2) Costantino, ital.
Patriot und Reisender, geb. 1779 zu
Bergamo, mußte infolge seiner
Verbindung mit den
Karbonari 1821 flüchten und begab sich nach
Nordamerika,
[* 3] wo
er denPlan faßte, die
Quellen des
Mississippi aufzusuchen. Im Anschluß
an eine wissenschaftliche, vom
MajorLong geleitete Expedition reiste er 1823 den großen
Strom aufwärts, trennte sich dann
von seinen
Gefährten und hatte das
Glück, nach vielen Schwierigkeiten und
Gefahren die Quellgegend des
Mississippi nebst verschiedenen
Seen und unbekannten Zuflüssen des
Stroms zu entdecken.
Seine 1824 in
New Orleans veröffentlichte
Schrift »La découverte des sources du
Mississippi« wurde vom
Publikum mit
Interesse
gelesen, von den
Gelehrten dagegen mit großer Zurückhaltung aufgenommen. Er durchwanderte dann einige Jahre
lang
Mexiko
[* 4] und begab sich 1827 nach
London,
[* 5] wo er »A pilgrimage in America leading to the discovery of the
Mississippi« (1828)
herausgab. 1830 nach
Paris
[* 6] übergesiedelt, brachte er hier sein Werk »Le
[* 7] Mexique« (1830, 2 Bde.)
zum
Druck und beschäftigte sich angelegentlich mit der
Befreiung seines Vaterlandes, wie er unter anderm
durch seine
Broschüre »L'Italie et l'Europe« bewies. Nach mehrjährigem Aufenthalt
in
Deutschland
[* 8] (bei
Heidelberg)
[* 9] begab sich Beltrami 1837 nach
Wien,
[* 10] später nach
Rom.
[* 11] Er starb 1855 zu Filotrano in der
Romagna.
und umfaßt ein
Areal von 276,510 qkm (5020 QM.). Das Land, bis 1810 den Europäern fast gänzlich
unbekannt und auch jetzt im Innern noch nicht erforscht, ist ein Gebirgsland, im Innern unbewohnbare
Steppe, stellenweise
Wüste mit tiefem, fliegendem
Sande; die
Wüste ist gebirgig und von vielen Flüßchen durchschnitten. Der
nördliche Teil des
Landes dacht sich nach
Afghanistan ab; hier liegt in 1737 m
HöheQuetta mit englischer
Garnison. Dahinter
erhebt sich das Kurkleki-Meridiangebirge, ein
Ausläufer der
Iran vonIndien abschließenden
Ketten; östlich
davon streicht das Halagebirge bis zum
Meer.
Dieser Teil ist durchweg gebirgig und von
Indien her nur in den dahin gerichteten, tief in das
Gebirge eingeschnittenen Flußthälern
zu ersteigen. Die gangbarsten dieser
Thäler sind der
Bolan (s. d.) nach
Quetta und der
Mula nach
Kelat und Mastung. Von der
Küste führt der gangbarste Weg
von Sunmiani über
Bela nördlich.
Geologisch zeigt das
Gebirge nur
Steinmassen jüngerer
Bildung.
Die
Küste, östlich vom
Kap Muwarik oder Monze, mit welchem das Halagebirge ins
Meer fällt, westlich vom
Kap Djask begrenzt,
besteht aus einem blendenden, furchtbar heißen, von jeder
Spur vonVegetation entblößten Landstrich,
hinter dem sich, selten über 15-22 km landeinwärts, kahle, ebenfalls völlig vegetationslose
Gebirge erheben.
Auf der ganzen 1930 km langen
Küste gibt es keinen guten
Hafen, nur einige
Reeden. Das indopersische
Kabel ist bei der Telegraphenstation
Gwadar emporgezogen. An einem großen
Fluß fehlt es Belutschistan; im W. herrschen Wassersnot und
Dürre vor. Der
bedeutendste Küstenstrom ist der Doscht (Daschti), der westlich vom
RasNun mündet, in seinem
Lauf aber noch wenig erforscht
ist; im N. berührt der
Hilmend die
Grenze. Im östlichen Gebirgsland sind Flußläufe häufig, aber nicht das ganze Jahr gefüllt.
Die Berggipfel sind kahl, auch die Abhänge zeigen selten dichte Waldungen; die Kabulpistazie
(Pistacia cabulica) herrscht
vor.
In den niedern
Thälern trifft man wilde
Oliven-,
Mandel- und
Pfirsichbäume; auf der
Steppe gibt Buschholz das Feuerungsmaterial.
In
Gärten gedeiht die
Dattelpalme noch bei 1100 m
Höhe; berühmt sind durch ihre
Güte die
Trauben. Hauptackerfrüchte
sind
Weizen,
Gerste
[* 20] und
Mais;
Tabak
[* 21] gedeiht überall, aber
Baumwolle
[* 22] nirgends. Die unbewässerbaren
Strecken werden durch Abweiden
nutzbar gemacht.
Bedeutend ist die
Zucht von
Pferden, die bis nach
Madras
[* 23] im südöstlichen
Indien gesucht sind, sowie die
von
Schafen. Transporttiere sind
Pferde
[* 24] und
Kamele.
[* 25] An wilden
Tieren kommen vor
Leopard,
[* 26]
Wolf,
Schakal,
Affen,
[* 27] in den
Wüsten der
wilde
Esel. Unbedeutend sind die gewerblichen Leistungen; nur in
Filzen, die zu
Zelten allseitig Verwendung finden, leistet
die
Hausindustrie Vorzügliches. Der
Handel ist in den
Händen weniger
Klassen, die Karawanenführer gehören
meist dem Momoschistamm der
Brahui an. Seit durchzieht das östliche Belutschistan die englische, 232 km lange Militäreisenbahn
von Rohri am
Indus bis
Sibi an der Nordgrenze von Belutschistan; ihre Fortsetzung erfolgt bis
Quetta.
Die
Bevölkerung, deren Zahl auf 1½-2 Mill. angegeben wird, zerfällt in die beiden Volksstämme der
Belutschen und der
Brahui, beides vorwiegend nomadische Hirtenvölker. Die Belutschen (s. Tafel
»AsiatischeVölker«,
[* 28] Fig. 34)
sind ein
Volk iranischen Ursprungs, dem jedoch tatarisches
Blut beigemengt ist; sie sprechen eine dem Neupersischen sehr nahe
verwandte
Sprache
[* 29] und wohnen hauptsächlich im N. und W. des
Landes. Die Hauptstämme heißen Nharui, Rhind
und Maghzi. Die Nharui wohnen zunächst westlich der
Wüste sowie bei Neschki und in
Seïstan; sie sind ein schöner, großer
Menschenschlag, abgehärtet gegen das
Klima, fähig, die größten
Beschwerden zu ertragen, und sehr tapfer, aber auch der
wildeste und räuberischte Teil der Belutschen. Die Rhind und Maghzi sind besonders westlich von
Kelat,
in Katscha-Gandawa, ansässig, wohin sie zu
¶
mehr
verschiedenen Zeiten aus Mekran übergesiedelt sind, und wo sie sich nach und nach mit den Dschat (ebenfalls arischen Ursprungs)
verschmolzen haben. Sie gleichen den Nharui im Äußern, ihre Gesichtsfarbe ist jedoch dunkler; das heiße Klima, in dem sie
wohnen, hat sie verweichlicht, sie sind daher weniger abgehärtet, aber auch weniger räuberisch. Alle
Belutschen sind sehr gastfrei. Sie wohnen in Zelten aus schwarzem Filz (Ghedan), in Lehmhäusern oder in Festungen.
Ihre Vergnügungen bestehen in der Jagd, der sie leidenschaftlich ergeben sind, in Körper- und ritterlichen
Übungen, vorzüglich in einem Speerspiel und einem Nationaltanz (von Männern). Den Nomaden unter den Belutschen ist sicher
mongolisches Blut beigemischt; ihre Füße sind groß und haben breite Sohlen, die Stirn ist niedrig, das Haar
[* 33] hart, die
Nase
[* 34] meist stumpf und breit; sie gleichen (nach Khanikow) am meisten den Kirgisen. Die Nahrung ist eine bloß vegetabilische.
Die Religion ist der Islam, bestimmend jedoch ist der Glaube an böse Geister. Die Sprache der Belutschen (das Balutschi) gehört
zur iranischen Sprachengruppe; Grammatiken derselben schrieben Mockler (Lond. 1877) und Gladstone (das.
1880, mit Vokabular). Die Brahui (s. d.) dagegen sind ein Volksstamm drawidischer Abkunft. Dehwar,
d. h. Dorfbewohner, heißen die Kolonisten persischer Abkunft; sie sind gutmütig, treiben Ackerbau und sind zu gewissen Fronen
verpflichtet.
Man unterscheidet als Landesteile: Sarawan, Kelat, Katscha (Katscha-Gandawa), Dschalawan und Las im O., Mekran längs der Küste,
Pandschgar im Innern. Das staatliche Band,
[* 35] welches die einzelnen Landschaften zu einem Ganzen verbindet,
ist sehr locker; die politischen Zustände gleichen etwa jenen im DeutschenReich zur Zeit der Blüte
[* 36] des Reichsgrafentums.
Der Mir von Kelat übt ein Herrscherrecht über die andern Chane aus, aber mehr nominell als thatsächlich. Britisch-Indien hatte
mit fünf FürstenVerträge abzuschließen, um seine Grenzen,
[* 37] Unterthanen u. Verkehrsanstalten zu schützen. An der Küste hat
der Imam von Maskat eine kleine Besitzung.
Die Geschichte Belutschistans, des alten Gedrosien, läßt sich nur in höchst dürftigen Spuren rückwärts verfolgen. Zur
Zeit Alexanders d. Gr. war Pura imWesten die Hauptstadt des Reichs Gedrosien. Im 10. Jahrh., unter den Wirren
der Seldschukken und Ghasnawiden, begann die Verbreitung der Belutschen nach Osten. Kelat und das umgebende Land scheint aber
noch viele Jahrhunderte von eignen Fürsten beherrscht worden zu sein, die als Hindu (Inder) bezeichnet werden, den Sehraï,
später den Sehwa.
Diese letztern wurden durch Angriffe der Afghanen genötigt, Kumbur, den Häuptling der Belutschen in
Pandschgar, zu Hilfe zu rufen. Kumbur kam wohl, vertrieb aber die einheimische Dynastie (etwa 1500). Von da an nahmen Belutschen
den Thron
[* 38] von Kelat ein. Aber schon um die Mitte des 16. Jahrh. wurde Belutschistan mit angrenzenden
Gebieten durch Akbar, den Herrscher von Dehli, unterworfen. 1738
bemächtigte sich NadirSchah des Landes,
überließ aber den Nachkommen Kumburs die Regierung.
In der Mitte des 18. Jahrh. ganz unabhängig geworden, hob sich das Chanat von Kelat zu wirklicher Bedeutung unter dem geschickten
und kraftvollen Nasir Chan, welcher sich die meisten Stämme der Belutschen unterwarf. Nach seinem 1795 erfolgten
Tode trat jedoch eine Periode der Anarchie ein, so daß sich die Perser allmählich eines großen Gebiets bemächtigen konnten.
Bei der Expedition nach Afghanistan zogen die Engländer durch den Osten des Landes, nahmen die Hauptstadt Kelat ein, setzten
aber 1841 bei ihrem Abzug den rechtmäßigen Herrscher wieder ein. 1854 schloß der Mir von Kelat mit den
Engländern einen wichtigen Vertrag ab, dessen § 4 der indischenRegierung das Recht zugesteht, zu jeder beliebigen Zeit Truppen
dort aufzustellen.
Schon 1857 nötigten Thronstreitigkeiten dazu, vorübergehend Instrukteure wie eine Art Leibwache von wenigen Mann an das
Hoflager abzuordnen. Fast jährlich zählen die indischen Verwaltungsberichte neue Fehden auf; der gegenwärtige Mir, Chodabad
Chan, war durch Beschluß der Großen und des Volks schon einmal vom Thron entfernt worden und gelangte erst 1864 wieder zur
Regierung. Der Mangel an Macht auf seiten des Herrschers macht Belutschistan zu einem sehr
unangenehmen Nachbar Britisch-Ostindiens; Raubanfälle auf Dörfer in Sind nötigen zur Aufstellung eines militärischen Kordons
und hindern die Entwickelung eines geregelten Handelsverkehrs.
Der Mir mußte an seinem Hof
[* 39] einen politischen Residenten der Engländer zulassen und dulden, daß längs des Meers von Gwadar
an der europäisch-indische Telegraph
[* 40] läuft. Goldsmid und Rost haben, ersterer 1864 Westbelutschistan,
letzterer das Südgebirge, bereist. 1872 mußte der Westen des Landes die Perser als Oberherren anerkennen; Quetta besetzten
die Engländer.