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Anthropologische, die Geologische, die Deutsche [* 2] Chemische, [* 3] die Pharmazeutische, die Photographische, die Juristische Gesellschaft, der Berliner [* 4] Gymnasiallehrerverein, der Berliner Lehrerverein, der Verein für die Geschichte Berlins (seit 1885 Vorort des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine), der für die Geschichte der Mark Brandenburg, [* 5] der Verein »Herold« für Heraldik, Sphragistik und Genealogie, der Wissenschaftliche Kunstverein, die Archäologische Gesellschaft, der Verein Berliner Künstler, der Schriftstellerverein »Berliner Presse«, [* 6] der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, [* 7] die Polytechnische Gesellschaft, der Elektrotechnische Verein, der Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen, der Verein zur Beförderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts (Lette-Verein), die Militärische Gesellschaft, der Verein zur Beförderung des Gartenbaues, der Verein für Pferdezucht, [* 8] der Klub der Landwirte, der Verein zur Besserung entlassener Strafgefangenen, der Missionsverein, der Gustav-Adolfs-Verein, der Protestantische Unionsverein, der Verein zur Beförderung der Verbreitung des Christentums unter den Juden, der Verein für christliche Erbauungsschriften, der Evangelische Verein (mit zwei Häusern), der Architektenverein, der Verein für Eisenbahnkunde, der Volksküchenverein, der Asylverein und der große Berliner Handwerkerverein (mit eignem Vereinshaus).
Diese Vereine und Gesellschaften haben zum Teil eigne Zeitschriften, liefern Jahresberichte oder veröffentlichen die Resümees ihrer Verhandlungen in den Hauptzeitungen. Eine für das Berliner gesellschaftliche Leben besonders bezeichnende Kategorie von Vereinen sind die (liberalen) Bezirksvereine und die (konservativen) Bürgervereine, welche fast für alle Stadtgegenden bestehen und zugleich politische und gesellschaftliche Zwecke verfolgen.
Überaus groß ist die Zahl der in Berlin [* 9] erscheinenden litterarischen Blätter. Mit Einschluß der belletristischen und fachwissenschaftlichen Organe gibt es 410 periodisch erscheinende Blätter. Berlin überragt in dieser Beziehung alle deutschen Städte bei weitem. Von täglich herausgegebenen Zeitungen erwähnen wir: den (offiziellen) »Preußischen Staats- und Deutschen Reichsanzeiger« und die (offiziöse) »Norddeutsche Allgemeine Zeitung«, die (feudal-konservative). »Neue Preußische (Kreuz-) Zeitung«, die (nationalliberale) »Neue Zeitung«, die (freikonservative) »Post«, die (liberale) »Nationalzeitung«, die »Vossische Zeitung« und das »Berliner Tageblatt« (beide deutsch-freisinnig),
die (ultramontane) »Germania«, [* 10] die (demokratische) »Volkszeitung«. Ohne bestimmte politische Parteirichtung sind: das »Fremdenblatt« und die »Tägliche Rundschau«. Außerdem gibt es noch eine Anzahl von Börsenorganen, von denen das älteste und bedeutendste die »Börsenzeitung« ist; 6 Witzblätter: »Kladderadatsch«, »Wespen«, »Humoristische Blätter«, »Schalk«, »Ulk« und »Wahrheit«;
mehrere Damenzeitungen und ein ausschließliches Inseratenorgan, das »Intelligenzblatt«.
Unter den Kunstsammlungen nehmen die der königlichen Museen (s. oben) die erste Stelle ein. Das Alte Museum enthält im Souterrain die Bibliothek und eine Münzsammlung von 90,000 Stück in Gold, [* 11] Silber und Kupfer [* 12] (von denen allein 40,000 Münzen [* 13] und Medaillen des Altertums sind), im ersten Stockwerk die Skulpturengalerie, welche außer der Rotunde drei größere und drei kleinere Säle füllt. Ihren wertvollsten Inhalt bilden die pergamenischen Skulpturen (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 14] III«). [* 15]
Die Gemäldegalerie, welche den obersten Stock einnimmt und 1877-84 im Innern vollständig umgebaut ist, umfaßt ca. 1300 Nummern und ist in zwei großen Hauptmassen auf zwei Flügel verteilt. Der westliche enthält die Gemälde der italienischen, der östliche die der niederländischen, deutschen, spanischen und französischen Schule. In der Rotunde befindet sich ein Exemplar der nach den Raffaelschen Kartons zur Apostelgeschichte in Flandern gewebten Teppiche (s. Arrazzi).
Das Neue Museum enthält im Erdgeschoß eine Sammlung nordischer Altertümer und das ägyptische Museum, in welchem besonders zwei sitzende Kolossalstatuen der Könige Ramses II. (1350 v. Chr.) und Sesurtasan I. (ca. 2000 v. Chr.) und zahlreiche Sarkophage hervorzuheben sind; das zweite Geschoß [* 16] eine reiche Sammlung von Gipsabgüssen antiker und mittelalterlicher Skulpturen; das dritte endlich die Vasensammlung, das Antiquarium (Hildesheimer Silberfund) [* 17] und das Kupferstichkabinett, das mehr als ½ Million Holzschnitte, Kupferstiche, Handzeichnungen etc. umfaßt (Hamiltonsche Miniaturen).
Diesen beiden Museen reiht sich die Nationalgalerie an. Sie ist vornehmlich für Bildwerke der modernen deutschen Kunst seit dem Ende des 18. Jahrh. bestimmt. Den Grundstock bildet die 1861 vom Konsul Wagner dem König geschenkte Wagnersche Galerie. Die beiden Hauptsäle des ersten Stockes füllen die Kartons von Peter v. Cornelius. Im dritten Stock ist die gräflich Raczynskische Gemäldegalerie aufgestellt. Die Nationalgalerie enthält ca. 700 Kunstwerke und eine reiche Sammlung von Handzeichnungen.
Andre öffentliche Museen sind: das Rauch-Museum (enthält fast sämtliche Modelle, Entwürfe und Abgüsse der Rauchschen Werke);
das Museum der Abgüsse aus Olympia (im Dom);
das Hohenzollern-Museum im Schloß Monbijou (enthält eine Sammlung von Merkwürdigkeiten und Erinnerungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte und der des preußischen Herrscherhauses);
das Kunstgewerbemuseum (s. oben);
das märkische Provinzialmuseum (Zweck desselben ist, die heimischen Altertümer zu erhalten und wissenschaftlichen Forschungs- wie allgemeinen Bildungszwecken dienstbar zu machen; bis jetzt 60,000 Nummern);
das Beuth-Schinkel-Museum (enthält den künstlerischen Nachlaß Schinkels sowie die hinterlassene Sammlung Beuths);
landwirtschaftliches Museum und Museum für Bergbau [* 18] und Hüttenkunde in der Invalidenstraße;
Reichspostmuseum. Im Entstehen begriffen sind: das Hygieinemuseum (Ausstellungspark in Moabit) und das Museum für Völkerkunde (Königgrätzer Straße).
Unter den Privatsammlungen ist die Ravenésche, moderne Gemälde enthaltend, allgemein zugänglich. Permanente Kunstausstellungen finden an verschiedenen Orten statt.
Für die geistige Unterhaltung Berlins sorgt eine große Zahl von Theatern, Konzerten und ähnlichen Vergnügungen. An der Spitze derselben stehen die beiden königlichen Institute, Opernhaus (für Oper und Ballett) und Schauspielhaus (für das recitierende Drama), unter der Leitung eines Generalintendanten der königlichen Schauspiele. Außerdem bestehen noch 16 größere und kleinere Theater. [* 19] Das 1883 eröffnete Deutsche Theater kultiviert das klassische Schauspiel und das moderne Lustspiel; das Viktoriatheater ist für Feerien und große Dekorationsstücke bestimmt. Die Spezialität des Wallner-Theaters ist die Lokalposse, Schwank und Lustspiel, die des neuen Friedrich-Wilhelmstädtischen Theaters und des Walhalla-Theaters die Operette, die des ¶
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Residenztheaters das französische Sittendrama. In dem Krollschen Etablissement herrscht im Winter die Posse, im Sommer die Oper vor. Konzerte von größerer Bedeutung sind diejenigen des königlichen Domchors, die Symphoniekonzerte der königlichen Kapelle, die Aufführungen der königlichen Hochschule für Musik, des philharmonischen Orchesters (Philharmonie) und der früher Bilseschen Kapelle (Konzerthaus). In den Sommergärten sind Symphonie- und Militärkonzerte äußerst zahlreich und mannigfaltig.
Wirkliche Volksfeste gibt es dagegen nicht mehr; der einst berühmte Stralauer Fischzug ist zur völligen Bedeutungslosigkeit herabgesunken. Die Popularität, welche die Pferderennen von Tempelhof früher genossen, scheinen die Rennen in Charlottenburg [* 21] wiederzuerlangen, während im Hoppegarten der weitern Entfernung wegen nur die bessern Gesellschaftsklassen vertreten sind. Dagegen haben ihre alte Anziehungskraft für hoch und niedrig die Frühjahrs- und Herbstparaden auf dem Tempelhofer Feld und die Hubertusjagd im Grunewald bewahrt.
Die unternehmenden Besitzer der größern Vergnügungsetablissements, wie Tivoli, Eiskeller, [* 22] und diejenigen in Treptow, Schöneberg, der Hasenheide wissen übrigens in ihren Veranstaltungen den mannigfaltigsten Ersatz für die alten Volksfeste zu bieten. Unter allen Vergnügungs- und Unterhaltungslokalen steht obenan der Zoologische Garten, [* 23] der nach seiner Umwandlung im Jahr 1869 durch den Reichtum seines Inhalts, den Geschmack und die Pracht seiner Einrichtungen, namentlich des Raubtier-, Antilopen- und Elefantenhauses, den ersten Rang auf dem Kontinent einnimmt.
Auch das Aquarium Unter den Linden ist eine der ersten Sehenswürdigkeiten der Stadt geworden. Der königliche Botanische Garten gehört zu den bedeutendsten seiner Art in Europa; [* 24] sein großartiges Palmenhaus (von Glas [* 25] und Eisen, [* 26] 1856 erbaut), sein großes Winterhaus, das Haus der Victoria [* 27] regia und viele Gewächshäuser bewahren die exotische Flora; sein ganzer bedeutender Raum ist zur Aufnahme von Gewächsen aller Erdteile eingerichtet und enthält etwa 20,000 Pflanzenspezies. Die Flora in Charlottenburg, nach dem Muster der Kölner [* 28] Flora und des Frankfurter Palmenhauses, aber viel großartiger angelegt, mit sehr schönen Gartenanlagen und Palmenhaus, dient vorzüglich zu Konzerten und Sommernachtsbällen.
Verfassung. Behörden. Finanzen.
Seit ist Berlin auf Grund des § 1 der Gesetzgebung über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden und bildet einen Verwaltungsbezirk für sich. Doch sind das Oberpräsidium, das Konsistorium, das Provinzialschulkollegium und das Medizinalkollegium der Provinz Brandenburg auch für Berlin als höhere Instanz zuständig. Das Polizeipräsidium ist für Berlin die königliche, der Magistrat die städtische Behörde.
Hinsichtlich militärischer Maßnahmen haben der Oberbefehlshaber in den Marken, der Gouverneur und der Kommandant von Berlin Anordnungen zu treffen. Das Polizeipräsidium steht direkt unter dem Ministerium des Innern und besteht aus sechs Abteilungen (I. Allgemeines, II. Gewerbe-, III. Bau-, IV. Kriminal- und Sicherheitspolizei, V. Paßbüreau, Gesindeamt etc., VI. Markt-, Fahrpolizei etc.). Es hat die eigentliche Polizei und die Aufsicht über Fremden-, Paß-, Fuhrwerks-, Dienstbotenwesen, Feuerwehr und sonstige zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung gehörige Anstalten.
Dafür steht ihm die Schutzmannschaft zu Gebote, die, zu Fuß und beritten, die gesetzliche Ordnung zu überwachen hat. Diese besteht aus 1 Oberst, 13 Hauptleuten, 136 Polizeileutnants und Kriminalkommissaren, 294 Wachtmeistern und 2971 Schutzmännern. Der Magistrat (vollziehende Behörde für die Beschlüsse der Stadtverordneten) besteht aus einem Oberbürgermeister, einem Bürgermeister, 15 besoldeten (darunter 2 Syndiken, 2 Schul- und 2 Bauräte) und 17 unbesoldeten Stadträten.
Die verschiedenen einzelnen Aufgaben dieser Behörde werden durch Direktionen, Deputationen, Kommissionen und Kuratorien verwaltet, welche aus Magistratsmitgliedern, Stadtverordneten und Bürgerdeputierten bestehen. Die Stadt ist in 326 Bezirke geteilt, deren jeder einen unbesoldeten Vorsteher hat; ferner schickt sie aus 4 Wahlbezirken 9 Abgeordnete in das Abgeordnetenhaus (der Oberbürgermeister ist Mitglied des Herrenhauses) und 6 Abgeordnete aus 6 Wahlkreisen in den deutschen Reichstag.
Die Zahl der Stadtverordneten beträgt 126. Die Gerichtsbarkeit über alle Einwohner haben das Landgericht I und das einzige ihm unterstellte Amtsgericht I; das erstere hat 1 Präsidenten, 16 Direktoren, 71 Richter. Die Staatsanwaltschaft besteht aus einem ersten Staatsanwalt und 12 Staatsanwalten; das Amtsgericht I hat 98 Richter. Das dem Landgericht I übergeordnete Oberlandesgericht führt den Titel Kammergericht. Zu diesem gehören 9 Landgerichte, unter andern auch das Landgericht II in Berlin, dem die 14 Amtsgerichte zu Altlandsberg, Berlin II (für die Umgebung Berlins), Bernau, Charlottenburg, Königs-Wusterhausen, Köpenick, Liebenwalde, Mittenwalde, Nauen, Oranienburg, Rixdorf, Spandau, [* 29] Straußberg und Zossen unterstellt sind.
Finanzen. Entsprechend dem Wachstum der Stadt und ihrer Bevölkerung, [* 30] ist auch das städtische Budget angeschwollen. Es betrugen in Millionen Mark im
Jahr | Einnahmen | Ausgaben | Schuld |
---|---|---|---|
1830 | 2.2 | 2.1 | 12.3 |
1842 | 4.5 | 4.5 | 21.3 |
1860 | 11.8 | 10.5 | 15.1 |
1870 | 17.9 | 17.9 | 24.8 |
1880-81 | 39.1 | 39.1 | 116.6 |
Für das Finanzjahr 1885/86 ist der Stadt-Haushaltungsetat in Einnahme und Ausgabe auf 50,974,201 Mk. veranschlagt. Zu den Einnahmen liefert die Steuerverwaltung 27,254,835 Mk. An direkten Steuern erhebt die Stadt eine Haus-, eine Miets- und eine Gemeinde-Einkommensteuer, an indirekten eine Hunde- und eine Braumalzsteuer. Unter den Ausgaben erfordern:
Bauverwaltung | 10967756 | Mark |
Schulverwaltung | 9942900 | " |
Kapital- und Schuldenverwaltung | 8764161 | " |
Armenverwaltung | 6022307 | " |
Verwaltungskosten | 5144902 | " |
Polizeiverwaltung | 2975266 | " |
Gesundheitspflege | 2451195 | " |
Straßenbeleuchtung und -Reinigung | 1716369 | " |
Die Gesamtschulden der Stadt beliefen sich auf 149,702,575 Mk. (darunter 19,892,894 Mk. auf die Gaswerke, 37,141,732 auf die Wasserwerke, 60,367,854 Mk. auf die Kanalisationswerke und die Rieselfelder, 12,259,099 Mk. auf Vieh- und Schlachthof, 7,860,000 Mk. auf die Markthallen). [* 31] 12,180,996 Mk. sogen. Kämmereischulden sind zu verzinsen und zu amortisieren.
In Berlin haben außer Bundesrat und Reichstag folgende elf Reichsbehörden ihren Sitz: auswärtiges Amt, Reichsamt des Innern, Admiralität, Reichsjustizamt, Reichsschatzamt, Reichseisenbahnamt, Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, Reichspostamt, Reichsamt ¶