nach dem Vereinszollgesetz vom zollamtliche Ausfertigung zweifacher Art für aus dem Ausland
eingehende Waren, welche nicht an der Grenze, sondern erst an dem inländischen Bestimmungsort versteuert werden sollen. Begleitschein I
hat den Zweck, den richtigen Eingang der Ware am inländischen Bestimmungsort oder die Wiederausfuhr derselben zu
sichern, Begleitschein II die Erhebung des durch spez. Revision an der Grenze ermittelten und festgestellten Zollbetrags einem andern Zollamt
im Innern gegen Sicherheitsleistung zu überweisen.
Der Begleitschein II, welcher nur für Waren ausgestellt wird, für die 15 Mk. oder mehr an Zoll zu zahlen ist, soll ein genaues Verzeichnis
der Waren, auf die er lautet, nach Maßgabe der vorhandenen Deklaration enthalten; ferner soll er angeben
die Zahl der Fässer, Kisten, Kolli etc., deren Bezeichnung und amtlichen Verschluß, dann Namen und Wohnort des Adressaten und
desjenigen, welcher den hat ausstellen lassen, sowie den Namen des Ausfertigungs- und Empfangsamtes, endlich den
Tag der Ausstellung, die Nummer, unter welcher der Begleitschein im Begleitscheinausfertigungsregister eingetragen wurde,
sowie den Zeitraum, für welchen er gültig ist, oder innerhalb dessen der Beweis der erreichten Bestimmung gewährt werden
muß.
Das beim Eingang ermittelte, im B. angegebene Gewicht der Waren, bez. die Stückzahl wird, wenn spezielle Deklaration vorliegt,
der Verzollung oder weitern Abfertigung zu Grunde gelegt. Fehlt eine solche zureichende Deklaration, so wird die Ware einer
speziellen Revision unterworfen. Vor Ausfertigung von Begleitschein II wird die Ware speziell revidiert und der zu erhebende Zollbetrag
festgestellt. Begleitschein II enthält die nähere Bezeichnung der Ware, Namen, Wohnort des Adressaten, Zollbetrag,
Zeit seiner Fälligkeit etc.; insbesondere gibt er auch an, ob und welche Sicherheit für die
Zollentrichtung geleistet ist. Derjenige, auf dessen Verlangen Begleitschein II ausgestellt wird, hat für die Zollzahlung
zu haften und zwar nach dem höchsten Erhebungssatz des Zolltarifs, wenn die Ware nicht speziell revidiert oder als zollfrei
deklariert wurde. Über das bei Ausfertigung und Erledigung der Begleitscheine zu beobachtende Verfahren
enthält ein besonderes Begleitscheinregulativ ausführliche Bestimmungen.
heißt das Zollabfertigungspapier, welches bei über die Grenze eingehenden und bei dem Grenzzollamt
mit Ladungsverzeichnis angemeldeten Eisenbahnwagen dem Zugführer oder einem Bevollmächtigten der Bahnverwaltung zur Ablieferung
an das gewählte, im Innern des Zollgebiets liegende Abfertigungsamt übergeben wird. In demselben sind
Wagen, Warenverschluß und Gestellungsfrist bei diesem Amt angegeben, auch sind ihm die zugehörigen Frachtbriefe und Schlüssel
amtlich verschlossen beigefügt.
Das Nähere gibt das »Regulativ über die zollamtliche Behandlung des Güter- und Effektentransports
auf den Eisenbahnen«.
(lat. Aggratiatio), der gänzliche oder teilweise Erlaß der durch eine strafbare Handlung verwirkten Strafe
durch das Staatsoberhaupt; Begnadigungsrecht (jus aggratiandi), die Befugnis zu solcher Verfügung, ein
wichtiges Souveränitätsrecht. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Begnadigung im engern Sinn
(Einzelbegnadigung) und der sogen.
Amnestie, je nachdem es sich um die Begnadigung eines einzelnen Verbrechers oder um die Begnadigung einer
ganzen Klasse von Verbrechern handelt.
Eine solche Amnestie (Generalpardon) kommt namentlich politischen Verbrechern gegenüber vor, um nach politisch
bewegten Zeiten eine Versöhnung der Staatsregierung mit ihren Gegnern herbeizuführen. Die Einzelbegnadigung ist ebenso wie
die Amnestie entweder eine Begnadigung nach oder vor gefälltem Strafurteil. Für den letztern Fall ist der Ausdruck Abolition (Niederschlagung)
gebräuchlich. Die nach gefälltem Strafurteil eintretende Begnadigung kann entweder in einem gänzlichen (aggratiatio
plena) oder in einem teilweisen Erlaß der Strafe bestehen (aggratiatio minus plena), oder sie tritt erst nach teilweiser Vollstreckung
der Strafe ein, indem sie den Erlaß des Strafrestes herbeiführt, oder indem sie die mit der Strafe verbundenen Rechtsnachteile
aufhebt. In diesem letztern Sinn wird die Begnadigung als Rehabilitation bezeichnet, wenn sie die Wiederherstellung
der dem Verbrecher entzogenen bürgerlichen Ehrenrechte enthält.
Darüber, ob das Begnadigungsrecht des Souveräns, welches verfassungsmäßig in den meisten Kulturstaaten ausdrücklich anerkannt
ist, auch vom rechtspolitischen und rechtsphilosophischen Standpunkt aus zu rechtfertigen sei, ist viel Streit. Namentlich
war der große Philosoph Kant ein Gegner desselben. Es läßt sich ja in der That auch nicht leugnen, daß
das Begnadigungsrecht eine Abweichung von dem nach der Gesetzesvorschrift stattfindenden strafrechtlichen Verfahren bewirkt,
daß ferner die Möglichkeit einer willkürlichen und ungerechten Handhabung desselben nicht ausgeschlossen ist, und daß
dasselbe endlich ganz entbehrlich sein würde, wenn die Strafgesetzgebung und die Rechtsprechung vollkommen
wären. Da dies aber bei der Mangelhaftigkeit aller menschlichen Einrichtungen nie ganz der Fall sein wird, da vielmehr das
formelle Recht, wie es sich in den Durchschnittsregeln der Strafgesetzgebung darstellt, mit dem materiellen Recht, wie es der
Idee der höhern Gerechtigkeit und Billigkeit entspricht, immerhin in Widerspruch geraten kann, so erscheint
das Begnadigungsrecht des Souveräns als dessen schönstes Recht, notwendig zur Vermittelung und Ausgleichung der Härten des
starren Rechts.
Wohl zu beachten ist aber hierbei, daß die Anwendungssphäre des Begnadigungsrechts eine engere wird, je größer der
Spielraum ist, welchen die Strafgesetze dem richterlichen Ermessen bei Ausmessung der Strafe offen lassen,
und je mehr der Richter selbst hiernach die individuellen Verhältnisse des Angeschuldigten berücksichtigen kann, wie dies
namentlich nach dem deutschen Strafgesetzbuch der Fall ist. Das Recht der Begnadigung steht dem Monarchen und in den Republiken den verfassungsmäßig
damit ausgestatteten Organen, so z. B. in den deutschen Freien Städten dem Senat, zu. In leichtern Fällen
ist die Ausübung dieses Rechts von dem Souverän vielfach bestimmten Behörden, besonders dem Justizministerium, in Kriegszeiten
einem kommandierenden General, einem Statthalter etc. übertragen. Im Deutschen Reich hat der Kaiser als solcher nur in denjenigen
Strafsachen das Recht der Begnadigung, welche in erster Instanz vor das Reichsgericht gehören, also in den Fällen
des Hochverrats und des Landesverrats, insofern diese Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet sind (deutsche Strafprozeßordnung,
§ 484), sowie in denjenigen Fällen, in welchen ein deutscher Konsul oder ein Konsulargericht in erster Instanz erkannt hat.
Auch übt
mehr
der Kaiser für Elsaß-Lothringen das Recht der Begnadigung aus. Im übrigen steht das Begnadigungsrecht den Monarchen der deutschen
Einzelstaaten und in den Freien Städten den Senaten zu. Für Preußen ist das Begnadigungswesen durch eine allgemeine Verfügung
des Justizministers vom geregelt. Todesurteile bedürfen nach der deutschen Strafprozeßordnung (§
486) zu ihrer Vollstreckung zwar keiner Bestätigung mehr, doch sollen sie nicht eher vollstreckt werden, als bis die Entschließung
des Staatsoberhauptes, resp. des Kaisers ergangen ist, in dem vorliegenden Fall von dem Rechte der Begnadigung keinen Gebrauch machen
zu wollen.
Analoge Bestimmungen gelten in Österreich. Übrigens ist in den Verfassungsurkunden der modernen konstitutionellen
Monarchien eine Beschränkung des Begnadigungsrechts insofern anerkannt, als ein Minister oder ein sonstiger höherer verantwortlicher
Staatsbeamter, welcher durch die Stände einer Verfassungsverletzung angeklagt worden ist, von der gegen ihn deshalb ausgesprochenen
Strafe nicht oder doch nur auf Antrag der anklagenden Kammer selbst im Gnadenweg befreit werden kann, weil
sonst ein Hauptmoment des konstitutionellen Systems, das Institut der Ministerverantwortlichkeit und Ministeranklage, hinfällig
werden würde (vgl. die Verfassungsurkunden von Belgien, § 91; Preußen, § 49; Sachsen, § 150; Württemberg, § 205; bayrisches
Gesetz, die Verantwortlichkeit der Minister betreffend, vom Art. 12, etc.). Eine weitere Beschränkung des
Begnadigungsrechts ist in manchen Verfassungsgesetzen in Ansehung der Abolition enthalten, die teils für gänzlich unzulässig
erklärt, teils wenigstens bei gewissen Verbrechen nicht statthaft ist.
Andre Verfassungsurkunden knüpfen die Zulässigkeit der Niederschlagung an die Zustimmung des höchsten Gerichtshofs oder des
Landtags. Was ferner die viel erörterte Frage anbetrifft, ob ein Verurteilter auch gegen seinen Willen
begnadigt werden könne, so dürfte dieselbe wohl zu bejahen sein, da die Begnadigung kein Akt der Willkür, sondern ein Akt der höhern
Gerechtigkeit sein soll, welchem sich der einzelne nicht beliebig entziehen kann. Nur in Ansehung der Abolition könnte es
für einen Unschuldigen geradezu eine Härte sein, wenn er auch gegen seinen Willen eine solche Begnadigung annehmen
müßte; er hat vielmehr ein Recht, zu verlangen, daß seine Unschuld durch Urteil und Recht dargethan werde, und ebendarum
würde er eine solche Begnadigung gegen seinen Willen ablehnen können.
Die norwegische Verfassung statuiert ganz allgemein die Zurückweisung einer Begnadigung seitens des gegen
seinen Willen Begnadigten. Endlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die privatrechtlichen Folgen eines Verbrechens, z. B. die
Verpflichtung zum Schadenersatz, durch eine Begnadigung nicht verändert oder aufgehoben werden.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Staatsrechts
und des Strafrechts: Lueder, Das Souveränitätsrecht der Begnadigung (Leipz. 1860);
v. Arnold, Über Umfang und Anwendung
des Begnadigungsrechts (Erlang. 1860);
R. v. Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht und Politik, Bd. 2, S. 634 ff.
(Tübing. 1869);