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(Präfekten) von aber nach dessen Tod im Avarenkrieg 796 teilte er das Land in Grafschaften. Das vielfach verheerte Bayern blühte jetzt wieder auf, doch unter Karls Nachfolgern ward es von neuen Unruhen heimgesucht. Ludwig der Fromme überließ seinem ältesten Sohn, Lothar, die Verwaltung des Landes unter dem Titel eines Königreichs. In einer spätern Teilung aber erhielt der jüngste von Ludwigs des Frommen Söhnen, Ludwig der Deutsche, Bayern nebst Böhmen, Kärnten und allen an die Wohnsitze der Wenden und Avaren grenzenden Landen.
Ludwig, der durch den Vertrag von Verdun 843 noch einen großen Teil von Deutschland dazu erhielt, wodurch das ostfränkische Reich entstand, übergab 863 die Verwaltung Bayerns seinem ältesten Sohn, Karlmann, der nach Ludwigs Tod (876) Bayern mit der Hoheit über Böhmen, Mähren, Kärnten und einen Teil von Ungarn erhielt, aber schon 880 starb. Da nun auch der zweite Bruder, Ludwig, schon 882 starb, so fiel Bayern mit den dazu gehörigen Gebieten an den dritten Bruder, Karl den Dicken, und damit an das ostfränkische Reich zurück.
Unter Karls Nachfolger Arnulf dauerten die Unruhen fort, die von dem nachteiligsten Einfluß auf die Wohlfahrt Bayerns waren. Kaum war Arnulf 899 gestorben, und sein Sohn Ludwig das Kind hatte den Thron bestiegen, als die Ungarn in Ostbayern eindrangen. Sie wurden zwar von dem Markgrafen Liutpold von der Ostmark in die Flucht geschlagen, wiederholten aber ihre verheerenden Einfälle und erschienen 907 mit einer so überlegenen Macht, daß der größte Teil des bayrischen Heers, mit ihm der Markgraf Liutpold selbst, auf dem Schlachtfeld blieb.
Ganz Bayern östlich des Inn ward nun ein Raub der Ungarn. Liutpolds Sohn Arnulf der Böse drängte die Ungarn wieder zurück und ward 912 von den Bayern als Herzog anerkannt. Er vermehrte seine Gewalt besonders auf Kosten der Geistlichkeit unter der schwachen Regierung Konrads I., der ihn in wiederholten Kriegen vergeblich zu unterwerfen suchte, und dehnte sie über Kärnten, den Nordgau und über einen Teil von Ostfranken aus. Im J. 921 verstand er sich dazu, in Regensburg Heinrichs I., des sächsischen Königs, Oberhoheit anzuerkennen, aber nur, nachdem dieser ihm die herzogliche Würde bestätigt und das Recht eingeräumt hatte, auf eigne Hand Krieg zu führen, Recht zu sprechen, Münzen zu prägen und über die Bistümer und Klöster zu verfügen. Nach seinem Tod 937 wurde sein Sohn Eberhard vom Kaiser Otto I., dem er den Huldigungseid verweigerte, aus dem Land vertrieben und Arnulfs Bruder Berchthold (938-945) als Herzog, aber mit erheblich verringerten Befugnissen, eingesetzt. Arnulfs jüngerer gleichnamiger Sohn erhielt als Pfalzgraf das oberste Gericht und die Verwaltung der königlichen Besitzungen und Einkünfte in Bayern.
Nach Berchtholds Tod belehnte Otto seinen Bruder Heinrich I., der mit Arnulfs Tochter Judith vermählt war, mit dem Herzogtum, ohne auf die Nachkommen Berchtholds Rücksicht zu nehmen. Doch machte sich die Abneigung der Bayern gegen die sächsische Herrschaft 953 beim Aufstand Liudolfs u. Konrads gegen Otto I. bemerklich, indem sich die Bayern unter Führung des Pfalzgrafen Arnulf der Empörung anschlossen, Regensburg hartnäckig gegen den König verteidigten und erst 954 unterworfen werden konnten.
Die Vernichtung der Ungarn auf dem Lechfeld 955 knüpfte sodann das Band zwischen und dem Reich enger, so daß auf Heinrich I. 955 sein vierjähriger Sohn Heinrich II., der Zänker, unter der Vormundschaft seiner Mutter Judith folgen konnte. Als sich dieser wegen der Verleihung der Ostmark an die Babenberger 974 gegen Otto II. empörte, wurden nach seiner Besiegung Kärnten und der Nordgau von Bayern getrennt, die Pfalzgrafenwürde erneuert und das verkleinerte Bayern des Kaisers Neffen Otto von Schwaben verliehen.
Nach dessen Tod 982 erhielt Bayern Berchtholds Sohn Heinrich III., der jüngere, der bisher Kärnten besessen, das so an Bayern zurückfiel. Im J. 985 wurde aber Heinrich der Zänker in Bayern als Herzog wieder eingesetzt und erhielt 989 auch Kärnten. Ihm folgte 995 sein Sohn Heinrich IV., während Kärnten an Otto von Franken kam. Als Heinrich IV. als Heinrich II. Kaiser geworden, verlieh er an Heinrich von Lützelburg, nach dessen Tod 1026 König Konrad II. Bayern seinem Sohn Heinrich (Heinrich VI.) gab.
Dieser belehnte als Kaiser Heinrich III. 1042 Heinrichs V. Neffen Heinrich VII. und nach dessen Tod 1047 Konrad von Zütphen mit Bayern. Als dieser 1053 geächtet wurde, verlieh der Kaiser Bayern seinem Sohn, der 1056 als Heinrich IV. den Thron bestieg. Während der vormundschaftlichen Regierung der Kaiserin Agnes trat diese 1061 an Otto von Nordheim ab, der es 1070 an Welf I. verlor. Damit begann die Herrschaft des welfischen Hauses, das Bayern bis 1180 besaß. Auf Welf I. folgte 1101 dessen Sohn Welf II., auf diesen 1120 sein Bruder Heinrich IX., der Schwarze, und 1126 dessen Sohn Heinrich X., der Stolze. Da derselbe 1138 vom Kaiser Konrad III., weil er auf Sachsen zu verzichten sich weigerte, geächtet wurde, übertrug Konrad 1139 Bayern dem Markgrafen Leopold von Österreich und nach dessen Tod (1141) im Frankfurter Frieden dessen Bruder Heinrich XI. Jasomirgott.
Doch gab Friedrich II. 1156 dem Welfen Heinrich (XII.) dem Löwen Bayern zurück, wogegen die Mark Österreich von Bayern losgelöst und zu einem selbständigen Herzogtum erhoben wurde. Heinrich der Löwe gründete München, widmete sich aber mehr seinem andern Herzogtum, Sachsen, und als er 1180 geächtet wurde, erhielt auf dem Reichstag zu Regensburg das Herzogtum Bayern Pfalzgraf Otto IV. von Wittelsbach aus dem alten bayrischen Geschlecht der Grafen von Scheyern.
Bayern als Herzogtum unter den Wittelsbachern.
Otto I. von Wittelsbach, Stammvater des noch jetzt regierenden Hauses, vergrößerte das sehr zusammengeschmolzene Land durch neue Erwerbungen, starb aber schon 1183; ihm folgte mit kaiserlicher Bestätigung sein unmündiger Sohn Ludwig I., der Kelheimer. Dieser vermehrte gleichfalls sein Besitztum und gelangte 1214 durch kaiserliche Belehnung in Besitz der Rheinpfalz. Als er 1231 zu Kelheim durch Meuchelmord gefallen war, folgte ihm sein Sohn Otto II., der Erlauchte.
Seine Händel mit dem Papste, der ihn mit dem Bann belegte, brachten große Verwirrung über das Land, welche die Bischöfe benutzten, um sich von der herzoglichen Gewalt nach und nach frei zu machen. Nach Ottos Tod (1253) übernahm sein ältester Sohn, Ludwig der Strenge, die Regierung gemeinschaftlich mit seinem Bruder Heinrich; aber schon 1255 teilten die entzweiten Brüder das Herzogtum, wobei Ludwig Oberbayern mit den Städten München, Regensburg, Amberg und die Pfalz am Rhein, Heinrich Niederbayern mit Straubing und Landshut erhielt. Nach Ludwigs Tod (1294) regierte sein älterer Sohn, Rudolf, während der Minderjährigkeit seines Bruders Ludwig allein in Oberbayern und in der Pfalz. Erst 1300 trat letzterer als sein Mitregent auf und zwar in der Residenz Ingolstadt, alle Urkunden wurden von jetzt an von beiden Brüdern
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unterzeichnet. Ludwig aber hielt sich für verkürzt und forderte eine Teilung der Länder, die 1310 zu stande kam. Rudolf erhielt den jenseit der Isar gelegenen östlichen Teil von Oberbayern, Ludwig die westlichen, zwischen dem Lech und der Isar gelegenen Lande. Da keiner der Brüder, am wenigsten Ludwig, zufrieden war, so begann ein Bruderkrieg, der 1313 durch einen Frieden beendigt ward, in welchem Ludwig Oberbayern, Rudolf die Pfalz erhielt. Nach dem Tod Heinrichs VII. 1314 zum deutschen König gewählt, trat Ludwig (der Bayer) durch den Erbfolgevergleich zu Pavia 1329 seinen Neffen Rudolf und Ruprecht, den Söhnen Herzog Rudolfs, die Pfalz mit einem Teil des Nordgaus, deshalb Oberpfalz genannt, ab, doch so, daß die Kurwürde unter den beiden Linien abwechseln, im Fall des Erlöschens der einen Linie die andre erben und kein Fürst von den Besitzungen des Hauses etwas veräußern sollte.
Durch den Tod des Herzogs Johann von Niederbayern (1340), des Urenkels des Stifters dieser Linie, fiel dieses Land an Ludwig zurück; auch belehnte er 1323 seinen ältesten Sohn, Ludwig, mit Brandenburg, vereinigte 1342 durch die Vermählung desselben mit Margarete Maultasch, Gräfin von Tirol, letzteres Land mit Bayern, sowie er nach dem Tode des Grafen Wilhelm IV. von Holland dessen Provinzen als erledigte Reichslehen einzog und 1346 seine Gemahlin damit belehnte.
Kaiser Ludwig erwarb sich um sein Erbland mehrfache Verdienste: er führte eine Gerichtsordnung in Niederbayern ein, erteilte München Stadtrechte und ordnete die innere Verwaltung. Er hinterließ 1347 sechs Söhne: Ludwig den Brandenburger, Stephan mit der Haft, Ludwig den Römer, Wilhelm, Albrecht und Otto. Die Vorteile einer ungeteilten Herrschaft wohl einsehend, hatte er verordnet, daß vor Ablauf von 20 Jahren seine Söhne die Erblande nicht teilen sollten; aber schon nach zweijähriger gemeinsamer Regierung 1349 handelten sie dieser Verordnung entgegen, und die Wittelsbacher Besitztümer wurden seitdem wiederholt unter mehrere Linien geteilt, wodurch Zwietracht und Verwirrung entstanden und die Macht des bayrischen Fürstenhauses sehr geschwächt wurde.
Die auswärtigen Besitzungen, Brandenburg (1373), Tirol (1363), Holland (1428), gingen bald verloren, die Kurwürde fiel 1356 an die Pfälzer Linie. In Bayern entstanden die vier Linien: Ingolstadt und München (Oberbayern), Landshut und Straubing (Niederbayern). Besonders Herzog Ludwig VII., der Bärtige, von Ingolstadt fachte den Streit im wittelsbachischen Haus an. Nachdem er 1421 seinen Vetter Heinrich den Reichen von Landshut, der ihn in Konstanz überfallen, mit Krieg überzogen hatte, bekämpfte er seinen eignen Sohn, Ludwig den Höckerigen, und ward von demselben 1443 in den Kerker geworfen, in welchem er 1447 starb.
Mit ihm erlosch die Ingolstädter Linie, während die Straubinger schon 1425 ausgestorben war. Diese Streitigkeiten benutzten der Adel und die Städte, um sich verschiedene Rechte und Freiheiten zu verschaffen. Die drei Stände, Prälaten, Ritter und Städte, bildeten seit 1392 einen Gesamtkörper, welcher als »Landschaft« auftrat, an der Gesetzgebung teilnahm und die Steuern erheben ließ. An Kämpfen der Landschaft mit den Herzögen konnte es nicht fehlen. Doch erlangten die Herzöge in Niederbayern unter Ludwig IX. und Georg dem Reichen, in Oberbayern unter Albrecht III. und IV. wieder größere Macht und Bedeutung im Reich, so daß die Unbotmäßigkeit des Adels unterdrückt werden konnte.
Noch einmal entbrannte ein heftiger Erbstreit, als mit Georg 1503 die Landshuter Linie ausstarb und auf Grund des Testaments desselben Pfalzgraf Ruprecht von der Pfälzer Kurlinie Ansprüche auf das Erbe erhob. Zwar erklärte sich Kaiser Maximilian 1504 für das Erbrecht Albrechts IV. von Oberbayern. Aber Ruprecht hatte sich sofort in den Besitz des Landes gesetzt und verteidigte sich hartnäckig. Erst nach einem langwierigen, verderblichen Krieg, der auch nach Ruprechts Tod fortdauerte, wurde auf dem Reichstag zu Köln 1505 der Landshuter Erbfolgestreit dahin entschieden, daß Neuburg an die Söhne Ruprechts, einige Landstriche an der Tiroler Grenze an Maximilian, der Rest Niederbayerns an Albrecht fallen sollten.
Nun setzte Albrecht IV., im Verein mit den Landständen, 1506 die Unteilbarkeit des Landes fest und führte die Primogenitur ein, wodurch Bayern wieder zu größerer Bedeutung kam. Ihm hätte bei seinem Tod 1508 der älteste Sohn, Wilhelm IV. (1508-1550), als alleiniger Herzog von Bayern folgen sollen; doch kam es 1514 nach manchen Streitigkeiten zu einer gemeinschaftlichen Regierung Wilhelms IV. und seines Bruders Ludwig, die bis zum Tode des letztern (1534) dauerte. Luthers Reformation fand auch in Bayern bald zahlreiche Anhänger unter Geistlichen und Weltlichen.
Herzog Wilhelm stellte sich ihr aber, nachdem er 1524 vom Papst ansehnliche Rechte und Befugnisse über die bayrischen Bistümer und Klöster erhalten, entgegen, begünstigte Luthers heftigsten Gegner, Eck von Ingolstadt, ließ viele Bekenner der neuen Lehre des Landes verweisen und rief (1541) die Jesuiten ins Land. Am Schmalkaldischen Krieg nahm er aber keinen Teil. Sein Sohn und Nachfolger Albrecht V., der Großmütige (1550-79), beförderte Wissenschaft und Künste, verfolgte aber ebenfalls den Protestantismus und begünstigte die Jesuiten.
Dessen Sohn Wilhelm V., der Fromme (1579-97), stand ganz unter dem Einfluß der Jesuiten, denen er alle Schulen überließ. Sein Bruder Ernst wurde 1583 zum Erzbischof von Köln erwählt, und seitdem hatten mehr als 100 Jahre bayrische Prinzen jenes Erzstift inne. Wilhelm zog sich 1597 in ein Kloster zurück und übergab die Regierung seinem ältesten Sohn, Maximilian I. (1597-1651). Dieser, von Jesuiten erzogen, brachte Bayern auf eine hohe Stufe der Macht. Er ordnete die Finanzen des Landes und sorgte für einen reichlichen Staatsschatz.
Das Landesverteidigungswesen wurde durch Gründung einer einheimischen Miliz umgestaltet und das gesamte Justizwesen 1616 durch die neue »Landrechts-, Polizei-, Gerichts- und Malefizordnung« reformiert. Dieselbe regelte alle Verhältnisse des bürgerlichen und gewerblichen Lebens im einzelnen. Der Klerus und das Klosterwesen wurden gebessert, Gelehrte berufen und ein Beamtenstand gebildet. Doch wirkte das jesuitische System, dem Maximilian huldigte, lähmend und nachteilig ein, indem jede freiere Regung, jeder humane Geistesschwung unterdrückt wurden.
Auch stellte Maximilian an die Spitze der katholischen Partei in Deutschland. Durch die Exekution der Reichsacht gegen das protestantische Donauwörth 1607 gab er die nächste Veranlassung zur Bildung der evangelischen Union, der gegenüber er selbst die katholische Liga stiftete. Während des Dreißigjährigen Kriegs leistete er dem Kaiser, besonders durch Tillys Feldherrntalent, die wichtigsten Dienste, wofür ihm dieser 1623 die dem geächteten Friedrich V. von der Pfalz abgenommene Kurwürde verlieh. Für die Kriegskosten erhielt er die Oberpfalz erblich und einen Teil
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der Unterpfalz als Lehen. Im Westfälischen Frieden behielt Maximilian die Kurwürde und die Oberpfalz, während er die Unterpfalz an die Kurpfalz zurückgab.
Bayern als Kurfürstentum.
Bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs nahmen die bayrischen Truppen hervorragenden Anteil an den Kämpfen gegen die Schweden und Franzosen, wodurch freilich Bayern arg litt und furchtbar verwüstet wurde. Doch vermochte sich Maximilian nicht mehr vom Kaiser zu trennen, selbst als er im Ulmer Vertrag mit Frankreich (1647) einen Versuch dazu machte. In den zwei letzten Jahren seiner Regierung suchte er dem erschöpften Land nach Kräften wieder aufzuhelfen. Da bei seinem Tod (1651) sein Sohn Ferdinand Maria noch minderjährig war, so übernahmen dessen Mutter und sein Oheim Albrecht die Verwaltung des Landes.
Nach drei Jahren trat Ferdinand Maria die Regierung selbst an, und es gelang ihm, allmählich die tiefen Wunden zu heilen, die der Dreißigjährige Krieg allenthalben geschlagen; namentlich war seine Sorge auf Wiederbelebung des Ackerbaues und der Gewerbe gerichtet. Von den Kriegen gegen Frankreich hielt er sich aus Vorliebe für dieses fern. Die Kirche begünstigte er, erbaute viele prächtige Kirchen und stellte zahlreiche Klöster wieder her. Der Oberpfalz gab er 1657 ein neues Gesetzbuch und hielt 1669 einen Landtag, den ersten seit 1612, auf dem die Errichtung von Fideikommissen erlaubt wurde. An seinem Hof herrschte großer Glanz; in München wurden prachtvolle Bauten aufgeführt. Er hinterließ 1679 einen unmündigen Sohn, Maximilian II. Emanuel, der nach einer kurzen vormundschaftlichen Regentschaft die Regierung antrat.
Nach kriegerischem Ruhm strebend, suchte Max Emanuel mit innerm Wohlstand auch äußern Glanz zu vereinigen und hielt keinen Preis für zu hoch, größere Besitzungen und höhern Rang sich zu erkaufen. Dieser Hang stürzte aber in namenloses Unglück. Den Kriegsruhm seines Herzogs, den sich derselbe besonders im Kampf gegen die Türken vor Wien, bei Mohács und Belgrad erwarb, und der ihm die Hand der Kaiserstochter Maria Antonia verschaffte, bezahlte es teuer mit dem Blut und dem Geld seiner Bürger. König Karl II. von Spanien ernannte Max Emanuel zum Statthalter der spanischen Niederlande und setzte den bayrischen Kurprinzen Joseph Ferdinand zum Erben der spanischen Krone ein. Als dieser wenige Monate nachher im siebenten Lebensjahr starb und nun der Enkel Ludwigs XIV. von Karl II. zum Erben bestimmt wurde, ließ sich der Kurfürst durch die ehrgeizige Hoffnung auf ein Königreich in Süddeutschland verleiten, im spanischen Erbfolgekrieg für Frankreich Partei zu nehmen. Nachdem er anfangs glücklich gekämpft und einen Einfall in Tirol unternommen hatte, wandte sich das Glück des Kriegs. Nach der Schlacht von Höchstädt wurde ganz Bayern von den Österreichern besetzt und als erobertes Land behandelt, während sich Maximilian selbst nach den Niederlanden zurückzog.
Dennoch war die Liebe der Bayern für ihren Fürsten so groß, daß sie mehrmals Aufstände versuchten, unter denen jener der Oberländer Bauern unter dem Schmiedbalthes, die am Weihnachtstag 1705 bei Mittersendling geschlagen wurden, hervorzuheben ist. Die Länder des geächteten Kurfürsten wurden nun als heimgefallene Lehen behandelt, das Innviertel mit Österreich vereinigt, die Oberpfalz an Kurpfalz gegeben, die Kurfürstin mit einer kleinen Apanage nach Italien geschickt und die Prinzen als Grafen von Wittelsbach in harter Gefangenschaft gehalten. Der Friede von Baden 1714 machte diesem Zustand ein Ende, und ganz Bayern kam an Maximilian Emanuel zurück, der nach München zurückkehrte und auch die Kurwürde wiedererhielt.
Auf Maximilian Emanuel folgte 1726 sein Sohn Karl Albrecht, unter welchem Bayern 14 Jahre lang der ersehnten Ruhe genoß. Indes der wenig begabte, von den Jesuiten erzogene und beherrschte Fürst that nichts, um das Volk aus seiner trägen Ruhe aufzurütteln, den ertötenden Druck der Kirche zu beseitigen und durch Aufklärung und Anregung einen höhern Aufschwung in gewerblicher und geistiger Thätigkeit vorzubereiten. Auch er sah in Glanz und Pracht, in prunkvollen Hoffesten die Ehre der Herrschaft und verwickelte überdies in einen neuen und verderblichen Krieg.
Obwohl er bei seiner Vermählung mit Maria Amalia, der zweiten Tochter Kaiser Josephs I., 1722 die Pragmatische Sanktion Karls VI. anerkannt hatte, erhob er doch nach dessen Tod (1740) auf Grund des Kodizills zum Testament Ferdinands I. vom dessen in München befindliche Abschrift sich in der wesentlichen Stelle als gefälscht erwies, und dann als Gemahl einer Tochter Josephs I. Protest gegen die Thronbesteigung Maria Theresias, verband sich 1741 mit Frankreich, nahm Oberösterreich, ließ sich in Prag als König von Böhmen huldigen und ward in Frankfurt 1742 als Karl VII. zum deutschen Kaiser gewählt, verlor aber um dieselbe Zeit sein Stammland Bayern, das durch die Österreicher besetzt wurde.
Dieselben dachten wiederum an seine dauernde Vereinigung mit Österreich. Als Friedrich II., König von Preußen, im August 1744 mit 100,000 Mann in Böhmen erschien, kehrte Karl VII. zwar nach München zurück; starb aber schon Ihm folgte sein Sohn Maximilian III. Joseph als Kurfürst, der durch den Separatfrieden zu Füssen von Österreich alle Bayern entrissenen Lande zurückerhielt, wogegen er die Pragmatische Sanktion anerkannte und dem Herzog Franz von Lothringen seine Stimme zur Kaiserwahl versprach.
Maximilian Joseph war eifrig bemüht, die Spuren des Kriegs zu entfernen. Der Ackerbau wurde durch neue Kulturen gefördert, Industrie und Bergbau gehoben. Der 1751 von dem Vizekanzler Kreitmayr entworfene Kriminalkodex verbesserte das Justizwesen. Gegen Bettler und Landstreicher wurden strenge Maßregeln ergriffen. Der Kurfürst stiftete 1759 die Akademie der Wissenschaften in München, deren Druckschriften er der Zensur der Jesuiten entzog. Auch zur bessern Organisation der Volksschule machte er einen Versuch. Jedoch wurde diese ebenso wie die gänzlich verfallene Universität Ingolstadt so völlig von den Jesuiten beherrscht, daß eine Besserung unausführbar war.
Da Maximilian Joseph kinderlos war, so erneuerte er mit dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz die frühern Erbverträge. Als daher die bayrische Linie der Wittelsbacher mit Maximilian Joseph erlosch, wurde Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz und bei Rhein, dem Vertrag gemäß Kurfürst von und hiermit ward die fast 4½ Jahrhunderte von Bayern getrennt gewesene Pfalz wieder mit Bayern vereinigt. Sofort aber ließ Österreich, das auf das größere Dritteil der Erbschaft (das ehemalige Herzogtum Straubing, die Herrschaften Mildesheim, Leuchtenberg, Wolfstein, Haag, Has u. a.) unter dem Titel böhmischer, österreichischer und Reichslehen Anspruch machte, jene Distrikte durch seine Truppen besetzen. Karl Theodor, der keine ehelichen Kinder und von Kaiser Joseph II. die Aussicht auf Erhebung
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seiner unehelichen Kinder in den Reichsfürstenstand erhalten hatte, welche Standeserhöhung unter dem Titel Fürsten von Bretzenheim wirklich erfolgte, willigte in alle Ansprüche Österreichs. Der Herzog Karl von Zweibrücken, der als nächster Agnat eine solche Zerstückelung nicht zugeben konnte, wandte sich jedoch an den König Friedrich II. von Preußen, der, argwöhnisch gegen Österreichs Vergrößerungspläne Rußland bewog, sich den Ansprüchen des Kaisers zu widersetzen, und das Interesse aller deutschen Fürsten an dieser Angelegenheit zu erwecken wußte. Da Kaiser Joseph nicht nachgeben wollte, so kam es 1778 zum Bayrischen Erbfolgekrieg (s. d.), auch Kartoffelkrieg genannt, der aber, noch ehe eine Schlacht geliefert war, auf Maria Theresias Betrieb 7. März durch einen Waffenstillstand und durch den Frieden zu Teschen beendigt ward. Bayern blieb ein Ganzes, die eventuelle Erbfolge wurde Zweibrücken zugesichert, doch mußte es das Innviertel an Österreich abtreten und für die Allodialherrschaft an Sachsen 6 Mill. Thlr. zahlen.
Bald darauf verfiel Kaiser Joseph auf einen andern Plan; 1785 schlug er Karl Theodor vor, Bayern gegen die österreichischen Niederlande zu vertauschen und den Titel König von Burgund anzunehmen; die Verhandlungen zerschlugen sich aber, als die Agnaten, besonders der Herzog Karl von Zweibrücken, den Plan verwerfend, sich an den König von Preußen wandten, der zum Schutz der deutschen Reichsstände gegen die Vergrößerungsgelüste Österreichs 1785 den Fürstenbund gründete. Im Innern war Karl Theodors Regierung für Bayern ebenfalls nicht segensreich.
Zwar wurde der Jesuitenorden aufgehoben, aber sein System nicht beseitigt. Jede freiere Regung des geistigen Lebens wurde unterdrückt, der Illuminatenorden verfolgt, die Presse in engsten Schranken gehalten. Als die französische Revolution ausbrach, war ein gänzlich verrottetes Staatswesen: der Staat erschöpft und ohne Kredit, das Heerwesen verfallen, das Beamtentum korrumpiert und willkürlich, die Geistlichkeit unwissend, das bürgerliche Gewerbe durch Zunftschranken gelähmt, das Volk verarmt u. in rohem Aberglauben befangen.
Bayern im Revolutionszeitalter 1798-1815.
In den französischen Revolutionskriegen wurde die Pfalz hart mitgenommen, und 1796 wurde auch Bayern der Schauplatz des Kriegs. Während Jourdan in der Oberpfalz sich mit dem Erzherzog Karl von Österreich schlug, drang eine andre französische Armee unter Moreau, nachdem sie Augsburg besetzt hatte, über den Lech über Landsberg bis München vor und besetzte Ingolstadt. Karl Theodor floh nach Sachsen, seine Minister aber schlossen mit Moreau einen Waffenstillstand für und seine diesseit des Rheins gelegenen Länder.
Dadurch und durch das siegreiche Vordringen der Österreicher wurde Bayern zeitweilig wieder frei. Karl Theodor starb und da auch der Herzog Karl von Zweibrücken kinderlos gestorben war, so wurde dessen Bruder, der Herzog Maximilian IV. (I.) Joseph von Pfalz-Zweibrücken, Kurfürst von Pfalzbayern. Im Juni 1800 überschwemmten die französischen Armeen die eine Hälfte von Bayern, während in der andern die Österreicher standen. Durch den Lüneviller Frieden 1801 wurde der Krieg beendet. Bayern verlor dadurch zwar die ganze Rheinpfalz, die Herzogtümer Zweibrücken und Jülich (12,400 qkm mit 690,000 Einw.), erhielt aber 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß in den Bistümern Würzburg, Bamberg, Augsburg, Freising, einem Teil von Passau und Eichstätt, in 12 Abteien und 15 Reichsstädten eine reiche Entschädigung (18,000 qkm mit 900,000 Einw.) für seinen Verlust.
Nun begann ein gänzlicher Umschwung in der Politik. Der Freiherr v. Montgelas, den der Kurfürst an die Spitze des Ministeriums stellte, wirkte im Sinn der Aufklärung. Die Aufhebung der Klöster begann, allgemeine Religionsduldung wurde proklamiert, der Zustand der Schulen verbessert, die Universität Würzburg neu organisiert und die von Ingolstadt nach Landshut verlegt; jene zu Dillingen, Bamberg und Altdorf wurden aufgehoben. Auch wurde ein protestantisches Generalkonsistorium in Würzburg niedergesetzt, der Staatshaushalt neu gestaltet, das Finanzwesen geordnet und die Bodenkultur verbessert. Manufakturen und Fabriken blühten empor, und durch eine zweckmäßigere Einrichtung der Justiz und gut geordnete Landespolizei wurde für die Sicherheit des Eigentums gesorgt. Das Heerwesen wurde von Grund aus reformiert und durch Aufstellung einer ansehnlichen, gut ausgerüsteten und geübten, von tüchtigen geschulten Offizieren befehligten Truppenmacht Bayern zur Ergreifung einer selbständigen Politik in den Stand gesetzt.
Bei seiner geographischen Lage hatte Bayern nun zwischen einem Anschluß an Österreich und Frankreich zu wählen. Das Bündnis mit letzterm hatte zwar schon zweimal, im spanischen und im österreichischen Erbfolgekrieg, Bayern ins Verderben gestürzt und beinahe seinen Untergang herbeigeführt. Dennoch schien es damals das vorteilhaftere, weil Österreich militärisch schwächer als Frankreich war und nicht bloß 1742 und 1778, sondern noch in den letzten Jahren ganz offen seine auf Bayerns Annexion gerichteten Absichten kundgegeben hatte.
In dem französisch-österreichischen Krieg von 1805 trat daher der Kurfürst, durch Österreichs drohende Haltung veranlaßt, auf die Seite Napoleons I. Infolge des Siegs der Franzosen und des Preßburger Friedens verzichtete Bayern zwar auf den Besitz von Würzburg, erhielt aber dafür ganz Tirol, Vorarlberg, die Markgrafschaft Burgau, die übrigen Teile von Passau und Eichstätt und einige Bezirke des südöstlichen Schwaben mit Augsburg, d. h. für 5500 qkm mit 200,000 Einw. 32,000 qkm mit 1,028,000 Einw. Dazu belohnte Napoleon seinen neuen Verbündeten mit der Königswürde. Am nahm der Kurfürst den Titel König von Bayern mit voller Souveränität an und trat aus dem deutschen Reichsverband zum Rheinbund über mußte aber die Verpflichtung eingehen, Napoleon in allen seinen Kriegen mit 30,000 Mann zu unterstützen.
Bayern hatte nach dem Frieden von Preßburg einen Flächenraum von beinahe 90,000 qkm mit ungefähr 3 Mill. Einw. Nach einem weitern Vertrag mit Frankreich erhielt König Maximilian Joseph gegen Abtretung des Herzogtums Berg (3000 qkm mit 260,000 Einw.) die Markgrafschaft Ansbach (3750 qkm mit 245,000 Einw.), welche Preußen an Frankreich gegen Hannover überlassen hatte, und bald darauf die Reichsstadt Nürnberg mit ihrem Gebiet und die Souveränität über verschiedene Graf- und Herrschaften, so daß es sich auf 91,000 qkm mit 3,231,000 Einw. vergrößerte. Über die Rechte der mediatisierten Fürsten, Grafen und Herren erließ der König eine Deklaration, welche 1815 in der deutschen Bundesakte als Basis und Norm angenommen wurde. Am erhielt das neue Königreich eine Verfassung, welche die so heterogenen Bestandteile desselben zu einem einheitlich organisierten Staat verschmelzen sollte. Alle Sonderrechte, Privilegien, landschaftlichen und ständischen
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Korporationen wurden aufgehoben, die Leibeigenschaft und die Adelsvorrechte abgeschafft, die Konskription eingeführt, ein gleichmäßiges Justiz- und Steuerwesen errichtet, das Land mit absichtlicher Mißachtung des historischen Herkommens und der Stammesverschiedenheit in geographische Kreise eingeteilt. Die verheißenen Kreis- und Reichsstände traten nicht ins Leben. In dieser Beziehung, ebenso in Bezug auf Preßfreiheit und persönliche Sicherheit blieb die Verfassung ein toter Buchstabe.
Dagegen wurde die Verwaltung nach französischem Muster geordnet, und die zum Teil wirklich segensreichen Reformen, wie die neue Agrargesetzgebung, die Ablösung der Zehnten und Fronen, die Aufhebung der Klöster u. a., wurden auf rein büreaukratischem Weg durchgeführt. Auch die Schule sollte gehoben und die Wissenschaft gepflegt werden, zu welchem Zweck berühmte Gelehrte, auch protestantischen Glaubens, wie Thiersch, Feuerbach, Jacobi u. a., nach München berufen wurden. Indes deren Thätigkeit blieb in der dumpfen Atmosphäre des Altbayertums lange eine fruchtlose. Die Hebung des Wohlstandes und die Besserung der Finanzen wurden aber immer wieder durch neue Kriege unterbrochen.
Der Kampf zwischen Österreich und Frankreich von 1809, verbunden mit dem von ersterm begünstigten Aufstand im Inn-, Eisack- und Etschkreis (Tirol) und im Illerkreis (Vorarlberg), nahm die Kräfte des Landes und die Thätigkeit der Regierung abermals in Anspruch. Der Wiener Friede vom brachte neue Gebietsveränderungen. Nach einem zu Paris geschlossenen Vertrag trat Bayern das südliche Tirol an Frankreich (Italien), nach einem andern vom 26. Mai Schweinfurt und einige Teile des Mainkreises an das Großherzogtum Würzburg, dann nach einem vom 18. Mai Buchhorn, Wangen, Ravensburg, Leutkirch, Ulm, Bopfingen mit ansehnlichen Gebietsteilen (zusammen mit 491,000 Einw.) an Württemberg ab, erhielt aber dagegen die Markgrafschaft Baireuth, die Fürstentümer Regensburg, Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel und einen Teil des Hausruckviertels (zusammen mit 565,000 Einw.), so daß Bayern neuerdings 75,000 Einw. gewann und nun über 3,300,000 Einw. umfaßte.
Diese außerordentlichen Erfolge, die Bayern als Bundesgenosse Frankreichs errang, erweckten in seinen Staatsmännern und Feldherren die Hoffnung, die Stellung in Deutschland gewinnen zu können, welche Preußen durch seinen schmählichen Sturz 1807 für immer verloren zu haben schien. Die Aussichten auf das Gelingen waren für Bayern nicht ungünstig und das Streben daher nicht unberechtigt. Nur machten die Überhebung, mit der man in Bayern den Napoleonischen Königstitel nur als die Wiederherstellung des alten bayrischen Königtums angesehen wissen wollte, die Beschönigung der Schmach des Anschlusses an das Ausland durch den versuchten Nachweis, daß die Bayern oder Bojer keine Germanen, sondern Kelten seien, die gemeine Verdächtigung aller nationalen und freisinnigen Bestrebungen, die Roheit der bayrischen Soldateska in Tirol u. a. in ganz Deutschland den ungünstigsten Eindruck und Napoleon sorgte durch immer neue Kriege dafür, daß Bayern nicht dazu kam, sich aus dem Verhältnis willenloser Unterordnung unter seine Befehle zu befreien. Bayern war der mächtigste der Rheinbundsstaaten, sonst blieb es aber nur Frankreichs Vasall.
Im J. 1812 stellte Bayern sein Kontingent von 30,000 Mann zu der großen Armee, die Napoleon nach Rußland führte; im November gingen noch 10,000 Mann Ersatzmannschaften nach, welche zum Teil in den Oder- und Weichselfestungen verwendet wurden. Nur unbedeutende Trümmer kamen im Frühjahr 1813 zurück. Doch stellte Maximilian Joseph abermals frische Truppen unter Napoleons Befehl, als dieser in den letzten Tagen des Aprils den neuen Feldzug in Norddeutschland begann, während der übrige Teil, worunter viele mobil gemachte Nationalgarden, unter dem Feldmarschall Wrede am Inn eine beobachtende Stellung gegen Österreich nahm. Infolge der Fortschritte der Verbündeten im Herbst 1813 änderte aber der König Maximilian Joseph seine Politik und sagte sich noch vor der Entscheidungsschlacht von Leipzig von Frankreich los.
In dem Vertrag von Ried erhielt er infolge hiervon und durch die Gunst der gegen eine Wiederherstellung des Deutschen Reichs gerichteten Metternichschen Politik den Besitzstand Bayerns und die Fortdauer seiner Souveränität garantiert, wogegen er sich verbindlich machte, ein Kontingent von 36,000 Mann gegen Frankreich zu stellen. Nun erklärte an Frankreich den Krieg (14. Okt.). Wrede, unter dessen Oberbefehl auch das gegen Bayern gesandte österreichische Korps gestellt ward, brach eilig vom Inn auf und rückte über Würzburg auf Hanau, um den Franzosen den Rückzug über den Rhein abzuschneiden, wurde aber von Napoleon 30. und 31. Okt. bei Hanau zurückgeworfen. Im Feldzug von 1814 fochten die bayrischen Truppen, mit der großen Hauptarmee unter Schwarzenberg vereinigt, ruhmvoll bei La Rothière, Bar und Arcis sur Aube und wohnten auch dem Feldzug von 1815 bei, ohne jedoch an einem bedeutendere Treffen teilnehmen zu können. Infolge des Pariser Friedens vom trat Bayern Tirol und Vorarlberg an Österreich ab, wofür es vorderhand die erledigten Fürstentümer Würzburg und Aschaffenburg in Besitz nahm. Nach dem Protokoll des Wiener Kongresses vom 3. Nov. sollten das Hausruck- und Innviertel sowie der bei weitem größte Teil von Salzburg an Österreich fallen, aber durch einen Teil der Departements des Donnersbergs und der Saar (356,855 Einw.), den Kanton Landau (53,887 Einw.), einige Ämter von Fulda (26,304 Einw.), das Amt Redwitz (3000 Einw.), mehrere darmstädtische Ämter (24,661 Einw.) und einen Teil des badischen Amtes Wertheim (4907 Einw.) entschädigt werden. Bayern weigerte sich lange, auf diese Übereinkunft einzugehen, bis zu München der Vertrag zwischen Österreich und Bayern unterzeichnet ward. Bayern trat an Österreich die genannten Gebiete mit 387,031 Einw. ab und erhielt dafür die erwähnten Territorien am linken Rheinufer mit 420,742 Einw., auf dem rechten Rheinufer jene fuldaischen Ämter und das Amt Redwitz, sowie auch Hessen (30. Juni) einige Ämter mit 24,667 Einw. abtrat. In geheimen Artikeln erhielt es das Versprechen, daß für den Fall des Aussterbens der direkten und männlichen Linie des regierenden Großherzogs von Baden der Teil der Rheinpfalz, welcher den Neckarkreis bildete, mit den Städten Mannheim, Heidelberg und Philippsburg und einer Bevölkerung von 167,000 Einw. an Bayern fallen solle (vgl. Baden, Geschichte, S. 236). Bayern umfaßte jetzt 81,000 qkm mit 3,377,000 Einw.
Bayern als konstitutioneller Staat bis 1848.
Wrede, der Bayern auf dem Wiener Kongreß vertrat, behauptete hier für Bayern den Standpunkt eines völlig unabhängigen souveränen Staats und protestierte daher gegen jede Beschränkung dieser Souveränität durch eine starke deutsche Zentralgewalt. Auch gegen
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die Verpflichtung aller deutschen Staaten, von Bundes wegen ständische Verfassungen einzuführen sprach er sich aus. Indem er aus Haß gegen Preußen in aufdringlicher Weise Metternich bei seinen Ränken gegen dieses unterstützte, erlangte er für Bayern solchen Einfluß, daß die Beschränkung des neuen Bundes auf einen völkerrechtlichen Verein ihm besonders zuzuschreiben war. Die antinationale, partikularistische Richtung der Politik blieb auch nach 1815 in Bayern die herrschende.
Während aber bisher die Regierung büreaukratisch-absolutistisch gesinnt gewesen war und die Verfassung von 1808 noch immer nicht ausgeführt hatte, wurde sie mehr und mehr liberal, als sie sah, daß die reaktionäre Strömung in den beiden deutschen Großstaaten, Österreich und Preußen, das Übergewicht erhielt. Aus Eifersucht gegen Preußen und in dem Bestreben, der nationalen Idee in den freiern Institutionen der frühern Rheinbundsstaaten ein Gegengewicht zu bieten, entschloß man sich in Bayern zu liberalen Reformen. Da sich Montgelas dem widersetzte, erhielt er seine Entlassung. Bayern wurde darauf in acht Kreise eingeteilt, deren jeder in dem jedes Jahr zu berufenden Landrat eine Repräsentativverfassung erhielt. Die protestantischen Kirchenangelegenheiten wurden neu geordnet und die der Katholiken durch den Abschluß des Konkordats mit dem päpstlichen Stuhl und durch ein Religionsedikt von 1818 reguliert. Den Gemeinden wurden ihre Magistrate und diesen die Verwaltung des Gemeindevermögens zurückgegeben und bald (17. Mai auch das ganze Gemeindewesen in freierm Sinn geordnet. Am proklamierte der König ein Grundgesetz (Verfassungsurkunde), gegründet auf Repräsentation aller Stände in zwei Kammern (s. oben), das erste dieser Art in einem größern deutschen Staat.
Gleichheit vor dem Gesetz und in der Besteuerung, Freiheit und Sicherheit der Person und des Eigentums, Freiheit des Glaubens und andre staatsbürgerliche Rechte wurden darin zugesichert. Die Gesetzgebung und Besteuerung waren an die Zustimmung des Landtags gebunden. Der erste Landtag ward eröffnet und erregte große Teilnahme. Doch wurde weder auf diesem noch auf den Landtagen von 1822 und 1825 außer den Gesetzen über Gewerbewesen, Heimatsrecht und Niederlassung viel Nennenswertes ausgerichtet, besonders weil die beiden Kammern unter sich uneinig waren und die Regierung sehr bald wieder reaktionären Tendenzen verfiel; namentlich widersetzte sich dieselbe allen Maßregeln, um durch strenge Kontrolle der Mißwirtschaft mit den Staatsgeldern zu steuern.
Als der König Maximilian I. Joseph starb, sah man dem Regierungsantritt seines Sohns, des Königs Ludwig I., mit großen Erwartungen entgegen, da über dessen Anhänglichkeit an die konstitutionellen Prinzipien kein Zweifel herrschte. In der That bezeichnete er den Anfang seiner Regierung mit Abstellung vielfacher im Hof- und Militärwesen und in der Staatsverwaltung obwaltender Mißbräuche durch eine besondere Ersparungskommission. Die Ordnung, welche König Ludwig in den Finanzen einführte und bewahrte, machte die Ausstattung der in Gemäßheit des Konkordats (seit 1827) wieder ins Leben gerufenen Klöster, die glänzende Dotierung der von Landshut nach München verlegten und durch die Berufung der gefeiertsten Männer gehobenen Universität und den Beginn einer Reihe großartiger Prachtbauten möglich, durch welche sowie überhaupt durch eifrige und geschmackvolle Fürsorge für die plastischen Künste König Ludwig Bayern zum klassischen Boden moderner Kunst machte.
Auch die Beförderung eines freien geistigen Verkehrs ließ sich der König angelegen sein; die Zensur für alle nicht politischen Blätter wurde aufgehoben, und auch für politische war sie so mild wie nirgends in Deutschland. Zur Beförderung des Handels und der Gewerbe schloß der König einen Zollvertrag mit Württemberg, welchem sich auch die beiden Hohenzollern anschlossen. Der Landtag von 1827 bis 1828, der erste unter der Regierung Ludwigs, schaffte die Militärgerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen ab und vollendete die Organisation der Landräte.
Der Landtag von 1831 (1. März) brachte zuerst bedeutendere Mißhelligkeiten, indem die Zweite Kammer sich hartnäckig einigen Ausgabeposten für Kunst und Bauten widersetzte und sich energisch gegen das Zensuredikt der Regierung vom erklärte, so daß der König es zurücknahm und ein neues Ministerium ernannte, in dem der liberal gesinnte Fürst von Öttingen-Wallerstein das Innere übernahm. Jedoch hatten die nationalen und demokratischen Bestrebungen in der Pfalz, die im Hambacher Fest (s. d.) ihren Gipfelpunkt erreichten, wieder reaktionäre Maßregeln zur Folge, nachdem die Bewegung durch Militär unterdrückt war. Es begannen Prozesse wegen Majestätsbeleidigungen, Versuchs des Hochverrats etc., die wie durch die Strenge der Strafen, so durch die Zuthat der Abbitte vor dem Bilde des Königs allgemeinen Unwillen erregten. In Würzburg ordnete man Versetzungen mehrerer Professoren an, verlegte das Appellationsgericht nach Aschaffenburg und setzte den populären Bürgermeister Behr, dessen Rede beim Konstitutionsfest zu Gaibach Mißfallen erregt hatte, in Ruhestand; am ward Behr sogar verhaftet und zur Untersuchung nach München abgeführt.
Als es sich herausstellte, daß mehrere Studenten bayrischer Hochschulen in das Frankfurter Attentat verwickelt waren, ergriff man auch gegen, letztere Institute die strengsten Maßregeln. Fürst Öttingen vermochte diese reaktionären Maßregeln um so weniger zu hindern, als der König sich immer mehr den Ultramontanen zuneigte und überhaupt die monarchischen Prärogativen den Ministern gegenüber betonte. Ganz selbständig verfuhr der König in der griechischen Frage.
Sein lebhafter Anteil am Freiheitskampf der Griechen war im Land populär gewesen, und auch die Erhebung seines zweiten Sohns, Otto, auf den neuen griechischen Thron (1832) ward mit Beifall begrüßt. Dagegen wurde die Absendung bayrischer Truppen nach Griechenland, um dem jungen König zur Stütze zu dienen, nicht gebilligt, und die Bewilligung von bayrischen Staatsgeldern für eine griechische Anleihe gab noch später der Kammer wiederholt zu Beschwerden Anlaß. Ferner erhob der König den Anspruch, über die Überschüsse von den Staatseinnahmen nach Belieben (für seine Kunstbauten) verfügen zu können, wenn dies nur für Staatszwecke geschehe. Die Kammern bestritten der Regierung dieses Recht, selbst der Minister Öttingen sprach als Reichsrat dagegen. Der König erteilte daher im November 1837 dem Fürsten Öttingen den Abschied, worauf der streng ultramontane Abel zum Minister des Innern ernannt wurde.
Unter dem zehnjährigen Regiment Abels wurde Bayern ganz nach dem Wunsch der Jesuiten und Metternichs geleitet; die Aufhebung der Zensurfreiheit für die Besprechung der innern Politik und die Einführung der
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Stockprügel waren seine ersten Maßregeln. Die Zensur wurde in der brutalsten und ungeschicktesten Weise gehandhabt. An der Münchener Universität mehrten sich die ultramontanen Professoren, während Männern wie Schelling und Baader Schwierigkeiten bereitet wurden. Die Zahl der Klöster stieg auf über 132; besonders aber erregte Unwillen die Zulassung der Jesuiten unter dem Namen der Redemptoristen. Die Protestanten wurden zurückgesetzt und die Ausübung ihres Gottesdienstes erschwert.
Durch die Verordnung vom wurde den protestantischen Soldaten befohlen, dem katholischen Militärgottesdienst beizuwohnen und vor der Monstranz die Kniee zu beugen. Ein Pfarrer, der dagegen protestierte, wurde verhaftet und in Kriminaluntersuchung gezogen. Im J. 1844 wurde der Gustav-Adolfs-Verein in Bayern verboten. Die Opposition der ohnehin zahmen und gemäßigten Kammern wurde dadurch gelähmt, daß die Regierung ihr Recht, den Staatsdienern den Urlaub zum Eintritt in die Kammern zu verweigern, auf Advokaten und Ärzte ausdehnte und rücksichtslosen Gebrauch von demselben machte. Erst 1846 ermannten sich die Kammern unter Führung des Fürsten Wrede im Reichsrat und des Bürgermeisters von Regensburg, v. Thon-Dittmer, im Abgeordnetenhaus zu einem Antrag auf Verminderung und Einschränkung der Klöster und auf Entfernung der Redemptoristen, der aber erfolglos blieb.
Der Umschwung und der Sturz des ultramontanen Ministeriums erfolgten nicht durch die Kammern, sondern durch eine fremde Abenteuerin, die Tänzerin Lola Montez, welche die Gunst des Königs gewonnen hatte und ihn ganz und gar beherrschte. Vergeblich suchte die ultramontane Partei, welche sich bisher gegen die Schwäche des Königs für das schöne Geschlecht sehr tolerant gezeigt hatte, Lola Montez für ihre Interessen zu gewinnen. Dieselbe bestärkte vielmehr den König in seiner Absicht, sich von den auch ihm durch ihre Anmaßung lästigen Ultramontanen zu befreien. Im Dezember 1846 wurde Abel die Leitung des Kirchen- und Unterrichtswesens entzogen und ein besonderes Ministerium hierfür errichtet. Abel suchte nun den König einzuschüchtern und unter seine Gewalt zu bringen, indem er ein Memorandum gegen die vom König gewünschte Indigenatsverleihung an seine Mätresse in zahlreichen Exemplaren veröffentlichte und im Volk verbreitete, noch ehe er es dem König überreichte. Der König beantwortete es mit der sofortigen Entlassung des ultramontanen Ministeriums und berief den protestantischen Staatsrat v. Maurer zum Präsidenten eines neuen büreaukratisch-liberalen Kabinetts.
Dasselbe unterzeichnete die Verleihung des Indigenats an Lola Montez, welche zur Gräfin Landsfeld erhoben wurde, und schritt, als die Ultramontanen, an ihrer Spitze mehrere Professoren der Münchener Universität, das Volk, namentlich die Studenten, zu Straßenexzessen und Insulten gegen Lola Montez, ja gegen den König selbst aufreizten, mit Strenge ein; mehrere Professoren, wie Lasaulx, der Neffe von Görres, Sepp, Döllinger, Höfler, Philipps u. a., wurden entlassen.
Um die Stimmung des Volks, welches für die Gemaßregelten anfangs Partei nahm, für sich zu gewinnen, bemühte sich das Ministerium Maurer, möglichst konstitutionell und freisinnig zu regieren. Die Begünstigung der Redemptoristen wurde 5. Juni aufgehoben. Gegen die Wünsche des außerordentlichen Landtags, der im September 1847 zusammentrat, in Bezug auf die Regelung des Budgets u. die gesetzlich zu ordnende Verwendung der Überschüsse zeigte sich das Ministerium sehr nachgiebig.
Dies behagte aber dem König nicht, und Landtag wie Ministerium wurden 27. Nov. in Ungnaden entlassen. Fürst von Öttingen-Wallerstein bildete ein neues Kabinett, in dem eine Kreatur der königlichen Mätresse, Staatsrat Berks, das Innere übernahm; daher hieß das neue Ministerium im Volksmund Lola-Ministerium. Dasselbe war ebenfalls bestrebt, durch freisinnige Maßregeln die ultramontane Opposition zu überwinden, und gewährte eine weitgehende Preßfreiheit.
Aber das schamlose, herrische Benehmen der Mätresse, welche sich in alle Staatsgeschäfte einmischte und ihren Einfluß auf die neue Regierung in herausfordernder Weise zur Schau trug, mußte dieser alles Vertrauen und alle Unterstützung seitens der Liberalen rauben. Infolge eines Kommerses der von Lola begünstigten Studentenverbindung »Alemannen« (Lolamontanen genannt) kam es in den ersten Tagen des Februars 1848 von neuem zu Studententumulten. Lola sah sich öffentlich verhöhnt und bedroht.
Die Folge war, daß der König 8. Febr. die Schließung der Universität verfügte. Dies hieß Öl ins Feuer gießen. Die Bevölkerung Münchens, durch das Einschreiten des Militärs aufgereizt, nahm Partei für die Universität, die Unruhen steigerten sich 10. und 11. Febr., die bewaffnete Macht erfüllte ihre Befehle lau und mit Widerwillen. Der König sah sich daher bewogen, die Forderungen der Bürgerschaft: Wiedereröffnung der Universität, Auflösung der Alemannia und Entfernung der Lola Montez, zu bewilligen.
Damit war jedoch der Sturm noch nicht beschwichtigt. Man verlangte die Entlassung des Ministers Berks. Die Regierung sträubte sich und suchte Ausflüchte. Aber die Februarrevolution brachte auch hier einen schnellen Umschwung der Dinge. Berks wurde durch Thon-Dittmer ersetzt, und eine von allen Prinzen des wittelsbachischen Hauses mitunterzeichnete königliche Proklamation vom 6. März enthielt neben der Berufung der Stände auf den 16. eine lange Reihe von Verheißungen: Vertretung des deutschen Volks am Bund und Revision der Bundesverfassung, Verantwortlichkeit der Minister, vollständige Preßfreiheit, Verbesserung der Ständewahlordnung, Einführung der Öffentlichkeit und Mündlichkeit in die Rechtspflege mit Schwurgerichten, schleunige Abfassung eines Polizeigesetzbuchs, unverzügliche Beeidigung des Heers auf die Verfassung etc. Dennoch riefen Gerüchte von der heimlichen Rückkehr der Gräfin Landsfeld, der Rücktritt des Fürsten von Öttingen-Wallerstein, der Eindruck der in Wien und Berlin ausgebrochenen Revolution neue Tumulte hervor. Der König verlor infolge davon so sehr den Mut, daß er zu gunsten seines Sohns, des Kronprinzen Maximilian II., abdankte.
Die Regierung König Maximilians II. 1848-64.
Der neue König, Maximilian II., leistete 21. März den Verfassungseid und eröffnete am 22. die Ständeversammlung durch eine Thronrede, in welcher er Amnestie für alle politischen Verbrechen und Vergehen erteilte und eine Reihe von Gesetzvorlagen verhieß, von denen die über Preßfreiheit, über die Wahlen zur Kammer der Abgeordneten, über Ablösung der Grundlasten und über Einführung neuer Gesetzbücher die wichtigsten waren. Zum erstenmal trat nun ein verantwortliches und zugleich populäres Ministerium, dessen wichtigste Mitglieder Graf Bray (Äußeres), Thon-Dittmer (Inneres) und Lerchenfeld (Finanzen) waren, an die Spitze der Geschäfte. Die vom Ministerium vorgelegten Gesetzentwürfe
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wurden rasch beraten und meist mit einigen Modifikationen angenommen. Der bedeutendste liberale Fortschritt war das neue, noch gültige Wahlgesetz (s. oben). Auch der Entwurf zur Krëierung einer Staatsschuld von 7 Mill. Fl. ging durch. Schon 30. Mai wurde der Landtag geschlossen und 5. Juni der Landtagsabschied veröffentlicht, in welchem den 20 von den Kammern beratenen und angenommenen Gesetzentwürfen die Sanktion erteilt wurde. Auch der deutsch-nationalen Bewegung schloß sich die Regierung an und unterwarf sich, nachdem in Frankfurt die Nationalversammlung zusammengetreten war, der dort errichteten deutschen Zentralgewalt. Am 19. Dez. verkündete sie amtlich die ersten Reichsgesetze.
Doch bezeichnete der Rücktritt Thon-Dittmers (15. Nov.), dem am 20. Dez. der Lerchenfelds folgte, schon ein Erschlaffen der freisinnigen und deutsch-nationalen Bewegung in Bayern. Das kleindeutsche Programm der Majorität der Frankfurter Nationalversammlung mit dem preußischen Erbkaisertum war in Bayern entschieden unpopulär, und dieselbe Zweite Kammer, welche in der Adresse an den König mit 72 gegen 61 Stimmen die unbedingte Anerkennung der deutschen Grundrechte und die Unterordnung unter die Beschlüsse der Nationalversammlung gefordert hatte, sprach sich 9. Febr. gegen ein preußisches Kaisertum sowie gegen die Ausschließung Österreichs und für ein einiges, ungeteiltes Deutschland aus.
Dieser Beschluß ermöglichte es der Regierung, deren Leitung 18. April der neue Minister des Äußern, v. d. Pfordten, übernahm, zunächst in der deutschen Frage eine der bisherigen Strömung entschieden entgegengesetzte Haltung einzunehmen. In einer Note vom 23. April an die Reichsgewalt und die deutschen Regierungen verwarf v. d. Pfordten die von der Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung, protestierte gegen die Kaiserwahl und schlug die Bildung eines deutschen Bundesstaats, aber nicht ohne Österreich, unter einem Direktorium mit wechselnder Präsidentschaft vor.
Diese Erklärung verursachte in einigen Städten unter der freisinnigen Bürgerschaft lebhafte Demonstrationen und Gegenerklärungen. Ja, in der Pfalz, welche seit Wochen von ausländischen Agitatoren und republikanischen Wühlern aufgereizt worden war, kam es Ende April zu einer Erhebung für die Reichsverfassung, der sich nicht nur die große Mehrheit der Bevölkerung, sondern sogar ein Teil der Truppen anschloß. Ein Kongreß der pfälzischen Bürgerwehren zu Kaiserslautern setzte 2. Mai einen Landesverteidigungsausschuß ein, der eine durch allgemeine Wahlen gebildete Volksvertretung berief und die Volkswehr organisierte.
Das preußische Korps Hirschfeld, das auf Bitten der bayrischen Regierung in die Pfalz einrückte, unterdrückte nach wenigen Gefechten Mitte Juni den Aufstand, noch ehe die bayrischen Truppen unter Thurn und Taxis die pfälzische Grenze erreichten. Inzwischen war auch die Zweite Kammer 11. Juni aufgelöst worden, nachdem sie 21. Mai einer Adresse an den König die Anerkennung der Reichsverfassung verlangt und deren liberale Mehrheit den Sitzungssaal verlassen und die Kammer beschlußunfähig gemacht hatte, als der Präsident auf Wunsch der Regierung den Pfälzer Deputierten das Recht mitzustimmen verweigerte.
Die Neuwahlen im Juli ergaben eine allerdings nicht große Mehrheit zu gunsten der Regierung. Dieselbe konnte also trotz der von Preußen in der Pfalz geleisteten Hilfe mit ausdrücklicher Zustimmung der Kammern in der deutschen Frage entschieden gegen die preußische Unionspolitik auftreten. Sie verweigerte den Eintritt in das Dreikönigsbündnis, erkannte im Herbst 1849 das sogen. Interim an, welches die Leitung der deutschen Angelegenheiten provisorisch österreichischen und preußischen Kommissaren überließ, protestierte gegen die Berufung des Erfurter Reichstags und schloß mit Sachsen und Württemberg eine Übereinkunft über die Herstellung einer deutschen Verfassung mit Einschluß Österreichs, ja auch seiner bisher nicht zum Bund gehörigen Lande.
Schon 10. Mai beschickte Bayern wieder den Bundestag in Frankfurt und nahm an den Beschlüssen desselben in der kurhessischen Frage teil. Auf einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Kaiser von Österreich und dem König von Württemberg zu Bregenz 10.-14. Okt. verpflichtete sich der König Maximilian, an der Bundesexekution zu gunsten des Kurfürsten von Hessen seine Truppen (die Strafbayern) teilnehmen zu lassen. Dies sowie die Preisgebung Schleswig-Holsteins an die Dänen erregte in Bayern einige Unzufriedenheit, und die Zweite Kammer nahm sich durch eine Resolution vom 20. Juli des Schicksals des letztern an. Jedoch war die Stimmung so allgemein und so entschieden antipreußisch, daß sie die liberalen Sympathien überwog und ein im Mai 1851 vom Fürsten von Öttingen gestellter Antrag gegen die kurhessische Intervention in der Zweiten Kammer abgelehnt wurde.
Bei den Verhandlungen über die Erneuerung des Zollvereins 1852-1853 stand an der Spitze der preußenfeindlichen Darmstädter Koalition und unterstützte eifrigst Österreichs Verlangen nach Aufnahme in den Zollverein, um auch in diesem durch die Rivalität der beiden Großmächte Preußens bisher vorwiegenden Einfluß zu lähmen und Bayerns Stellung an der Spitze der Mittelstaaten zu heben. Dasselbe Ziel hatte die Beteiligung Bayerns an den Bamberger Konferenzen der Mittelstaaten 1853 während des Krimkriegs. Des Königs und Pfordtens Ideal der deutschen Verfassung war die Bildung einer Trias, d. h. einer Vereinigung der »reindeutschen« Staaten als gleichmächtigen Faktors neben Österreich und Preußen, in welcher Bayern als dem mächtigsten naturgemäß die Führung zukomme.
Im Innern konnte sich Bayern der allgemeinen reaktionären Strömung nicht entziehen, obwohl der Rückschlag in Bayern weniger schroff und gewaltsam war, da auch die Reformbewegung von 1848 in Bayern sich in gemäßigten Grenzen gehalten hatte. Die von der Kammer noch nicht beschlossenen freisinnigen Gesetze, wie das Gerichtsorganisationsgesetz, wurden fallen gelassen, die Presse wieder einer strengern Aufsicht unterworfen und dem katholischen Episkopat eine größere Freiheit eingeräumt, was diesen jedoch 1853 zu der Erklärung veranlaßte, daß die Rechte der Kirche durch das Konkordat von 1817 und das Religionsedikt von 1818 wesentlich verletzt würden.
Auch das Wahlgesetz von 1848 beschloß das Ministerium Pfordten zu beseitigen, zögerte aber, durch die bisherige Gefügigkeit der Kammern in Sicherheit gewiegt, mit der Vorlegung des neuen Gesetzentwurfs, welcher wieder eine Vertretung des Volks nach Stand, Beruf und Interesse einführen sollte, bis zum Herbst 1854. Inzwischen hatte sich aber die Kammermajorität ermannt. Sie lehnte im Januar 1855 den Wahlgesetzentwurf der Regierung ab. Auch bewilligte sie statt der vom Kriegsminister verlangten 15 Mill. Fl. für die Kriegsbereitschaft des bayrischen Bundeskontingents, welche der Bundestag beschlossen hatte, nur 6½ Mill. Das Ministerium löste darauf 24. März die Kammer auf und strengte, unterstützt vom
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katholischen Klerus, alle Mittel an, um regierungsfreundliche Neuwahlen zu erzielen. Dieselben verstärkten aber nur die Opposition, und der im Dezember 1855 zusammentretende Landtag veränderte nicht nur den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf über die neue Gerichtsorganisation erheblich, sondern seine Ausschüsse nahmen auch an den ihnen vorgelegten zwei Entwürfen neuer Straf- und Polizeigesetze Amendements vor. Zur Strafe ward der Berichterstatter der Ausschüsse, Professor Weis in Würzburg, als Appellationsgerichtsrat nach Eichstätt versetzt. Die Zweite Kammer beantwortete diese Maßregelung damit, daß sie nach ihrem Zusammentritt im September 1858 Weis zum ersten Vizepräsidenten wählte. Sie ward daher aufgelöst. Die Neuwahlen ergaben aber nur eine Verstärkung der Opposition, so daß die neue Kammer im Januar 1859 Weis sofort wieder zum Vizepräsidenten ernannte.
Der damals drohende Krieg zwischen Österreich und Frankreich ließ eine Wiederauflösung unratsam erscheinen. Denn die Regierung, geneigt, Österreich zu unterstützen und am Bund für die Teilnahme am Kriege gegen Frankreich zu wirken, wünschte die Bewilligung einer Anleihe zu Rüstungen. Dieselbe wurde von der Zweiten Kammer auch genehmigt, aber mit dem Zusatz, daß sie nur im Hinblick auf die allgemeine politische Lage sich zur Bewilligung eines Kredits dem gegenwärtigen Ministerium gegenüber habe verstehen können, und daß diese Bewilligung nicht als ein Zeichen des Vertrauens zu der jetzigen Staatsverwaltung aufgefaßt werden könne.
Der König verweigerte die Annahme der Adresse, und der Landtag ward geschlossen (25. März). Indes zog es der König vor, den Konflikt mit der Kammer, der zuletzt den Charakter einer persönlichen Fehde zwischen v. d. Pfordten und Weis angenommen hatte, nicht auf die Spitze zu treiben. Der König hatte sein Ministerium bisher gewähren lassen und sich begnügt, die Anmaßungen und Übergriffe der Ultramontanen abzuwehren und durch Berufung bedeutender ausländischer Gelehrten, wie Liebig, Jolly, Pfeufer, Sybel u. a., sowie berühmter Dichter (Geibel, Bodenstedt, Heyse) das geistige und wissenschaftliche Leben in Bayern zu wecken und zu fördern wie auch den höhern Unterricht zu heben.
Nun erachtete er den Zeitpunkt für gekommen, um der stagnierenden Politik der Reaktionszeit ein Ende zu machen, und mit den Worten: »Ich will Frieden haben mit meinem Volk« erteilte er dem Ministerium Pfordten seine Entlassung. Schrenk wurde an dessen Stelle berufen. Die neue Regierung trat sofort in ein freundliches Verhältnis zu den Kammern und brachte mit denselben eine Reihe wichtiger Reformen, wie die Aufhebung des Lottos, die Trennung der Justiz und der Verwaltung, die Reform der Gesetze über Ansässigmachung und Gewerbebetrieb, die Einführung eines neuen Strafgesetzbuchs, die Annahme des deutschen Handelsgesetzbuchs u. a., zu stande.
In der deutschen Frage behielt Schrenk mit Zustimmung des Königs die Pfordtensche Politik bei. Nachdem der Versuch der Mittelstaaten, Preußen 1859 zu einem Krieg zu gunsten Österreichs fortzureißen, gescheitert war, widersetzte sich die Regierung allen Bundesreformplänen Preußens, beteiligte sich an der Protestnote gegen dieselben vom und betonte bei jeder Gelegenheit mit Nachdruck ihren partikularistischen Standpunkt der wohlbegründeten, unantastbaren Selbständigkeit Bayerns. Da dieser nur von Preußen, nicht aber von Österreich Gefahr zu drohen schien, so konnte sie unbeschadet österreichische Sympathien kundgeben.
Auch die große Mehrheit der Bevölkerung, selbst der protestantischen, neigte sich zu Österreich, und der Deutsche Nationalverein hatte in Bayern nur wenige Anhänger. Daher ließ sich auch leicht von Österreich bewegen, 1862 gegen den Handelsvertrag Preußens mit Frankreich zu opponieren. Um dies wirksamer thun zu können, wurde die Zweite Kammer aufgelöst und wirklich bei den Neuwahlen eine große entschieden ministerielle und großdeutsche Mehrheit erzielt.
Die liberale, österreichfeindliche »deutsche Fortschrittspartei« zählte in der neuen Kammer nur 36 Mitglieder. Die bestimmte Erklärung des Königs in der Thronrede daß er zwar eine Reform der Bundesverfassung erstrebe, aber die Ehre und Unabhängigkeit Bayerns vor allem festhalten wolle und dem Handelsvertrag mit Frankreich nicht beizutreten vermöge, wurde von der Zweiten Kammer in ihrer Antwortadresse mit Beifall begrüßt. Auf dem vom Kaiser Franz Joseph berufenen Fürstenkongreß in Frankfurt im August 1863 spielte König Maximilian neben dem Kaiser eine hervorragende Rolle.
Der bayrische Plan eines Direktoriums als oberster Zentralgewalt schien sich verwirklichen zu sollen, und wenn durch die neue Bundesverfassung die Rivalität Preußens und Österreichs verewigt wurde, war ein maßgebender Einfluß in Deutschland an der Spitze der reindeutschen Staaten gesichert. Die im November 1863 wiederbelebte schleswig-holsteinische Frage schien bestimmt, auch in der deutschen die Entscheidung bringen zu sollen. Doch erlebte König Maximilian diese nicht mehr. Denn kurz nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Italien starb er
Äußere und innere Politik Bayerns 1864-71.
Da König Maximilians II. Sohn und Nachfolger, König Ludwig II., erst 18 Jahre alt war, so ging die Leitung der Staatsgeschäfte zunächst ganz in die Hände der Minister, namentlich Schrenks, und des Bundestagsgesandten Pfordten über. Diese befolgten in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit durchaus die Weisungen des verstorbenen Königs, indem sie am Bundestag die Anerkennung des Prinzen Friedrich von Augustenburg als Herzogs von Holstein beantragten und auch im weitern Verlauf des Streits das Recht des Bundes auf die Entscheidung der Erbfolgefrage vertraten.
Indes zeigte sich, seitdem es Bismarck gelungen war, Österreich für eine gemeinschaftliche Politik gegen Dänemark zu gewinnen, daß die Mittelstaaten allein am Bundestag ohnmächtig waren. Die bayrischen Anträge auf Anerkennung des Augustenburgers wurden immer abgelehnt, und es half der Regierung wenig, daß beide Kammern sich für das Selbstbestimmungsrecht der Herzogtümer aussprachen. Ja, Bayern mußte nun auch seinen Widerstand gegen den preußisch-französischen Handelsvertrag aufgeben, da Preußen den Weiterbestand des Zollvereins von dessen Annahme abhängig machte. Der Ministerpräsident v. Schrenk, der in der Opposition gegen den Handelsvertrag und gegen Preußen sehr weit gegangen war, trat im Oktober 1864 zurück, Pfordten übernahm wieder die Leitung des Ministeriums, und im April 1865 genehmigten die Kammern den Handelsvertrag. Erst als 1865 Preußen und Österreich in Streit über die Elbherzogtümer gerieten, stieg wieder Bayerns Einfluß.
Bismarck versuchte, als es im Sommer 1865 zum offenen Ausbruch des Kampfes zwischen den deutschen Großmächten zu kommen drohte, auf einer persönlichen Zusammenkunft mit Pfordten zu
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Salzburg diesen für eine preußenfreundliche Neutralität zu gewinnen, indem er ihm für Bayern im Fall des preußischen Siegs besondere Vorteile und eine herrschende Stellung in Süddeutschland zusicherte, Anträge, die 1866 wiederholt wurden. Jedoch Pfordten lehnte sie ab, teils wohl, weil die Mißstimmung gegen Preußen, wo der Verfassungskonflikt immer schärfer wurde, bei Klerikalen und Liberalen in Bayern allgemein und lebhaft war, teils, weil er gleich andern die militärische Kraft und Energie Preußens unterschätzte.
Gleich den meisten andern deutschen Staaten schloß sich Bayern 1866 der österreichischen Sache an und erklärte mit jenen 8. März, daß sie zwar neutral bleiben wollten, wenn Österreich und Preußen ihren Streit mit Umgehung des Bundes ausfechten würden, daß aber kein Bundesglied zurückbleiben dürfe, wenn eine der Mächte die Hilfe des Bundes anrufe. Als daher Österreich dies im Juni that, stimmte Bayern 14. Juni seinem Antrag gemäß für die Mobilmachung der Bundesarmee gegen Preußen; an demselben Tag schloß v. d. Tann in Olmütz mit dem österreichischen Oberfeldherrn eine Konvention über die gemeinschaftlichen Kriegsoperationen. Die Kammern bewilligten 18. Juni den geforderten Militärkredit von 31½ Mill. Fl., und die bayrische Armee (das 7. Bundeskorps) konzentrierte sich in Bamberg unter dem Oberbefehl des Prinzen Karl, dem auch das 8. Bundeskorps (Württemberger, Badener, Hessen unter Prinz Alexander von Hessen) unterstellt wurde.
Aber in Bayern hatte man keine rechte Vorstellung von dem Ernste des Kriegs und von der Entschiedenheit und Schnelligkeit des Gegners. Zunächst wurde versäumt, durch einen raschen Vormarsch nach Thüringen den Hannoveranern die Hand zu reichen und diese vor der Kapitulation zu bewahren. Erst Ende Juni rückten die Bayern bis Suhl und Schmalkalden vor und wandten sich auf die Kunde von den Ereignissen in Langensalza nach Nordwest, um über Fulda eine Vereinigung mit dem 8. Bundeskorps zu bewerkstelligen.
Auf diesem Marsch wurden sie 4. Juli bei Dermbach von der preußischen Mainarmee angegriffen, wehrten sich zwar tapfer, traten aber doch 5. Juli den Rückzug nach Süden über die Rhön an, während die Reiterei sich infolge eines unglücklichen Kanonenschusses bei Hünfeld in wilde Flucht stürzte. Noch ehe die bayrische Armee sich hinter der Fränkischen Saale gesammelt und die Verbindung mit dem 8. Korps hergestellt hatte, wurde sie 10. Juli von den eiligst nachrückenden Preußen zu gleicher Zeit bei Hausen, Kissingen und Hammelburg angegriffen und trotz hartnäckigen Widerstandes, besonders bei Kissingen, gezwungen, sich auf Schweinfurt und Würzburg zurückzuziehen.
Während Pfordten vergeblich in Nikolsburg Waffenstillstand und Frieden von Bismarck zu erlangen suchte und Frankreichs Intervention anrief, rückte eine preußische Reservearmee von Hof aus in Ober- und Mittelfranken ein. Es kam nun zwar, nachdem sich endlich das 8. Korps auf die Bayern bei Würzburg zurückgezogen hatte, 25. und 26. Juli bei Helmstadt, Üttingen und Roßbrunn noch zu einigen Gefechten. Indes hätten dieselben, da die Entscheidung des Kriegs längst bei Königgrätz gefallen war, an dem Ausgang desselben, selbst wenn sie für Bayern siegreich ausgefallen wären, nichts ändern können. Bayern lag wehrlos den seitlichen Truppen offen.
Sein Geschick hing nicht mehr von den Waffen, sondern von den politischen Konstellationen ab, und diese waren für Bayern günstig. Die drohende Haltung des augenblicklich allerdings noch ohnmächtigen Frankreich bewog Preußen, auf eine größere Annexion, etwa der alten hohenzollernschen Fürstentümer Ansbach und Baireuth, sowie auf seine Hegemonie in Süddeutschland zu verzichten und sich lieber die Bundesgenossenschaft der süddeutschen Staaten für den Entscheidungskampf mit Frankreich zu sichern. Der Friede vom 22. Aug. legte daher Bayern verhältnismäßig unerhebliche Opfer auf: 30 Mill. Fl. Kriegsentschädigung und die Abtretung von Gersfeld, Orb und Kaulsdorf. Dagegen schloß Bayern auf die Mitteilung, daß Frankreich auch einen Teil der Pfalz als Kompensation gefordert habe, ein geheimes Schutz- und Trutzbündnis mit Preußen ab.
Der Eindruck, den der klägliche Verlauf des Kriegs und die Großmut des Siegers in Bayern hervorbrachten, war ein gewaltiger. Die Ultramontanen machten ihrem Ärger in Schimpfereien und Anschuldigungen des Verrats gegen die Generale Luft. Die übrige Bevölkerung aber war völlig ernüchtert, ließ die romantische Vorliebe für Österreich und die verblendete Abneigung gegen den »slawischen Soldatenstaat« Preußen fallen und erkannte die Unvernunft des bisherigen partikularistischen Schlendrians. An vielen Orten sprachen sich öffentliche Versammlungen für den sofortigen Anschluß an den Norddeutschen Bund aus.
Die Kammer genehmigte nicht nur den Friedensvertrag und die Anleihe für die Kriegsentschädigung, sondern faßte auch den Beschluß, die Regierung zu ersuchen, daß sie »die Einigung Deutschlands unter Mitwirkung eines frei gewählten und mit den erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Parlaments erstreben möge«. Pfordten konnte unter diesen Umständen nicht mehr an der Spitze des Ministeriums bleiben und erhielt daher 29. Dez. seine Entlassung. Sein Nachfolger wurde der deutsch-national gesinnte Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst.
Derselbe legte 19. und der Abgeordnetenkammer sein Programm vor und erklärte, daß Bayern nicht isoliert bleiben könne, daß es für die Tage der Gefahr eines Schutzes und daher des Anschlusses an eine benachbarte Großmacht bedürfe. Diese Großmacht aber könne weder Frankreich noch Österreich, sondern allein Preußen und der Norddeutsche Bund sein, auf den Bayern durch alle materiellen und ideellen Rücksichten hingewiesen werde, und mit dem es sich, unter gleichzeitiger Allianz zwischen Deutschland und Österreich, zu einem Staatenbund vereinigen müsse; einen sofortigen bedingungslosen Eintritt Bayerns in den Norddeutschen Bund bezeichnete er allerdings als der Würde Bayerns ebensowenig angemessen wie von seiten der preußischen Regierung annehmbar.
Denn diese war durch die Rücksicht auf Frankreich genötigt, zunächst auf die Ausdehnung des Norddeutschen Bundes auf Süddeutschland zu verzichten und sich mit dem durch die Schutz- und Trutzbündnisse gesicherten militärischen Oberbefehl zu begnügen. Die Verhandlungen über die Errichtung eines süddeutschen Bundes, welchen der Prager Friede in Aussicht gestellt hatte, wurden zwar eingeleitet, konnten aber, selbst wenn Bayern ihn ernstlich gewünscht hätte, kein Ergebnis haben, da Baden demselben entschieden widerstrebte. Nur einige Verabredungen über die Festungen kamen zu stande.
Währenddessen war aber die ultramontane Partei zur Besinnung und zur Einsicht davon gekommen, welche Niederlage sie 1866 erlitten, und wie sehr dieselbe die Erreichung ihrer Ziele gefährde. Sie sammelte daher alle ihre Kräfte und bot jedes ihr zu Gebote stehende Mittel auf, um der preußenfreundlichen, unitarischen Strömung in Bayern entgegenzutreten.
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Die erste günstige Gelegenheit dazu boten die Verhandlungen über die Erneuerung des Zollvereins und das Zollparlament in der Reichsratskammer. Obwohl die bayrische Regierung bei der Neuorganisation des Zollvereins auf das Liberum veto hatte verzichten müssen, so hatte die Zweite Kammer die neuen Zollvereinsverträge doch mit 117 gegen 17 Stimmen genehmigt. Der Ausschuß der Reichsratskammer beantragte aber mit 9 gegen 1 Stimme ihre Verwerfung. Die teils ultramontane, teils großdeutsch-partikularistische Mehrheit des Plenums war ebenfalls dazu geneigt.
Als aber Preußen 26. Okt. in München erklären ließ, daß es 31. Okt. die Zollvereinsverträge von 1865 kündigen werde, wenn bis dahin der neue Vertrag nicht genehmigt sei, versuchte die Reichsratskammer erst einen Mittelweg, indem sie einen ihrer Führer, v. Thüngen, mit Hohenlohe nach Berlin schickte, um das Liberum Veto für Bayern zu erlangen, und als diese Mission nichts erreichte, genehmigte sie den Vertrag 31. Okt. mit 35 gegen 13 Stimmen. Auch das neue Gewerbegesetz, die Gesetze über Heimat, Verehelichung und Bürgerrecht sowie das Wehrgesetz wurden nun, obgleich sie auf freisinnigen Grundsätzen beruhten, von der Reichsratskammer angenommen.
Die Ultramontanen verlegten daher die Agitation in die Masse des Volks und erreichten es auch, daß bei den Wahlen für das Zollparlament 26 Klerikale und nur 12 Nationalgesinnte gewählt wurden. Dieser Erfolg ermutigte sie zu weitern Anstrengungen. Im J. 1868 legte der Kultusminister v. Gresser den Kammern den Entwurf eines neuen Schulgesetzes vor, welches die Volksschule, ohne ihr den konfessionellen Charakter zu rauben und ohne der Geistlichkeit die Leitung des Religionsunterrichts zu entziehen, doch von dem Druck des Klerus befreien sollte, unter dem sie in Bayern jahrhundertelang gelegen und daher nur wenig geleistet hatte.
Fortan sollte der Staat durch besondere pädagogisch gebildete Distriktsinspektoren die Aufsicht über das Schulwesen führen, der Geistlichkeit nur ein Anteil an der Lokalinspektion verbleiben. Die Zweite Kammer nahm den Entwurf mit einigen Modifikationen an. Die Reichsräte aber beschlossen 63 wichtige Änderungen, welche die staatliche Inspektion beseitigten und die Herrschaft der Geistlichkeit noch steigerten. Die Zweite Kammer gab in 36 Punkten nach. Dennoch beharrten die Reichsräte 27. April bei ihren Amendements, und so scheiterte das ganze Gesetz.
Gestärkt durch diesen Sieg, begannen nun die Klerikalen eine höchst wirksame Agitation für die neuen Landtagswahlen, die im Mai 1869 stattzufinden hatten, da die sechsjährige Wahlperiode des letzten Landtags abgelaufen war. Sie gründeten Kasinos und patriotische Bauernvereine und benutzten Presse, Kanzel und Beichtstuhl, um dem Landvolk einzureden, daß es entweder klerikal wählen, oder preußisch und lutherisch werden müsse. Sie wurden zu noch eifrigerer Thätigkeit angespornt, als der von ihnen wegen seiner deutschen und liberalen Gesinnung schon grimmig gehaßte Hohenlohe durch eine Zirkulardepesche vom die europäischen Kabinette aufforderte, gegen alle Beschlüsse des bevorstehenden vatikanischen Konzils Protest einzulegen, welche einseitig, ohne Zuziehung der Vertreter der Staatsgewalt, über staatskirchliche Fragen oder über Gegenstände gemischter Natur vom Konzil gefaßt werden möchten.
In der That wurden 20. Mai 79 Klerikale oder, wie sie sich nun nannten, »Patrioten« und 75 Liberale gewählt. Von den letztern gehörten 55 der Fortschrittspartei, 20 der Mittelpartei an. Die neugewählte Abgeordnetenkammer trat 21. Sept. zusammen. Nach Kassierung einiger Wahlen, welche vorzugsweise die klerikale Partei traf, standen 72 Liberale und 72 Patrioten einander gegenüber. Jene stellten den Professor Edel (von der Mittelpartei), diese den Ministerialrat Weis als Präsidentschaftskandidaten auf. Es fanden zum Zweck der Präsidentenwahl sieben Skrutinien statt, und jedesmal waren 71 Stimmen für Edel, 71 für Weis.
Alle Vermittelungsvorschläge scheiterten an der siegesgewissen Starrheit der Patrioten. Als auch das siebente Skrutinium, 5. Okt., keine Entscheidung brachte, blieb der Regierung nichts andres übrig, als die nicht lebensfähige Kammer aufzulösen und an das Land zu appellieren. Die Auflösung erfolgte 6. Okt., die Neuwahlen wurden auf 25. Nov. festgesetzt; zugleich nahm man eine andre Einteilung einiger Wahlbezirke vor, wodurch die Stimme der Städte gegenüber der Landbevölkerung mehr zur Geltung kommen sollte.
Diese Maßregel, nicht im großen Stil durchgeführt, erwies sich nicht als genügend. Der durch die unermüdliche Thätigkeit begründete Einfluß der Klerikalen war so groß, daß die Wahlen vom 25. Nov. für die Regierung noch ungünstiger ausfielen als die vom 20. Mai: wurden 80 Patrioten und 74 Liberale gewählt; von den letztern gehörten 63 zur Fortschrittspartei, 11 zur Mittelpartei. Durch die Kassierung der liberalen Günzburger Wahlen wurde sogar das Verhältnis noch ungünstiger: 83 Patrioten standen 71 Liberalen gegenüber.
Dieses Wahlresultat war zugleich eine Kriegserklärung an das Ministerium. In richtiger Würdigung der Sachlage reichte dasselbe daher 26. Nov. seine Entlassung ein. Indes bewog der König Hohenlohe, zu bleiben, und nur Gresser, der Kultusminister, und Hörmann, der Minister des Innern, beharrten auf ihrer Entlassung, die sie 9. Dez. erhielten. Der Landtag trat zusammen. Die sehr versöhnlich gehaltene Thronrede beantwortete 28. Jan. die Reichsratskammer mit einer Adresse, in welcher das Wahlresultat vom 25. Nov. mit Freude begrüßt und ein entschiedenes Mißtrauensvotum gegen Hohenlohe ausgesprochen und welche mit 32 gegen 12 Stimmen angenommen wurde; sechs Prinzen stimmten für dieselbe.
Die Adresse wurde vom König nicht angenommen. Am 29. Jan. begann die Adreßdebatte im Abgeordnetenhaus und dauerte bis 12. Febr. Der ultramontane Entwurf war von Jörg verfaßt und sprach nicht nur offen die Forderung der Entlassung Hohenlohes, sondern auch die der Lösung der mit Preußen geflossenen Verträge aus, wie denn der Preußenhaß in der Debatte besonders zum Ausdruck kam. Die Adresse wurde schließlich mit 78 gegen 62 Stimmen angenommen. Hohenlohe konnte sich nach den Erklärungen beider Kammern nicht auf seinem Posten behaupten und reichte 15. Febr. von neuem seine Entlassung ein.
Der König nahm sie 7. März an und ernannte den Grafen Bray zum Nachfolger. In der Sitzung der Abgeordnetenkammer vom 30. März, als bei Beratung des Militäretats der Allianzvertrag neuen Angriffen ausgesetzt war, entwickelte Graf Bray sein Programm. Derselbe betonte die Aufrechthaltung des Status quo, die Haltung der Verträge, aber auch die Wahrung der Unabhängigkeit und Souveränität Bayerns, schwieg jedoch von einer weitern Anlehnung an Preußen und den Norddeutschen Bund sowie von dem Streben nach nationaler Einigung.
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Wie in Württemberg die demokratisch-großdeutsche Mehrheit der Abgeordnetenkammer, so suchte in Bayern die durch ihren Sieg ermutigte Partei der Patrioten den Allianzvertrag, welchen die Regierungen zu kündigen sich weigerten, dadurch wertlos zu machen, daß sie die Stärke des Militärs, nach Zahl und Qualität, möglichst herabsetzte. In der Sitzung vom 31. März bewilligte die Abgeordnetenkammer in dem außerordentlichen Militäretat nicht die von der Regierung verlangten 6½ Mill. Fl., sondern kaum 4 Mill., und der mit den Patrioten verbündete demokratische Statistiker Kolb verlangte eine bedeutende Abkürzung der Präsenzzeit (bei der Infanterie nur acht Monate), Verminderung der Reiterei von zehn auf sechs Regimenter, Verringerung der Zahl der Generale und Offiziere, Aufhebung der Regimentsverbände bei der Infanterie und Artillerie, Aufhebung des Kadettenkorps u. a., was auf eine völlige Auflösung eines gut organisierten stehenden Heers hinzielte.
Mit Recht wurde gesagt, daß auf diese Weise Bayern nichts andres als bewaffnete Bauernvereine bekomme. Bei der Langsamkeit, mit der die bayrische Kammermaschine arbeitete, begann die Generaldebatte über das Militärbudget erst 13. Juli. Graf Bray und Kriegsminister v. Pranckh widersetzten sich den Kolbschen Desorganisationsvorschlägen, deckten die Nachteile und Schwächen derselben auf und hielten den Zeitpunkt nicht für geeignet für organisatorische Heeresveränderungen. Am 15. Juli war die Generaldebatte geschlossen, und der Präsident setzte infolge einer Aufforderung des Ministeriums den Beginn der Spezialdebatte nicht auf den 16., sondern erst aus den 18. Juli Aber an diesem Tag wurden der Abgeordnetenkammer ganz andre Vorlagen gemacht, und von den Kolbschen Entwürfen war nicht mehr die Rede.
Am war in den französischen Kammern der Krieg gegen Deutschland proklamiert worden, und 16. Juli war in Preußen die Mobilmachungsorder gefolgt. Schon an demselben Tag erklärte König Ludwig, der Bündnisfall sei gegeben, und befahl die Mobilisierung der bayrischen Armee. Am 18. Juli stand nicht die Spezialdebatte über das Friedensbudget auf der Tagesordnung, sondern der vom Ministerium für den Krieg gegen Frankreich geforderte außerordentliche Kredit von 26,700,000 Fl. Die Regierungsvorlage wurde einem Ausschuß zur Begutachtung übergeben, und die Mehrheit desselben beantragte durch ihren Referenten Jörg die Verwilligung von nur 5,600,000 Fl. zur Aufrechthaltung einer bewaffneten Neutralität.
Dieser Antrag wurde aber unter dem Druck der öffentlichen Meinung, welche sich entschieden für den Krieg aussprach, und der Besorgnis, durch zaghafte Neutralität die Existenz Bayerns aufs Spiel zu setzen, in der Sitzung vom 19. Juli nach heftigen Debatten mit 89 gegen 58 Stimmen verworfen und der Schleichsche Vermittelungsantrag, womit sich die Regierung einverstanden erklärt hatte, mit 101 gegen 47 Stimmen angenommen. Dieser letztere Antrag verwilligte der Regierung »für den Fall der Unvermeidlichkeit des Kriegs« 18,260,000 Fl. Die Reichsratskammer trat in ihrer Sitzung vom 20. Juli diesem Beschluß einstimmig, ohne alle Debatte, bei. Am nämlichen Tag machte der bayrische Gesandte in Berlin, Baron v. Perglas, im Auftrag seiner Regierung dem Grafen Bismarck die Mitteilung, daß infolge der Kriegserklärung Frankreichs an Preußen und des stattgehabten Angriffs der Franzosen auf deutsches Gebiet die bayrische Regierung auf Grund des Allianzvertrags als Verbündeter Preußens gleich sämtlichen deutschen Regierungen in den Krieg gegen Frankreich eingetreten sei.
König Wilhelm von Preußen teilte sofort dem König Ludwig in einem Telegramm mit, daß er das Kommando über die bayrische Armee übernehme und dieselbe der unter seinem Sohn stehenden dritten Armee zuweise. Am 27. Juli traf der Kronprinz von Preußen in München ein und wurde mit einer außerordentlichen Begeisterung aufgenommen. Die zwei bayrischen Armeekorps zogen unter v. d. Tann und Hartmann über den Rhein und machten durch ihre Tapferkeit dem bayrischen Namen überall, wo sie kämpften, Ehre. An den Siegen von Weißenburg und von Wörth, an den Kämpfen bei Sedan, vor Paris und bei Orléans nahmen sie den ruhmvollsten Anteil.
Das ganze Land war hocherfreut über die ehrenvollen Kriegsthaten der bayrischen Truppen. Hunderte von Adressen gingen an die Regierung ab und verlangten Anschluß an den Norddeutschen Bund. Die bayrischen Minister, in der Hoffnung, durch sofortige Ergreifung der Initiative günstigere Bedingungen zu erhalten, beantragten 12. Sept. beim König die Eröffnung von Unterhandlungen mit dem Grafen Bismarck zum Zweck einer engern Vereinigung Bayerns mit dem Norddeutschen Bund und begaben sich, nachdem eine Besprechung mit dem Präsidenten des Bundeskanzleramts, Delbrück; in München zu nichts geführt hatte, da Bayern zu viele Reservatrechte beanspruchte, Ende Oktober nach Versailles, wo nach langen, schwierigen Verhandlungen der Vertrag Bayerns mit dem Norddeutschen Bund unterzeichnet wurde.
Durch diesen Vertrag wurde nun ein Glied des neu zu gründenden Deutschen Reichs, nahm aber in demselben eine sehr auffallende Ausnahmestellung ein. Zwar hatte es nicht ein absolutes Veto gegen jede Erweiterung der Reichskompetenz erlangt, aber es behielt seine eigne Diplomatie, die Verwaltung des Heerwesens, der Post, der Telegraphen, der Eisenbahnen, die besondere Besteuerung des Biers und des Branntweins, und die Bestimmungen der Bundesverfassung über Heimats- und Niederlassungsverhältnisse fanden auf Bayern keine Anwendung.
Da aber doch zugleich wesentliche Souveränitätsrechte von der Krone an den Bund und das Bundespräsidium übergingen, der Bundesfeldherr das Recht der Anordnung der Mobilisierung und das der Inspektion des bayrischen Kontingents hatte, auch die Grundlagen der Bundeskriegsverfassung sowie die Formation und Ausrüstung der Truppen auf das bayrische Heerwesen übertragen wurden, so wurde dieser Vertrag im Hinblick auf das Ganze und auf die bessernde Hand der Zukunft von dem norddeutschen Bundesrat einstimmig und von dem Reichstag 9. Dez. mit 195 gegen 32 Stimmen genehmigt. In der Titelfrage ergriff König Ludwig die Initiative und trug unter Zustimmung sämtlicher deutscher Regierungen dem König von Preußen den Kaisertitel an.
Noch aber fehlte die Zustimmung der bayrischen Kammern zu den Versailler Verträgen, die ihnen 14. Dez. vorgelegt wurden. Die Reichsratskammer nahm sie 30. Dez. mit 37 gegen 3 Stimmen an. Das Abgeordnetenhaus wählte aber einen Ausschuß, der 29. Dez. die Verwerfung zu beantragen beschloß, und begann erst die Debatte im Plenum, die bis 21. Jan. dauerte. Jörg stellte im Namen der Patrioten den Antrag, die Verträge zu verwerfen und mit dem künftigen Deutschen Reich einen weitern Bund abzuschließen »auf Grund der innern Ausbildung des
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Allianzvertrags und der Ausdehnung jener verfassungsmäßigen Verbindung, welche durch den Zollvereinsvertrag bestehe«. Der Minoritätsantrag verlangte unbedingte Annahme der Verträge. Die Minister und die Führer der Fortschrittspartei traten sehr energisch für die Verträge ein, selbst Mitglieder der Patriotenpartei, von der nationalen Strömung fortgerissen, sprachen dafür; aber immerhin war es schwer, die nötige Zweidrittelmajorität herauszubringen.
Bei der Abstimmung am 21. Jan. waren 150 Abgeordnete anwesend; dieselbe ergab 102 Stimmen für, 48 gegen die Verträge; somit waren sie angenommen. Die Ratifikation im Bundeskanzleramt zu Berlin erfolgte 29. Jan., die Publikation der Verträge und des Reichstagswahlgesetzes 1. Febr., und Bayern war nun endlich als letztes Glied dem Deutschen Reich eingefügt. Am 18. Febr. wurde der Landtag vertagt. Alles rüstete sich zu den auf den 3. März festgesetzten Reichstagswahlen. So stark war in Folge der siegreichen Waffengenossenschaft und der Herstellung eines mächtigen Deutschen Reichs der Umschwung der Verhältnisse in dem so vielfach unterwühlten und fanatisierten Bayern, daß die Patrioten bei diesen Wahlen eine sehr bedeutende Niederlage erlitten und nur 19 ihrer Kandidaten durchsetzten, die Liberalen dagegen 29.
Bayern seit 1870.
Mitten in diese politische Bewegung, welche das ganze Land durchzitterte, fiel die durch die Beschlüsse des vatikanischen Konzils hervorgerufene religiöse und kirchlich-politische Aufregung. Der Stiftspropst und Reichsrat v. Döllinger hatte sich schon in einem Zeitungsartikel energisch gegen die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit ausgesprochen. Am 24. Juli, also sechs Tage nach dem Unfehlbarkeitsbeschluß, erließen 44 Professoren und Dozenten der Universität München eine öffentliche Erklärung gegen die Ökumenizität des vatikanischen Konzils und gegen das Unfehlbarkeitsdogma.
Die Regierung verbot in einem Erlaß vom 9. Aug. die Veröffentlichung der Konzilsbeschlüsse ohne vorherige Einholung des Placetum regium, d. h. der staatlichen Genehmigung. Trotz des ausdrücklichen Verbots publizierte der Erzbischof von München in seinem Pastoralblatt vom 18. Aug. die Beschlüsse des Konzils; ihm folgten die andern Bischöfe. Ja, der Erzbischof forderte von den Professoren der Theologie an der Universität München die Unterzeichnung eines Reverses, worin sie sich für die Anerkennung der Konzilsbeschlüsse aussprechen sollten.
Von den neun Professoren der theologischen Fakultät unterzeichneten sechs den Revers, drei (Döllinger, Friedrich und Silbernagel) nicht. Darauf beschloß der Senat der Universität München 24. Dez., den Unterzeichnern des Reverses einen Verweis zu erteilen und die Angelegenheit zur Kenntnis des Kultusministers zu bringen, weil der Erzbischof nicht berechtigt gewesen sei, eine solche Erklärung zu verlangen, folglich die Fakultät verpflichtet sei, dieselbe zu verweigern. So nahm der Streit immer größere Dimensionen an. In mehreren Orten bildeten sich Vereine von »Altkatholiken«, welche das Unfehlbarkeitsdogma verwarfen und erklärten, daß sie ihrem alten katholischen Glauben treu bleiben und jedem Versuch, ihnen eine neue Lehre aufzuzwingen oder sie aus der Kirche hinauszudrängen, aktiven und passiven Widerstand entgegensetzen würden.
Auch mehrere Pfarrer gingen zu den Altkatholiken über und blieben trotz der Exkommunikation in ihrem Amte. Der Kultusminister v. Lutz lehnte es in einem Schreiben vom ab, den Bischöfen die Beihilfe des weltlichen Arms zu gewähren. In einer Kollektiveingabe an den König suchten sämtliche bayrische Bischöfe wegen Nichteinholung des Placets sich zu rechtfertigen und die von dem Kultusminister 27. Febr. ausgesprochenen Grundsätze zu widerlegen. Mehrere Bischöfe sprachen es offen aus, daß sie den Eid auf die bayrische Verfassung nur unter dem Vorbehalt der göttlichen Gesetze und der katholischen Kirchensatzungen geleistet hätten.
Dies herausfordernde Auftreten machte eine energische Zurückweisung notwendig. Da Graf Bray sich dagegen sträubte, so nahm er seine Entlassung. An seine Stelle trat Graf Hegnenberg-Dux; das Innere und die Justiz übernahmen Pfeufer und Fäustle, gut deutsch gesinnte und liberale Männer. Das neue Ministerium wies die Ansprüche der Bischöfe entschieden zurück und beantragte im Bundesrat den Erlaß eines Gesetzes gegen den Mißbrauch der Kanzel zu politischen Agitationen (Kanzelparagraphen), das auch vom Bundesrat und Reichstag beschlossen wurde.
Der Ausweisung der Jesuiten aus dem Reich stimmte Bayern zu. Bedauerlich war, daß die Regierung nicht den patriotischen Aufschwung während des französischen Kriegs benutzt hatte, um die Kammer aufzulösen und sich eine feste national und liberal gesinnte Mehrheit zu verschaffen und mit dieser eine Reihe von Reformen, wie namentlich das Schulgesetz, zu stande zu bringen, welche die Macht des Klerus untergraben konnten. Jetzt war die Mehrheit der Abgeordnetenkammer ultramontan, und die Minister hatten in derselben mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen.
Der Ausschuß der Kammer erklärte die Beschwerde des Bischofs von Augsburg über die Verweigerung der Entfernung eines altkatholischen Pfarrers für begründet, und nur durch die Drohung des Ministers Lutz mit dem Rücktritt des ganzen Ministeriums wurde es erreicht, daß der Kommissionsantrag durch Stimmengleichheit verworfen wurde. Auch mehrere Anträge auf entschiedenere Wahrung der bayrischen Reservatrechte hatte das Ministerium abzuwehren. Die Führung desselben übernahm nach dem frühen Tod Hegnenbergs der bisherige Finanzminister Pfretzschner.
Die Beziehungen Bayerns zum Deutschen Reiche gestalteten sich in manchen wichtigen Punkten günstiger, als man geglaubt hatte. Schon erklärte der bayrische Bevollmächtigte im Reichstag, daß Bayern mehrere Reichsgesetze, welche anzunehmen es vertragsmäßig nicht genötigt sei, sofort anzunehmen wünsche, darunter besonders die Gesetze über Freizügigkeit, über Erwerbung und Verlust der Staatsangehörigkeit, über Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung, über gegenseitige Gewährung der Rechtshilfe und das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes; dazu kamen das Gesetz über die deutsche Gewerbeordnung und das Gesetz über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften.
Das Jesuitengesetz wurde von der bayrischen Regierung veröffentlicht und den Behörden der Befehl gegeben, die Ausweisung der Jesuiten, welche, obgleich durch die bayrischen Gesetze nicht geduldet, unter dem Schutz des Bischofs Senestrey in Regensburg eine ungestörte Existenz hatten, zu vollziehen, und als der Bundesrat die Redemptoristen als einen den Jesuiten verwandten Orden bezeichnete, demgemäß gleichfalls seine Ausweisung anordnete, so erhielten dieselben im Juni 1873 auch von der bayrischen