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Unter den Einnahmen ergeben:
Direkte Steuern | 25607510 Mk. |
Indirekte Steuern und Zölle | 66824820 |
Staatsregalien | 101330865 |
Staatsdomänen | 39516348 |
Die Ausgaben sind gleichhoch veranschlagt wie die Einnahmen; Hauptpositionen derselben sind:
Zivilliste und Apanagen | 5342029 Mk. |
Staatsschuld | 51047156 |
Ministerium des kgl. Hauses u. des Äußern | 557454 |
Justizministerium | 12644559 |
Ministerium des Innern | 18740978 |
Kultusministerium | 19536374 |
Ausgaben für Reichszwecke | 19540250 |
Der Militäretat, d. h. der im Reichsbudget ausgeworfene Betrag für das bayrische Militärkontingent, beträgt für 1884/85: 43,490,595 Mk. (dieser Betrag ist in obigen Zahlen des Etats nicht mit inbegriffen). Die Staatsschuld Bayerns umfaßt die alte, aus Titeln vor Beginn der konstitutionellen Periode (1818) herrührende Staatsschuld, die neue Schuld und die Militäranlehen, welche durch Militäraufwand vom Jahr 1848 an bis in die neueste Zeit entstanden sind, die Eisenbahnschuld und die Grundrentenschuld.
Beim Beginn der konstitutionellen Periode ward die Staatsschuld auf 183 Mill. Mk. berechnet- wovon alljährlich außer den Zinsen ⅔ Proz. getilgt werden soll. Dennoch war die Schuld 1847 bereits auf 216 Mill. Mk. gestiegen. Neue Anlehen machten die Jahre 1848-50, 1855, 1866, 1870 und 1871 notwendig, so daß Ende 1871 die Staatsschuld 310 Mill. Mk. betrug. Durch Zurückzahlung minderte sich dieselbe bis März 1883 auf 236 Mill. Mk. Die Eisenbahnschuld, welche seit 1844 von Jahr zu Jahr sich erhöhte, betrug 1883: 946 Mill. Mk., die Grundrentenschuld 165 Mill. Mk., so daß die Gesamtstaatsschuld 1883 die Höhe von 1347 Mill. Mk. erreichte. An unverzinslichen Kassenanweisungen sind 23 Mill. Mk. im Umlauf. Der Schuldenbestand der Gemeinden betrug Ende 1881: 131,6 Mill. Mk.; von den Regierungsbezirken steht Oberbayern am höchsten mit 50 Mill. (hierunter München [* 2] mit nahezu 40 Mill.), es folgen Schwaben, Unterfranken und Mittelfranken mit 19-16 Mill., dann Oberfranken, Pfalz und Oberpfalz mit 8-7 Mill.; die wenigsten Gemeindeschulden hat Niederbayern mit 5 Mill. Mk.
Heer, Wappen, Orden.
Die bayrische Armee bildet einen in sich geschlossenen und in manchen Beziehungen (Uniform etc.) selbständigen Bestandteil des deutschen Reichsheers mit eigner Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern, [* 3] im Kriegsfall jedoch unter dem Oberbefehl des deutschen Kaisers. Bayern trägt die Kosten und Lasten seines Kriegswesens sowie den Unterhalt der auf seinem Gebiet gelegenen festen Plätze und Fortifikationen allein; es ist jedoch verpflichtet, verhältnismäßig dieselbe Summe wie die übrigen deutschen Staaten für sein Kriegswesen aufzuwenden.
Die Aufstellung des Spezialetats steht Bayern zu. In Bezug auf Dienstzeit, Organisation, Formation etc. gelten im wesentlichen die für das deutsche Reichsheer bestehenden Normen. Die allgemeine Wehrpflicht war bereits durch das Wehrgesetz vom eingeführt und erstreckt sich auf alle waffentauglichen Staatsbürger mit Ausnahme der Prinzen, der Standesherren nebst deren Familien und der angestellten Geistlichen etc. Drei Jahre (resp. 1 Jahr für die sich selbst bekleidenden und verpflegenden Freiwilligen) dauert der Dienst in der aktiven Armee, 4 in der Reserve, 5 in der Landwehr.
Das bayrische Heer besteht aus 2 Armeekorps unter den Generalkommandos München und Würzburg, [* 4] umfaßt 19 Linieninfanterieregimenter, 4 Jägerbataillone, 10 Kavallerieregimenter, 4 Feld- und 2 Fußartillerieregimenter, das Ingenieurkorps mit 2 Pionierbataillonen und 1 Eisenbahnkompanie, 2 Trainbataillone. Dazu kommen die Generalinspektion der Armee, unter welcher die Infanterie- und Kavallerie-Beratungskommissionen stehen, und der Generalstab mit dem topographischen Büreau und Hauptkonservatorium der Armee, das Invalidenhaus und die Gendarmerie. Bayern ist in 32 Landwehrbezirke eingeteilt, von welchen jeder aus 4 Kompaniebezirken besteht. Vier Landwehrbezirke bilden einen Brigadebezirk, je 4 solche einen Armeekorpsbezirk. Die Friedensstärke der einzelnen Waffen [* 5] (ohne die Offiziere, Beamten, Ärzte etc.) beträgt gegenwärtig:
Infanterie und Jäger | 34461 Mann |
Kavallerie | 7132 |
Artillerie | 6004 |
Pioniere | 1385 |
Train | 950 |
Besondere Formationen | 292 |
Zusammen: | 50224 Mann |
Den ersten Rang in dieser Armee nimmt die »Leibgarde der Hartschiere« (120 Mann mit Junkersrang) ein, welcher die Bewachung des königlichen Hauses anvertraut ist, und die sich durch ausgezeichnete Offiziere und Unteroffiziere der Armee ergänzt. Militärbildungsanstalten sind: die Kriegsakademie, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule und das Kadettenkorps (1756 gegründet), sämtlich in München. Dem Generalstab ist das topographische Büreau untergeordnet. Festungen sind nur noch Ingolstadt, [* 6] Neu-Ulm und Germersheim. Landau [* 7] wurde 1867 befestigter Waffenplatz; Würzburg, Marienberg bei Würzburg und Rosenberg bei Kronach haben 1867 ihre Eigenschaft als Festungen verloren; Oberhaus bei Passau [* 8] wurde militärische Strafanstalt. Eine Pulverfabrik und Salpeterraffinerie ist zu Ebenhausen bei Ingolstadt, eine königliche Gewehrfabrik in Amberg, [* 9] ein Gieß- und Bohrhaus in Augsburg. [* 10]
Das bayrische
Wappen
[* 11] ist ein länglich-vier
eckiger
Schild,
[* 12] in vier
Teile geteilt, mit einem
Herzschild;
oben rechts ist der pfälzische goldene, rotgekrönte
Löwe in
Schwarz, unten links der blaue, goldgekrönte
Löwe (wegen
Veldenz)
in
Weiß,
oben links drei silberne
Spitzen in
Rot (wegen
Franken), unten rechts ein goldener
Pfahl auf rot und weiß gestreiftem
Grund (wegen
Burgau-Schwaben). Der Mittelschild enthält 42 silberne und azurne
Rauten, diagonal von der
Rechten zur
Linken aufsteigend, als
Sinnbild aller vereinigten Teile.
Die Schildhalter bilden zwei goldene Löwen [* 13] mit gespaltenem Schweif, von denen jeder eine in silberne und azurne Rauten geteilte Fahne hält. Das Ganze umgibt ein mit Hermelin ausgeschmücktes Zelt, oben mit der Königskrone (s. Tafel »Wappen«). Die Landesfarben sind Blau und Weiß. hat folgende Orden [* 14] und Ehrenzeichen: den St. Hubertusorden (1444 gestiftet) als ersten Hausorden mit einer Klasse Ritter;
den St. Georgsorden (aus den Zeiten der Kreuzzüge, 1729 erneuert) mit 3 Klassen;
den Militär-Max-Josephsorden (1806 gestiftet) mit 4 Klassen;
den Verdienstorden der Bayrischen Krone (1808 gestiftet), aus 6 Klassen bestehend (die 4 ersten mit persönlichem Adel verbunden);
den St. Michaelsorden (1693 gestiftet, 1837 zu einem Verdienstorden umgeschaffen) mit 5 Klassen;
den Ludwigsorden (1827 gestiftet) für 50jährige Dienstzeit;
den Maximiliansorden (1853 gestiftet) für Kunst und Wissenschaft;
den Militär-Verdienstorden (gestiftet ¶
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1866); vgl. die Tafel »Orden«. Frauenorden sind: der heil. Elisabeth- (1766) und der Theresienorden (1827 gestiftet) für zwölf vermögenslose adlige Damen;
der St. Anna-Orden des Damenstifts zu München (1784 gestiftet) und der St. Anna-Orden des Damenstifts zu Würzburg (1803 gestiftet).
Auch verschiedene Verdienstmedaillen und Ehrenmünzen werden verteilt. Die Landes-Haupt- und Residenzstadt ist München.
Vgl. Stumpf, ein geographisch-statistisch-historisches Handbuch (Münch. 1852-53);
»Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern« (das. 1860-68, 5 Bde.);
Geistbeck, Das Königreich in geographisch-statistischer Beziehung (das. 1878);
Grübel, Geographisch-statistisches Handlexikon über das Königreich Bayern (2. Aufl. 1880-83, 2 Bde.);
»Vollständiges Ortschaftenverzeichnis des Königreichs Bayern« (bearbeitet vom königlich bayrischen Statistischen Büreau das. 1877, Nachtrag 1879);
»Zeitschrift des königlichen Statistischen Büreaus« (seit 1869);
die von demselben veröffentlichten »Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern« (Heft 1-49) und »Statistischer Abriß« (Lief. 1-3);
Gümbel, Geognostische Beschreibung des Königreichs Bayern (Gotha [* 16] 1861-68, 2 Bde. mit Atlas); [* 17]
Derselbe, Geologie [* 18] von Bayern (Kassel [* 19] 1884 ff.);
Pözl, Lehrbuch des bayrischen Verfassungsrechts (5. Aufl., Münch. 1877);
Derselbe, Lehrbuch des bayrischen Verwaltungsrechts (3. Aufl. das. 1871);
Seydel, Bayrisches Staatsrecht (das. 1884 ff.);
»Beiträge zur Landeskunde Bayerns« (das. 1884, die vollständigsten Litteraturnachweise über Bayern enthaltend).
Kartenwerke: »Topographische Karte von Bayern« (1:50,000, Münch. 1812-68);
»Südwestdeutschland bis zu den Alpen« [* 20] (1:250,000, 25 Bl., seit 1867);
»Neue hypsometrische Karte« (1:25,000, noch unvollendet);
von der seit 1878 vorbereiteten »Topographischen Karte des Deutschen Reichs« werden auf Bayern 80 Sektionen fallen.
Geschichte.
Bayern bis zur Zeit der Wittelsbacher.
In ältester geschichtlicher Zeit bewohnten die keltischen Vindelizier das Land zwischen dem Bodensee und dem Inn, zwischen den Alpen und der Donau, welches jetzt das bayrische Stammland und das bayrische Schwaben umfaßt. Ihre Städte waren Brigantium (Bregenz), [* 21] Campodunum (Kempten), [* 22] Bojodurum (die Innstadt von Passau), Sorbiodurum (Straubing) [* 23] u. a. Augustus ließ sie 15 v. Chr. durch Drusus und Tiberius unterwerfen, und es entstanden die Kolonien Augusta Vindelicorum (Augsburg), die Hauptstadt der Provinz, Regina Castra (Regensburg) [* 24] und Castra Batava (Passau).
Das Land wurde mit dem der Räter zur Provinz Rätia gemacht und im 4. und 5. Jahrh. Raetia secunda genannt. Römische [* 25] Verwaltung und Sprache [* 26] wurden heimisch. Zur Zeit der Völkerwanderung besetzten die germanischen Markomannen und Quaden, welche von ihren Bisherigen Wohnsitzen, dem alten Bojerland Bojohaemum (Böhmen), [* 27] den Namen Bajuvarii oder Baiwaren angenommen hatten und diesen nun auf ihre neuen Wohnsitze übertrugen, Noricum und Rätien, während der kleinere Teil westlich des Lech bereits beträchtlich früher in die Gewalt der Alemannen geraten war; die Baiwaren wohnten vom Fichtelgebirge bis an die Hochalpen, vom Lech bis nach Kärnten und Steiermark [* 28] und standen zur Zeit des Einfalles der Langobarden in Italien [* 29] unter Herzögen, die aber von den austrasisch-fränkischen Königen abhängig waren.
Als erster dieser Herzöge, die auch wohl Könige genannt werden, erscheint Garibald I. aus dem Haus der Agilolfinger, dessen Residenz Regensburg gewesen sein soll, und der im Verein mit dem Langobardenkönig Authari sich von der Oberherrschaft der Franken zu befreien strebte, aber mit seinem Verbündeten den Waffen der Franken unterlag. Nach Garibalds Tod (590) wurde auf Betrieb der Franken nicht dessen Sohn Grimoald, sondern sein Verwandter Thassilo I. zum Herzog erhoben, der Grimoald aus Bayern vertrieb, einen glücklichen Feldzug gegen die Avaren machte, auf einem zweiten aber fast mir seinem ganzen Heer zu Grunde ging. Unter seinem Sohn und Nachfolger Garibald II., der die slawischen Nachbarn zu bekämpfen hatte, kamen Eustachius und Agilus als christliche Apostel aus dem burgundischen Kloster Luxeuil nach und unter seinem Sohn Theodo I. (gest. 680) wirkte der heil. Emmeram.
Theodo II. empfing mit seinen Söhnen von dem Bischof Rupert von Worms, [* 30] der die Bekehrung der Bayern zum Christentum vollendete, die Taufe und nahm seine Söhne 702 als Mitregenten an, indem er dem ältesten, Theudebert (gest. 724), Rätien mit der Hauptstadt Bozen, [* 31] dem zweiten, Grimoald (gest. 725), das bayrische Oberland mit der Hauptstadt Freising [* 32] und dem dritten, Theobald (gest. 712), einen Teil von Noricum mit der Hauptstadt Passau gab und für sich selbst den Rest mit der Hauptstadt Regensburg behielt.
Nach seinem und seiner Söhne Tod fiel das ganze Land an Theodeberts Sohn Huibert, der unglücklich gegen den fränkischen Majordomus Karl Martell kämpfte und dadurch nicht nur fast den ganzen nördlichen Teil seines Reichs verlor, sondern auch selbst in größere Abhängigkeit von den Franken geriet. Sein Nachfolger Odilo machte sich zwar von den Franken frei, ward aber, als er sich in dem Erbfolgestreit seines Schwagers Griffo mit Pippin und Karlmann desselben annahm, wiederum in Kämpfe mit denselben verwickelt, 743 auf dem Lechfeld geschlagen, gefangen und erst im folgenden Jahr wieder freigegeben, nachdem das Land nördlich der Donau von Bayern getrennt und als Nordgau dem Frankenreich beigefügt worden war.
Unter ihm gründete Bonifacius 739 die Bistümer Passau, Freising, Salzburg [* 33] und Regensburg. Odilo hinterließ 748 die Herrschaft seinem sechsjährigen Sohn Thassilo II. Derselbe stand anfangs unter der Vormundschaft seiner Muter Chiltrudis, der Stiefschwester Pippins des Kleinen. Als er selbständig geworden, suchte er unter dem Einfluß seiner Gemahlin Liutgard, Tochter des gestürzten Langobardenkönigs Desiderius, die fränkische Oberhoheit abzuschütteln und sich unabhängig zu machen.
Obwohl er Karl d. Gr. nochmals den Lehnseid schwören mußte, stellte er doch bei den langobardischen und fränkischen Kriegen keine Truppen zum fränkischen Heerbann, besuchte die Maifelder nicht und erließ alle Gesetze und Beschlüsse bloß in seinem eignen Namen. Als er sich aber mit seinem Schwager, dem Langobarden Adalgis, und dem oströmischen Hof, [* 34] ja sogar mit den Avaren verbündete, um eine Empörung zu versuchen, ward er von Karl mit Waffengewalt gezwungen, 787 in Worms sein Herzogtum von neuem zu Lehen zu nehmen und Geiseln zu stellen. Da Thassilo seine Umtriebe dennoch fortsetzte, so wurde er 788 von einem Reichsgericht in Ingelheim zum Tod verurteilt, aber begnadigt und in ein Kloster verwiesen. Im J. 794 verzichtete er auf dem Reichstag zu Frankfurt [* 35] feierlichst auf Bayern, wodurch das Land zur fränkischen Provinz wurde.
Karl d. Gr. machte zuerst seinen Schwager, den schwäbischen Grafen Gerold, zum Vorsteher ¶