteckende Krankheiten, kurfürstliche Kontributionen, Brandschatzungen der Kaiserlichen und Schweden [* 12] brachten die Städte an den Rand des Verderbens. Am traf Wallenstein in ein, worauf mehrere kaiserliche Regimenter einquartiert wurden. Am zog Gustav Adolf mit 200 Mann in die Stadt ein und wohnte auf dem Schloß, wo er am 5. einen Vertrag mit dem Kurfürsten abschloß, um am 6. über Potsdam [* 13] weiter zu marschieren.
Als der Kurfürst auf Anraten des Staatsministers Grafen Schwarzenberg die Vertragsbedingungen wieder aufheben wollte, griff Gustav Adolf 8. Juni an; aber am 11. wurde ein Vergleich geschlossen, worauf der König mit seinem ganzen Heer durch die Stadt auf das andre Spreeufer rückte. Im J. 1634 wurde sie für kurze Zeit von den Kaiserlichen besetzt, und nach dem Prager Frieden rückte 1636 ein schwedisches Korps unter Wrangel in ein und legte eine Kontribution auf. Im J. 1638 wurde Berlin-Kölln mit Schanzen und andern Werken umgeben; trotzdem nahm aber die Not immer mehr zu, viele Häuser standen leer, und Seuchen rafften die Bewohner in Menge hin.
Während dieser traurigen Zeit rissen unter dem Bürgerstand unsittlicher Lebenswandel, Roheit des Benehmens und maßlose Völlerei ein. Beide Residenzen zählten damals nur noch 6000 Einw., die Vorstädte waren eingeäschert, das Schloß in verfallenem Zustand. In Berlin selbst, wo nur noch 800 Häuser standen, waren diese meist einstöckig und mit Stroh gedeckt wie Hütten, [* 14] viele Strecken waren unbebaut, die Straßen größtenteils nicht gepflastert, die Brunnen [* 15] nur Ziehbrunnen, die Brücken [* 16] sehr baufällig, und vor sehr vielen Wohnungen waren Schweineställe angebracht.
Unter solchen Verhältnissen und bei so großer Indolenz der Bürger selbst übernahm Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, die Regierung, und von ihm datiert wie die Größe der preußischen ¶
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Monarchie, so auch der Glanz der Residenzstadt Berlin. Von 1650 ab begann sein rastloses Wirken für die Hebung [* 18] seiner Residenz. Zuerst sorgte er für die Pflasterung und Beleuchtung [* 19] der Straßen, dann wurden Maßregeln für die Bebauung der wüsten Stellen getroffen, alle kurfürstlichen Gebäude und Anlagen wiederhergestellt und der Lustgarten, ein Park im holländischen Stil, mit Lusthaus und Orangerie angelegt. Von Privatbauten entstanden die Palais Derfflingers (am Kölnischen Fischmarkt), Schombergs (jetzt kronprinzliches Palais), Danckelmanns (in der Kurstraße).
Die Verfolgungen der Protestanten in Frankreich, die Aufhebung des Edikts von Nantes, [* 20] verbunden mit dem Potsdamer Edikt vom führten eine Menge betriebsamer und gewerbfleißiger Franzosen nach Berlin, denen sich 1689 und 1697 auch viele Pfälzer und Schweizer anschlossen. Dadurch aber wurde eine bedeutende Erweiterung der Städte notwendig. Schon 1658 begann die Vergrößerung der Anlagen auf dem Werder; 1670 fing man an, die Spandauer Vorstadt auszubauen, welche unter Friedrich I., vorzüglich aber unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. erweitert und verschönert wurde; 1674 entstand eine neue Vorstadt vor dem neuen Thor des Friedrichswerders, seit 1676 von ihrer Gründerin, der Kurfürstin Dorothea, gebornen Prinzessin von Holstein, Dorotheenstadt genannt.
Seit 1680 wurden die übrigen Vorstädte und Neu-Kölln angelegt. Ein Zeitraum von noch nicht 40 Jahren reichte hin, um Berlin herrlicher als je zuvor aus der Zerrüttung des Dreißigjährigen Kriegs hervorgehen zu lassen. Die Einwohnerzahl war beim Tod Friedrich Wilhelms (1688) bereits auf 20,000 gestiegen. Ein Lieblingsplan des Großen Kurfürsten war die bereits während der Kriegsjahre angefangene Befestigung der Städte, woran (seit 1658) 25 Jahre gearbeitet ward.
Der damals aus der Spree abgeleitete Festungsgraben umgab und Kölln in zwei Abteilungen; die eine ging rechts aus dem Hauptstrom bei der Stralauer und mündete in denselben bei der Herkulesbrücke; die andre Hälfte begann oberhalb der Waisenhausbrücke und ging um Kölln und den Werder in den Kupfergraben. Der Friedrichswerder und Neu-Kölln, außerhalb des Festungsgrabens in die Verteidigungslinie eingeschlossen, wie die sich hier findenden Namen Ober- und Niederwallstraße bezeugen, verdanken dieser Befestigung ihren Ursprung. Dieselbe hatte jedoch keinen langen Bestand, und es wurde schon unter Friedrich Wilhelm I. mit ihrer Beseitigung begonnen, wobei man es versäumte, zwischen der neuern Stadt und den Vorstädten breite Straßenzüge anzulegen und sie durch weite Zugänge zu verbinden. Der Friedrichswerder bildete einen eignen, von der Jurisdiktion der beiden Städte unabhängigen Stadtteil, welcher schon 1667 einen eignen Magistrat erhielt.
Friedrich III. (als König Friedrich I.) beschloß 1688 den Anbau der Friedrichsstadt, und bereits 1695 standen 300 Gebäude nach einem bestimmten Plan, der durch Friedrich Wilhelm I. zu dem gegenwärtigen Umfang erweitert wurde. Zu den bedeutenden Bauten König Friedrichs I. gehören außerdem: das Zeughaus, das seitdem mehrfach umgestaltete Akademiegebäude, die Kurfürstenbrücke, die frühere Werdersche Kirche, die frühere Bank, die Sternwarte, [* 21] die Kirchen auf dem Gendarmenmarkt, die Garnisonschule u. a. Um den Hof [* 22] scharten sich einheimische und fremde Gelehrte und Künstler; damit aber Künste und Wissenschaften wirksamer für das Allgemeine würden, stiftete Friedrich I. 1699 die Maler- und Bildhauerakademie und 1700 nach Leibniz' Entwurf die Akademie der Wissenschaften.
Sein glänzender Hof erzeugte auch unter den Bürgern Luxus und Vergnügungssucht. Selbst in den Kleidertrachten huldigte man der am Hof herrschenden französischen Mode; Kaffeehäuser wurden angelegt und Schauspiele zuerst 1690 von den Truppen Sebastian Scios und des sächsischen Hofkomödianten Magister Feldheim im Rathaus aufgeführt und vom Volk stark besucht, obgleich die Geistlichkeit vielfach dagegen eiferte. Unter Friedrich I. wurden auch die bisher getrennten und von besondern Magistraten verwalteten Stadtteile 1709 zu einem Ganzen vereinigt und einem Magistrat (bestehend aus 4 Bürgermeistern, 2 Syndiken, 1 Ökonomiedirektor, 1 Einnehmer, 1 Kontrolleur und 10 Ratsherren, deren Amt ein Jahr währte und vom König besetzt wurde) untergeordnet. Die Einzelbenennungen Kölln, Friedrichsstadt u. a. gingen seitdem in dem Gemeinnamen unter.
Während der Regierung Friedrich Wilhelms I., der zuerst seine Edikte nicht von Kölln an der Spree, sondern von Berlin datierte, wurden das Friedrich-Wilhelms-Waisenhaus, mehrere Kirchen, das anatomische Theater gegründet, der Schloßbau bis 1716 größtenteils vollendet und der Lustgarten um dieselbe Zeit in einen Exerzierplatz umgewandelt. Vornehmlich aber ist die Friedrichsstadt vorzugsweise von diesem König gefördert worden. Eine Generalvisitation 1725 stellte heraus, daß es neben 719 bewohnten Häusern 149 wüste Stellen dort gab, und da letztere verschwinden sollten, so wurden neue Häuser, teils auf Kosten des Königs, teils durch Privatleute auf königlichen Befehl, gebaut.
Schon 1737 gab es 1682 Häuser in der Friedrichsstadt, deren Vergrößerung der König bei seinem Aufenthalt in Berlin immer persönlich überwachte. Für Kirchenbauten geschah ebenfalls viel: die alte Garnisonkirche und die Petrikirche wurden neu aufgebaut;
dann erhoben sich die böhmische und die Dreifaltigkeitskirche.
Für das Schulwesen waren die Anlage der frühern Gebäude des Joachimsthalschen Gymnasiums und die Gründung einer Kadettenschule von Bedeutung. Ferner wurde der botanische Garten [* 23] der Akademie (jetzt der Universität) angelegt und im NW. der Stadt ein Pesthaus errichtet, an dessen Stelle Friedrich II. 1785 die später so berühmt gewordene Anstalt der Charitee erbaute. Im J. 1740 bestanden außer den schon 1709 eine Stadt bildenden fünf Städten noch die Luisenstadt, das Stralauer Viertel, die Königsstadt, die Sophienstadt, mit einer Bevölkerung, die jedoch noch nicht ein Zehntel der jetzigen betrug.
Unter Friedrich d. Gr. wurde noch vor dem Siebenjährigen Krieg der Tiergarten zu einem Park umgestaltet, erfolgte die Abtragung der noch vorhandenen Befestigungswerke (1745), an deren Stelle die Neue Friedrichsstraße, Alexanderstraße und Wallstraße traten. Der Siebenjährige Krieg brachte mehrmals feindliche Heere in die Stadt. So drang 1757 der österreichische General Hadik, der erste Feind seit dem Dreißigjährigen Krieg, in die Vorstädte ein und erpreßte eine Kontribution von 200,000 Thlr. Darauf (1760) beschossen die Russen die Stadt vom Tempelhofer Berg aus, drangen 9. Okt. in dieselbe ein und brandschatzten sie auf die härteste Weise. Nach dem Frieden fanden sich von den 1755 vorhandenen 126,661 Einw. nur noch 98,000 vor, wovon überdies ein großer Teil öffentlicher Unterstützung bedurfte. Friedrich d. Gr. suchte durch Wiederaufnahme der Bauten und Belebung der Industrie zu helfen. Es wurden aus ¶