freiherrliche
Familie der
Pfalz, die im 14. Jahrh. nach
Geldern und von da nach
England und
Oldenburg
[* 20] verpflanzt
wurde. Die ältere englische
Linie ward begründet durch
JohannWilhelm von Bentinck, der den
Titel eines
Grafen von
Portland erhielt
(s. Bentinck 1). Die jüngere westfälische
Linie stammt von
Wilhelm von Bentinck (gest. 1773), einem Seitenverwandten
des Genannten, der, zum
Reichsgrafen erhoben, sich 1733 mit
CharlotteSophie, der
Erbtochter des letzten
Grafen von Aldenburg,
Anton II., vermählte und dadurch das gräflich aldenburgische
Fideikommiß erwarb. Dieses bestand aus der Herrschaft
Kniphausen
und der unter dänischerHoheit stehenden Herrschaft
Varel nebst
Gütern im Oldenburgischen. Dieselben hatte
GrafAntonGünther zu
Oldenburg und
Delmenhorst (gest. 1667) seinem natürlichen Sohn
Anton hinterlassen, welch letzterer durch
kaiserliches Reskript legitimiert worden war und 1653 sogar den
Titel eines
Reichsgrafen von Aldenburg erhalten hatte.
Der Erstgenannte, der
Gründer des ältern westfälischen
Zweigs, erhielt nach des
VatersTode die Fideikommißherrschaften.
Er hatte aus seiner ersten
Ehe mit der Freiin von
Reede zwei Töchter und einen Sohn,
WilhelmAnton (gest.
1813). Dann lebte er seit 1800 mit
SaraMargareteGerdes, der Tochter eines oldenburgischen Landmannes, in einer sogen.
Gewissensehe
bis 1816, wo er sich förmlich mit ihr trauen ließ. Von ihr hatte er mehrere
Kinder, darunter drei
Söhne:
WilhelmFriedrich
(geb. 1801, nach
Amerika
[* 21] ausgewandert 1833, gest. 1867),
GustavAdolf (geb. 1809, hannöverscher
Rittmeister)
und
FriedrichAnton (geb. 1812, k. k.
Oberstleutnant). Dem ältesten trat der
Vater schon 1827 die Mitregentschaft über die
Fideikommißherrschaften ab, die während der französischen
Invasion eine Zeitlang zu
Holland, dann als bloße Privatgüter
zum französischen
¶
Karl die Successionsfähigkeit der Söhne seines Bruders, und so entstand der Bentincksche Erbfolgestreit,
welcher seiner Zeit großes Aufsehen machte. JohannKarl behauptete, daß es sich hier um Besitzungen handle, in welche nur
Angehörige des hohen Adels succedieren könnten; die Kinder des WilhelmGustavFriedrich v. und der Gerdes, einer frühern Leibeignen,
die unehelich geboren und erst nachträglich legitimiert, seien also in diesem Fall nicht successionsberechtigt.
Dagegen wurde seitens der letztern geltend gemacht, daß die ehemaligen Grafen von Aldenburg nicht zum hohen Adel gehört hätten,
und daß daher die Grundsätze über das Erbfolgerecht des hohen Adels hier nicht anwendbar seien, um so weniger, als der Stifter
der aldenburgischen Linie, um deren einstige Besitzungen es sich handle, selbst ein durch kaiserliches
Reskript legitimiertes uneheliches Kind gewesen sei. Der Rechtsstreit wurde bei dem Oberappellationsgericht zu Oldenburg 1829 anhängig
gemacht.
Ein Urteil der Juristenfakultät zu Jena,
[* 24] an welche die Akten verschickt worden waren, fiel zu gunsten der
Beklagten aus. Allein die Klagpartei appellierte dagegen, und über diese Berufung hatte die Juristenfakultät in Gießen
[* 25] zu
entscheiden. Inzwischen hatten aber die Kläger alles aufgeboten, um auf diplomatischem Weg zum Ziel zu gelangen; auch an
Gewaltthätigkeiten hatte es nicht gefehlt. Wirklich erklärte der deutsche Bundestag daß die
Familie Bentinck die Rechte des hohen Adels im Sinn derBundesakte (Art. 14) beanspruchen könne.
Die Klagpartei beantragte daher weiter, noch während der Rechtsstreit schwebte, bei dem Bunde, dem beklagten Teil die Successionsfähigkeit
in die fraglichen Besitzungen abzusprechen, und merkwürdigerweise erließ die 1848 eingesetzte sogen.
provisorische Zentralgewalt für Deutschland
[* 26] eine dem entsprechende Verfügung. Diese wurde jedoch nicht realisiert, indem auch
Oldenburg auf gerichtlicher Entscheidung bestand. Die
oldenburgische Regierung schlug endlich 1854 einen Vergleich vor, welcher
von den streitenden Teilen angenommen wurde, ohne das Enderkenntnis abzuwarten.
Hiernach übernahm Oldenburg die strittigen Besitzungen für den Betrag von etwa 2 Mill. Thlr.
käuflich und zahlte diese Summe ratenweise zu bestimmten Anteilen an die Parteien aus.
Vgl. Boden, Zur Kenntnis und CharakteristikDeutschlands
[* 27] in seinen politischen, kirchlichen, litterarischen und Rechtszuständen während der letzten Jahrzehnte
(2. Aufl., Frankf. 1856);