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Von den öffentlichen Monumenten, woran Berlin [* 2] reicher als alle deutschen Städte ist, sei zunächst das 1821 für die 1813-15 gefallenen Krieger auf dem Kreuzberg errichtete erwähnt. Es erhebt sich auf einem granitenen Unterbau in gotischer Pyramidenform ca. 20 m hoch, ist nach Schinkels Entwurf aus Eisen [* 3] gegossen und wurde 1878 auf Staatskosten erhöht, wodurch es an Wirkung gewonnen hat. Ein Pendant dazu bildet die am eingeweihte Siegessäule auf dem Königsplatz, welche nach dem Entwurf von Strack zur Erinnerung an die drei siegreichen Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 aufgeführt wurde und mit der sie krönenden Viktoria von Drake eine Gesamthöhe von 61 m erreicht.
Vier auf die Kriege bezügliche Bronzereliefs zieren den mächtigen quadratischen Unterbau, auf dem sich eine runde offene Säulenhalle von 15,7 m im Durchmesser erhebt; den Kern derselben schmückt das nach dem Gemälde A. v. Werners durch Salviati in Venedig [* 4] in Glasmosaik ausgeführte, enthüllte Bild, welches die Verbrüderung der deutschen Stämme angesichts der drohenden Fremdherrschaft und die Proklamierung des Kaiserreichs in Versailles [* 5] darstellt; darüber steigt die aus Sandstein gearbeitete Säule von 27 m Höhe und 5 m Durchmesser empor; dieselbe trägt in ihren Kannelierungen in drei Etagen übereinander eroberte Kanonenrohre aus den drei Kriegen und gewährt auf ihrer von der 8,32 m hohen Viktoria gekrönten Plattform eine umfassende Aussicht. Von ähnlichen Denkmälern sind noch die Friedenssäule auf dem Belle-Allianceplatz mit einer Viktoria von Rauch und das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark zum Andenken an die 1848 und 1849 Gefallenen (1854 errichtet) zu erwähnen. Das figurenreichste Werk monumentaler Skulptur ist aber die Reiterstatue Friedrichs d. Gr. (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 6] VIII«, [* 7] Fig. 3) am Eingang der Linden, zwischen dem königlichen Palais und der Universität, welche, nachdem noch unter Friedrich Wilhelm III. 1840 der Grundstein gelegt worden, am 111. Jahrestag des Regierungsantritts des großen Königs, enthüllt wurde.
Das Ganze, eins der größten Meisterwerke Rauchs, von Friebel in Erzguß ausgeführt, hat 13,2 m Höhe und 6,9 m Breite. [* 8] Auf einem Granitsockel von 1,7 m Höhe erhebt sich das Fußgestell von Bronze, [* 9] auf diesem der Hauptwürfel des Denkmals mit zahlreichen Statuen und Reliefbildern von Helden und andern ausgezeichneten Geistern. An den Ecken treten die Reiterfiguren des Herzogs Ferdinand von Braunschweig, [* 10] des Prinzen Heinrich von Preußen, [* 11] Zietens und Seydlitz' hervor. Zwischen ihnen gruppieren sich die berühmtesten Männer der Fridericianischen Epoche, und am Sockel ziehen sich die Namen vieler Kriege hin. Auf diesem Unterbau erhebt sich nun das kolossale Reiterstandbild selbst, welches den König in Uniform mit Hut [* 12] und Königsmantel und dem Krückstock in der rechten Hand [* 13] darstellt. - Andre Denkmäler sind die der Helden der Freiheitskriege auf dem Opernplatz, der des Siebenjährigen Kriegs auf dem Wilhelmsplatz, der Grafen Brandenburg [* 14] und Wrangel auf dem Leipziger Platz, das Reiterstandbild König Friedrich Wilhelms III. (von Wolff) im Lustgarten, enthüllt beim Truppeneinzug 1871; ferner die Denkmäler von Schinkel, Beuth und Thaer (Rauchs letztes Werk) vor der frühern Bauakademie, von Schinkel, Rauch, Schadow und Winckelmann in der Vorhalle des Alten Museums, von Hegel (Kolossalbüste) hinter der Universität (Hegelplatz), das am enthüllte Schillerdenkmal von R. Begas auf dem Schillerplatz vor dem Schauspielhaus, das Denkmal des Freiherrn vom Stein auf dem Dönhofsplatz (seit 1875) von Schievelbein. Die beiden großen Berliner [* 15] Ärzte v. Gräfe (gest. 1871) und Wilms (gest. 1880) haben 1882-83 jeder ein Denkmal erhalten (s. Tafel »Bildhauerkunst X«, [* 16] Fig. 3). Über die Denkmäler in den Parken s. oben.
Bauwerke.
An gottesdienstlichen Gebäuden besitzt Berlin 49 evangelische, 5 katholische, 9 freie, von der Landeskirche unabhängige, 8 jüdische. Die Domkirche an der östlichen Seite des Lustgartens wurde nach dem Abbruch der alten Domkirche aus dem Schloßplatz unter Friedrich II. 1747 von Boumann erbaut, doch 1817 und 1821 unter Schinkels Leitung vielfach umgestaltet; eine große Kuppel und zwei Seitentürme die ebenfalls Kuppeln tragen, heben das 103 m lange und 41 m breite Gebäude.
Die Marienkirche, ein Backsteinbau aus dem 13. Jahrh. mit einem erst 1790 erbauten
Turm,
[* 17] einem der höchsten in Berlin (90
m), steht am
Neuen
Markte. Die Nikolaikirche, noch älter als die vorige, wurde 1880 restauriert. Die Klosterkirche, eins der
vorzüglichsten
Denkmäler märkischer
Baukunst
[* 18] des
Mittelalters, besitzt das
Grabmal
Ludwigs des
Römers.
Vor der französischen
(1883 renoviert) und der
Neuen
Kirche (1882 umgebaut), welche auf dem Gendarmenmarkt einander gegenüberstehen, ließ
Friedrich
d. Gr. zwei ganz gleiche
Türme erbauen nach dem
Muster der
Kirche
Maria del Popolo zu
Rom.
[* 19]
Die
Türme stehen mit den
Kirchen in gar keinem Zusammenhang. Nach dem Vorgang der Werderschen
Kirche, 1824-30 von
Schinkel erbaut,
ist bei den zahlreichen unter
Friedrich
Wilhelm IV. erbauten
Kirchen der alte Ziegelrohbau wieder zu
Ehren
gekommen. Der bei diesen meist kleinen
Kirchen zur Anwendung gekommene
Baustil ist der romanische oder der byzantinische; nur
die Petrikirche (mit 96 m hohem
Turm) und die Bartholomäuskirche am Friedrichshain sind gotisch. Die neueste Zeit hat Berlin um
drei schöne evangelische Kirchenbauten
bereichert: die Thomaskirche von
Adler
[* 20] auf dem Mariannenplatz
bei
Bethanien, die Zionskirche von
Orth in der
Rosenthaler Vorstadt und die Dankeskirche auf dem Weddingsplatz, zum Andenken
an die zweimalige glückliche Errettung
Kaiser
Wilhelms aus Mörderhand (erbaut nach dem
Entwurf von
Orth, 1884 eingeweiht).
Die (erste) katholische St. Hedwigskirche am Opernplatz ist nach dem Muster des Panthéons zu Rom gebaut. Die zweite, die St. Michaelskirche von Soller, in der Nähe der oben erwähnten Thomaskirche, romanisch, gehört auch zu den schönsten Kirchen Berlins. Die neue jüdische Synagoge in der Oranienburger Straße ist im maurischen Stil von Knoblauch erbaut. Die Kuppel ist 50 m hoch, die etwas schmale Fronte erweitert sich nach hinten bis zu 40 m bei 96,6 m Tiefe. Das Innere zeichnet sich durch großen Farbenreichtum und malerische Lichtwirkung aus. Unter einem von zwölf weißen Marmorsäulen getragenen Tabernakel ruhen in kunstvoll geschnitzter Lade die »Gesetzesrollen«.
Unter den Profanbauten
nimmt das
Schloß die erste
Stelle ein. Die vielen, zu verschiedenen
Zeiten entstandenen
Teile desselben begann von 1700 ab
Andreas
Schlüter zu einem Ganzen zu verbinden und umzugestalten.
Bald folgte ihm in dieser
Aufgabe J. F.
^[Johann
Friedrich] v.
Eosander, und bis in die neueste Zeit ist an der Verschönerung dieses
Baues ununterbrochen
gearbeitet worden. Er bildet ein längliches
Viereck
[* 21] mit einem
Umfang von 450
m und umschließt vier
Höfe
(darunter der äußere mit der Kolossalstatue des drachentötenden St.
Georg). Die
¶
Kunstgewerbe-Museum. (M. Gropius).
Reichsbank. (F. Hitzig).
Königl. Zeughaus. (Neubau von Hitzig).
Anhaltischer Bahnhof. (F. Schwechten).
Pringsheims Haus. (Ebe u. Benda).
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Fronte des Schlosses am Lustgarten ist 197 m, die am Schloßplatz 168 m, die Seite nach der Schloßfreiheit 117 m lang; die Höhe des Gebäudes mit seinen vier Stockwerken beträgt 32 m. Die Terrasse vor demselben ist unter Friedrich Wilhelm IV. angelegt; über diese Seite des Schlosses ragt die vom Straßenpflaster bis zur Kreuzesspitze 71,5 m hohe Schloßkapelle, ein Werk desselben Königs, empor. Von den fünf Portalen ist das nach der Schloßfreiheit eine Nachahmung des Septimianischen Triumphbogens.
Das Hauptportal nach dem Lustgarten flankieren zwei Gruppen von Rossebändigern (Erzguß nach Modellen des Barons Clodt v. Jürgensburg; s. Tafel »Bildhauerkunst VIII«, [* 7] Fig. 8), Geschenke des Kaisers Nikolaus von Rußland. Das Schloß enthält gegen 600 Zimmer, Säle etc., wovon der Ritter- oder Thronsaal, die Schloßkapelle, der Weiße Saal und die Bildergalerie die bemerkenswertesten sind. Der Kaiser bewohnt ein Palais Unter den Linden, welches 1834-36 vom Oberbaurat Langhans erbaut worden ist.
Der Kronprinz wohnt in dem bei Gelegenheit seiner Vermählung umgebauten
Palais, welches früher König
Friedrich Wilhelm III. bewohnt hatte. Dem königlichen Schloß gegenüber erheben sich das Alte und das durch einen Bogengang
mit demselben verbundene Neue Museum, ersteres eine Schöpfung Schinkels, letzteres Stülers. Jenes, von 1824 bis 1828 erbaut,
bildet ein längliches Viereck, 86,6 m lang, 56 m tief und mit der Kuppel 26 m hoch; eine 28,5 m breite
Freitreppe führt zur Vorhalle, deren Wände mit Freskogemälden nach Schinkels Entwürfen geziert sind.
Die beiden Treppenwangen sind mit Gruppen in Bronzeguß von Kiß (Amazone) [* 24] und Wolff (Löwentöter; s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, [* 25] Fig. 5, 6) ausgestattet. Dieses Museum ist für Gemälde und Bildwerke bestimmt, während das Neue Museum, von 1843 an errichtet und bis in die neueste Zeit ausgebaut, Gipsabdrücke, Vasen, [* 26] Terrakotten, [* 27] Kupferstiche und andre Sammlungen beherbergt (s. unten). Die Hauptfronte desselben hat 105 m Länge und 23,5 m Breite. Der Mittelbau umschließt das 18 m breite, 40 m hohe Treppenhaus, und an den Wänden des obern Stockwerks dieser Treppenhalle befinden sich die berühmten stereochromisch ausgeführten Wandgemälde Kaulbachs, die in sechs großen historischen Bildern die Hauptepochen der Geschichte durch entscheidende Ereignisse charakterisieren.
Vor dem Alten Museum steht die berühmte, 7 m im Durchmesser haltende Gneisschale, die 1827 aus einem Teil eines der sogen. Markgrafensteine auf den Rauenschen Bergen [* 28] bei Fürstenwalde [* 29] verfertigt ward. Neben dem Neuen Museum erhebt sich die Nationalgalerie, aus Sandstein (nach einem Entwurf Stülers von Strack erbaut), im N. davon, jenseit der Spree, steht Schloß Monbijou (im 18. Jahrh. von J. F. ^[Johann Friedrich] v. Eosander erbaut und jetzt zu einem Hohenzollernmuseum eingerichtet) und südwestlich vom Museum, auf dem Friedrichswerder, das Zeughaus, 1695 bis 1706 nach Nehrings Plänen im Stil der italienischen Spätrenaissance errichtet.
Unter den plastischen Dekorationen nehmen die Masken
[* 30] sterbender Krieger im innern Hof
[* 31] und das den ruhenden Mars
[* 32] darstellende
Relief an der Stirnseite des obern Stockes (beides von Schlüter) die erste Stelle ein. Das Zeughaus (s. Tafel »Berliner Bauten«
)
[* 22] ist im Innern 1880-83 umgebaut, der Hof mit Glas
[* 33] überdeckt. Das Untergeschoß enthält 1) die Geschützsammlung (Entwickelung
des Geschützwesens seit dem 14. Jahrh.), 2) eine Sammlung von Festungsmodellen und
auf das Ingenieurwesen Bezügliches.
Das Obergeschoß enthält eine vorzügliche Waffensammlung,
die Herrscherhalle (Statuen der preußischen Regenten seit dem Großen
Kurfürsten, vier Wandgemälde aus der preußischen Geschichte und allegorische Kuppelmalereien) und die Feldherrenhalle
(Kolossalbüsten brandenburgisch-preußischer Heerführer). Die ganze Gegend in der Nähe des Zeughauses ist eine Sammlung größerer
und kleinerer Kunstbauten
, welche für Wissenschaft, Kunst und Vaterlandsverteidigung bestimmt sind.
Wir nennen die Königswache, 1819 von Schinkel in der Form eines römischen Castrum erbaut;
die Singakademie (von Schinkel);
das Universitätsgebäude, ehemals Palais des Prinzen Heinrich, 1754-64 von Boumann (Vater) erbaut;
das Akademiegebäude (1690 von Nehring erbaut, 1749 von Boumann restauriert), das der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste zum Sitz dient;
die königliche Bibliothek (1770-80 durch Boumann [Sohn] erbaut, mit der Inschrift »Nutrimentum spiritus«);
das Opernhaus (1741-43 von Knobelsdorff erbaut, nach dem Brand von 1843 durch Langhans wiederhergestellt), 91 m lang, 32 m breit und 23 m hoch, mit den Statuen altgriechischer Dramatiker in den Blenden der Halle [* 34] und einem Basrelief (von Rietschel) im Giebel;
am Schinkelplatz und Werderschen Markt die Bauakademie, ein Hauptwerk Schinkels (1835 aus Backsteinen errichtet), seit Vollendung des Polytechnikums in Charlottenburg [* 35] 1884 den Zwecken der Kunstakademie dienend.
Das Schauspielhaus auf dem Schillerplatz,
nach dem Brande des ältern (1800 gebauten
) 1819-21 von Schinkel errichtet, ist 76,5 m lang, 36 m breit,
mit dem oben angebrachten Bildwerk 37,5 m hoch und hat eine 26,7 m breite Freitreppe, die zu einer von sechs ionischen Säulen
[* 36] getragenen Vorhalle führt. In den Jahren 1883 bis 1885 wurde die Fassade mit Sandstein bekleidet. Das Innere
enthält das Theater,
[* 37] mehrere Säle, darunter den jetzt als Foyer dienenden Konzertsaal.
Noch sind zu nennen die Kunstschule in der Klosterstraße und das Lagerhaus, das älteste Profangebäude der Stadt, mit dem
sogen. Hohen Haus, wo die Markgrafen und Kurfürsten vor Erbauung des Schlosses bei ihrer Anwesenheit in Berlin Hof
hielten (jetzt Lokalität für das Staatsarchiv und das Rauch-Museum). Unter den neuen Bauten
ragen außerdem hervor: das
Rathaus (von Wäsemann 1860-70 erbaut), die Börse (von Hitzig 1859-63 im Renaissancepalaststil erbaut, erweitert 1884), das
neue Münzgebäude (mit einem von dem alten übernommenen Relief von Schadow), das chemische Laboratorium und die
Anatomie, das physiologische Institut, die gynäkologische Klinik, die Kriegsakademie, das Haupttelegraphenamt, die Reichsdruckerei,
das Hauptpostamt, das Zentralpostgebäude, die neuen Bahnhofsgebäude (das imposanteste der Anhaltische Bahnhof von Schwechten),
die Reichsbank (von Hitzig, s. Tafel »Berliner Bauten«
)
[* 22] u. a. Das Rathaus, mit seiner Hauptfronte an der Königsstraße gelegen,
bildet ein Viereck von 99,2 m Länge und 87,9 m Breite; die Höhe des Gebäudes bis zur Attika beträgt 27 m,
über derselben erhebt sich in der Mitte der Hauptfronte ein 74 m hoher Turm mit einem stumpfen Aufsatz, der von einer Fahnenstange
gekrönt wird, deren Spitze ca. 95 m über dem Straßenpflaster liegt. Das Treppenhaus und der Festsaal
sind monumental ausgebildet. Die Ausführung ist in Backsteinrohbau mit Teilen von Granit und Sandstein erfolgt, während die
Börse von Sandstein erbaut ist. Die Börse hat an der Hauptfassade eine Länge von 83,5 m. Der Börsensaal ist 69 m lang, 26,7
m breit und 20 m hoch.
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