neue Ausg. 1817), neuere von Glaser (1851; 2. Aufl., Wien 1876), Waldeck (Berl. 1870); die französischen von dem Abbé Morellet
(Par. 1766, wieder aufgelegt von Röderer, 1797 mit dem Kommentar von Diderot) und die von Faustin Hélie (das. 1856, 2. Ausg.
1870). Unter den Kommentaren verdienen die von Voltaire (»Commentaire sur le livre des délits et des
peines«, 1766) und von Diderot (in der Ausgabe von Röderer) sowie der von Schall (»Von Verbrechen und Strafen«, Leipz. 1779) genannt
zu werden. So hat denn auch Beccaria auf die deutsche Strafgesetzgebung der neuern Zeit einen unbestreitbaren Einfluß
ausgeübt.
Unleugbar spricht sich in seinem Buch eine edle, humane Gesinnung, ein achtungswerter Eifer für die allgemeinen
Menschenrechte aus; aber von eigentlicher Wissenschaft, von einer Philosophie, welche gründlich in die Prinzipien eindringt,
findet man wenig oder nichts darin. Dennoch macht Beccarias Werk Epoche in der Rechtsgeschichte, insofern er darin die Prinzipien,
welche in unserm jetzigen Strafverfahren größtenteils zur Geltung gelangt sind, der Welt zuerst frei
und offen zu verkündigen den Mut hatte und zwar, ohne in die materialistische Richtung der Encyklopädisten und Voltaires zu
verfallen, sondern beseelt von den Ideen der Gerechtigkeit und Menschenwürde, die er als Grundprinzipien im Kriminalrecht angesehen
wissen wollte. Es ist begreiflich, daß er der Anfeindung nicht entgehen konnte; ein schweres Gewitter,
das sich über Beccarias Haupt zusammenzog, ging zwar dadurch, daß sein Gönner, der Graf von Firmian, sich ins Mittel schlug,
gefahrlos vorüber, hatte aber doch den Erfolg, daß der solchen Kämpfen nicht gewachsene Mann die Schriftstellerei im Fach
der Politik aufgab und sein großes begonnenes Werk über die Gesetzgebung unterdrückte. Trotz der Verdächtigungen,
die er sich zugezogen hatte, wurde er 1768 als Professor des Staatsrechts an der Akademie zu Mailand angestellt. Seine Vorlesungen
erschienen nach seinem Tod unter dem Titel: »Éléments d'économie publique« (Mail. 1804). Beccaria erlebte noch den
Triumph, seine verketzerten Prinzipien in der Gesetzgebung teilweise eingeführt zu sehen. Er starb Seine Schriften,
zuerst als »Opere diverse« (Neap. 1770) veröffentlicht, wurden von Villari (Flor. 1854) herausgegeben.
Vgl. Cantù, e il diritto
penale (Flor. 1862);
Rinaldini, Beccaria (nach Cantu, Wien 1865);
Amati, Vita ed opere di Cesare Beccaria (Mail.
1872).
(spr. beckl's), Stadt in der engl. Grafschaft Suffolk, am schiffbaren Waveney, südöstlich von Norwich, mit
gotischer Kirche, Lateinschule, kleinem Hafen und (1881) 5721 Einw., Druckerei, lebhaftem Handel mit Kohlen und landwirtschaftlichen
Produkten.
Gaspar, span. Maler, Bildhauer und Architekt, geb. 1520 zu Baeza, ging frühzeitig nach
Rom, studierte dort Raffael und Michelangelo und arbeitete unter Vasari an den Fresken in den Sälen der Cancelleria. Um 1556 ließ
er sich in Saragossa nieder. Sein Ruf führte ihn bald darauf in die Dienste des Königs Philipp II. Er arbeitete seitdem im Palast
del Pardo und im Alkazar zu Madrid, ward 1562 Hofbildhauer, 1563 königlicher Maler und starb 1570 in Madrid.
Seine Fresken im Alkazar gingen 1734 durch Brand zu Grunde. Im Pardo befinden sich noch Deckenmalereien aus der Perseussage von
ihm.
Mehrere seiner Altarblätter und Skulpturen finden sich in Madrid und andern spanischen Städten. Er hat
namentlich in der Bildhauerei an der Verbreitung des italienischen Geschmacks in Spanien bedeutend mitgewirkt. Von der Gründlichkeit
der anatomischen Studien Becerras zeugen die von ihm gezeichneten Figuren für das Werk des J. ^[Juan] de Valverda (Rom 1556)
sowie zwei für wissenschaftliche und künstlerische Zwecke gefertigte und in Gipsabgüssen verbreitete Statuen.
(spr. beschamell), Marquis de Nointel, Haushofmeister Ludwigs XIV., berühmt als Feinschmecker und Kochkünstler.
Nach ihm benannt: Sauce à la Béchamel, eine weiße Sahnensauce mit Zwiebel, Schinken, Kalbfleisch etc. Er gilt als Erfinder der kleinen
warmen Pasteten, des Vol-au-Vent, der Ragoûts à la financière.
Unter dem Pseudonym Le Bas hat ein Kochbuch
in Versen herausgegeben.
[* ] Trinkgeschirr von Metall, Holz, Elfenbein, Horn, Stein, Glas etc., meist oben weiter als unten, ohne Füße oder doch
nur mit kurzem Fuß, dadurch vom Kelch und Pokal unterschieden. In den ägyptischen, medisch-persischen und
griechischen Mythen ist der Becher Symbol der Fülle. So erscheint der Becher, gefüllt mit heiligem Nilwasser, als Attribut des ägyptischen
Hermes (Anubis, Thoth), des Genius aller
^[Abb.: Renaissance-Becher von Bernh.
Zan (1581).]
mehr
Weisheit und Wissenschaft; auch Bakchos und Herakles, der Flußgott Acheloos, ferner Salomo, Alexander und andre Heroen der Weisheit,
Macht und Kraft werden mit dem Becher abgebildet. Als Symbol der Weisheit wurde der auch zum Wahrsagen gebraucht
(1. Mos. 44, 5).
Besonders berühmt war der Becher des Dschemschid (s. d.), in welchem sich die ganze Welt spiegelte und die
Zukunft gelesen werden konnte, welche altpersische Sage zu ähnlichen Mythenbildungen hinsichtlich eines Bechers des Joseph
u. a. Anlaß gegeben hat. Vgl. Zauberspiegel.
Bei den Griechen hieß der Becher Skyphos und Kantharos. Die Form des erstern, des Bechers des Herakles, zeigen
[* ]
Fig. 1 und 2,
die des letztern, des Bechers des Bakchos,
[* ]
Fig. 3. Bei den nordischen Völkern war der Becher das bevorzugte Trinkgefäß. In der
Zeit der Renaissance erhielt der Becher durch die Kunst der Goldschmiede vermittelst des Treibens eine mehr oder minder reiche Ornamentik,
welche schließlich den ganzen Körper überzog
[* ]
(Fig. 4). An Reichtum wetteiferten damit die in Schnitzwerk
aus Holz, Horn, Elfenbein etc. gearbeiteten Becher.
Name der erweiterten Enden der Schallkörper der Holzblasinstrumente (Klarinette, Oboe, Fagott etc.), auch der
Aufsätze der Zungenpfeifen der Orgel, wenn sie eine becherförmige Gestalt haben.
[* ] (Crater), kleines Sternbild am südlichen Himmel zwischen Wasserschlange, Sextant, Löwe, Jungfrau
und Rabe, nach Heis 35 dem bloßen Auge sichtbare Sterne, darunter 3 von vierter Größe, die übrigen kleiner enthaltend. Vgl.
Rabe (Sternbild).
[* ] 1) Johann Joachim, Chemiker, geb. 1635 zu Speier, erwarb sich ausgezeichnete Kenntnisse in der Medizin, Chemie
und Physik, auch in der Politik und Staatsverwaltung, trat zur katholischen Kirche über und wurde Professor
in Mainz, dann Leibarzt des dortigen Kurfürsten. Später errichtete er in München auf Kosten der bayrischen Regierung ein großes
Laboratorium. 1660 ward er als kaiserlicher Hofrat und Mitglied des Kommerzkollegiums nach Wien berufen, wo er Pläne zu großartigen
Manufakturen entwarf und die Errichtung einer österreichisch-indischen Handelsgesellschaft betrieb.
Seit 1662 lebte er in München, Würzburg, Haarlem und London, wo er mit großen Bergwerksunternehmungen sich beschäftigte.
Er starb im Oktober 1682 zu London. Becher erwarb sich wesentliche Verdienste um die theoretische Chemie und formulierte die Sätze,
welche Stahl (1660-1734) zur Ausbildung der Phlogistontheorie benutzte. Becher suchte auch die Chemie der Physik
zu nähern und war nahe daran, die Natur des Verbrennungsprozesses zu entdecken. Er erwarb sich auch Verdienste um Einführung
des Kartoffelbaues in Deutschland und um die Darstellung von Koks und Teer aus Steinkohlen.
Seine volkswirtschaftlichen Schriften (»Politischer Diskurs von den Ursachen des Auf- und Abnehmens der Städte
und Länder«, 1667 u. 1754, u. a.) sind noch heute beachtenswert.
Er schrieb: »Actorum laboratorii chymici monacensis seu Physicae subterraneae libri II«
(Frankf. 1669; spätere Ausg., das. 1681, Leipz. 1739 u.
1742);
»Oedipus chymicus, oder Chymischer Rätseldeuter« (Frankf. 1664);
»Supplementum in physicam subterraneam« (das.
1675);
»Chymischer Glückshafen oder Große Chymische Konkordanz« (das. 1682);
»Institutiones chymicae
seu Manuductio ad philosophiam hermeticam« (Mainz 1662);
»Epistolae chymicae« (Amsterd. 1673).
Seine Biographie lieferte Bucher
(Nürnb. 1722).
2) Alfred Julius, Hauptführer der Wiener Oktoberrevolution von 1848, geb. 1803 zu Manchester als Sohn eines Hanauers, Begründers
der Rheinisch-Westindischen Handelskompanie,
studierte in Heidelberg, Göttingen und Berlin die Rechte und
kam wegen demokratischer Umtriebe in Untersuchungshaft. Später ließ er sich als Advokat in Elberfeld nieder, redigierte dann
in Köln eine von seinem Vater begründete »Handelszeitung«, wandte sich aus Liebe zur Kunst nach Düsseldorf, wo er mit Mendelssohn,
Immermann, Üchtritz und besonders mit Grabbe Umgang pflog, und wurde 1838 Professor der musikalischen Theorie
im Haag.
Infolge einer mißliebigen Kunstkritik ging er 1840 nach London, wo er Professor an einer musikalischen Akademie ward. Wegen
eines Prozesses gegen einen dort lebenden englischen Peer kam er nach Wien, wo er blieb. Im Herbst 1841 erregte Becher durch seine
scharfen Kritiken Aufmerksamkeit und trat mit Quartettkompositionen auf. Später gab er »Monologe am Klavier«
und ein Schriftchen: »Jenny Lind, eine Skizze ihres Lebens« (2. Aufl., Wien 1847),
heraus. Die Märztage von 1848 rissen ihn in
den Strudel der Politik. Dem demokratischen Zentralkomitee angehörig, ward er Hauptredakteur des revolutionären Blattes »Der
Radikale«. Deshalb wurde er nach Besiegung des Aufstandes verhaftet, standrechtlich zum Tod verurteilt und
nebst Jellinek u. a. vor dem Neuthor in Wien erschossen.
3) Siegfried, Statistiker und Nationalökonom, geb. zu Plan in Böhmen, studierte zu Prag und Wien, trat hier 1831 in
Staatsdienste, ward 1835 Professor am polytechnischen Institut und daneben bei der Tabaks- und Stempeldirektion,
dann bei der obersten Postverwaltung beschäftigt. Er begründete seinen litterarischen Ruf durch das Werk »Das österreichische
Münzwesen von 1524 bis 1838 in historischer, statistischer und legislativer Hinsicht« (Wien 1838, 2 Bde.);
ihm folgten: »Statistische
Übersicht des Handels der österreichischen Monarchie mit dem Ausland während der Jahre 1829-38« (Stuttg.
1841);
»Statistische Übersicht der Bevölkerung der österreichischen Monarchie nach den Ergebnissen der Jahre 1834-40« (das.
1841);
»Beiträge zur österreichischen Handels- und Zollstatistik auf Grundlage der offiziellen Ausweise von 1831 bis 1842«
(das. 1844);
»Ergebnisse des Handels- und Zolleinkommens der österreichischen Monarchie von den Jahren
1819-43« (Wien 1846).
Vom Handelsminister Doblhof im Mai 1848 zum Generalsekretär, im September d. J. zum Ministerialrat befördert,
besorgte Becher während der Revolutionsstürme in Abwesenheit eines Handelsministers die laufenden Geschäfte bis zur Ernennung
Brucks im Dezember. Im März 1849 unternahm er im Auftrag der Regierung eine Reise durch Deutschland und Belgien,
als deren Frucht »Die deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse zur Anbahnung der österreichisch-deutschen Zoll- und Handelseinigung«
(Leipz. 1850) erschien. Außerdem veröffentlichte er noch: »Die Organisation des Gewerbewesens« (Wien 1851);
»Die Volkswirtschaft«
(das. 1853).
Im Mai 1852 in Ruhestand versetzt, beteiligte er sich an größern industriellen Unternehmungen und starb in
Wien.