mehr
4 Heilige und ein Geige spielender Engel (1505, Venedig, [* 2] San Zaccaria, Hauptwerk), der heil. Christoph mit dem Kind, Augustin und Hieronymus (1513, Venedig, San Giovanni Crisostomo). Von seinen Bildnissen sind der Doge Giovanni Mocenigo und der Doge Leonardo Loredano mit seinen Söhnen hervorzuheben. Es gelang ihm, die Befangenheit der ältern Meister vollkommen abzustreifen und in seinen letzten Jahren zur vollen Freiheit der Renaissance zu gelangen, welche in den von ihm beeinflußten Giorgione, Palma und Tizian ihren Höhepunkt erreichte.
3) Lorenzo, Mediziner, geb. zu Florenz, [* 3] ward 1663 Professor der Anatomie in Pisa, [* 4] zuletzt Leibarzt des Großherzogs von Toscana; starb Er ist sehr verdient um die anatomische Untersuchung der Nieren und Entdecker der nach ihm genannten Röhrchen in den Nierenwärzchen (tubuli Belliniani, Bellinische Gänge), auch als Dichter bekannt, namentlich durch seine »Bucchereide« (Flor. 1729). Er schrieb: »De structura et usu rerum« (Flor. 1662) u. a. Seine »Opera omnia« erschienen Venedig 1708, 2 Bde., u. öfter.
4) Vincenzo, ital. Opernkomponist, geb. zu Catania in Sizilien, [* 5] war seit 1819 Schüler des Konservatoriums zu Neapel [* 6] und machte seine Studien besonders unter Tritto und Zingarelli. Von seinen ersten Kompositionen, bestehend in Kirchensachen, Instrumentalstücken für Flöte, Klarinette und Klavier und einer Kantate: »Ismene«, abgesehen, war es zuerst seine Oper »Adelson e Salvina« (1824 zu Neapel gegeben),
welche ihn bekannt machte und ihm den Auftrag verschaffte, für das Theater [* 7] San Carlo die Oper »Bianca e Fernando« zu komponieren. Dieses Werk fand bei seiner Aufführung (1826) so großen Beifall, daß Bellini alsbald einen Ruf nach Mailand [* 8] erhielt, um für das Theater della Scala eine Oper zu schreiben. Das hier entstandene Werk, welches sofort nach seinem Erscheinen (1827) den Ruhm des Künstlers über ganz Italien [* 9] verbreitete, war »Il Pirata«, Text von Felice Romani, welcher den Komponisten seitdem in seiner Thätigkeit aufs eifrigste unterstützte.
Rasch aufeinander folgten jetzt die Opern: »La Straniera« (1829 zu Mailand),
»I Capuleti ed i Montecchi« (1830 zu Venedig),
»La Sonnambula« (1831 zu Mailand, für die Pasta geschrieben),
»Norma« und »Beatrice di Tenda« (beide letztere 1831), die überall mit Entzücken aufgenommen wurden und ganz Europa [* 10] von den einschmeichelnden, schmachtenden Melodien des Sizilianers widerhallen machten. Bellini begab sich 1833 nach Paris [* 11] und von da nach London, [* 12] wo er glänzende Aufnahme fand. Doch kehrte er 1834 nach Paris zurück, um für die dortige Italienische Oper seine »Puritani« zu schreiben, die mit neuem Enthusiasmus begrüßt wurden und zugleich einzelne nicht unwesentliche Fortschritte in seiner künstlerischen Entwickelung bekundeten.
Leider raffte ein früher Tod den Künstler hinweg; er starb in Puteaux bei Paris. Bellini ist kein dramatischer Komponist im deutschen Sinn des Worts; er strebt nicht danach, ein dramatisches Ganze zu schaffen, sondern begnügt sich, dem Sänger ein weites Feld theatralischer Erfolge zu eröffnen, und opfert diesem Streben nicht selten den wahrhaft dramatischen Ausdruck völlig auf. Dabei fehlen ihm die übersprudelnde Genialität und geistreiche Mannigfaltigkeit Rossinis, während er in der Rückkehr von der überladenen Kolorierung Rossinis zum einfachen getragenen Gesang sowie überhaupt in dem ungekünstelten Ausdruck reicher und ernster Empfindung jenem gegenüber unleugbare Vorzüge besitzt.
Auch
arbeitete er gewissenhafter und sorgfältiger als
Rossini. Von besonderm Wert für den Erfolg seiner
Opern war noch der
Umstand, daß ihm zur Ausführung derselben die vorzüglichsten Gesan
gskräfte zu
Gebote standen, namentlich der
Tenorist
Rubini
und die
Pasta, für deren eigentümliches
Talent mehrere seiner tragischen
Rollen
[* 13] ausdrücklich bestimmt
sind.
Vgl. Pougin, Bellini, sa vie, ses œuvres (Par. 1868);
Percolla, Elogio biografico del Cav. V. Bellini (Neap. 1876).
Eine geistvolle Schilderung seiner künstlerischen Persönlichkeit findet man in Ferdinand Hillers »Künstlerleben« (Köln [* 14] 1880).