wohl von einer Geschichte des Begriffs dieses in verschiedenen Bezeichnungen als des
Wortes, d. h. seiner verschiedenen Bedeutungen,
sprechen. In diesem
Sinn hat Eucken eine »Geschichte der philosophischen
Terminologie«, d. h. der Kunstworte für philosophische
Begriffe
(Jena
[* 2] 1878),
und
Teichmüller
»Studien zur Geschichte der Begriffe« (Berl. 1874) und
»NeueStudien« (Gotha
[* 3] 1876-79, 3
Tle.),
d. h. Untersuchungen über die Bedeutung desselben Kunstwortes bei verschiedenen
Philosophen (insbesondere
Platon und
Aristoteles),
geliefert.
die Zeichen, durch welche man andern beim Begegnen, Besuchen und Abschiednehmen
Freundschaft und
Achtung
zu erkennen gibt. Die Begrüßungsform ist nach
Zeiten und Verhältnissen sehr verschieden. Man kann mit
Spencer annehmen,
daß die ältesten Begrüßungsformen diejenigen sind, welche durch Zubodenwerfen die völlige Unterwürfigkeit
und
Ergebung in die Macht des Begrüßten ausdrücken sollten. Diese bei orientalischen und barbarischen Völkern noch heute
gebräuchlichen Begrüßungen wurden dann gemildert in dauerndes oder momentanes
Knieen, Verbeugungen und Knixe, mit denen man symbolisch
seine Absicht, sich niederzuwerfen, andeutet. Da hierbei die Kopfbedeckung von selbst abfällt, so nimmt
man sie ab oder macht wenigstens eine Handbewegung, als ob man sie abnehmen wollte (militärischer
Gruß).
Neben diesen Grundformen, deren Abstufungen nicht zu verkennen sind, treten aber zahlreiche
Varianten bei den verschiedenen
Völkern auf, und diese Verschiedenheit der Begrüßungen geht so weit, daß das, was bei einem
Volk als Höflichkeitsbezeigung gilt, bei einem andern für ein Merkmal der Ungeschliffenheit gehalten wird. Die Griechen
riefen einander beim Kommen, Begegnen und
Scheiden: »Chaire«
(Freude dir!) zu. Die
Römer
[* 4] sagten beim Kommen: »Ave«
(Sei gegrüßt!),
beim
Abschied:
»Vale« (Bleibe gesund!). Bei den Israeliten pflegten nähere Bekannte einander
Hand,
[* 5]
Haupt undSchulter zu küssen. Gewöhnliche Grußformel war der Zuruf: »Schōlem alēchem«
(Friede sei mit euch!). Das Entblößen des
Hauptes scheint als allgemeine
Sitte erst seit dem 16. oder 17. Jahrh. in
Gebrauch
gekommen zu sein. In manchen deutschen
Ländern, besonders in
Österreich,
[* 6] küßt man den
Damen die
Hand;
dagegen ist in
Italien
[* 7] der
Handkuß ein Zeichen von Vertraulichkeit, das sich nur die nächsten
Freunde erlauben dürfen.
In der neuern
Gesellschaft ist die Abschiedsformel von der ersten Begrüßung gewöhnlich verschieden, und hier hat sich das
ältere: »Gott befohlen!« (franz.
Adieu!) vielfach in ein Selbstempfehlen (Empfehle mich!) verwandelt. Besondere
Stände haben
auch besondere Begrüßungen, wie das »Glückauf!« der
Bergleute und die langen, als Erkennungsmittel dienenden Begrüßungsformeln der
alten
Zünfte. Der
Russe wirft sich zu den
Füßen seines
Herrn nieder, umklammert dessen
Kniee und küßt
sie.
Der
Pole verneigt sich bis zur
Erde oder wirft sich ebenfalls dem
Herrn zu
Füßen oder küßt die
Schultern; der
Böhme küßt
die untern
Säume der
Kleider. Die Bewohner von Schumadia inSerbien
[* 9] grüßen seltsamerweise beim Begegnen
mit den
Worten: »Gibt es
Eicheln?«, weil sie als
Hirten auf die
Eicheln großen Wert legen. Der
Russe grüßt beim Begegnen: »Seid
gesund!« (Sdráwsdwujtje),
bei einer Trennung auf längere Zeit: »Verzeiht!«
(nämlich, daß ich euch schon verlasse; Proschtscháitje). DerEngländer grüßt: »How d'you do? Goodbye!
Farewell!« Dem ähnlich der
Holländer: »Vaar wél!« und der
Schwede: »Farval!« Der
Franzose: »Bon jour!
Au plaisir!« (nämlich
»de vous revoir«). Der
Italiener: »Buon giorno! Addio! A rivederci!« Der
Spanier: »Buenas dias! Adios!
Hasta la vista!« (Auf
Wiedersehen!). Der
Türke schlägt beide
Arme übereinander, legt sie auf die
Brust und beugt sich mit dem
Kopf gegen den, welchen er begrüßt. Der gemeine Araber sagt: »Salem aleikum«
(Friede sei mit euch!),
dann legt er die
Hand
auf die
Brust, um anzudeuten, daß ihm der
Wunsch von
Herzen gehe;
der Begrüßte erwidert: »Aleikum essalem« (Mit euch sei
Friede!).
Die
Hindu inBengalen berühren mit der rechten
Hand die
Stirn und beugen den
Kopf vorwärts.
Wollen sie sich tief verbeugen,
so legen sie erst die rechte
Hand auf die
Brust, berühren dann mit dieser
Hand die
Erde und zuletzt die
Stirn. Dabei nennen sie
sich »unterthänige Sklaven« des Begrüßten. Überhaupt
tragen die meisten Begrüßungsarten im
Orient das Gepräge einer sklavischen
Denkart. Die
Perser begrüßen den
Fremden, den
sie zu einem
Gastmahl einladen, folgendermaßen: der Wirt geht seinem
Gast eine
Strecke entgegen, bewillkommt ihn mit den ehrfurchtsvollsten
Komplimenten, läuft dann schnell zurück bis an die
Thür seines
Hauses und erwartet hier den Ankommenden,
um ihm noch einmal mit denselben
Zeremonien seine Hochachtung zu bezeigen.
Begegnen sich in
China
[* 10] zwei
Personen zu
Pferde,
[* 11] so steigt der Niedere vom
Pferd
[* 12] ab und läßt stehend den
Höhern vorbei. In
Japan
muß der Geringere vor dem Vornehmern seine
Sandalen
[* 13] ausziehen, die rechteHand in den linken Ärmel stecken,
die
Arme langsam bis an die
Kniee herabgleiten lassen, mit abgemessenen
Schritten vor dem andern vorübergehen und mit furchtsamen
Gebärden rufen: »Augh, augh«
(Füge mir kein
Leid zu!) Auf der
InselCeylon
[* 14] legt man bei der Begrüßung die flache
Hand an die
Stirn und verbeugt sich tief dabei.
Vor einem Vorgesetzten wirft man sich auf die
Erde und spricht dessen
Namen und
Würde wohl fünfzigmal aus, während der Obere
sehr ernsthaft vorüberschreitet und den Begrüßenden kaum eines Kopfnickens würdigt. Auch bei den meisten afrikanischen
Völkern sind die Begrüßungsweisen durchaus sklavisch. Die Abessinier fallen auf das
Knie und küssen
die
Erde. Die
Mandinka fassen bei der Begrüßung einer
Frau deren
Hand, bringen sie an die
Nase
[* 15] und beriechen sie zweimal.
Die Ägypter strecken die
Hand aus, legen sie auf die
Brust und neigen den
Kopf. Als besondere Artigkeit gilt der
Kuß auf die
eigne
Hand, welche man dann auf den
Kopf legt. Den vornehmen Männern, aber nicht den
Frauen, küßt man
die
Hand. Viele seltsame Umständlichkeiten sind bei den Völkerstämmen des nordwestlichen
Amerika
[* 16] mit dem
Grüßen verbunden.
Die Art, wie sich die Eingebornen des südlichen
Amerika begrüßen, ist kurz. Die Anrede ist: »Ama re ka?«
(Du?)
und die Antwort: »A!« (Ja!). Auf den
Gesellschafts- und
Freundschaftsinseln berühren die Grüßenden einander die Nasenspitzen.
In
Neuguinea bedeckt man sich das
¶
mehr
Haupt mit Baumblättern, was nicht bloß als Gruß, sondern zugleich auch als Zeichen des Friedens gilt.
Vgl. die ausführlichen
Nachweise in HerbertSpencers »Soziologie«, Bd. 2. Von
eigentümlicher Art und genau geregelt sind die militärischen Begrüßungen sowie die der Schiffe
[* 18] (s. Ehrenbezeigungen).