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realistische Richtung einschlug, seinem Talent am meisten zusagte. Sein erstes bekannteres Genrebild war die für eine augenkranke Mutter betende Bauernfamilie. Im J. 1840 wurde er als Professor der Genre- und Landschaftsmalerei am Städelschen Kunstinstitut nach Frankfurt [* 2] a. M. berufen, wo er starb. Seine zum Teil sehr populär gewordenen Hauptwerke sind: die Märchenerzählerin, der Rekrutenabschied, der heimkehrende Krieger, die beiden Wildschützen, der Liebesantrag, die Schmollenden, Heimkehr vom Kirchgang, heimkehrende Schnitter, der vom Blitz erschlagene Schäfer (im Städelschen Museum in Frankfurt a. M.), Landleute auf dem Feld sehen ihr Dorf durch einen Blitz in Brand gesteckt (in der Neuen Pinakothek zu München), [* 3] die Begegnung (1871) etc. Seine Zeichnung ist korrekt und bestimmt, die Farbe leidet aber an Schwere und Trockenheit.
11) Karl, Maler, geb. zu Berlin, [* 4] studierte zuerst unter A. v. Klöber, nahm 1841 an der Ausführung der Fresken in der Vorhalle des Alten Museums unter Cornelius und 1843 an der Ausmalung der Basilika [* 5] unter Heß in München teil. Der in der akademischen Konkurrenz gewonnene Preis ermöglichte ihm 1844 den Besuch von Paris [* 6] und Italien, [* 7] wo er drei Jahre verweilte. Nach Berlin zurückgekehrt, führte er eine Reihe von Wandgemälden aus der antiken Mythe im Niobidensaal des Neuen Museums aus und malte auch einige historische Bilder, die jedoch keinen Beifall fanden.
Seine Begabung wurde erst durch eine 1853 unternommene Reise nach Venedig [* 8] in die richtige Bahn gelenkt. Unter dem Einfluß der venezianischen Meister, insbesondere Veroneses, entwickelte sich sein Kolorit zu großer Kraft [* 9] und blühender Schönheit, und er schuf eine lange Reihe von Genrebildern aus dem altvenezianischen Leben, auf welchen er mit Vorliebe durch novellistischen Inhalt fesselnde Szenen mit großem Reichtum der Farbe, außerordentlicher Virtuosität in der Behandlung der Stoffe und mit glücklich entwickeltem Schönheitsgefühl, wenn auch ohne tiefe Charakteristik, darstellte.
Die bedeutendsten derselben sind: Schmuckhändler beim Senator (1855), Besuch des Senators beim Nobile (1857), Sitzung des Dogen im Geheimen Rat und der Bravo (1864), Karneval von Venedig, venezianische Balkonszene, Gnadengesuch beim Dogen, Karl V. bei Tizian, Dürer bei Tizian, Dürer in Venedig (1872). Außerhalb dieses Stoffkreises liegen, aber in gleicher, auf den farbigen Schein ausgehender Weise behandelt sind: in der Gemäldegalerie (1860), Karls V. Besuch bei Fugger (1866), Viola und Olivia aus »Was ihr wollt«, Figaros Hochzeit (1874), Huttens Dichterkrönung (1876), Kaiser Maximilian in Verona [* 10] (1877). Auf seinen letzten Gemälden macht sich eine Abnahme seiner Kraft in einer Neigung zu dekorativer Behandlung bemerkbar. Seine koloristischen Tendenzen haben einen starken Einfluß auf die Entwickelung der Berliner [* 11] Schule geübt. Er ist Präsident der Akademie der Künste.
12) August, Maler, geb. 1822 zu Darmstadt, [* 12] empfing hier von dem Landschaftsmaler Schilbach den ersten Unterricht, bis er zu seiner weitern Ausbildung nach Düsseldorf [* 13] zog, wo er für seine Neigung zur Darstellung grandioser, imposanter Naturszenen vielfache Anregung fand. 1844 bereiste er die Hochgebirge in Norwegen, [* 14] in der Schweiz [* 15] und Tirol, [* 16] später auch die schottischen Hochlande und verweilte aus Einladung der Königin Viktoria mehrmals an ihrem Hof [* 17] in Balmoral, wo er die Prinzessinnen im Landschaftsmalen unterrichtete und eine Reihe von Bildern aus den dortigen Gebirgsgegenden malte.
Seine zahlreichen Gebirgslandschaften sind großartig gedacht, trefflich komponiert und sorgfältig ausgeführt. Ihre Reihe begann mit dem Alpenglühen in Norwegen, den Hurongen in Norwegen bei Mitternachtssonne (1846) und ähnlichen nordischen Szenen, worauf Motive aus den Schweizer und Tiroler Alpen [* 18] folgten. Zu den bedeutendsten gehören: der Abend im Berner Oberland (1860 u. 1867), norwegische Hochebene mit Wasserfall (1861), Abend in den Alpen des bayrischen Hochlandes (1862), der Eiger, das Kaisergebirge in Tirol (1864), der Königssee im Sturm (1872), die Überschwemmung am Niederrhein (1874), der Dachstein (1876). Becker ist auch als Kunstkritiker thätig.
13) Ludwig Hugo, Landschaftsmaler, geb. zu Wesel, [* 19] gest. in Düsseldorf; bildete sich auf der Düsseldorfer Akademie und unter Schirmer und Gude, machte sich zuerst 1856 durch ein Bild: das Opfer der alten Deutschen am Wald, bekannt und unternahm dann Studienreisen nach Westfalen, [* 20] dem Rhein, der Schweiz, der Normandie und den Ostseegegenden. Auf seinen Landschaften (Sonntagmorgen, Christnacht, der Hirtenknabe, auf der Höhe, Weinlese an der Mosel) liebte er es, die Staffage zu genrebildlicher Bedeutung zu entwickeln. Er hat auch zahlreiche Zeichnungen für den Holzschnitt angefertigt.
Musiker, Schauspieler.
14) Karl Ferdinand, Organist und Musikhistoriker, geb. zu Leipzig, [* 21] erhielt seinen ersten musikalischen Unterricht von Schicht und Friedrich Schneider und trat schon als 14jähriger Knabe als Klavierspieler in Konzerten auf. Bald wandte er sich dem Orgelspiel zu, ward 1825 Organist an der Peterskirche, 1837 an der Nikolaikirche seiner Vaterstadt und erhielt 1843 am neugegründeten Konservatorium daselbst die Stelle eines Lehrers des Orgel- und Partiturspiels, die er bis 1856 bekleidete. Er starb Außer einem »Ratgeber für Organisten« (Leipz. 1828) gab Becker eine »Sammlung von Chorälen aus dem 16. und 17. Jahrhundert« (das. 1831),
»Choralmelodien zu Spittas Psalter und Harfe« (das. 1841) und ein in den Leipziger Kirchen eingeführtes »Evangelisches Choralbuch« heraus, dazu viele eigne Kompositionen, unter denen sich trefflich gearbeitete Trios befinden. Von seinen noch ungleich wichtigern Arbeiten auf dem Gebiet der Theorie und Geschichte sind hervorzuheben: »Systematisch-chronologische Darstellung der musikalischen Litteratur« (Leipz. 1836, Nachtrag 1839);
»Die Hausmusik in Deutschland [* 22] im 16., 17. und 18. Jahrhundert« (das. 1840);
»Die Choralsammlungen der verschiedenen christlichen Kirchen« (das. 1845);
»Die Tonwerke des 16. und 17. Jahrhunderts« (das. 1847);
»Die Tonkünstler des 19. Jahrhunderts« (das. 1849);
»Lieder und Weisen vergangener Jahrhunderte« (2. Aufl., das. 1852) u. a. Nach Finks Abtreten redigierte Becker mehrere Jahre die »Allgemeine musikalische Zeitung«;
auch war er ein eifriger Mitarbeiter an Schumanns »Neuer Zeitschrift für Musik«.
15) Valentin Eduard, Männergesangskomponist, geb. zu Würzburg, [* 23] lebt daselbst als Stadtkämmerer und Gesangvereinsdirigent. Von seinen zahlreichen Männerchören werden namentlich die Marschlieder (insbesondere »Frisch, ganze Kompanie«) und das »Kirchlein« allgemein gesungen. Becker schrieb auch mehrere Opern, Messen, Lieder für gemischten Chor und für eine Singstimme, Ouvertüren, ein Quintett für vier Streichinstrumente und Klarinette und ist Ehrenmitglied von nahezu 50 Männergesangvereinen. ¶
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16) Albert, Komponist, geb. zu Quedlinburg, [* 25] erhielt seine Ausbildung vom dortigen Organisten Bönicke und später in Berlin von Dehn. In letzterer Stadt hat er, abgesehen von einem zweijährigen Aufenthalt in Ohlau (Schlesien), [* 26] ununterbrochen als Lehrer gewirkt, sich auch durch eine 1860 in Wien [* 27] preisgekrönte Symphonie, namentlich aber durch seine große Messe in B moll und seine zur Luther-Feier geschriebene Reformationskantate als Komponist einen hochgeachteten Namen erworben. Seit 1884 ist er Mitglied der musikalischen Sektion der königlichen Akademie der Künste zu Berlin.
17) Jean, Violinist, geb. zu Mannheim, [* 28] trat schon im elften Jahr als Konzertspieler auf, setzte später seine Studien in Paris fort und wurde um 1858 an Stelle seines Lehrers Kettenus zum Konzertmeister des Mannheimer Orchesters ernannt. Diese Stellung gab er jedoch bald wieder auf, um als Solospieler zu reisen, und nahm erst 1865 wieder einen bleibenden Wohnsitz und zwar in Florenz, [* 29] wo er sich vorwiegend der Pflege der Kammermusik widmete. Hier begründete er mit den Künstlern Masi, Chiostri und Hilpert jenen Verein, der während der Jahre 1867-70 unter dem Namen Florentiner Quartett [* 30] zu europäischer Berühmtheit gelangte, und dessen Leistungen hinsichtlich der Fülle und Schönheit des Klanges, des Adels der Auffassung und der Gediegenheit des Repertoires als unübertroffen dastehen.
Nach Auflösung dieses Quartetts in den 70er Jahren verschwand Becker einige Zeit von der Öffentlichkeit, trat jedoch 1880 mit einem neuen »Quartett Jean Becker« hervor, an welchem diesmal seine eignen, inzwischen zu achtbaren Künstlern herangebildeten Kinder Jeanne (Klavier), Hans (Bratsche) und Hugo (Violoncell) beteiligt waren, und welches, seiner Zusammensetzung entsprechend, das Klavierquartett und Streichtrio kultivierte. Becker starb in Mannheim.
18) Christiane, geborne Neumann, Schauspielerin, geb. zu Krossen in der Neumark, kam mit ihrem Vater, dem Schauspieler Joh. Christian Neumann, 1784 nach Weimar, [* 31] wo sie drei Jahre später zum erstenmal die Bühne betrat. Durch Corona [* 32] Schröter und Goethe ausgebildet, feierte sie bald als »erste Liebhaberin« die größten Triumphe. Im J. 1793 verheiratete sie sich mit dem Schauspieler Heinrich Becker daselbst, starb aber schon Goethe nennt sie in seinen »Annalen« das »liebenswürdigste, natürlichste Talent« und feierte nach ihrem Tod, eben auf einer Schweizerreise begriffen, das Gedächtnis der Künstlerin in der schönen Elegie »Euphrosyne«.
Verschiedene.
19) Hans, bekannt als Schwarzer Becker, Hauptmann eines Detachements freiwilliger Jäger 1814 und 1815, dann Landwirt zu Usingen und Rödelheim, später zu Mosbach, bekannt durch eine von ihm vorgeschlagene Kulturmethode. Der Pflug [* 33] wird zum Umbruch der Kleestoppeln und der Stoppeln breitwürfiger Saaten gebraucht, sonst nur der Häufelpflug in Verbindung mit dem Markeur; das Feld bleibt bis zur Besamung in Balken liegen, die wiederholt gespalten werden. Die Saat wird gedrillt, der Dünger mit einer Maschine, [* 34] die der Säemaschine vorhergeht, eingestreut. Im Frühjahr wird die Erde mit einem leichten dreizackigen Karst leicht von den Balken gegen die Pflanzen abgezogen. Zwischen das Getreide [* 35] können noch Kleegrassaaten eingedrillt werden. Beschrieb: »Gewerbskunde« (Gieß. 1826); »Der Bienenvater« (Frankf. 1815); »Vom Brauen, Brennen, Essig- und Pottaschesieden« (das. 1816).
20) Hermann Heinrich (»der rote Becker«),
deutscher Politiker, geb. zu Elberfeld, [* 36] studierte in Heidelberg, [* 37] Bonn [* 38] und Berlin Rechts- und Staatswissenschaften, nahm später als Publizist und Volksredner an den Bewegungen der Jahre 1848 und 1849 lebhaften Anteil, wurde deshalb aus der Liste der Referendare gestrichen und zu mehrjähriger Festungshaft in Weichselmünde verurteilt. Nach Verbüßung derselben ließ er sich in Dortmund [* 39] nieder, arbeitete eine Zeitlang in einem kaufmännischen Geschäft, beteiligte sich dann als Mitarbeiter an verschiedenen politischen und volkswirtschaftlichen Zeitschriften und widmete zugleich seine Kräfte dem städtischen Gemeinwesen. Er wurde Stadtverordneter, Vorsitzender der Volksbank, des Gewerbevereins und 1870 Oberbürgermeister daselbst. Außerdem vertrat er den Wahlkreis Dortmund 1862 im preußischen Abgeordnetenhaus, im norddeutschen und deutschen Reichstag, in welchen Körperschaften er der Fortschrittspartei angehörte, bis er 1872 als Vertreter der Stadt Dortmund in das Herrenhaus berufen wurde. 1875 ward er zum Oberbürgermeister in Köln [* 40] erwählt und für diese Stadt Mitglied des Herrenhauses sowie des Staatsrats.
21) Oskar, bekannt durch sein Attentat auf König Wilhelm von Preußen, [* 41] geb. zu Odessa, [* 42] wo sein aus Sachsen [* 43] gebürtiger Vater Direktor des Lyceums war, studierte seit 1859 in Leipzig Staatswissenschaften, Mathematik, orientalische Sprachen und andres. Im Sommer 1861 faßte er den Entschluß, den König von Preußen zu ermorden, in dessen Persönlichkeit er ein Hindernis der Einigung Deutschlands [* 44] erblickte. Zu diesem Zweck begab er sich 12. Juli nach Baden-Baden, [* 45] wo der König sich zur Kur aufhielt, und feuerte am Vormittag des 14. in der Lichtenthaler Allee beide Läufe seines Terzerols auf ihn ab. Der König erlitt nur eine unbedeutende Quetschung am Hals. Becker wurde vom Schwurgericht in Bruchsal zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt, im Oktober 1866 auf König Wilhelms Fürsprache begnadigt, ging dann nach Nordamerika, [* 46] kehrte aber 1868 nach Europa [* 47] zurück, um sich nach dem Orient zu begeben, und starb in Alexandria.