mehr
auch der Staat verletzt werde, und führte deshalb eine öffentliche, an den Staat zu verbüßende Strafe derselben ein, wenn es dem privaten Charakter dieses Delikts auch außerdem durch den Zwang zur Abbitte, zur Ehrenerklärung oder zum Widerruf Rechnung trug. Das deutsche Strafgesetzbuch hat jedoch diese letztern Genugthuungsmittel nicht beibehalten; es gewährt dem Beleidigten nur insofern eine Privatgenugthuung, als ihm auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung des Urteils erteilt und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen oder in einer Zeitung oder Zeitschrift erfolgte, die Befugnis zugesprochen wird, die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen, und zwar im letztgedachten Fall, wenn möglich, durch ebendieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Teil und mit derselben Schrift, wie die Beleidigung selbst veröffentlicht worden war (§ 200). Zudem wird dem privatrechtlichen Charakter des Delikts auch dadurch Rechnung getragen, daß die Verfolgung nur auf Antrag eintritt, welch letzterer bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urteils zurückgenommen werden kann (§ 194). Bei Beleidigungen, welche gegen Ehefrauen oder Kinder noch unter väterlicher Gewalt verübt wurden, haben auch die Ehemänner und Väter (§ 195) und bei Amtsbeleidigungen die amtlichen Vorgesetzten des Beleidigten das Recht zur Stellung des Strafantrags (§ 196). Wurde eine Beleidigung gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats oder gegen eine sonstige politische Körperschaft begangen, so bedarf es zwar keines Antrags auf Bestrafung, wohl aber der Ermächtigung der beleidigten Körperschaft zur strafrechtlichen Verfolgung (§ 197). Der Antrag auf Bestrafung muß binnen drei Monaten von dem Tag an, seit welchem der zu diesem Antrag Berechtigte von der Handlung und von der Person des Thäters Kenntnis gehabt, gestellt werden.
Ist bei wechselseitigen Beleidigungen von dem einen Teil Strafantrag gestellt worden, so kann der andre Teil seinerseits bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz, ohne Rücksicht auf jene Frist, ebenfalls Strafantrag stellen, muß dies aber auch bei Verlust dieses Rechts bis zu jenem Zeitpunkt thun (§ 198). Wurden Beleidigungen auf der Stelle mit solchen oder mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit erstern erwidert, so kann der Richter unter Umständen den einen Teil oder auch beide Teile für straflos erklären, indem hier eine sogen. Kompensation der beiderseits verwirkten Strafen eintritt (§ 199, 233).
Was die Höhe der verwirkten Strafe anbetrifft, so wird die verleumderische Beleidigung strenger geahndet als die einfache, die thätliche Beleidigung strenger als die Verbalinjurie. Eine verleumderische oder Verleumdung liegt nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 187) dann vor, wenn jemand wider besseres Wissen in Beziehung auf einen andern eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist.
Hier tritt Gefängnisstrafe von einem Tag bis zu zwei Jahren ein. Die Behauptung und Verbreitung solcher Thatsachen ohne das Bewußtsein ihrer Unwahrheit wird dagegen als einfache Beleidigung bestraft, wofern nicht etwa jene Thatsachen erweislich wahr sein sollten (§ 186). Es wird ferner die einfache wörtliche Beleidigung (§ 185) mit Geldstrafe von 3-600 Mk. oder mit Haft von einem Tag bis zu sechs Wochen oder mit Gefängnis von einem Tag bis zu einem Jahr, die thätliche Beleidigung mit Geldstrafe von 3-1500 Mk. oder mit Gefängnis von einem Tag bis zu zwei Jahren bestraft.
Als Straferhöhungsgrund erscheint es aber sowohl bei der einfachen als bei der verleumderischen Beleidigung, wenn diese öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist. Die Strafe besteht dann bei der einfachen in Geldstrafe bis zu 1500 Mk. oder Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren und bei der Verleumdung in Gefängnis bis zu fünf Jahren und nicht unter einem Monat. Doch kann bei der verleumderischen Beleidigung, wenn mildernde Umstände vorhanden, die Strafe bis auf einen Tag Gefängnis ermäßigt, oder es kann auf Geldstrafe bis zu 900 Mk. erkannt werden.
Übrigens kann, wenn die Verbreitung solcher Thatsachen nachteilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringen sollte, auf Antrag des letztern neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrag von 6000 Mk. erkannt werden (§ 188). Auch die Beleidigung eines Verstorbenen, d. h. die Beschimpfung des Andenkens eines solchen durch wissentlich unwahre Behauptung oder Verbreitung von Thatsachen, welche denselben bei Lebzeiten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet gewesen wären, wird auf Antrag der Eltern, der Kinder oder des Ehegatten des Verstorbenen mit Gefängnis von einem Tag bis zu sechs Monaten, beim Vorhandensein mildernder Umstände mit Geldstrafe bis zu 900 Mk. bestraft.
Was endlich die bereits erwähnte Militärbeleidigung anbelangt, so bestraft das deutsche Militärstrafgesetzbuch die Beleidigung eines Vorgesetzten oder im Dienstrang Höhern mit Freiheitsstrafe (Gefängnis, Festungshaft, Arrest) bis zu zwei und, wenn die Beleidigung im Dienst oder in Beziehung auf eine Diensthandlung begangen ward, bis zu drei Jahren und, wenn die Beleidigung durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangen ward, mit Gefängnis oder Festungshaft, bei verleumderischen Beleidigungen aber nur mit Gefängnis bis zu fünf Jahren.
Beleidigungen fürstlicher Personen fallen, weil es sich hier nicht um einen Angriff auf die bürgerliche Ehre, sondern um eine Verletzung der Majestät handelt, nicht unter den Begriff der Beleidigung (s. Majestätsverbrechen).
Vgl.
Deutsches
Strafgesetzbuch, §
185-200;
Reichsgesetz vom (sogen. Strafgeset
znovelle), Art. I zu §
194, 200;
Deutsches
Militärstrafgesetzbuch vom § 89, 91, 121, 122; v.
Schwarze, Beiträge zur
Lehre
[* 2] von der Ehrverletzung,
in der
»Sächsischen Gerichtszeitung«, Bd. 5-8, Bd.
12;
Köstlin, Abhandlungen aus dem
Strafrecht, S. 1 ff.
(Tübing. 1858);
Freudenstein, System des Rechts der Ehrenkränkungen (Hannov. 1880);
Baumeister, Über Injurien (Berl. 1880).