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unterzeichnet. Ludwig aber hielt sich für verkürzt und forderte eine Teilung der Länder, die 1310 zu stande kam. Rudolf erhielt den jenseit der Isar gelegenen östlichen Teil von Oberbayern, Ludwig die westlichen, zwischen dem Lech und der Isar gelegenen Lande. Da keiner der Brüder, am wenigsten Ludwig, zufrieden war, so begann ein Bruderkrieg, der 1313 durch einen Frieden beendigt ward, in welchem Ludwig Oberbayern, Rudolf die Pfalz erhielt. Nach dem Tod Heinrichs VII. 1314 zum deutschen König gewählt, trat Ludwig (der Bayer) durch den Erbfolgevergleich zu Pavia 1329 seinen Neffen Rudolf und Ruprecht, den Söhnen Herzog Rudolfs, die Pfalz mit einem Teil des Nordgaus, deshalb Oberpfalz genannt, ab, doch so, daß die Kurwürde unter den beiden Linien abwechseln, im Fall des Erlöschens der einen Linie die andre erben und kein Fürst von den Besitzungen des Hauses etwas veräußern sollte.
Durch den Tod des Herzogs Johann von Niederbayern (1340), des Urenkels des Stifters dieser Linie, fiel dieses Land an Ludwig zurück; auch belehnte er 1323 seinen ältesten Sohn, Ludwig, mit Brandenburg, [* 2] vereinigte 1342 durch die Vermählung desselben mit Margarete Maultasch, Gräfin von Tirol, [* 3] letzteres Land mit Bayern, [* 4] sowie er nach dem Tode des Grafen Wilhelm IV. von Holland dessen Provinzen als erledigte Reichslehen einzog und 1346 seine Gemahlin damit belehnte.
Kaiser Ludwig erwarb sich um sein Erbland mehrfache Verdienste: er führte eine Gerichtsordnung in Niederbayern ein, erteilte München [* 5] Stadtrechte und ordnete die innere Verwaltung. Er hinterließ 1347 sechs Söhne: Ludwig den Brandenburger, Stephan mit der Haft, Ludwig den Römer, [* 6] Wilhelm, Albrecht und Otto. Die Vorteile einer ungeteilten Herrschaft wohl einsehend, hatte er verordnet, daß vor Ablauf [* 7] von 20 Jahren seine Söhne die Erblande nicht teilen sollten; aber schon nach zweijähriger gemeinsamer Regierung 1349 handelten sie dieser Verordnung entgegen, und die Wittelsbacher Besitztümer wurden seitdem wiederholt unter mehrere Linien geteilt, wodurch Zwietracht und Verwirrung entstanden und die Macht des bayrischen Fürstenhauses sehr geschwächt wurde.
Die auswärtigen Besitzungen, Brandenburg (1373), Tirol (1363), Holland (1428), gingen bald verloren, die Kurwürde fiel 1356 an die Pfälzer Linie. In Bayern entstanden die vier Linien: Ingolstadt [* 8] und München (Oberbayern), Landshut [* 9] und Straubing [* 10] (Niederbayern). Besonders Herzog Ludwig VII., der Bärtige, von Ingolstadt fachte den Streit im wittelsbachischen Haus an. Nachdem er 1421 seinen Vetter Heinrich den Reichen von Landshut, der ihn in Konstanz [* 11] überfallen, mit Krieg überzogen hatte, bekämpfte er seinen eignen Sohn, Ludwig den Höckerigen, und ward von demselben 1443 in den Kerker geworfen, in welchem er 1447 starb.
Mit ihm erlosch die Ingolstädter Linie, während die Straubinger schon 1425 ausgestorben war. Diese Streitigkeiten benutzten der Adel und die Städte, um sich verschiedene Rechte und Freiheiten zu verschaffen. Die drei Stände, Prälaten, Ritter und Städte, bildeten seit 1392 einen Gesamtkörper, welcher als »Landschaft« auftrat, an der Gesetzgebung teilnahm und die Steuern erheben ließ. An Kämpfen der Landschaft mit den Herzögen konnte es nicht fehlen. Doch erlangten die Herzöge in Niederbayern unter Ludwig IX. und Georg dem Reichen, in Oberbayern unter Albrecht III. und IV. wieder größere Macht und Bedeutung im Reich, so daß die Unbotmäßigkeit des Adels unterdrückt werden konnte.
Noch einmal entbrannte ein heftiger Erbstreit, als mit Georg 1503 die Landshuter Linie ausstarb und auf Grund des Testaments desselben Pfalzgraf Ruprecht von der Pfälzer Kurlinie Ansprüche auf das Erbe erhob. Zwar erklärte sich Kaiser Maximilian 1504 für das Erbrecht Albrechts IV. von Oberbayern. Aber Ruprecht hatte sich sofort in den Besitz des Landes gesetzt und verteidigte sich hartnäckig. Erst nach einem langwierigen, verderblichen Krieg, der auch nach Ruprechts Tod fortdauerte, wurde auf dem Reichstag zu Köln [* 12] 1505 der Landshuter Erbfolgestreit dahin entschieden, daß Neuburg [* 13] an die Söhne Ruprechts, einige Landstriche an der Tiroler Grenze an Maximilian, der Rest Niederbayerns an Albrecht fallen sollten.
Nun setzte Albrecht IV., im Verein mit den Landständen, 1506 die Unteilbarkeit des Landes fest und führte die Primogenitur ein, wodurch Bayern wieder zu größerer Bedeutung kam. Ihm hätte bei seinem Tod 1508 der älteste Sohn, Wilhelm IV. (1508-1550), als alleiniger Herzog von Bayern folgen sollen; doch kam es 1514 nach manchen Streitigkeiten zu einer gemeinschaftlichen Regierung Wilhelms IV. und seines Bruders Ludwig, die bis zum Tode des letztern (1534) dauerte. Luthers Reformation fand auch in Bayern bald zahlreiche Anhänger unter Geistlichen und Weltlichen.
Herzog Wilhelm stellte sich ihr aber, nachdem er 1524 vom Papst ansehnliche Rechte und Befugnisse über die bayrischen Bistümer und Klöster erhalten, entgegen, begünstigte Luthers heftigsten Gegner, Eck von Ingolstadt, ließ viele Bekenner der neuen Lehre [* 14] des Landes verweisen und rief (1541) die Jesuiten ins Land. Am Schmalkaldischen Krieg nahm er aber keinen Teil. Sein Sohn und Nachfolger Albrecht V., der Großmütige (1550-79), beförderte Wissenschaft und Künste, verfolgte aber ebenfalls den Protestantismus und begünstigte die Jesuiten.
Dessen Sohn Wilhelm V., der Fromme (1579-97), stand ganz unter dem Einfluß der Jesuiten, denen er alle Schulen überließ. Sein Bruder Ernst wurde 1583 zum Erzbischof von Köln erwählt, und seitdem hatten mehr als 100 Jahre bayrische Prinzen jenes Erzstift inne. Wilhelm zog sich 1597 in ein Kloster zurück und übergab die Regierung seinem ältesten Sohn, Maximilian I. (1597-1651). Dieser, von Jesuiten erzogen, brachte Bayern auf eine hohe Stufe der Macht. Er ordnete die Finanzen des Landes und sorgte für einen reichlichen Staatsschatz.
Das Landesverteidigungswesen wurde durch Gründung einer einheimischen Miliz umgestaltet und das gesamte Justizwesen 1616 durch die neue »Landrechts-, Polizei-, Gerichts- und Malefizordnung« reformiert. Dieselbe regelte alle Verhältnisse des bürgerlichen und gewerblichen Lebens im einzelnen. Der Klerus und das Klosterwesen wurden gebessert, Gelehrte berufen und ein Beamtenstand gebildet. Doch wirkte das jesuitische System, dem Maximilian huldigte, lähmend und nachteilig ein, indem jede freiere Regung, jeder humane Geistesschwung unterdrückt wurden.
Auch stellte Maximilian an die Spitze der katholischen Partei in Deutschland. [* 15] Durch die Exekution der Reichsacht gegen das protestantische Donauwörth 1607 gab er die nächste Veranlassung zur Bildung der evangelischen Union, der gegenüber er selbst die katholische Liga stiftete. Während des Dreißigjährigen Kriegs leistete er dem Kaiser, besonders durch Tillys Feldherrntalent, die wichtigsten Dienste, [* 16] wofür ihm dieser 1623 die dem geächteten Friedrich V. von der Pfalz abgenommene Kurwürde verlieh. Für die Kriegskosten erhielt er die Oberpfalz erblich und einen Teil ¶
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der Unterpfalz als Lehen. Im Westfälischen Frieden behielt Maximilian die Kurwürde und die Oberpfalz, während er die Unterpfalz an die Kurpfalz zurückgab.
Bayern als Kurfürstentum.
Bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs nahmen die bayrischen Truppen hervorragenden Anteil an den Kämpfen gegen die Schweden [* 18] und Franzosen, wodurch freilich Bayern arg litt und furchtbar verwüstet wurde. Doch vermochte sich Maximilian nicht mehr vom Kaiser zu trennen, selbst als er im Ulmer Vertrag mit Frankreich (1647) einen Versuch dazu machte. In den zwei letzten Jahren seiner Regierung suchte er dem erschöpften Land nach Kräften wieder aufzuhelfen. Da bei seinem Tod (1651) sein Sohn Ferdinand Maria noch minderjährig war, so übernahmen dessen Mutter und sein Oheim Albrecht die Verwaltung des Landes.
Nach drei Jahren trat Ferdinand Maria die Regierung selbst an, und es gelang ihm, allmählich die tiefen Wunden zu heilen, die der Dreißigjährige Krieg allenthalben geschlagen; namentlich war seine Sorge auf Wiederbelebung des Ackerbaues und der Gewerbe gerichtet. Von den Kriegen gegen Frankreich hielt er sich aus Vorliebe für dieses fern. Die Kirche begünstigte er, erbaute viele prächtige Kirchen und stellte zahlreiche Klöster wieder her. Der Oberpfalz gab er 1657 ein neues Gesetzbuch und hielt 1669 einen Landtag, den ersten seit 1612, auf dem die Errichtung von Fideikommissen erlaubt wurde. An seinem Hof [* 19] herrschte großer Glanz; in München wurden prachtvolle Bauten aufgeführt. Er hinterließ 1679 einen unmündigen Sohn, Maximilian II. Emanuel, der nach einer kurzen vormundschaftlichen Regentschaft die Regierung antrat.
Nach kriegerischem Ruhm strebend, suchte Max Emanuel mit innerm Wohlstand auch äußern Glanz zu vereinigen und hielt keinen Preis für zu hoch, größere Besitzungen und höhern Rang sich zu erkaufen. Dieser Hang stürzte aber in namenloses Unglück. Den Kriegsruhm seines Herzogs, den sich derselbe besonders im Kampf gegen die Türken vor Wien, [* 20] bei Mohács und Belgrad [* 21] erwarb, und der ihm die Hand [* 22] der Kaiserstochter Maria Antonia verschaffte, bezahlte es teuer mit dem Blut und dem Geld seiner Bürger. König Karl II. von Spanien [* 23] ernannte Max Emanuel zum Statthalter der spanischen Niederlande [* 24] und setzte den bayrischen Kurprinzen Joseph Ferdinand zum Erben der spanischen Krone ein. Als dieser wenige Monate nachher im siebenten Lebensjahr starb und nun der Enkel Ludwigs XIV. von Karl II. zum Erben bestimmt wurde, ließ sich der Kurfürst durch die ehrgeizige Hoffnung auf ein Königreich in Süddeutschland verleiten, im spanischen Erbfolgekrieg für Frankreich Partei zu nehmen. Nachdem er anfangs glücklich gekämpft und einen Einfall in Tirol unternommen hatte, wandte sich das Glück des Kriegs. Nach der Schlacht von Höchstädt [* 25] wurde ganz Bayern von den Österreichern besetzt und als erobertes Land behandelt, während sich Maximilian selbst nach den Niederlanden zurückzog.
Dennoch war die Liebe der Bayern für ihren Fürsten so groß, daß sie mehrmals Aufstände versuchten, unter denen jener der Oberländer Bauern unter dem Schmiedbalthes, die am Weihnachtstag 1705 bei Mittersendling geschlagen wurden, hervorzuheben ist. Die Länder des geächteten Kurfürsten wurden nun als heimgefallene Lehen behandelt, das Innviertel mit Österreich [* 26] vereinigt, die Oberpfalz an Kurpfalz gegeben, die Kurfürstin mit einer kleinen Apanage nach Italien [* 27] geschickt und die Prinzen als Grafen von Wittelsbach in harter Gefangenschaft gehalten. Der Friede von Baden [* 28] 1714 machte diesem Zustand ein Ende, und ganz Bayern kam an Maximilian Emanuel zurück, der nach München zurückkehrte und auch die Kurwürde wiedererhielt.
Auf Maximilian Emanuel folgte 1726 sein Sohn Karl Albrecht, unter welchem Bayern 14 Jahre lang der ersehnten Ruhe genoß. Indes der wenig begabte, von den Jesuiten erzogene und beherrschte Fürst that nichts, um das Volk aus seiner trägen Ruhe aufzurütteln, den ertötenden Druck der Kirche zu beseitigen und durch Aufklärung und Anregung einen höhern Aufschwung in gewerblicher und geistiger Thätigkeit vorzubereiten. Auch er sah in Glanz und Pracht, in prunkvollen Hoffesten die Ehre der Herrschaft und verwickelte überdies in einen neuen und verderblichen Krieg.
Obwohl er bei seiner Vermählung mit Maria Amalia, der zweiten Tochter Kaiser Josephs I., 1722 die Pragmatische Sanktion Karls VI. anerkannt hatte, erhob er doch nach dessen Tod (1740) auf Grund des Kodizills zum Testament Ferdinands I. vom dessen in München befindliche Abschrift sich in der wesentlichen Stelle als gefälscht erwies, und dann als Gemahl einer Tochter Josephs I. Protest gegen die Thronbesteigung Maria Theresias, verband sich 1741 mit Frankreich, nahm Oberösterreich, ließ sich in Prag [* 29] als König von Böhmen [* 30] huldigen und ward in Frankfurt [* 31] 1742 als Karl VII. zum deutschen Kaiser gewählt, verlor aber um dieselbe Zeit sein Stammland Bayern, das durch die Österreicher besetzt wurde.
Dieselben dachten wiederum an seine dauernde Vereinigung mit Österreich. Als Friedrich II., König von Preußen, [* 32] im August 1744 mit 100,000 Mann in Böhmen erschien, kehrte Karl VII. zwar nach München zurück; starb aber schon Ihm folgte sein Sohn Maximilian III. Joseph als Kurfürst, der durch den Separatfrieden zu Füssen von Österreich alle Bayern entrissenen Lande zurückerhielt, wogegen er die Pragmatische Sanktion anerkannte und dem Herzog Franz von Lothringen seine Stimme zur Kaiserwahl versprach.
Maximilian Joseph war eifrig bemüht, die Spuren des Kriegs zu entfernen. Der Ackerbau wurde durch neue Kulturen gefördert, Industrie und Bergbau [* 33] gehoben. Der 1751 von dem Vizekanzler Kreitmayr entworfene Kriminalkodex verbesserte das Justizwesen. Gegen Bettler und Landstreicher wurden strenge Maßregeln ergriffen. Der Kurfürst stiftete 1759 die Akademie der Wissenschaften in München, deren Druckschriften er der Zensur der Jesuiten entzog. Auch zur bessern Organisation der Volksschule machte er einen Versuch. Jedoch wurde diese ebenso wie die gänzlich verfallene Universität Ingolstadt so völlig von den Jesuiten beherrscht, daß eine Besserung unausführbar war.
Da Maximilian Joseph kinderlos war, so erneuerte er mit dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz die frühern Erbverträge. Als daher die bayrische Linie der Wittelsbacher mit Maximilian Joseph erlosch, wurde Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz und bei Rhein, dem Vertrag gemäß Kurfürst von und hiermit ward die fast 4½ Jahrhunderte von Bayern getrennt gewesene Pfalz wieder mit Bayern vereinigt. Sofort aber ließ Österreich, das auf das größere Dritteil der Erbschaft (das ehemalige Herzogtum Straubing, die Herrschaften Mildesheim, Leuchtenberg, Wolfstein, Haag, [* 34] Has u. a.) unter dem Titel böhmischer, österreichischer und Reichslehen Anspruch machte, jene Distrikte durch seine Truppen besetzen. Karl Theodor, der keine ehelichen Kinder und von Kaiser Joseph II. die Aussicht auf Erhebung ¶