Nach einigen
Monaten freigelassen, erhielt er 1819 auch die Pairswürde zurück. In der Pairskammer gehörte er zu denen,
welche die reaktionären Bestrebungen des
Hofs bekämpften, und schloß sich 1830 der Julimonarchie an. Er ward nach
Wien
[* 4] geschickt,
um die
AnerkennungLudwigPhilipps zu bewirken, im März 1831 aber nachBelgien,
[* 5] um den neuen
Thron
[* 6]
Leopolds
befestigen zu helfen.
Dort machte er sich um die
Organisation des Heerwesens verdient und nahm an der
Wahl des
KönigsLeopold
sowie an den
Verhandlungen wegen dessen Verheiratung teil. Er starb in
Brüssel.
[* 7] Seine
Memoiren wurden herausgegeben
von
Vinet (Par. 1842, 3 Bde.).
Zwar wohnte er nur noch zwei Hauptschlachten, denen bei
Kunersdorf
[* 14] und
Freiberg,
[* 15] bei; desto öfter zeigte er aber seine
Tapferkeit
und Gewandtheit im kleinen
Krieg. Bei dem sogen. Paßberg nahm er 1759 zwei kaiserliche
Regimenter mit 3
Kanonen und 4
Fahnen
gefangen, wofür ihn der König sogleich zum Obersten erhob. Die schönsten Lorbeeren sammelte Belling indessen
1759-61 in
Pommern
[* 16] und
Mecklenburg.
[* 17] Hier widerstand er mit seinem Husarenregiment und einigen
BataillonenInfanterie, zusammen 5000 Mann,
der ganzen schwedischen
Armee und hemmte alle ihre
Operationen.
Auf einem
Streifzug geriet
Blücher, damals
Junker in schwedischen
Diensten, in seine Gefangenschaft und
ward von ihm für das preußische
Heer gewonnen. 1762 wurde Belling
Generalmajor und 1776
Generalleutnant. Im bayrischen
Erbfolgekrieg
(1778) zeichnete er sich beim Einmarsch in
Böhmen
[* 18] über Tollenstein und
Gabel, wo zwei österreichische
Bataillone gefangen
wurden, so sehr aus, daß ihm
Friedrich II. als Belohnung den
SchwarzenAdlerorden und eine Gehaltszulage
von 1000 Thlr. verlieh. Belling starb bald nach der Rückkehr in die Friedensgarnison zu
Stolp
[* 19]
Fabian
Gottlieb von, russ. Seefahrer, geb. 9. Sept.
(a. St.) 1778 auf der
InselÖsel, trat 1786 in das Seekadettenkorps
zu
Kronstadt,
[* 20] 1797 als
Offizier in die bei
Reval
[* 21] stationierte Flottenabteilung ein und begleitete 1803
Krusenstern auf seiner
ersten Weltumsegelung. Im J. 1809 kreuzte er als Korvettenkapitän gegen die schwedische
Flotte. Seine
Hauptexpedition trat er im Juli 1819 an, indem er im Auftrag des
KaisersAlexander mit zwei
Schiffen, den
Korvetten Wostok und
Mirny, nach den Südpolargegenden segelte. Er überschritt auf dieser
Reise den südlichen
Polarkreis sechsmal, drang im
August 1820 bis
zum 70. Breitengrad vor und entdeckte 1821 das hohe
AlexanderI.-Land und die
Peter I.-Insel.
2)
Giovanni, ital.
Maler,
Bruder des vorigen, geboren um 1428, gest. in
Venedig, gab der venezianischen
Malerei des 15. Jahrh. nach Form,
Inhalt und
Kolorit ihr Gepräge und legte durch sein Vorbild und seine Lehrthätigkeit den
Grund zur höchsten
Blüte
[* 27] derselben im 16. Jahrh. Unter dem Einfluß von BelliniVivarini in
Venedig und von
Mantegna in
Padua
[* 28] gebildet, vereinigte er die energische
Charakteristik und die Formenplastik des letztern mit der
Anmut und
Lieblichkeit des erstern. Um 1464 ging er von
Padua nach
Venedig, wo er bis zu seinem Ende eine umfangreiche Thätigkeit auf
dem Gebiet des Kirchenbildes und desPorträts entfaltete und zu höchstem Ansehen gelangte, nachdem er
sich bei
Antonello da
Messina
[* 29] in der
Ölmalerei vervollkommt und sein
Kolorit zu außerordentlicher
Kraft
[* 30] entwickelt hatte.
3) Lorenzo, Mediziner, geb. zu Florenz,
[* 36] ward 1663 Professor der Anatomie in Pisa,
[* 37] zuletzt Leibarzt des Großherzogs von
Toscana; starb Er ist sehr verdient um die anatomische Untersuchung der Nieren und Entdecker
der nach ihm genannten Röhrchen in den Nierenwärzchen (tubuli Belliniani, Bellinische Gänge), auch als Dichter bekannt,
namentlich durch seine »Bucchereide« (Flor. 1729). Er schrieb: »De structura et usu rerum« (Flor. 1662) u. a. Seine »Opera
omnia« erschienen Venedig 1708, 2 Bde., u. öfter.
welche ihn bekannt machte und ihm den Auftrag verschaffte, für das
Theater
[* 40] San Carlo die Oper »Bianca e Fernando« zu komponieren. Dieses Werk fand bei seiner Aufführung (1826) so großen Beifall,
daß Bellini alsbald einen Ruf nach Mailand erhielt, um für das Theater della Scala eine Oper zu schreiben. Das
hier entstandene Werk, welches sofort nach seinem Erscheinen (1827) den Ruhm des Künstlers über ganz Italien
[* 41] verbreitete,
war »Il Pirata«, Text von Felice Romani, welcher den Komponisten seitdem in seiner Thätigkeit aufs eifrigste
unterstützte.
Rasch aufeinander folgten jetzt die Opern: »La Straniera« (1829 zu Mailand),
»La
Sonnambula« (1831 zu Mailand, für die Pasta geschrieben),
»Norma« und »Beatrice di Tenda« (beide letztere 1831), die
überall mit Entzücken aufgenommen wurden und ganz Europa von den einschmeichelnden, schmachtenden Melodien
des Sizilianers widerhallen machten. Bellini begab sich 1833 nach Paris und von da nach London,
[* 42] wo er glänzende Aufnahme fand. Doch
kehrte er 1834 nach Paris zurück, um für die dortige ItalienischeOper seine »Puritani« zu schreiben, die mit neuem Enthusiasmus
begrüßt wurden und zugleich einzelne nicht unwesentliche Fortschritte in seiner künstlerischen Entwickelung
bekundeten.
Leider raffte ein früher Tod den Künstler hinweg; er starb in Puteaux bei Paris. Bellini ist kein dramatischer Komponist
im deutschen Sinn des Worts; er strebt nicht danach, ein dramatisches Ganze zu schaffen, sondern begnügt sich, dem Sänger
ein weites Feld theatralischer Erfolge zu eröffnen, und opfert diesem Streben nicht selten den wahrhaft
dramatischen Ausdruck völlig auf. Dabei fehlen ihm die übersprudelnde Genialität und geistreiche Mannigfaltigkeit Rossinis,
während er in der Rückkehr von der überladenen Kolorierung Rossinis zum einfachen getragenen Gesang sowie überhaupt in
dem ungekünstelten Ausdruck reicher und ernster Empfindung jenem gegenüber unleugbare Vorzüge besitzt.
Auch
arbeitete er gewissenhafter und sorgfältiger als Rossini. Von besonderm Wert für den Erfolg seiner Opern war noch der
Umstand, daß ihm zur Ausführung derselben die vorzüglichsten Gesangskräfte zu Gebote standen, namentlich der TenoristRubini
und die Pasta, für deren eigentümliches Talent mehrere seiner tragischen Rollen
[* 43] ausdrücklich bestimmt
sind.
Vgl. Pougin, Bellini, sa vie, ses œuvres (Par. 1868);
Percolla, Elogio biografico delCav. V. Bellini (Neap. 1876).
Eine geistvolle Schilderung seiner künstlerischen Persönlichkeit findet man inFerdinandHillers »Künstlerleben« (Köln
[* 44] 1880).