Anträge der Patrioten wurden gewöhnlich dadurch beseitigt, daß die regierungsfreundliche Reichsratskammer sie ablehnte.
Der so heftig angegriffene Minister v. Lutz wurde sogar 1880 nach Pfretzschners Rücktritt Ministerpräsident, und der König
sprach ihm wiederholt sein festes Vertrauen aus. Auch die Finanzen besserten sich unter der Leitung des Ministers Riedel. Die
ultramontane Mehrheit des Abgeordnetenhauses vermochte daher nur durch nicht erhebliche Abstriche im
Budget der Regierung ihren Groll kundzuthun.
Vgl. Rudhart, Älteste Geschichte Bayerns (Hamb. 1841);
Quitzmann, Die älteste Geschichte der Bayern bis 911 (Braunschw. 1873);
Heigel und Riezler, Das Herzogtum Bayern zur Zeit Heinrichs des Löwen (Münch. 1867);
Buchner, Geschichte von
Bayern (das. 1820-1855, 10 Bde.);
Mannert, Geschichte Bayerns (Leipz. 1826, 2 Bde.);
(spr. bajöh), Arrondissementshauptstadt im franz.
Departement Calvados, im fruchtbaren Thal der Aure, 9 km vom Meer und an der Westbahn gelegen, ist altertümlich gebaut,
öde und tot und zehrt von ihrer großen Vergangenheit. Von derselben zeugen die alte gotische Kathedrale mit zwei schönen
Portalen, kühn gebautem Turm, im Innern mit bemerkenswerten Arkaden und Ornamenten, ferner der alte bischöfliche Palast (jetzt
Stadthaus). Die Hauptmerkwürdigkeit ist die in der Bibliothek aufbewahrte berühmte Tapete (Tapisserie de Bayeux), welche
die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer darstellt, von dessen Gemahlin Mathilde 1066 gestickt worden sein soll und
erst im 18. Jahrh. vom Pater Montfaucon wieder aufgefunden wurde.
Sie ist 63 m lang und 0,46 m breit und endigt mit der Schlacht bei Hastings; die Krönung Wilhelms fehlt. Vervielfältigungen
des Kunstwerks durch Stahlstich etc. veranstalteten die Antiquarian Society zu London (1855), die Arundel Society (1873) und
J. ^[Jules] Comte (79 Blatt in phototypographischem Druck; mit Text, Par. 1879). Die Zahl der Bewohner von Bayeux beträgt (1881)
8006, welche besonders Spitzenfabrikation und Porzellanmanufaktur sowie Handel mit diesen Erzeugnissen und landwirtschaftlichen
Produkten treiben. Bayeux ist Sitz eines Bischofs, hat ein Collège, ein archäologisches Museum und eine öffentliche Bibliothek
von 25,000 Bänden. Zur Zeit der Römer war Bayeux die Stadt der Bajukasser; später hieß es Augustodurum. Zu Cäsars Zeit blühte
hier eine berühmte Druidenschule. Im Mittelalter ward Bayeux Hauptort des Landes Bessin. Nach Einwanderung der
Normannen beinahe nur von diesen bevölkert, hat es sich lange von französischer Art und Sitte rein erhalten.
(spr. bähl oder bail), Pierre, einer der einflußreichsten philosophisch-theologischen und kritischen Schriftsteller
Frankreichs, geb. zu Carlat in Languedoc als Sohn eines reformierten Predigers, besuchte seit
seinem 19. Jahr die Akademie Puy-Laurens (im Departement Tarn), wo er sich den klassischen Studien mit Eifer widmete, vom 22. Jahr
an die Universität zu Toulouse, wo er im Kollegium der Jesuiten Vorlesungen über Logik und Aristotelische Philosophie hörte,
trat, durch die Lektüre theologischer Streitschriften in seinem Glauben zweifelhaft gemacht, daselbst
zur katholischen Kirche über, kehrte aber, durch die Gegengründe seines Vaters besiegt, schon nach 18 Monaten zu dem ererbten
Glauben zurück, wandte sich seiner Sicherheit halber nach Genf,
wo er sich mit der Philosophie des Cartesius vertraut machte, und
lebte als Erzieher teils zu Coppet am Genfer See, teils zu Rouen. 1675 bewarb er sich in Paris um den erledigten
Lehrstuhl der Philosophie zu Sedan und trug in dem deshalb eröffneten Konkurs den Sieg davon.
Als im Juli 1681 ein königlicher Befehl alle Schulen der Reformierten zu schließen gebot, folgte er einem Ruf
nach Rotterdam, wo Bayle seinen schriftstellerischen Ruhm begründete. Zuerst erschien von ihm 1682 eine Schrift über den großen
Kometen von 1680, dann gab er als Widerlegung von Louis Maimburgs »Geschichte des Calvinismus« anonym die Schrift »Critique
générale de l'histoire du calvinisme de Mr. Maimburg« heraus, welcher bald darauf (1685) eine Fortsetzung
folgte.
Einige Flugschriften über Cartesianische Philosophie erschienen unter dem Titel: »Recueil de quelques pièces curieuses concernant
la philosophie de Mr. Des Cartes« (Amsterd. 1684). Veranlaßt durch Salles »Journal des savants«, gab er die »Nouvelles de la
république de lettres« heraus, eine Zeitschrift, die bald einen ungemeinen Beifall und Ruf sich erwarb.
Sie ward von ihm selbst bis 1687 redigiert, von welchem Jahr an bis 1698 sie von de Larogue und Barrin fortgesetzt wurde;
eine neue Ausgabe mit den Fortsetzungen erschien 1715-20 in 56 Bänden.
Als nach Aufhebung des Edikts von Nantes die berüchtigten Dragonaden begannen, schrieb Bayle, dessen eigner
Bruder denselben als Opfer gefallen war: »Ce que c'est que la France toute catholique sous le règne de Louis le Grand« und »Commentaire
philosophique sur ces paroles de Jésus-Christ: Contrains-les d'entrer« (deutsch, Wittenb. 1771),
welche Schrift hauptsächlich
den Protestanten mißfiel, denen die darin empfohlene Duldung als Indifferentismus, Unglaube und Verrat
am protestantischen Glauben erschien. Jurieu griff deshalb an in der Schrift »Des droits des deux souverains en matière de
religion, la conscience et le prince«, ward aber von Bayle ebenso geistreich wie treffend abgefertigt. Eine
neue Schrift, in welcher Jurieu aus der Apokalypse zu deduzieren suchte, daß 1689 den französischen Reformierten
die Erlösung erscheinen würde, rief eine Gegenschrift: »Avis important aux réfugiés sur leur prochain retour en France« (Amsterd.
1690), hervor, die Jurieu, obwohl Bayle die Autorschaft ablehnte, als dessen Werk annahm und den Verfasser als Gottesleugner
anklagte und bestraft wissen wollte. Da die öffentliche Meinung gegen Bayle war, ward er 1693 seines
Lehramtes entsetzt und ihm selbst jeder Privatunterricht verboten. Er widmete nun seine ganze Zeit und Kraft seinem durch
Fleiß und Gelehrsamkeit ausgezeichneten »Dictionnaire historique et critique« (Rotterd. 1697, 2 Bde.;
1702; am vollständigsten von Desmaizeaux, Amsterd. u. Leid. 1740, 4 Bde.; neueste Ausg.,
Par. 1820, 16 Bde.;
deutsch von Gottsched, Leipz. 1741-44, 4 Bde.).
Zu seiner Erholung schrieb Bayle: »Réponse aux questions d'un provincial«
(Rotterd. 1704, 5 Bde.). Die letzten
Jahre seines Lebens wurden ihm verbittert durch seine philosophisch-theologischen Streitigkeiten mit Clerc und Jacquelot, die
einen so persönlichen Charakter annahmen, daß seine Gegner ihm geradezu die Absicht unterschoben,
mehr
jede oder wenigstens die christliche Religion umstürzen zu wollen. Bayle starb Außer seinen schon genannten Schriften
sind noch zu erwähnen seine »Lettres« (Rotterd. 1712, Amsterd. 1729). Die »Œuvres diverses« sind herausgegeben worden im
Haag 1725-31, 4 Bde.
Vgl. Desmaizeaux, La vie de Pierre Bayle (Amsterd. 1730, Haag 1732, 2 Bde.; deutsch von
Kohl, Hamb. 1731);