mehr
Kaiserreich gehört hatten, 1818 aber unter oldenburgische Hoheit gekommen und zuletzt durch das Berliner [* 2] Abkommen von 1825 als mediatisierte Herrschaften mit vielen Rechten und Privilegien an Wilhelm Gustav Friedrich zurückgegeben worden waren. Als jedoch der älteste Sohn auf die Nachfolge in allen väterlichen Gütern verzichtete und sich 1833 in Missouri ankaufte, wurde seinem Bruder Gustav Adolf 1834 die Mitregentschaft der Fideikommißherrschaften vom Vater eingeräumt, welch letzterer starb. Der jüngere westfälische Zweig wurde gestiftet von Wilhelm Gustav Friedrichs Bruder Johann Karl, großbritannischem Generalmajor, der 1833 drei Söhne hinterließ: Wilhelm Friedrich Christian (geb. 1787, gest. Karl Anton Ferdinand (geb. 1792, britischer Generalleutnant, gest. und Heinrich Johann Wilhelm (geb. 1796, großbritannischer General, gest. Schon bei Lebzeiten des Grafen Wilhelm Gustav Friedrich, nach der oben erwähnten Übertragung der Fideikommißherrschaften auf seinen ältesten Sohn, bestritt Johann.
Karl die Successionsfähigkeit der Söhne seines Bruders, und so entstand der Bentincksche Erbfolgestreit, welcher seiner Zeit großes Aufsehen machte. Johann Karl behauptete, daß es sich hier um Besitzungen handle, in welche nur Angehörige des hohen Adels succedieren könnten; die Kinder des Wilhelm Gustav Friedrich v. und der Gerdes, einer frühern Leibeignen, die unehelich geboren und erst nachträglich legitimiert, seien also in diesem Fall nicht successionsberechtigt.
Dagegen wurde seitens der letztern geltend gemacht, daß die ehemaligen Grafen von Aldenburg nicht zum hohen Adel gehört hätten, und daß daher die Grundsätze über das Erbfolgerecht des hohen Adels hier nicht anwendbar seien, um so weniger, als der Stifter der aldenburgischen Linie, um deren einstige Besitzungen es sich handle, selbst ein durch kaiserliches Reskript legitimiertes uneheliches Kind gewesen sei. Der Rechtsstreit wurde bei dem Oberappellationsgericht zu Oldenburg [* 3] 1829 anhängig gemacht.
Für die Kläger Johann Karl und seine Söhne schrieben namhafte Rechtsgelehrte, wie Wilda, Mühlenbruch und Zachariä, während Klüber, Dieck, Eckenberg, Michaelis und Wasserschleben für die Beklagten eintraten. Pözl und Bluntschli hielten dafür, daß die Angelegenheit als eine Frage des öffentlichen Rechts gar nicht Gegenstand eines bürgerlichen Rechtsstreits sein könne, kurz der Bentincksche Erbfolgestreit hatte bald seine besondere Litteratur.
Ein Urteil der Juristenfakultät zu Jena, [* 4] an welche die Akten verschickt worden waren, fiel zu gunsten der Beklagten aus. Allein die Klagpartei appellierte dagegen, und über diese Berufung hatte die Juristenfakultät in Gießen [* 5] zu entscheiden. Inzwischen hatten aber die Kläger alles aufgeboten, um auf diplomatischem Weg zum Ziel zu gelangen; auch an Gewaltthätigkeiten hatte es nicht gefehlt. Wirklich erklärte der deutsche Bundestag daß die Familie Bentinck die Rechte des hohen Adels im Sinn der Bundesakte (Art. 14) beanspruchen könne.
Die Klagpartei beantragte daher weiter, noch während der Rechtsstreit schwebte, bei dem Bunde, dem beklagten Teil die Successionsfähigkeit in die fraglichen Besitzungen abzusprechen, und merkwürdigerweise erließ die 1848 eingesetzte sogen. provisorische Zentralgewalt für Deutschland [* 6] eine dem entsprechende Verfügung. Diese wurde jedoch nicht realisiert, indem auch Oldenburg auf gerichtlicher Entscheidung bestand. Die oldenburgische Regierung schlug endlich 1854 einen Vergleich vor, welcher von den streitenden Teilen angenommen wurde, ohne das Enderkenntnis abzuwarten.
Hiernach übernahm Oldenburg die strittigen Besitzungen für den Betrag von etwa 2 Mill. Thlr. käuflich und zahlte diese Summe ratenweise zu bestimmten Anteilen an die Parteien aus.
Vgl. Boden, Zur Kenntnis und Charakteristik Deutschlands [* 7] in seinen politischen, kirchlichen, litterarischen und Rechtszuständen während der letzten Jahrzehnte (2. Aufl., Frankf. 1856);
Wasserschleben, Juristische Abhandlungen (Gießen 1856).
Eine ausführliche Angabe der auf den Prozeß bezüglichen juristischen Abhandlungen enthält das angezogene Urteil der Jenaer Juristenfakultät. Nach dem Tode des Grafen Karl Anton Ferdinand, der seinem Bruder Wilhelm Friedrich Christian wegen Mangels männlicher Erben folgte, wurde zunächst des erstern ältester Sohn, Heinrich, (geb. 1846, großbritannischer Oberstleutnant), Haupt der Familie; derselbe trat jedoch seine Rechte an seinen jüngern Bruder, Wilhelm (geb. 1848, großbritannischer Legationssekretär z. D.), ab.
Die jüngere westfälische (jüngere englische) Linie wurde gestiftet von Johann Albert (geb. 1737), dem oben erwähnten zweiten Sohn Charlotte Sophiens; er ging nach England, diente in der britischen Marine und starb schon 1775 mit Hinterlassung zweier Söhne: Wilhelm (gest. 1813 als großbritannischer Admiral) und Johann. Auch diese Linie nahm teil an der Protestation gegen die Successionsfähigkeit der Söhne Wilhelm Gustav Friedrichs. Ihr Haupt ist gegenwärtig Wilhelms ältester Sohn, Georg (geb. 1803).