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leuchtenden Augen. Seine Gesichtszüge, in der Regel gutmütig, nahmen bei geistiger Erregung, zumal wenn er von Musik sprach, einen ungemein bedeutenden und fesselnden Ausdruck an. Sein Charakter war von Natur edel und wohlwollend und durchaus zum Sittlich-Guten und Wahren angelegt; doch mag die ungeregelte Erziehung in seiner Jugend den Grund zu jener Reizbarkeit, jenem Mangel an Selbstbeherrschung, jenen oft unvermittelten Übergängen aus einer Stimmung in die andre gelegt haben, die er in seinem spätern Leben bekundete.
Die völlige Unerfahrenheit und Ungeschicklichkeit in allen Angelegenheiten des äußern Lebens wurzelte in demselben Mangel seiner Erziehung. In der Unterhaltung war er meist wortkarg, jetzt hastig ein freies Wort hinwerfend und im nächsten Moment wieder in düsteres Schweigen versinkend; doch konnte er sich bei rechter Laune auch in possenhaften Einfällen und Witzworten lustig ergehen. Seine liebste Erholung waren einsame, oft weit ausgedehnte Spaziergänge, auf denen ihm, frei von allen störenden Einwirkungen der gewohnten Umgebung, die musikalischen Gedanken am vollsten und reichsten zuströmten; viele seiner Hauptwerke sind im Freien konzipiert, zum Teil sogar ausgearbeitet worden.
Beethovens unermeßlich hohes Verdienst als Komponist besteht im wesentlichen darin, daß er als der erste die absolute oder Instrumentalmusik, welche seinen Vorgängern nur zum Ausdruck allgemeiner Empfindungen gedient hatte, zur Darstellung eines bestimmten dichterischen Inhalts verwendet und demgemäß ihre Formen und Ausdrucksmittel zu ungeahntem Reichtum erweitert und vermehrt hat. Dabei stellte er sich aber keineswegs von vornherein in einen Gegensatz zu den ältern Meistern; vielmehr schloß er sich in der ersten Periode seines Schaffens aufs engste an Haydn und Mozart an. Ebensowenig darf man glauben, daß er sich in seinem Drang, die der Tonkunst bis zu seiner Zeit gezogenen Grenzen [* 2] zu erweitern, über die Notwendigkeit einer strengen Beobachtung ihrer Gesetze im einzelnen hinweggesetzt hätte. Seine Skizzenbücher beweisen es, wie er bestrebt gewesen ist, durch unermüdliche Arbeit und wiederholte Versuche seinen Tonbildern endlich diejenige Gestalt zu geben, in welcher sie ihm zum Ausdruck seiner Empfindungen völlig geeignet erschienen. Man staunt, wie O. Jahn (»Gesammelte Aufsätze«, S. 243) sagt, über seine Art, »nicht bloß einzelne Motive und Melodien, sondern die kleinsten Elemente derselben hin und her zu wenden und zu rücken und aus allen denkbaren Variationen die beste Form hervorzulocken; man begreift nicht, wie aus solchem musikalischen Bröckelwerk ein organisches Ganze werden könne... Und machen diese Skizzen nicht selten den Eindruck unsichern Schwankens und Tastens, so wächst nachher wieder die Bewunderung vor der wahrhaft genialen Selbstkritik, die, nachdem sie alles geprüft, schließlich mit souveräner Gewißheit das Beste behält.« Nur auf einem Gebiet seiner Kunst war es ihm nicht immer beschieden, den Kampf mit der widerstrebenden Materie siegreich zu bestehen: auf dem der Vokalmusik.
Schon in seiner Oper »Fidelio«, noch deutlicher aber in den großen Gesangswerken seiner letzten Schaffensperiode zeigt es sich, daß Beethoven, durch die Fügsamkeit der Instrumente gewöhnt, sich im Flug seiner Phantasie keinerlei Beschränkung aufzuerlegen, es häufig versäumte, den Bedingungen Rechnung zu tragen, unter denen die menschliche Stimme allein zu voller Wirkung gelangen kann. Dagegen hat er den Instrumenten eine zu keiner spätern Zeit übertroffene Ausdrucksfähigkeit verliehen, derart, daß sie, sowohl einzeln (namentlich das Klavier) als zum Orchester vereint, die höchsten Ideen und geheimsten Regungen der Menschenseele zu offenbaren vermochten.
Wenn wir in diesem Sinn als den Schöpfer der modernen Instrumentalmusik bezeichnen, so haben wir ihm zugleich seine Stellung zur Entwickelung der Tonkunst in ihrer Gesamtheit angewiesen. Denn freilich ist der Gesang, d. h. die Verbindung des Tons mit dem Wort, zu allen Zeiten der Ausgangspunkt der Musik gewesen; wenn aber die Musik in sich selbst die Fähigkeit besitzt, Gefühlszustände verständlich auszudrücken, während ja das Wort in erster Linie nur unserm Denkvermögen dient, dann muß es als ein Kennzeichen ihrer höchsten Entwickelung betrachtet werden, daß es dem Komponisten gelingen konnte, auch ohne Mithilfe des oft vieldeutigen Worts sich verständlich zu machen und uns zu rühren.
Bei Beethoven lag in seiner persönlichen Entwickelung noch ein besonderer Antrieb, die Instrumentalmusik diesem Höhepunkt zuzuführen. Selbst ausübender Künstler in der höchsten Bedeutung, in und mit dem Orchester aufgewachsen, fand er sich immer am ehesten diesem Kunstmittel zugeführt, um seinen poetischen Intentionen Ausdruck zu geben. Was ihn nun in dieser von ihm mit besonderer Liebe gepflegten und entwickelten Gattung vor seinen Vorgängern Mozart und Haydn auszeichnet, welche ja ihrerseits schon die Sprache [* 3] der Instrumente zu so reicher Entwickelung geführt hatten, ist zunächst die weitere Ausgestaltung der übernommenen Formen zu größern, den neuen Ideen angemessenen Dimensionen.
Unter seinen Händen erweitert sich das Menuett zum vielsagenden Scherzo, das Finale, bei seinen Vorgängern meist nur ein heiter und lebhaft sich verlaufender Ausgang, wird bei ihm zum Gipfelpunkt der Entwickelung des ganzen Werks und übertrifft an Wucht und Breite [* 4] nicht selten den ersten Satz. Dann aber ist ihm namentlich schon jenes oben berührte (wir nennen es das poetische) Moment eigentümlich, jene überall erkennbare Einheit eines zusammenfassenden Gedankens. Was er in einzelnen Werken (z. B. in der »heroischen« und in der Pastoral-Symphonie) schon durch die Aufschrift bezeichnete, wird sich auf die große Mehrzahl seiner Instrumentalwerke anwenden lassen: daß die in den einzelnen Teilen poetisch dargestellten Seelenzustände in einer innern Beziehung zu einander stehen und daher die Werke recht eigentlich als Tondichtungen zu bezeichnen sind.
Weisen wir noch in der Kürze auf die wichtigsten Werke Beethovens im einzelnen hin, so müssen wir dabei vor allem die Epochen namhaft machen, in welchen sich erkennbarer als bei vielen andern Künstlern sein Genius entwickelt hat. Äußerlich umfassen seine gedruckten Werke, zu denen noch eine ziemliche Reihe (namentlich Klavierkompositionen) ohne Opuszahl hinzukommt, 138 Nummern. Es gehören zu denselben 9 Symphonien, 7 Konzerte, 1 Septett, 2 Sextette, 3 Quintette, 16 Streichquartette, 36 Klaviersonaten, 16 Sonaten für Klavier mit Begleitung, 8 Klaviertrios, 1 Oper, 2 Festspiele, 1 Oratorium, 2 große Messen und zahlreiche kleinere Kompositionen für Klavier und für ein- und mehrstimmigen Gesang. In diesen Werken lassen sich nun die Epochen der Beethovenschen Produktion ziemlich deutlich nachweisen, deren man allgemein und mit Recht drei annimmt, zu denen als Vorbereitungsepoche die der jugendlichen Entwickelung Beethovens kommt. Die letztere Epoche ist bei ihm ungewöhnlich lang im Vergleich zu der raschen Entwickelung eines Mozart u. a. Erst mit dem Jahr 1795, seinem 25. ¶
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Lebensjahr, also nicht lange nach seiner Abreise aus Bonn, [* 6] können wir dieselbe abschließen; denn erst in diesem Jahr veröffentlichte er sein »erstes Werk«, welches er selbst dieser Bezeichnung wert hielt (die drei Trios Op. 1). In jene Jugendepoche gehören als seine ersten Kompositionen: 9 Nummern Klaviervariationen und 3 Sonaten für Klavier (1782 und 1783),
dann 3 Klavierquartette (1785), ein Trio, einzelne Lieder, verschiedene Sammlungen von Variationen für Klavier (darunter die bereits sehr schönen und eigentümlichen über »Vieni Amore« von Righini) und von den ungedruckten ein Klavierkonzert, eine Sonate für Klavier und Flöte, ein Ritterballett (1789) und einzelnes andre. In diesen Werken verfolgt man mit Interesse den erkennbaren Fortschritt, den der junge Künstler von den ersten noch ganz gebundenen und unselbständigen Schritten an Neefes Hand [* 7] zu allmählicher Befreiung und Selbständigkeit macht; man gewahrt im Verlauf den entschiedenen Einfluß Mozarts, ohne daß dessen Fülle und Klarheit zunächst erreicht würden.
Vor allem aber gewahrt man von der ersten Zeit an das sicherste Gefühl für das formelle Ebenmaß und prägnante Ausprägung des wenn auch noch nicht tiefen musikalischen Gedankens; kein geniales Überschreiten der hergebrachten Form, kein subjektives Versuchen, sondern vor allem das Streben nach dem sichern Besitz des Überlieferten kennzeichnet ihn. Dabei begegnen uns auch in dieser Zeit schon einzelne Arbeiten, in denen wir den vollen und warmen Herzschlag Beethovenschen Empfindens gewahren, entsprechend den Nachrichten, die wir über den Reichtum seiner freien Phantasien schon in jener Zeit erhalten. Zu bemerken bleibt hier schließlich noch, daß viele der erst im Verlauf der folgenden Jahre erschienenen Werke ihrem Entwurf, teilweise auch ihrer Ausarbeitung nach jedenfalls dieser vorbereitenden Epoche angehören.
Die erste Epoche des eigentümlich Beethovenschen Schaffens, in welcher er nach vollständiger Überwindung aller Vorstufen in individueller Selbständigkeit auftritt, beginnt mit der Herausgabe der ersten drei Klaviertrios Op. 1 (1795) und endigt etwa mit den Jahren 1800-1802. Sie umfaßt diejenigen Werke, in deren Gestaltung und Form der Einfluß Mozarts und Haydns noch durchweg erkennbar bleibt. Außer den genannten ersten Trios gehören hierher die Haydn gewidmeten Klaviersonaten Op. 2, die Sonaten Op. 7, 10, 13 (»S. pathétique«),
14-28, die Sonaten mit Begleitung Op. 5, 12, 17, 23, 24, das Septett Op. 20 (1800),
die erste Symphonie Op. 21 (1800),
die sechs ersten Streichquartette Op. 18 (1799-1800),
das Quintett für Klavier und Blasinstrumente Op. 16, die ersten Klavierkonzerte Op. 15 und 19, das Ballett »Die Geschöpfe des Prometheus« (1800),
die Szene »Ah perfido« (1796),
das Lied »Adelaide« [* 8] (1796) sowie eine Anzahl kleinerer Instrumental-, hauptsächlich Klavierwerke. Es versteht sich von selbst, daß bei einzelnen dieser Werke die Zugehörigkeit zu der einen oder andern Epoche unsicher erscheint; im ganzen wird man es bestätigt finden, daß hier Beethoven bei aller Individualität in Melodieführung und Modulation doch noch auf dem Mozartschen Boden steht. Nur auf einem Gebiet (freilich dem ihm eigensten) zeigt er sich auch in dieser Epoche schon bahnbrechend; es ist dies die Klavierkomposition, sowohl in der Form des Konzerts als der Sonate und Variation.
Nicht nur in der Technik, sondern auch im Zuschnitt der Sätze und des Ganzen erscheint er hier schon vielfach selbständig und neu, und deutlich erkennbare Zeichen weisen schon in diesen frühern Werken auf des Komponisten Absicht hin, ein Ideenganzes zur deutlichen Erscheinung zu bringen, z. B. wenn er zwei allerdings über die Grenzen der Sonatenform hinausschweifende Sonaten als »gleichsam Phantasien«, eine andre als die »pathetische« bezeichnet. Aber auch ohne Fingerzeige solcher Art empfindet man in diesen Werken sowohl im einzelnen als im ganzen jenes Streben nach einheitlichem Ausdruck, welches ihren Autor als den einstigen Schöpfer der modernen Instrumentalmusik schon jetzt erkennen läßt.
Die zweite Periode beginnt etwa in den Jahren 1800-1802; sie zeigt uns den Meister in der vollen und reichen Entwickelung seiner erstarkten Künstlerpersönlichkeit, welche ihn zur Hervorbringung von Werken befähigte, die, während uns jedes eine Welt reichsten Empfindungslebens eröffnet, zugleich die schönste Harmonie von Inhalt und Form erkennen lassen. Hierher gehört vor allem die stattliche Reihe der Symphonien: die von Lebensfreudigkeit und Heiterkeit überströmende in D dur (1802);
die »Eroica« (1804), ihrer Konzeption nach zur Verherrlichung Napoleon Bonapartes bestimmt, das deutlichste Beispiel jener Beherrschung des Ganzen durch einen poetisch zusammenfassenden Gedanken;
die vierte in B dur (1806);
die mächtige, den Kampf gegen ein übermächtiges Schicksal darstellende in C moll (1807);
»die Pastorale« (1808);
die siebente in A (1812), welche alle Stufen der Freude, von leiser Träumerei bis zum dithyrambischen Jubel, durchläuft;
endlich noch die liebliche achte in F (1812).
Hierzu kommen eine Reihe andrer, gleich vollendeter und jedes für sich eigentümlicher Gebilde: die drei Quartette Op. 59, dem Grafen Rasumowski gewidmet (1806), sowie die beiden folgenden Op. 74 (1809) und 95 (1810);
die große Reihe der fernern Klavierkompositionen: die Konzerte in C moll, G dur und das großartigste von allen in Es dur (letzteres 1809);
die Klaviersonaten Op. 30 in G, D moll und Es;
die beiden mächtig großen in C und F moll (Op. 53 und 57), denen als leichtere Gegenstücke die in F und Fis (Op. 54, 78) zur Seite treten;
die Es dur-Sonate Op. 81 mit ihrer Überschrift: »Les adieux, l'absence et le retour«, ein neues Beispiel der Darstellung einer bestimmten dichterischen Idee in Tönen. Zu den einfachen Klavierwerken kommen die Sonaten mit Begleitung: Op. 30 in A, C moll und G, dem russischen Kaiser Alexander gewidmet;
die für den Violinisten Rudolf Kreutzer geschriebene sogen. Kreutzer-Sonate Op. 47 in A (1803);
ferner Op. 96 in G (1810) und Op. 69 für Klavier und Violoncell in A;
die Trios Op. 70 in D und Es und Op. 97 in B;
das Triplekonzert für Klavier, Violine und Violoncell Op. 56;
die Phantasie für Klavier, Orchester und Chor (1808) u. a. Dieser Periode gehören auch die ersten größern Chorkompositionen Beethovens sowie seine Oper »Fidelio«, welche leider die einzige bleiben sollte, an. Zu jenen rechnen wir das Oratorium »Christus am Ölberg« und die erste, durch einfache, edle Auffassung und milde Würde sich auszeichnende Messe in C (1807).
In seiner Oper »Fidelio«, die in erster Bearbeitung (als »Leonore«) 1805, in zweiter 1806, in dritter und bleibender (mit der E dur-Ouvertüre) 1814 auf die Bühne kam, hat Beethoven keineswegs neue Wege dramatischer Gestaltung versucht. Der Form nach den Rahmen der Mozartschen Oper nicht überschreitend, dankt diese Oper eben nur dem reichern und tiefern, in diesem Fall noch durch einen menschlich interessanten und rührenden Stoff angeregten Geist Beethovens ihre besondere Stellung. Neben ihr erwähnen wir noch seine übrigen mit Bühnenwerken verbundenen Kompositionen: die Gesänge und Zwischenakte zu ¶