mehr
hauptsächlich zum eignen Vertrieb seiner Zeitschriften und Bücher, die Beckersche Buchhandlung in Gotha [* 2] und wurde 1802 zum schwarzburg-sondershäusischen Hofrat ernannt. Wegen eines Aufsatzes in der »Nationalzeitung« ward er durch französische Gendarmen verhaftet und bis April 1813 in Magdeburg [* 3] gefangen gehalten; erst auf Verwendung des Herzogs von Gotha bei Napoleon I. erhielt er seine Freiheit wieder. Seine darauf bezügliche Schrift »Beckers Leiden [* 4] und Freuden in 17monatlicher französischer Gefangenschaft« (Gotha 1814) ist ein interessanter Beitrag zur Zeitgeschichte. Auch der deutschen Kunstgeschichte hat Becker durch Herausgabe von Derschaus »Holzschnitten alter deutscher Meister« (Gotha 1808-1816, 3 Lfgn.) einen schätzenswerten Dienst geleistet. Außerdem schrieb er noch »Das Eigentumsrecht an Geisteswerken« (Frankf. 1789). Becker starb - Sein Sohn Friedrich Gottlieb Becker, geb. vereinigte 1830 die »Nationalzeitung der Deutschen« und den »Allgemeinen Anzeiger« in ein täglich erscheinendes Blatt, [* 5] das 1850 einging. Er war 1848 Mitglied der deutschen Nationalversammlung, dann bis 1860 Direktor der Gothaer Feuerversicherung und starb
6) Wilhelm Gottlieb, Belletrist und Kunstschriftsteller, geb. zu Oberkallenberg in Sachsen, [* 6] lehrte seit 1776 am Philanthropin zu Dessau, [* 7] ward 1782 Professor an der Ritterakademie zu Dresden, [* 8] erhielt 1795 die Aufsicht über die Dresdener Antikengalerie und das Münzkabinett und vereinigte damit seit 1805 die über das Grüne Gewölbe. Er starb in Dresden. Die besten seiner Gedichte und Erzählungen sind enthalten in dem »Taschenbuch zum geselligen Vergnügen« (Leipz. 1791 bis 1814, fortgesetzt von Kind),
den »Erholungen« (das. 1796-1810) und »Neuen Erholungen« (1808-1810). Großen Beifall fand sein »Augusteum«, Dresdens antike Denkmäler enthaltend (Dresd. 1805-1809, 2 Bde.; 2. vermehrte Aufl. von seinem Sohn W. A. Becker, Leipz. 1832-37, mit 162 Kupfertafeln).
7) Karl Friedrich, bekannter Geschichtschreiber, geb. 1777 zu Berlin, [* 9] studierte in Halle [* 10] Philosophie und Geschichte, war eine Zeitlang Hauslehrer in Kottbus, dann 1798-1800 Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen in Berlin. Wegen Kränklichkeit mußte er jeder unterrichtenden Thätigkeit entsagen und widmete sich ausschließlich litterarischen, besonders geschichtlichen, Arbeiten, denen er bis zu seinem Tode, der erfolgte, oblag. Er ist Verfasser mehrerer sehr gelesener Schriften: »Erzählungen aus der Alten Welt für die Jugend« (Halle 1801-1803, 3 Bde.; 10. Aufl. von Masius, 1873),
»Die Dichtkunst aus dem Gesichtspunkt des Historikers« (Berl. 1803),
besonders aber der bekannten, für die allgemeine Bildung in Deutschland [* 11] sehr einflußreich gewordenen »Weltgeschichte für Kinder und Kinderlehrer« (das. 1801-1805, 9 Bde.), welche von Woltmann und K. A. Menzel fortgesetzt, später von Loebell, dann von A. Schmidt und E. Arnd (8. Aufl., das. 1874, 22 Bde.) und neuerdings von W. Müller (Stuttg. 1883 ff.) überarbeitet und fortgesetzt wurde, wodurch sie eine größere wissenschaftliche Gediegenheit erhielt, freilich auch den eigentümlichen Reiz der Beckerschen Darstellung ganz einbüßte.
8) Nikolaus, der Dichter des »Rheinliedes«, geb. zu Bonn, [* 12] studierte die Rechte, ward 1838 Auskultator, später als Schreiber bei einem Friedensgericht angestellt, starb in Hunshoven ^[richtig: Hünshoven]. Seinen Ruf hatte er 1840 durch das Lied: »Sie sollen ihn nicht haben, den freien, deutschen Rhein etc.«, welches als ein volkstümlicher Ausdruck des deutschen Gefühls ungemessenen Beifall fand, erworben. Der König von Preußen [* 13] überwies dem Dichter ein Honorar von 1000 Thlr., und König Ludwig von Bayern [* 14] übersandte ihm einen Ehrenpokal.
Auch erschienen von dem »Rheinlied« über 70 Kompositionen, von denen jedoch keine eigentlich populär wurde. Da das Lied dem französischen Nationalstolz zu nahe trat, so rief es in Frankreich Erwiderungen hervor, unter denen die von Alfred de Musset: »Nous l'avons eu, votre Rhin allemand«, sich durch Übermut auszeichnete, während Lamartines »Friedensmarseillaise« (1841) versöhnlichere Saiten anschlug. Beckers gesammelte »Gedichte« (Köln [* 15] 1841) erhoben sich nicht über das Gewöhnliche und gingen spurlos vorüber.
9) August, Dichter und Schriftsteller, geb. zu Klingenmünster in der Pfalz, studierte 1847-50 zu München [* 16] Philosophie und Geschichte, widmete sich dann ganz der Litteratur, in der er mit einer Reihe von Liedern und Novellen (unter ihnen die Preisnovelle »Die Pestjungfrau«) debütierte, und erwarb sich durch das lyrisch-epische Gedicht »Jungfriedel, der Spielmann« (Stuttg. 1854),
das, an einen lockern Faden [* 17] gereiht, poetische Bilder aus dem Sänger-, Wander- und Kriegerleben des 16. Jahrh. enthält, seinen ersten Ruf. Seit 1855 fleißiger Mitarbeiter der Augsburger »Allgemeinen Zeitung«, fand Becker mit dem Skizzenbuch »Die Pfalz und die Pfälzer« (Leipz. 1858) den Übergang zur Publizistik. Seit 1859 gab Becker die »Isar-Zeitung« heraus, welche der liberalen großdeutschen Partei zum Organ diente. Die tägliche Sorge für ein großes Blatt beeinträchtigte jetzt zwar seine poetische Produktionslust, doch legten einzelne Dichtungen und Novellen (so die Festhymne zur Eröffnung der Befreiungshalle bei Kelheim) gleichwohl Zeugnis von seiner ungeschwächten poetischen Kraft [* 18] ab. Während der beginnenden Katastrophe der deutschen Verhältnisse ward (Juli 1864) das Erscheinen der »Isar-Zeitung« eingestellt.
Nachdem der Dichter schon früher eine Sammlung »Novellen« (Pest 1856) veröffentlicht, erschienen jetzt rasch nacheinander die Romane: »Des Rabbi Vermächtnis« (Berl. 1866-67, 6 Bde.),
ein Gemälde aus der Zeit der ersten französischen Revolution;
»Hedwig« (das. 1868, 2 Bde.) und »Vervehmt« (das. 1868, 4 Bde.), welch letzteres Werk dem Verfasser viele Anfechtungen zuzog, weil man lebende Persönlichkeiten des bayrischen Hofs darin geschildert glaubte. Becker siedelte bald darauf nach Eisenach [* 19] über, wo er noch jetzt lebt. Er wandte sich immer mehr der Romanproduktion zu, sammelte frühere Novellen unter dem Titel: »Aus Dorf und Stadt« (Berl. 1869) und veröffentlichte an neuen Romanen: »Der Karfunkel« (das. 1870);
»Der Nixenfischer« (das. 1871, 2 Bde.);
»Das Turmkätherlein« (Leipz. 1872, 4 Bde);
»Meine Schwester« (Wismar [* 20] 1876, 4 Bde.);
»Maler Schönbart, eine Geschichte aus der Mark Brandenburg« [* 21] (3. Aufl., Kassel [* 22] 1878) und »Auf Waldwegen« (Stuttg. 1881).
Maler.
10) Jakob, Maler, geb. zu Dittelsheim bei Worms, [* 23] erhielt in letzterer Stadt den ersten Unterricht in der Kunst und zeichnete und lithographierte dann in Frankfurt [* 24] a. M. mehreres, namentlich im Verein mit Dielmann ein Rheinpanorama. Seit 1833 widmete er sich in Düsseldorf [* 25] unter Schirmers Leitung erst der Landschaftsmalerei, ging dann zum historischen Fach über und lieferte einige Darstellungen aus dem Buch des Tobias, worauf er sich auch in der romantischen Richtung versuchte. Bald erkannte er aber, daß die Genremalerei, welche damals zuerst eine ¶
mehr
realistische Richtung einschlug, seinem Talent am meisten zusagte. Sein erstes bekannteres Genrebild war die für eine augenkranke Mutter betende Bauernfamilie. Im J. 1840 wurde er als Professor der Genre- und Landschaftsmalerei am Städelschen Kunstinstitut nach Frankfurt a. M. berufen, wo er starb. Seine zum Teil sehr populär gewordenen Hauptwerke sind: die Märchenerzählerin, der Rekrutenabschied, der heimkehrende Krieger, die beiden Wildschützen, der Liebesantrag, die Schmollenden, Heimkehr vom Kirchgang, heimkehrende Schnitter, der vom Blitz erschlagene Schäfer (im Städelschen Museum in Frankfurt a. M.), Landleute auf dem Feld sehen ihr Dorf durch einen Blitz in Brand gesteckt (in der Neuen Pinakothek zu München), die Begegnung (1871) etc. Seine Zeichnung ist korrekt und bestimmt, die Farbe leidet aber an Schwere und Trockenheit.
11) Karl, Maler, geb. zu Berlin, studierte zuerst unter A. v. Klöber, nahm 1841 an der Ausführung der Fresken in der Vorhalle des Alten Museums unter Cornelius und 1843 an der Ausmalung der Basilika [* 27] unter Heß in München teil. Der in der akademischen Konkurrenz gewonnene Preis ermöglichte ihm 1844 den Besuch von Paris [* 28] und Italien, [* 29] wo er drei Jahre verweilte. Nach Berlin zurückgekehrt, führte er eine Reihe von Wandgemälden aus der antiken Mythe im Niobidensaal des Neuen Museums aus und malte auch einige historische Bilder, die jedoch keinen Beifall fanden.
Seine Begabung wurde erst durch eine 1853 unternommene Reise nach Venedig [* 30] in die richtige Bahn gelenkt. Unter dem Einfluß der venezianischen Meister, insbesondere Veroneses, entwickelte sich sein Kolorit zu großer Kraft und blühender Schönheit, und er schuf eine lange Reihe von Genrebildern aus dem altvenezianischen Leben, auf welchen er mit Vorliebe durch novellistischen Inhalt fesselnde Szenen mit großem Reichtum der Farbe, außerordentlicher Virtuosität in der Behandlung der Stoffe und mit glücklich entwickeltem Schönheitsgefühl, wenn auch ohne tiefe Charakteristik, darstellte.
Die bedeutendsten derselben sind: Schmuckhändler beim Senator (1855), Besuch des Senators beim Nobile (1857), Sitzung des Dogen im Geheimen Rat und der Bravo (1864), Karneval von Venedig, venezianische Balkonszene, Gnadengesuch beim Dogen, Karl V. bei Tizian, Dürer bei Tizian, Dürer in Venedig (1872). Außerhalb dieses Stoffkreises liegen, aber in gleicher, auf den farbigen Schein ausgehender Weise behandelt sind: in der Gemäldegalerie (1860), Karls V. Besuch bei Fugger (1866), Viola und Olivia aus »Was ihr wollt«, Figaros Hochzeit (1874), Huttens Dichterkrönung (1876), Kaiser Maximilian in Verona [* 31] (1877). Auf seinen letzten Gemälden macht sich eine Abnahme seiner Kraft in einer Neigung zu dekorativer Behandlung bemerkbar. Seine koloristischen Tendenzen haben einen starken Einfluß auf die Entwickelung der Berliner [* 32] Schule geübt. Er ist Präsident der Akademie der Künste.
12) August, Maler, geb. 1822 zu Darmstadt, [* 33] empfing hier von dem Landschaftsmaler Schilbach den ersten Unterricht, bis er zu seiner weitern Ausbildung nach Düsseldorf zog, wo er für seine Neigung zur Darstellung grandioser, imposanter Naturszenen vielfache Anregung fand. 1844 bereiste er die Hochgebirge in Norwegen, [* 34] in der Schweiz [* 35] und Tirol, [* 36] später auch die schottischen Hochlande und verweilte aus Einladung der Königin Viktoria mehrmals an ihrem Hof [* 37] in Balmoral, wo er die Prinzessinnen im Landschaftsmalen unterrichtete und eine Reihe von Bildern aus den dortigen Gebirgsgegenden malte.
Seine zahlreichen Gebirgslandschaften sind großartig gedacht, trefflich komponiert und sorgfältig ausgeführt. Ihre Reihe begann mit dem Alpenglühen in Norwegen, den Hurongen in Norwegen bei Mitternachtssonne (1846) und ähnlichen nordischen Szenen, worauf Motive aus den Schweizer und Tiroler Alpen [* 38] folgten. Zu den bedeutendsten gehören: der Abend im Berner Oberland (1860 u. 1867), norwegische Hochebene mit Wasserfall (1861), Abend in den Alpen des bayrischen Hochlandes (1862), der Eiger, das Kaisergebirge in Tirol (1864), der Königssee im Sturm (1872), die Überschwemmung am Niederrhein (1874), der Dachstein (1876). Becker ist auch als Kunstkritiker thätig.
13) Ludwig Hugo, Landschaftsmaler, geb. zu Wesel, [* 39] gest. in Düsseldorf; bildete sich auf der Düsseldorfer Akademie und unter Schirmer und Gude, machte sich zuerst 1856 durch ein Bild: das Opfer der alten Deutschen am Wald, bekannt und unternahm dann Studienreisen nach Westfalen, [* 40] dem Rhein, der Schweiz, der Normandie und den Ostseegegenden. Auf seinen Landschaften (Sonntagmorgen, Christnacht, der Hirtenknabe, auf der Höhe, Weinlese an der Mosel) liebte er es, die Staffage zu genrebildlicher Bedeutung zu entwickeln. Er hat auch zahlreiche Zeichnungen für den Holzschnitt angefertigt.
Musiker, Schauspieler.
14) Karl Ferdinand, Organist und Musikhistoriker, geb. zu Leipzig, [* 41] erhielt seinen ersten musikalischen Unterricht von Schicht und Friedrich Schneider und trat schon als 14jähriger Knabe als Klavierspieler in Konzerten auf. Bald wandte er sich dem Orgelspiel zu, ward 1825 Organist an der Peterskirche, 1837 an der Nikolaikirche seiner Vaterstadt und erhielt 1843 am neugegründeten Konservatorium daselbst die Stelle eines Lehrers des Orgel- und Partiturspiels, die er bis 1856 bekleidete. Er starb Außer einem »Ratgeber für Organisten« (Leipz. 1828) gab Becker eine »Sammlung von Chorälen aus dem 16. und 17. Jahrhundert« (das. 1831),
»Choralmelodien zu Spittas Psalter und Harfe« (das. 1841) und ein in den Leipziger Kirchen eingeführtes »Evangelisches Choralbuch« heraus, dazu viele eigne Kompositionen, unter denen sich trefflich gearbeitete Trios befinden. Von seinen noch ungleich wichtigern Arbeiten auf dem Gebiet der Theorie und Geschichte sind hervorzuheben: »Systematisch-chronologische Darstellung der musikalischen Litteratur« (Leipz. 1836, Nachtrag 1839);
»Die Hausmusik in Deutschland im 16., 17. und 18. Jahrhundert« (das. 1840);
»Die Choralsammlungen der verschiedenen christlichen Kirchen« (das. 1845);
»Die Tonwerke des 16. und 17. Jahrhunderts« (das. 1847);
»Die Tonkünstler des 19. Jahrhunderts« (das. 1849);
»Lieder und Weisen vergangener Jahrhunderte« (2. Aufl., das. 1852) u. a. Nach Finks Abtreten redigierte Becker mehrere Jahre die »Allgemeine musikalische Zeitung«;
auch war er ein eifriger Mitarbeiter an Schumanns »Neuer Zeitschrift für Musik«.
15) Valentin Eduard, Männergesangskomponist, geb. zu Würzburg, [* 42] lebt daselbst als Stadtkämmerer und Gesangvereinsdirigent. Von seinen zahlreichen Männerchören werden namentlich die Marschlieder (insbesondere »Frisch, ganze Kompanie«) und das »Kirchlein« allgemein gesungen. Becker schrieb auch mehrere Opern, Messen, Lieder für gemischten Chor und für eine Singstimme, Ouvertüren, ein Quintett für vier Streichinstrumente und Klarinette und ist Ehrenmitglied von nahezu 50 Männergesangvereinen. ¶