ferner »Vedica und Verwandtes«
(Straßb. 1877) und »Vedica und Linguistica«
(das. 1880).
Die Festschrift, mit der 1878 Benfeys 50jähriges Doktorjubiläum von seinen ehemaligen
Schülern gefeiert wurde,
zählt eine
Reihe der hervorragendsten
OrientalistenDeutschlands
[* 6] zu ihren Verfassern.
(Bengal), die größte und volkreichste der elf
Provinzen, in welche das britisch-ostindische Kaiserreich
geteilt ist (s.
Karte
»Ostindien«),
[* 9]
wird amtlich als Niederbengalen bezeichnet (the Provinces of Lower
Bengal) und begriff bis 1834 auch die
Nordwestprovinzen (s. d.), bis 1874 noch
Assam (s. d.). Bengalen erstreckt sich von 19¼-28½°
nördl.
Br. und 82-97° östl. L. v. Gr. und grenzt im N.
an die Himalajalandschaften
Nepal,
Sikkim und
Bhutan, im O. an
Assam und
Birma, im
S. an den Bengalischen
Meerbusen,
die
ProvinzMadras
[* 10] und die
Zentralprovinzen, im
W. an die Vasallenstaaten der
CentralIndia Agency und an die
Nordwestprovinzen.
Der Flächeninhalt beträgt 500,247 qkm (9096 QM.) mit 69,536,861 Einw.,
wovon 405,391 qkm (7371 QM.) mit 66,691,456 Einw. unmittelbar
unter britischer
Verwaltung stehen, 94,856 qkm (1725 QM.) mit 2,845,405 Einw.
Lehnsstaaten sind. Die
Provinz begreift das große
Delta
[* 11] des
Ganges und
Brahmaputra nebst dem untern Stromgebiet dieser mächtigen
Gewässer. Die
Ebbe und
Flut erstreckt sich bis über
Dacca hinaus. An den Mündungen des
Ganges und
Brahmaputra haben
Ablagerungen
der
Flüsse
[* 12] die 130 km landeinwärts reichendenSunderbands gebildet, die auf 15,469 qkm (281 QM.) geschätzt
werden.
Früher mit
Wald und
Sumpfpflanzen bedeckt und fast ganz unbewohnt, werden dieselben seit den letzten Jahrzehnten immer eifriger
kultiviert, so daß
Reis und
Zucker
[* 13] gewonnen, Palmbäume gezogen werden und nur die
Küste trostlos blieb. Die Tiefebenen der
Provinz,
Behar und das obere Bengalen, gehören zu den fruchtbarsten Teilen
Indiens. Die
Hügel, welche die
Ebene
begrenzen, sind mit Dickichten bewaldet und enthalten gegen die
Zentralprovinzen hin ausgedehnte
Kohlen- und Eisenlager.
In der kühlen
Jahreszeit
(Dezember bis
Februar) sind
Nebel häufig, die
Nächte feucht und so kühl, daß
Eis
[* 14] noch in
Dacca in
möglichst vorsichtig aufgestellten
Geschirren erhalten wird. Nordweststürme treten im
Februar auf. In der heißen
Jahreszeit
wird die
Hitze im untern Bengalen durch die
Verdunstung der zahlreichen Flußverzweigungen etwas gemildert; im obern Bengalen ist dagegen
die
Luft trocken und von Mitte März ab sehr heiß, das
Wetter
[* 15] dabei veränderlich und infolgedessen ungesund.
Die
Regenzeit beginnt Mitte Juni; vorherrschend ist dabei
Ostwind, dann schwellen die
Flüsse, und große Überflutung tritt
ein. Das untere Bengalen ist in dieser Zeit auf
Strecken von 150 km
Länge, 45-60 km
Breite
[* 16] überschwemmt, so daß man den
Lauf der
Flüsse an vielen
Stellen nur an denLinien von
Bäumen erkennen kann, die dem
Ufer entlang stehen. Im
Herbst
fällt in der
Regel gegen Mitte
Oktober reichlicher
Regen; bleibt er (wie 1873) aus, so leidet die Reisernte, und es gibt ein
Hungerjahr. Bengalen ist ein Hauptherd für die
Cholera, die hier unter dem Einfluß der klimatischen Verhältnisse nur
zu regelmäßig entsteht und ungeheure
Opfer fordert; durchschnittlich kommt auf sie ein
Viertel aller Sterbefälle. Die
Viehzucht
[* 17] ist wie überall in
Indien unbedeutend. Unter den reißenden
Tieren ist besonders der
Tiger zu nennen, eine Merkwürdigkeit
sind die prachtvollen jagdbaren
Tiere in den Dickichten.
Die
Bevölkerung
[* 18] besteht in ihrem
Kern aus eingewanderten Hinterindern vom
Schan-Volk, durch arische
Kolonisten
ihrer
Kultur und zu zwei Dritteln ihrer
Religion, dem Hinduismus, gewonnen, während das andre Drittel, meist den untersten
Schichten angehörig, zum
Islam sich bekennt (nur 128,135 sind
Christen). Dieser Volksstamm heißt von seinem Wohnplatz
Bengali
und zeichnet sich aus durch natürlichen
Verstand, durch
Sinn für Schulbildung und für die Vorteile der
Tagespresse.
Die
Berliner
[* 19]
Akademie der
Wissenschaften zählt mehrere
Bengali, die als
Orientalisten hervorragen, zu ihren Mitgliedern. Die
Haut
[* 20] der
Bengali ist dunkelfarbig und von fettigem Aussehen, der Körperbau zart. Sie pochen auf ihr
Recht, prozessieren gern,
sind mitleidig, aber nicht wahrheitsliebend. Über ihre
Sprache s.
Bengali. Von den Urbewohnern haben sich
viele einzelne
Stämme erhalten. Die
Dichtigkeit der
Bevölkerung ist stellenweise sehr groß, wechselt aber nach
Distrikten.
Rein ackerbauende
Striche, größer als das Großherzogtum
Oldenburg,
[* 21] sind im
Durchschnitt von 14,000
Menschen auf der QMeile
bewohnt, und einzelne Teile gehören zu den dichtest bevölkerten Landstrichen der
Erde. Die
Auswanderung,
meist nach
Britisch-Guayana oder nach
Westindien,
[* 22] ist infolgedessen doppelt so groß wie in allen andern Gegenden
Indiens, hat
aber seit 1856 in keinem Jahr 25,600 überstiegen: 1870 betrug sie nur 9000. - Der Sitz der
Regierung und zugleich Reichshauptstadt
ist
Kalkutta
[* 23] (s. d.). DasGouvernement (Lieutenant-Governorship) umfaßt vier
Provinzen (Bengal,
Behar,
Orissa
und Tschota-Nagpur) und ist in acht regulierte und einen nicht regulierten Regierungsbezirk (divisions) eingeteilt; der Unterschied
zwischen beiden besteht darin, daß die
Verwaltung in den nicht regulierten
Provinzen freiere
Hand
[* 24] hat und nicht so streng an
gerichtliche
Formen gebunden ist.
Sämtliche
Divisionen, die alle von
Kalkutta ressortieren, da eigne Provinzpräsidenten nicht bestehen,
zerfallen wieder in 45
Bezirke.
Englische
[* 25] Einrichtungen sind in der
Landes- und
Justizverwaltung oft genau nachgebildet. Die
Exekutive ist durch die
Aussprüche der
Gerichtshöfe beschränkt, die Polizeigewalt gering; die Lokalverbände dienen hauptsächlich
Besteuerungszwecken. Die Verwaltungsbeamten jeden
Ranges übersteigen 1200 wenig;
die
Polizei zählt 19,447
Mann und Dorfwächter in der Zahl von 187,492. - Unter den
Produkten steht
Reis obenan;
man zählt hier 295
Abarten, und 1877 konnten
während der
Hungersnot in Südindien 17 Mill. Ztr. von
Kalkutta meist nach
Madras versandt werden;
Weizen wird in steigender
Menge gebaut, dagegen ist
¶
mehr
die früher blühende Indigokultur zurückgegangen. Baumwollanbau war bisher in Bardwan bedeutend, wurde aber in den letzten
Jahren mit großem Erfolg auch in der Tarai längs des Himalaja versucht. Die Opiumproduktion in Behar war schon unter den Muselmanen
als Monopol behandelt worden und blieb es unter der englischen Herrschaft; die Versteuerung wurde zuerst 1785 und
zuletzt 1857 geregelt; seit 1853 hat sich der Ertrag mehr als verdoppelt. Thee wird im Himalaja gewonnen; die Kultur hat sich
aber schon über Dacca und selbst Tschota u. Nagpur im SW. der Provinz ausgedehnt, 1883 wurden 6,2 Mill. Pfd. ausgeführt.
Sehr wichtig ist auch die Kultur von Jute
[* 27] (Dschute), Gambir (Präparat aus Nauclea Gambir), Betel etc., ebenso
die Zuckerindustrie und die Seidenkultur. Spezialitäten sind die Lackfaktoreien und die feinen Daccamusseline, die, obgleich
mit der Hand gewebt, in Feinheit des Garns Nr. 380 zählen und sowohl dem Auge
[* 28] als dem Gefühl viel feiner und zarter erscheinen
als Maschinengewebe von weit größerer Feinheit des Garns (vgl. Watson, The textile manufactures of the people of India, 1866).
Die Hafenorte sind: Kalkutta, Tschittagong, Balasor, Kattak und Puri, letztere drei in Orissa.
Kalkutta allein hat einen bedeutenden Verkehr; Tschittagong fängt an, sich zu heben. Wie sehr der Handel im Steigen
begriffen ist, zeigen folgende Zahlen: die Aus- und Einfuhr wertete 1841: 274, 1865: 714, 1871: 1440, 1875 allein in Kalkutta
zur See 1084, zu Lande 920 Mill. Mk. Die Steigerung der Produktion und die Fernhaltung von Hungersnotjahren wegen Trockenheit
wird durch Bewässerungsanlagen angestrebt, welche insbesondere in Orissa und in Behar eine große Ausdehnung
[* 29] erhalten haben.
Die Hauptlinie der Eisenbahnen geht von Kalkutta direkt nach Behar mit einer Nebenlinie dem Ganges entlang; gegen O. ist eine
Bahn vollendet bis Kuschtea und Golunda und jenseit des Ganges nordwärts fortgeführt bis zum Fuß des Himalaja. Dem Mangel
an brauchbaren Seitenstraßen sucht das wichtige Gesetz von 1871 abzuhelfen, das die Ausgaben hierfür
dem Distrikt überweist, und zu dessen Durchführung eine Einschätzung aller Grundbesitzer, einschließlich der Zeitpachter,
stattfindet. - Die Einnahmen und Ausgaben betragen durchschnittlich 350 Mill. Mk. im Jahr.
Bengalen stand bis 1203 unter Hindu-Radschas, und die Hauptstadt des Landes war gegen das Ende dieser Dynastie
wie unter den Muselmanen
das jetzt zerstörte Gaur unterhalb Radschmahal am Ganges, mit mehr als 600,000 Einw. Dann folgten
die Afghanensultane, bis Akbar 1573 Bengalen seinem Reich mit der Hauptstadt Dehli einverleibte. Im J. 1656 erhielten die Engländer
die Erlaubnis, hier Handel zu treiben; 1682 wurde die Präsidentschaft konstituiert, 1773 der Präsident
von Bengalen zum Chef derVerwaltung in ganz Indien ernannt und Kalkutta zur Reichshauptstadt erhoben.
Vgl. außer den jährlich erscheinenden
amtlichen »Reports on the Administration of Bengal« besonders: Barton, Bengal (Lond. 1874);
Hunter, Statistical account of Bengal
(das. 1875, 5 Bde.);
Dalton, Descriptive ethnology of Bengal (Kalkutta 1872; deutsch von Flex, Berl. 1875);