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1155 Kernobst, 649 Getreide etc.; ihre Gesamtproduktion beträgt 243,112 hl zu 50 Proz. nach Tralles. Die Gesamtzahl der sonstigen Anstalten für Fabrikation von Spirituosen aller Art betrug 158 meist kleinere Betriebe. Außerdem sind zu erwähnen: die Essigfabriken (247), die Hefenfabriken (50), Senffabriken (6) und die Fabrikation von konservierten Früchten, Fruchtsäften etc. (München, Würzburg, Deidesheim);
eine Obstgeleefabrik ist in Kleinheubach, eine Fabrik kondensierter Milch in Rickenbach bei Lindau.
Bedeutendere Tabaks- und Zigarrenfabriken sind in München, Passau, Aschaffenburg, Speier, Kaiserslautern, Neustadt a. d. Haardt, Landau, Grünstadt, Bamberg, Würzburg, Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Fürth. - Aus dieser generellen Übersicht geht hervor, daß fast sämtliche Zweige der Industrie in Bayern vertreten sind. Die Zahl der Gewerbtreibenden, welche sich seit Einführung der Gewerbefreiheit beträchtlich vermehrt hat und 1861 noch 152,976 mit 168,540 Gehilfen betragen hatte, betrug nach der Erhebung von 1882: 253,137 Selbständige (hierunter 51,489 weibliche) mit 376,282 Gehilfen (hierunter 50,528 weibliche). Außerdem wurden noch 63,871 Betriebe nebenberuflich ausgeübt. Die 1883 bestehenden 187 Industrie-Aktiengesellschaften hatten ein Nominalkapital von 343, ein eingezahltes Kapital von 280 Mill. Mk.; der Reservefonds betrug 48, der Reingewinn 23,5 Mill. Mk.
Handel und Verkehr.
Der Handel von Bayern teilt die Beschränkungen andrer vom Meer weit entfernter Binnenländer und beschäftigt sich bis in die neuere Zeit vorzugsweise mit dem innern und Transito-Güterumsatz. Als Hauptplätze desselben sind zu nennen: Nürnberg, Augsburg, München, Fürth;
sodann Würzburg, Hof, Bamberg, Kempten, Regensburg, Lindau, Passau, Schweinfurt, Kitzingen, Ludwigshafen, Kaiserslautern.
Die Zahl der Eigentümer von Handelsgeschäften betrug 1882: 44,673 (hierunter 14,222 weibliche) Selbständige und 24,652 (hierunter 9873 weibliche) Gehilfen. Hierzu kommen noch 21,254 nebenberufliche Betriebe. Die meisten befinden sich in Oberbayern, in Mittelfranken und in der Pfalz, die wenigsten in der Oberpfalz. Der Handel wird befördert durch den Produktenreichtum des Landes, seine günstige Lage an schiffbaren Flüssen (Donau, Main, Rhein etc.), den Ludwigskanal und zahlreiche Eisenbahnen und Straßen.
Nicht unbedeutend ist der Schiffahrtsverkehr auf der Donau, dem Main und Rhein. Auf dem Main sind 1882 durchgegangen bei Aschaffenburg 2737 Schiffe mit 155,390 Ton. zu Thal, 2756 Schiffe mit 8250 T. zu Berg. Einschließlich der mittransportierten Güter gingen daselbst an Floßholz mit Flößen durch 245,786 T. An der Donau sind die wichtigsten Hafenplätze Neu-Ulm, Günzburg, Donauwörth, Neuburg a. D., Ingolstadt, Regensburg und Passau. Von Regensburg ab (früher von Donauwörth) wird von der Österreichischen Donaudampfschiffahrtsgesellschaft die Dampfschiffahrt betrieben; der Schiffahrtsverkehr beginnt schon in Neu-Ulm.
Sehr bedeutend ist die Flößerei auf der Donau wie auf ihren Nebenflüssen, am bedeutendsten auf der Isar, dem Inn und Regen. In Regensburg kamen 1882 im Dampfschiffahrtsverkehr auf der Strecke Regensburg-Wien zu Berg an: 155 Remorkeure, 303 Schlepper mit 29,439 T.; zu Thal gingen ab: 159 Remorkeure und 300 Schlepper mit 31,557 T. Im Ruderschiffahrtsverkehr kamen zu Thal von der obern Donau und dem Ludwigskanal 129 Schiffe mit 10,851 T., zu Berg von der untern Donau 41 Schiffe mit 1390 T. Nach der obern Donau und dem Kanal gingen ab 125 Schiffe mit 720 T., dann nach der untern Donau 12 Schiffe mit 1170 T. Sehr bedeutend ist der Schiffsverkehr bei Passau.
Nach zollamtlichen Aufzeichnungen stellte sich 1882 der Wareneingang auf der Donau auf 118 Dampfschiffen, 311 Schleppern mit 537 Güterschiffen, ferner 459 sonstigen Schiffen auf 71,152 T., worunter 55,500 T. Getreide, 1228 T. Wein, 1597 T. Mehl etc.; der Warenausgang auf 118 Dampfschiffen, 213 Schleppern mit 297 Güterschiffen, ferner 446 Ruderschiffen auf 8371 T., worunter 1051 T. Eisenfabrikate, 1006 T. Steinkohlen etc.; ferner sind ausgegangen 24,366 T. Floßholz.
Auch auf dem Ludwigskanal (s. d.) ist die Schifffahrt nicht unbeträchtlich. Auf dem Rhein, auf welchem die Schiffahrt von der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt betrieben wird, ist der Schiffahrtsverkehr sehr lebhaft. Auf dem Frankenthaler Kanal stellte sich 1883 die Zufuhr vom Rhein her auf 12,911 T., die Abfuhr in der Richtung gegen den Rhein auf 3876 T. Die Dampfschiffahrt auf dem Bodensee wird vom Staat in eigner Regie betrieben. Ende 1882 bestand dieses Betriebsmaterial in 6 Dampfbooten, 1 Dampffähre, 5 Schlepp- und 3 Trajektkähnen, welche 1882: 122,666 Personen mit 6340 metr. Ztr. Gepäck etc. verschifften;
im Warenverkehr sind 35,419 T. eingegangen und 312,923 T. ausgegangen (unter letztern 179,845 T. Getreide und 59,536 T. Holz).
Von sonstigen Seen wird der Starnberger See mit 3, Chiemsee und Ammersee mit je 1 Dampfschiff befahren. - Die sämtlichen Verkehrsanstalten Bayerns hatten 1882 eine Bruttoeinnahme von 100,642,297 Mk.
Die in Bayern bestehenden Eisenbahnen werden im diesseitigen Bayern vom Staat, in der Pfalz von Privaten betrieben. Die Ludwigsbahn (Privatbahn), als die erste Lokomotiveisenbahn in Deutschland 1835 erbaut, dient hauptsächlich dem Lokalverkehr zwischen Nürnberg und Fürth (1883 wurden auf derselben 1,313,860 Personen befördert). Die bayrischen Staatsbahnen stehen unter der Generaldirektion in München und werden in zehn Oberbahnamtsbezirken verwaltet. Wenn man sie nach den Hauptzentren gruppiert, so ist 1) München Ausgangspunkt der Linien über Regensburg nach Eger, über Ingolstadt-Bamberg nach Hof, über Ingolstadt-Treuchtlingen nach Würzburg, über Augsburg nach Ulm, über Buchloe nach Memmingen und Lindau, über Rosenheim nach Kufstein und Salzburg, über Simbach nach Wien, endlich der kleinern Routen nach Holzkirchen-Tölz und Schliersee, ferner nach Tutzing mit Abzweigungen nach Penzberg und Murnau;
2) Rosenheim Knotenpunkt der Eisenbahnen nach München, Holzkirchen, Kufstein, Salzburg und über Mühldorf nach Böhmen;
3) Augsburg Knotenpunkt der Eisenbahnen nach München, Ingolstadt, Nördlingen, Ulm und Lindau;
4) Nürnberg Knotenpunkt der Eisenbahnen über Regensburg nach Passau, über Ingolstadt nach München, über Pleinfeld nach Stuttgart, über Ansbach nach Karlsruhe, über Würzburg nach Hessen-Nassau, über Bamberg nach Meiningen und Hof, ferner der Linien nach Baireuth, Eger und Pilsen. Ihre Gesamtlänge betrug Ende 1882: 4313,71 km (3893,31 km Hauptbahnen und 420,40 km untergeordneter Bedeutung). Von jenen sind zehn Grenzstrecken mit 103,08 km an fremde Bahnverwaltungen verpachtet, dagegen sechs Grenzstrecken gepachtet, sohin 4251,68 km im Staatsbetrieb. Ferner befinden sich unter obigen 420,40 km 15 Vizinalbahnen mit 167,20 km. Die Baukosten der sämtlichen Staatseisenbahnen beliefen sich Ende 1882 auf 927½ Mill. Mk. (hierunter
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15½ Mill. Mk. für Vizinalbahnen). Im J. 1882 wurden auf sämtlichen vom Staat betriebenen Bahnen 17,892,669 Personen und an Gütern im internen direkten und Transitverkehr 7,903,038 Ton. (3,092,446 im internen Verkehr) befördert. Die Pfälzer Bahnen (Privatbahnen), welche die Ludwigsbahn, Maximiliansbahn und die Nordbahnen in sich begreifen, hatten Ende 1882 eine Gesamtlänge von 632 km; auf ihnen wurden 4,417,142 Personen, 2,821,524 T. Güter und 1,043,765 T. Kohlen befördert.
Telegraphenstationen gab es 1882 (mit Ausschluß der im Ausland gelegenen sechs bayrischen Stationen) 1160 Staatsanstalten (hierunter 3 mit ununterbrochenem Dienste). Telephonanstalten bestehen 1883 in München und Ludwigshafen a. Rh.; das Röhrennetz des pneumatischen Telegraphen in München hat eine Länge von 9 km. Die Länge sämtlicher Linien betrug Ende 1882: 8260,8 km mit 35,669,16 km Drahtleitungen. Die Gesamtanzahl der beförderten Depeschen betrug 2,021,890, wofür eine Nettoeinnahme von 1,192,033 Mk. erzielt worden ist.
Die Posten beförderten 1882: 646,116 Personen. Die Länge der Staatsstraßen betrug 1882 nahezu 7000 km, die Zahl der Postanstalten 1426, und die Einnahme aus dem Briefpost-, Fahrpost- und Zeitungsverkehr betrug 11,349,634 Mk. Befördert wurden im Briefpostverkehr 109 Mill. Sendungen und zwar 86 Mill. Briefe, 12 Mill. Postkarten, 9 Mill. Drucksachen, 2 Mill. Warenproben; im Fahrpostverkehr 19,8 Mill. Stück mit einem Gesamtwert von 1286 Mill. Mk. Es treffen sonach in Bayern auf den Kopf der Bevölkerung 20,7 Briefsendungen, 3,8 Pakete und Briefe mit deklariertem Wert. Im Postanweisungsverkehr wurden 1882 im internen Verkehr 3,169,758 Anweisungen mit 167,5 Mill. Mk., im Wechselverkehr und Verkehr mit dem Ausland 1,540,043 Anweisungen mit 108,4 Mill. Mk. einbezahlt.
Anstalten zur Förderung des Großhandels und des Verkehrs sind die Reichsbankhauptstelle in München, die Reichsbankstellen in Augsburg und Nürnberg und sieben Nebenstellen;
in München die Bayrische Hypotheken- und Wechselbank, die Bayrische Vereinsbank, die Bayrische Handelsbank, die Bayrische Notenbank und die Süddeutsche Bodenkreditbank;
in Nürnberg die Königliche Bank (mit ihren Filialen in Amberg, Ansbach, Augsburg, Bamberg, Baireuth, Hof, Ludwigshafen, München, Passau, Regensburg, Schweinfurt, Straubing und Würzburg) und die Vereinsbank;
die Bankanstalt in Augsburg etc. Zur Förderung der Interessen des Handelsstandes besteht in Bayern für jeden Regierungsbezirk eine Handels- und Gewerbekammer, welche alljährlich einen Bericht an das Ministerium des Innern vorzulegen hat.
Für den Unterricht in Handelsgegenständen sind an einer Anzahl von Realschulen Handelsabteilungen errichtet; außerdem bestehen in Nürnberg und München besondere städtische Handelsschulen. Für Getreidehandel (1883: 4,054,600 Ztr. und 1,683,855 hl) ist Lindau (1,055,696 Ztr.), dann München (438,805 Ztr.) der Hauptplatz, für Hopfenhandel Nürnberg; den bedeutendsten Wollmarkt hat Augsburg, den größten Viehmarkt Sonthofen im Algäu. Nicht unbedeutend sind die Börsen in Augsburg und München.
Was den Verkehr mit dem Ausland anlangt, so übersteigt der Wert der Ausfuhr den der Einfuhr. Zur Ausfuhr kommen vorzugsweise Getreide, Kartoffeln, Hopfen, Obst, Gemüse und Sämereien, Schlachtvieh, Bier, Wein, Farbwaren, Baumwollwaren, Glas, Spiegel, Eisenwaren, Nürnberger und Fürther Galanterie- und Kurzwaren, Maschinerien und Maschinenteile, Steinwaren, Lithographiesteine, Strohwaren, Schmelztiegel, Zündhölzer etc. Bei der Einfuhr stehen voran: Kakao, Kaffee, Pfeffer, Honig, Tabak, Thee, Südfrüchte, Öle, Farbstoffe, Baumwolle, Seide, Seidenstoffe, Droguen, Eisenwaren, Maschinerien und Maschinenteile.
Seit besteht auch in Bayern die deutsche Reichsgoldwährung mit der Reichsmark als Münzeinheit. Von den bayrischen Banken gibt nur die Bayrische Notenbank in München Banknoten aus. Die alten bayrischen Maße und Gewichte sind bereits seit 1872 dem metrischen System gewichen, das bis dahin bloß in der Pfalz (von französischen Zeiten her) eingeführt war. Die Verhältniszahlen der alten Maße und Gewichte sind folgende: der bayr. Fuß = 0,9299 preuß. Fuß oder 29,18 cm;
die Elle = 83,33 cm;
das Tagwerk = 400 QRuten oder 34,0727 Ar;
die bayr. Maß = 0,9336 preuß. Quart oder 1,069 Lit.;
der bayr. Eimer = 64 bayr. Maß oder 0,9958 preuß. Eimer oder 68,417 L.;
der bayr. Scheffel = 4,0457 preuß. Scheffel oder 222,35 L.;
das bayr. Pfund = 1,12 Zollpfund (560 g).
Die Statistik der Sparkassen ergibt für Bayern im J. 1882: 278 öffentliche Sparkassen mit einem Stand an Spareinlagen von nahezu 106 Mill. Mk. Die Zahl der Einleger betrug 361,524, so daß auf 100 Personen der Bevölkerung 7 Einleger entfallen. Auf den Kopf der Bevölkerung trifft eine Spareinlage von 19,6 Mk. Verhältnismäßig am meisten bestehen Sparkassen in Unterfranken, am wenigsten in Oberbayern.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Bayern bildet nach dem Versailler Vertrag vom und der Reichsverfassung vom ein Glied des Deutschen Reichs, doch bestehen für dasselbe einzelne von der allgemeinen Reichsverfassung abweichende Bestimmungen. Die wichtigsten derselben sind: das Recht der Handhabung der Aufsicht seitens des Bundes über die Heimats- und Niederlassungsverhältnisse erstreckt sich nicht auf Bayern;
das Königreich hat eine eigne Armeeverwaltung unter der Militärhoheit des Königs;
dasselbe behält die freie und selbständige Verwaltung seines Post- und Telegraphenwesens;
die in der Verfassung den übrigen Bundesstaaten auferlegten Verpflichtungen hinsichtlich des Eisenbahnwesens gelten für Bayern nicht.
Das bayrische Gesandtschafts- und Konsulatswesen ist auf das Deutsche Reich übergegangen. Nur in einzelnen Staaten (Österreich-Ungarn, Frankreich, Rußland) befinden sich noch bayrische Geschäftsträger.
Die bayrische Verfassung gründet sich im wesentlichen auf die Verfassungsurkunde vom und die Reichsverfassung vom Nach derselben ist Bayern eine konstitutionelle Monarchie; sein König (Ludwig II., seit ist das Oberhaupt des Staats. Die Krone ist erblich im Mannesstamm nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linearerbfolge, mit Ausschluß der weiblichen Nachkommen, solange noch ein successionsfähiger Agnat aus ebenbürtiger, mit Bewilligung des Königs geschlossener Ehe oder ein durch Erbverbrüderung zur Thronfolge berechtigter Prinz vorhanden ist.
Beim Erlöschen des Mannesstamms und bei Mangel einer Erbverbrüderung mit einem andern deutschen Fürstenhaus geht die Thronfolge nach der für den Mannesstamm festgesetzten Ordnung auf die weibliche Nachkommenschaft über, in welcher wieder der männliche Teil vor dem weiblichen den Vorzug hat. Der König bekennt sich zur katholischen Konfession. Die Zivilliste beträgt 4,231,044 Mk. Nach der Reichsverfassung ist jeder, der das bayrische Indigenat besitzt, dessen Erwerbung und Verlust sich nach dem Reichsgesetz
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vom bemessen, Bundesangehöriger. Als solcher genießt er das Recht der Freizügigkeit nach dem Gesetz vom das Recht des Gewerbebetriebs in ganz Deutschland nach der Gewerbeordnung vom den Anspruch auf Rechtsschutz sowohl im Reich selbst als gegenüber fremden Staaten, das Recht der Auswanderung nach den reichsgesetzlichen Bestimmungen, das Recht, mit Petitionen und Beschwerden sich an den Reichstag zu wenden. Für das Preßwesen ist zunächst das Reichspreßgesetz vom maßgebend; das Versammlungs- und Vereinsrecht bestimmt sich nach dem einschlägigen Landesgesetz vom Über Preßvergehen und Verbrechen entscheiden Schwurgerichte (Ausführungsgesetz vom zum Reichsgerichtsverfassungsgesetz, Art. 35).
Der Landtag des Reichs besteht aus zwei Kammern, den Reichsräten und den Abgeordneten. Die Erste Kammer ist zusammengesetzt aus den volljährigen Prinzen des königlichen Hauses, den Kronbeamten des Reichs, den beiden Erzbischöfen, den Häuptern der ehemals reichsständischen fürstlichen und gräflichen Familien, einem vom König auf Lebenszeit ernannten Bischof, dem jedesmaligen Präsidenten des protestantischen Oberkonsistoriums und den vom König erblich oder lebenslänglich besonders ernannten Reichsräten, von denen die letztern den dritten Teil der erblichen und den erblichen gleichgeachteten Mitglieder (Gesetz vom nicht übersteigen dürfen.
Die Kammer der Abgeordneten setzt sich nach dem Wahlgesetz vom und aus 159 Mitgliedern zusammen, welche unter bleibender Zugrundelegung der Volkszählung vom im Verhältnis von einem Abgeordneten zu 31,500 Seelen in von der Regierung nach gesetzlichen Normen zu bildenden Wahlkreisen gewählt werden. Die Wahlperiode ist eine sechsjährige, die Wahl eine mittelbare durch aus Urwahlen hervorgegangene Wahlmänner. Für die Urwahlen bestehen permanente Wählerlisten, welche halbjährig revidiert werden.
Wahlberechtigt als Urwähler ist jeder volljährige Staatsangehörige, welcher dem Staat mindestens 6 Monate eine direkte Steuer entrichtet, den Verfassungseid geschworen hat und keinem der gesetzlich fixierten Ausschließungsgründe unterliegt. Zur Wahl als Wahlmann ist die erfolgte Zurücklegung des 25. Lebensjahrs, zu jener als Abgeordneter die Zurücklegung des 30. Lebensjahrs erforderlich. Der Landtag muß alle 3 Jahre einmal berufen werden; die Finanzperioden sind zweijährig.
Beide Kammern können nur vereint über die Gegenstände ihres Wirkens einen gültigen Beschluß fassen; die Verhandlungen derselben sind öffentlich. Jede Kammer wählt ihren Präsidenten und zwar die Kammer der Reichsräte ihren zweiten, die Kammer der Abgeordneten ihre beiden Präsidenten; für die Reichsratskammer ernennt der König den ersten Präsidenten für je eine Sitzungsperiode. Ohne Zustimmung des Landtags kann kein neues Gesetz in betreff der Freiheit der Personen oder des Eigentums der Staatsangehörigen erlassen, abgeändert, authentisch erklärt oder aufgehoben werden.
Zur Erhebung aller direkten und indirekten Steuern und Auflagen, Erhöhung und Veränderung der bestehenden, insoweit nicht die Besteuerung dem Reich zusteht, desgleichen zu jeder neuen Staatsschuld ist Zustimmung des Landtags nötig. Anträge auf Abänderung der Verfassung können nur vom König an den Landtag gebracht werden und erfordern zu einem gültigen Beschluß die Gegenwart von drei Vierteln der Mitglieder in jeder Kammer und eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen. Die Minister und sämtliche Staatsbeamte sind für die genaue Vollziehung der Verfassung verantwortlich; der Landtag hat das Recht der Beschwerde und der Anklage wegen verletzter Verfassung.
Verwaltung. Dem König steht der Staatsrat als beratendes Organ zur Seite, welcher in bestimmt bezeichneten wenigen Fällen zugleich erkennende Stelle ist. Derselbe besteht unter der unmittelbaren Leitung des Königs aus dem volljährigen Kronprinzen, aus andern vom König berufenen königlichen Prinzen, aus den Ministern und aus einer mindestens der Zahl der Minister gleichkommenden Anzahl von höhern Staatsbeamten und Militärs oder sonst vorzüglich würdigen Personen, welche der König zu Staatsräten ernennt.
Die oberste vollziehende Stelle ist das Gesamtministerium, welches sechs für sich bestehende Staatsministerien, nämlich das des Äußern und des königlichen Hauses, der Justiz, des Innern, des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Finanzen, des Kriegs, umfaßt. Im Ministerium des Innern besteht eine besondere Abteilung für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel. Unmittelbar unter den einschlägigen Ministerien stehen die Zentralstellen der Anstalten für einige Verwaltungszweige, nämlich unter dem Ministerium des königlichen Hauses und des Äußern, zu welchem das Geheime Hausarchiv und das Geheime Staatsarchiv gehören, die Generaldirektion der königlichen Verkehrsanstalten; unter dem Staatsministerium der Justiz das oberste Landesgericht; unter dem Staatsministerium des Innern, in welchem auch die oberste Baubehörde, der Obermedizinalausschuß, die statistische Zentralkommission mit dem statistischen Bureau, die Normaleichungskommission, die Landeskulturrentenkommission und ein technisches Büreau für Wasserversorgung bestehen, der Verwaltungsgerichtshof, das allgemeine Reichsarchiv, das Oberbergamt, die Landesgestütsverwaltung, die Brandversicherungskammer, welche zugleich Organ der staatlich geleiteten Hagelversicherungsanstalt ist, und die Zentralimpfanstalt; unter dem Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten der oberste Schulrat, das protestantische Oberkonsistorium sowie sämtliche unter direkter Aufsicht dieses Ministeriums stehende Anstalten für Wissenschaft, Kunst und Unterricht (Akademien, Universitäten, technische Hochschule etc.); unter dem Staatsministerium der Finanzen die Zentralstaatskasse, der oberste Rechnungshof und die Rechnungskammer, das Hauptmünzamt, die Staatsschuldentilgungskommission, das Katasterbüreau, die Generaldirektion der Zölle und indirekten Steuern, die General-Bergwerks- und Salinenadministration, die Königliche Bank in Nürnberg, die Zentralforstlehranstalt in Aschaffenburg; unter dem Kriegsministerium der Generalstab der Armee mit dem topographischen Büreau und dem Hauptkonservatorium der Armee, die Militärfondskommission, die Remonteinspektion, die Militärbildungsanstalten etc. In jedem der acht Regierungsbezirke befindet sich eine Kreisregierung, in zwei Kammern, die des Innern und der Finanzen, geteilt, an deren Spitze ein Regierungspräsident.
Den Kreisregierungen sind unterstellt die Bezirksämter (im ganzen 148), die unmittelbaren Magistrate (38), die Rent- (216) und die Forstämter (70), die Bauämter (48) sowie sämtliche Anstalten für Gesundheit, Unterricht, Wohlthätigkeit und Sicherheit. Für die Handhabung der Medizinalpolizei ist in jedem Bezirksamt ein Bezirksarzt angestellt. Jedes Bezirksamt ist mit einem Bezirksamtmann u. regelmäßig mit einem Assessor besetzt.
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Die Gemeinden sind öffentliche Korporationen mit dem Rechte der Selbstverwaltung. Sie stehen hinsichtlich der Verwaltung ihrer Angelegenheiten unter der Aufsicht der Staatsregierung, welche in erster Instanz von den Distriktsverwaltungsbehörden, in zweiter Instanz von den Kreisregierungen unter der obersten Leitung des Staatsministeriums des Innern ausgeübt wird. Maßgebend ist für sie die Gemeindeordnung vom Für die Pfalz besteht eine besondere Gemeindeordnung vom gleichen Datum.
Die Gemeinden diesseit des Rheins haben entweder die städtische oder Landgemeindeverfassung; in der Pfalz besteht nur eine Form der Gemeindeverfassung. In den Städten und Märkten mit städtischer Verfassung werden die Gemeindeangelegenheiten durch den Magistrat als Verwaltungsbehörde und durch die Gemeindebevollmächtigten als Gemeindevertretung besorgt. Der Magistrat besteht aus einem Bürgermeister, aus einem oder mehreren rechtskundigen Räten, den bürgerlichen Magistratsräten und endlich aus den nötigen Sachverständigen.
Der rechtskundige Bürgermeister wird nach 3 Jahren definitiv, sofern durch Dienstvertrag nicht eine andre Bestimmung getroffen wird; die nicht rechtskundigen Bürgermeister und Magistratsräte werden auf 6 Jahre gewählt. Die Gemeindebevollmächtigten werden auf 9 Jahre gewählt. In den Landgemeinden wird die Gemeindeverwaltung durch den Gemeindeausschuß besorgt; Vorstand desselben ist der Bürgermeister, Mitglieder des Ausschusses sind außer dem Bürgermeister ein Beigeordneter, 4-24 Gemeindebevollmächtigte je nach der Größe der Gemeinde; die Mitglieder werden auf 6 Jahre gewählt.
In der Pfalz ist der gesetzliche Vertreter der Gemeinde der Gemeinderat, dessen Vollzugsorgan der Bürgermeister. Mitglieder des Gemeinderats sind der Bürgermeister, 1 oder 2 Adjunkten in Gemeinden bis, resp. über 2500 Seelen, 6-24 Gemeinderäte, je nach der Größe der Gemeinden. Sämtliche Mitglieder werden auf 5 Jahre gewählt. In allen Regierungsbezirken gibt es nach dem Gesetz vom auch Distriktsgemeinden in der Eigenschaft von Korporationen, welche alle Gemeinden eines Bezirksamts- oder Amtsgerichtssprengels umfassen und hauptsächlich die Bestimmung haben, gewissen von einzelnen Gemeinden garnicht oder schwer zu befriedigenden Bedürfnissen mit gemeinsamen Kräften abzuhelfen und zu dem Zweck Distriktsanstalten zu errichten.
Ihr Organ ist der auf 3 Jahre gewählte, jährlich wenigstens einmal zusammentretende Distriktsrat, der aus seinen Mitgliedern einen besondern Ausschuß zur Leitung der gewöhnlichen Geschäfte wählt. Wie sich aus den einzelnen Gemeinden eines Bezirks die Distriktsgemeinde bildet, so besteht die Kreisgemeinde aus den sämtlichen Distrikts- und den größern Stadtgemeinden eines Regierungsbezirks, so daß es acht Kreisgemeinden in Bayern gibt, deren jede durch einen Landrat (bestehend aus Abgeordneten der Distriktsgemeinden, der Städte, der höchstbesteuerten Grundbesitzer, aus Vertretern der selbständigen Pfarrer und eventuell einer Universität) repräsentiert wird, der als Vertreter der Kreisgemeinde die Rechte derselben in ihrer Eigenschaft als juristische Person übt, und dessen Hauptaufgabe in der Mitwirkung bei Feststellung des Kreisbudgets besteht. Der Landrat, welcher auf die Dauer von 6 Jahren gewählt wird, ist alle Jahre einmal zu berufen und wählt von 3 zu 3 Jahren aus seiner Mitte einen Ausschuß, der so oft zusammentritt, als es die Kreisregierung für notwendig erachtet oder mindestens drei Ausschußmitglieder darauf antragen.
Die Rechtspflege basiert auf dem Reichsgerichtsverfassungsgesetz vom und dem Ausführungsgesetz hierzu vom Es bestehen hiernach 1 oberstes Landesgericht in München, 5 Oberlandesgerichte in München, Zweibrücken, Bamberg, Nürnberg und Augsburg, dann 28 Landgerichte und 270 Amtsgerichte. Das in Bayern geltende Zivilrecht ist zur Zeit noch ein sehr mannigfaltiges; die hauptsächlichsten Rechtsgebiete sind die des bayrischen Landrechts, des preußischen Landrechts und des Code civil. Das Hypothekenwesen ist durch Gesetz vom das Notariat durch Gesetz vom geregelt. Die Verwaltungsrechtspflege wird in letzter Instanz von dem Verwaltungsgerichtshof in München nach Maßgabe des hierüber erlassenen Gesetzes vom geübt. Über die Entscheidung der Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder dem Verwaltungsgerichtshof ist unterm ein Gesetz ergangen.
Armenwesen. Das Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz ist auf Bayern nicht ausgedehnt; vielmehr ist dort die frühere Heimatsgesetzgebung in Kraft geblieben (vgl. Gesetz über Heimat, Verehelichung und Aufenthalt vom mit den dazu gehörigen Novellen vom und Im J. 1881 betrug die Gesamtzahl der unterstützten Personen 160,650 mit einer Gesamtunterstützung von 6,107,929 Mk. In den unmittelbaren Städten trafen auf 1000 Einw. 52, in den Bezirksämtern 25, im Land überhaupt 30 Personen, welche unterstützt wurden.
Davon sind 64,4 Proz. dauernd unterstützt worden. Der Gesamtbetrag des Aufwandes für öffentliche Armenpflege bezifferte sich auf 8⅔ Mill. Mk.; auf den Kopf der Bevölkerung trifft hiernach 1,62 Mk. Der Bestand der Lokalarmenfonds stellt sich in Bayern auf 17 Mill. Mk., wobei auf Oberbayern und Schwaben zusammen nahezu die Hälfte trifft, nächstdem folgen Unterfranken und Niederbayern. Der Distriktsarmenfonds beträgt über 3 Mill. Mk. An öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten bestanden 1881 in Bayern 335 Krankenanstalten, 268 Pfründehäuser und Armenversorgungsanstalten, 99 Waisen-, Findel- und Rettungshäuser, 167 Kleinkinderbewahranstalten, 64 Armenbeschäftigungs- und Suppenanstalten.
Das gesamte rentierende Vermögen der öffentlichen Armenpflege in Bayern beträgt 151,5 Mill. Mk.; hiervon treffen auf den Kopf der Bevölkerung in den Städten 97, auf dem Land 12 Mk. Hinsichtlich der Privatwohlthätigkeit bestehen in Bayern 111 Wohlthätigkeitsanstalten mit einer Jahresausgabe von 1,2 Mill. Mk. und 299 Wohlthätigkeitsvereine mit einer Ausgabe von jährlich 750,000 Mk. Das rentierende Vermögen der Privatwohlthätigkeit betrug 1881: 5,9 Mill. Mk.
Die Staatseinnahmen fließen aus den Domänen (Forsten und Jagden, Ökonomien und Gewerben, Grundrenten), den Regalien (Bergwerken, Salinen, Staatseisenbahnen, Post, Telegraphen, Dampfschifffahrt, Verlag des Gesetz- und Regierungsblattes), Steuern (Grund-, Haus-, Kapitalrenten-, Einkommen- und Gewerbesteuer), indirekten Staatsauflagen etc. Das Budget wurde früher auf den Zeitraum von 6 Jahren festgesetzt, seit 1868 ist die Finanzperiode eine zweijährige. Nach dem Voranschlag für die Finanzperiode 1884/85 belaufen sich die Einnahmen im Jahr auf 234,462,573 Mk., wovon jedoch 92,563,550 Mk. Ausgaben auf die Erhebung, Verwaltung und den Betrieb abgehen, mithin netto auf 141,899,023 Mk.
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Unter den Einnahmen ergeben:
Direkte Steuern | 25607510 Mk. |
Indirekte Steuern und Zölle | 66824820 |
Staatsregalien | 101330865 |
Staatsdomänen | 39516348 |
Die Ausgaben sind gleichhoch veranschlagt wie die Einnahmen; Hauptpositionen derselben sind:
Zivilliste und Apanagen | 5342029 Mk. |
Staatsschuld | 51047156 |
Ministerium des kgl. Hauses u. des Äußern | 557454 |
Justizministerium | 12644559 |
Ministerium des Innern | 18740978 |
Kultusministerium | 19536374 |
Ausgaben für Reichszwecke | 19540250 |
Der Militäretat, d. h. der im Reichsbudget ausgeworfene Betrag für das bayrische Militärkontingent, beträgt für 1884/85: 43,490,595 Mk. (dieser Betrag ist in obigen Zahlen des Etats nicht mit inbegriffen). Die Staatsschuld Bayerns umfaßt die alte, aus Titeln vor Beginn der konstitutionellen Periode (1818) herrührende Staatsschuld, die neue Schuld und die Militäranlehen, welche durch Militäraufwand vom Jahr 1848 an bis in die neueste Zeit entstanden sind, die Eisenbahnschuld und die Grundrentenschuld.
Beim Beginn der konstitutionellen Periode ward die Staatsschuld auf 183 Mill. Mk. berechnet- wovon alljährlich außer den Zinsen ⅔ Proz. getilgt werden soll. Dennoch war die Schuld 1847 bereits auf 216 Mill. Mk. gestiegen. Neue Anlehen machten die Jahre 1848-50, 1855, 1866, 1870 und 1871 notwendig, so daß Ende 1871 die Staatsschuld 310 Mill. Mk. betrug. Durch Zurückzahlung minderte sich dieselbe bis März 1883 auf 236 Mill. Mk. Die Eisenbahnschuld, welche seit 1844 von Jahr zu Jahr sich erhöhte, betrug 1883: 946 Mill. Mk., die Grundrentenschuld 165 Mill. Mk., so daß die Gesamtstaatsschuld 1883 die Höhe von 1347 Mill. Mk. erreichte. An unverzinslichen Kassenanweisungen sind 23 Mill. Mk. im Umlauf. Der Schuldenbestand der Gemeinden betrug Ende 1881: 131,6 Mill. Mk.; von den Regierungsbezirken steht Oberbayern am höchsten mit 50 Mill. (hierunter München mit nahezu 40 Mill.), es folgen Schwaben, Unterfranken und Mittelfranken mit 19-16 Mill., dann Oberfranken, Pfalz und Oberpfalz mit 8-7 Mill.; die wenigsten Gemeindeschulden hat Niederbayern mit 5 Mill. Mk.
Heer, Wappen, Orden.
Die bayrische Armee bildet einen in sich geschlossenen und in manchen Beziehungen (Uniform etc.) selbständigen Bestandteil des deutschen Reichsheers mit eigner Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern, im Kriegsfall jedoch unter dem Oberbefehl des deutschen Kaisers. Bayern trägt die Kosten und Lasten seines Kriegswesens sowie den Unterhalt der auf seinem Gebiet gelegenen festen Plätze und Fortifikationen allein; es ist jedoch verpflichtet, verhältnismäßig dieselbe Summe wie die übrigen deutschen Staaten für sein Kriegswesen aufzuwenden.
Die Aufstellung des Spezialetats steht Bayern zu. In Bezug auf Dienstzeit, Organisation, Formation etc. gelten im wesentlichen die für das deutsche Reichsheer bestehenden Normen. Die allgemeine Wehrpflicht war bereits durch das Wehrgesetz vom eingeführt und erstreckt sich auf alle waffentauglichen Staatsbürger mit Ausnahme der Prinzen, der Standesherren nebst deren Familien und der angestellten Geistlichen etc. Drei Jahre (resp. 1 Jahr für die sich selbst bekleidenden und verpflegenden Freiwilligen) dauert der Dienst in der aktiven Armee, 4 in der Reserve, 5 in der Landwehr.
Das bayrische Heer besteht aus 2 Armeekorps unter den Generalkommandos München und Würzburg, umfaßt 19 Linieninfanterieregimenter, 4 Jägerbataillone, 10 Kavallerieregimenter, 4 Feld- und 2 Fußartillerieregimenter, das Ingenieurkorps mit 2 Pionierbataillonen und 1 Eisenbahnkompanie, 2 Trainbataillone. Dazu kommen die Generalinspektion der Armee, unter welcher die Infanterie- und Kavallerie-Beratungskommissionen stehen, und der Generalstab mit dem topographischen Büreau und Hauptkonservatorium der Armee, das Invalidenhaus und die Gendarmerie. Bayern ist in 32 Landwehrbezirke eingeteilt, von welchen jeder aus 4 Kompaniebezirken besteht. Vier Landwehrbezirke bilden einen Brigadebezirk, je 4 solche einen Armeekorpsbezirk. Die Friedensstärke der einzelnen Waffen (ohne die Offiziere, Beamten, Ärzte etc.) beträgt gegenwärtig:
Infanterie und Jäger | 34461 Mann |
Kavallerie | 7132 |
Artillerie | 6004 |
Pioniere | 1385 |
Train | 950 |
Besondere Formationen | 292 |
Zusammen: | 50224 Mann |
Den ersten Rang in dieser Armee nimmt die »Leibgarde der Hartschiere« (120 Mann mit Junkersrang) ein, welcher die Bewachung des königlichen Hauses anvertraut ist, und die sich durch ausgezeichnete Offiziere und Unteroffiziere der Armee ergänzt. Militärbildungsanstalten sind: die Kriegsakademie, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule und das Kadettenkorps (1756 gegründet), sämtlich in München. Dem Generalstab ist das topographische Büreau untergeordnet. Festungen sind nur noch Ingolstadt, Neu-Ulm und Germersheim. Landau wurde 1867 befestigter Waffenplatz; Würzburg, Marienberg bei Würzburg und Rosenberg bei Kronach haben 1867 ihre Eigenschaft als Festungen verloren; Oberhaus bei Passau wurde militärische Strafanstalt. Eine Pulverfabrik und Salpeterraffinerie ist zu Ebenhausen bei Ingolstadt, eine königliche Gewehrfabrik in Amberg, ein Gieß- und Bohrhaus in Augsburg.
Das bayrische Wappen ist ein länglich-viereckiger Schild, in vier Teile geteilt, mit einem Herzschild; oben rechts ist der pfälzische goldene, rotgekrönte Löwe in Schwarz, unten links der blaue, goldgekrönte Löwe (wegen Veldenz) in Weiß, oben links drei silberne Spitzen in Rot (wegen Franken), unten rechts ein goldener Pfahl auf rot und weiß gestreiftem Grund (wegen Burgau-Schwaben). Der Mittelschild enthält 42 silberne und azurne Rauten, diagonal von der Rechten zur Linken aufsteigend, als Sinnbild aller vereinigten Teile.
Die Schildhalter bilden zwei goldene Löwen mit gespaltenem Schweif, von denen jeder eine in silberne und azurne Rauten geteilte Fahne hält. Das Ganze umgibt ein mit Hermelin ausgeschmücktes Zelt, oben mit der Königskrone (s. Tafel »Wappen«). Die Landesfarben sind Blau und Weiß. hat folgende Orden und Ehrenzeichen: den St. Hubertusorden (1444 gestiftet) als ersten Hausorden mit einer Klasse Ritter;
den St. Georgsorden (aus den Zeiten der Kreuzzüge, 1729 erneuert) mit 3 Klassen;
den Militär-Max-Josephsorden (1806 gestiftet) mit 4 Klassen;
den Verdienstorden der Bayrischen Krone (1808 gestiftet), aus 6 Klassen bestehend (die 4 ersten mit persönlichem Adel verbunden);
den St. Michaelsorden (1693 gestiftet, 1837 zu einem Verdienstorden umgeschaffen) mit 5 Klassen;
den Ludwigsorden (1827 gestiftet) für 50jährige Dienstzeit;
den Maximiliansorden (1853 gestiftet) für Kunst und Wissenschaft;
den Militär-Verdienstorden (gestiftet
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1866); vgl. die Tafel »Orden«. Frauenorden sind: der heil. Elisabeth- (1766) und der Theresienorden (1827 gestiftet) für zwölf vermögenslose adlige Damen;
der St. Anna-Orden des Damenstifts zu München (1784 gestiftet) und der St. Anna-Orden des Damenstifts zu Würzburg (1803 gestiftet).
Auch verschiedene Verdienstmedaillen und Ehrenmünzen werden verteilt. Die Landes-Haupt- und Residenzstadt ist München.
Vgl. Stumpf, ein geographisch-statistisch-historisches Handbuch (Münch. 1852-53);
»Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern« (das. 1860-68, 5 Bde.);
Geistbeck, Das Königreich in geographisch-statistischer Beziehung (das. 1878);
Grübel, Geographisch-statistisches Handlexikon über das Königreich Bayern (2. Aufl. 1880-83, 2 Bde.);
»Vollständiges Ortschaftenverzeichnis des Königreichs Bayern« (bearbeitet vom königlich bayrischen Statistischen Büreau das. 1877, Nachtrag 1879);
»Zeitschrift des königlichen Statistischen Büreaus« (seit 1869);
die von demselben veröffentlichten »Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern« (Heft 1-49) und »Statistischer Abriß« (Lief. 1-3);
Gümbel, Geognostische Beschreibung des Königreichs Bayern (Gotha 1861-68, 2 Bde. mit Atlas);
Derselbe, Geologie von Bayern (Kassel 1884 ff.);
Pözl, Lehrbuch des bayrischen Verfassungsrechts (5. Aufl., Münch. 1877);
Derselbe, Lehrbuch des bayrischen Verwaltungsrechts (3. Aufl. das. 1871);
Seydel, Bayrisches Staatsrecht (das. 1884 ff.);
»Beiträge zur Landeskunde Bayerns« (das. 1884, die vollständigsten Litteraturnachweise über Bayern enthaltend).
Kartenwerke: »Topographische Karte von Bayern« (1:50,000, Münch. 1812-68);
»Südwestdeutschland bis zu den Alpen« (1:250,000, 25 Bl., seit 1867);
»Neue hypsometrische Karte« (1:25,000, noch unvollendet);
von der seit 1878 vorbereiteten »Topographischen Karte des Deutschen Reichs« werden auf Bayern 80 Sektionen fallen.
Geschichte.
Bayern bis zur Zeit der Wittelsbacher.
In ältester geschichtlicher Zeit bewohnten die keltischen Vindelizier das Land zwischen dem Bodensee und dem Inn, zwischen den Alpen und der Donau, welches jetzt das bayrische Stammland und das bayrische Schwaben umfaßt. Ihre Städte waren Brigantium (Bregenz), Campodunum (Kempten), Bojodurum (die Innstadt von Passau), Sorbiodurum (Straubing) u. a. Augustus ließ sie 15 v. Chr. durch Drusus und Tiberius unterwerfen, und es entstanden die Kolonien Augusta Vindelicorum (Augsburg), die Hauptstadt der Provinz, Regina Castra (Regensburg) und Castra Batava (Passau).
Das Land wurde mit dem der Räter zur Provinz Rätia gemacht und im 4. und 5. Jahrh. Raetia secunda genannt. Römische Verwaltung und Sprache wurden heimisch. Zur Zeit der Völkerwanderung besetzten die germanischen Markomannen und Quaden, welche von ihren Bisherigen Wohnsitzen, dem alten Bojerland Bojohaemum (Böhmen), den Namen Bajuvarii oder Baiwaren angenommen hatten und diesen nun auf ihre neuen Wohnsitze übertrugen, Noricum und Rätien, während der kleinere Teil westlich des Lech bereits beträchtlich früher in die Gewalt der Alemannen geraten war; die Baiwaren wohnten vom Fichtelgebirge bis an die Hochalpen, vom Lech bis nach Kärnten und Steiermark und standen zur Zeit des Einfalles der Langobarden in Italien unter Herzögen, die aber von den austrasisch-fränkischen Königen abhängig waren.
Als erster dieser Herzöge, die auch wohl Könige genannt werden, erscheint Garibald I. aus dem Haus der Agilolfinger, dessen Residenz Regensburg gewesen sein soll, und der im Verein mit dem Langobardenkönig Authari sich von der Oberherrschaft der Franken zu befreien strebte, aber mit seinem Verbündeten den Waffen der Franken unterlag. Nach Garibalds Tod (590) wurde auf Betrieb der Franken nicht dessen Sohn Grimoald, sondern sein Verwandter Thassilo I. zum Herzog erhoben, der Grimoald aus Bayern vertrieb, einen glücklichen Feldzug gegen die Avaren machte, auf einem zweiten aber fast mir seinem ganzen Heer zu Grunde ging. Unter seinem Sohn und Nachfolger Garibald II., der die slawischen Nachbarn zu bekämpfen hatte, kamen Eustachius und Agilus als christliche Apostel aus dem burgundischen Kloster Luxeuil nach und unter seinem Sohn Theodo I. (gest. 680) wirkte der heil. Emmeram.
Theodo II. empfing mit seinen Söhnen von dem Bischof Rupert von Worms, der die Bekehrung der Bayern zum Christentum vollendete, die Taufe und nahm seine Söhne 702 als Mitregenten an, indem er dem ältesten, Theudebert (gest. 724), Rätien mit der Hauptstadt Bozen, dem zweiten, Grimoald (gest. 725), das bayrische Oberland mit der Hauptstadt Freising und dem dritten, Theobald (gest. 712), einen Teil von Noricum mit der Hauptstadt Passau gab und für sich selbst den Rest mit der Hauptstadt Regensburg behielt.
Nach seinem und seiner Söhne Tod fiel das ganze Land an Theodeberts Sohn Huibert, der unglücklich gegen den fränkischen Majordomus Karl Martell kämpfte und dadurch nicht nur fast den ganzen nördlichen Teil seines Reichs verlor, sondern auch selbst in größere Abhängigkeit von den Franken geriet. Sein Nachfolger Odilo machte sich zwar von den Franken frei, ward aber, als er sich in dem Erbfolgestreit seines Schwagers Griffo mit Pippin und Karlmann desselben annahm, wiederum in Kämpfe mit denselben verwickelt, 743 auf dem Lechfeld geschlagen, gefangen und erst im folgenden Jahr wieder freigegeben, nachdem das Land nördlich der Donau von Bayern getrennt und als Nordgau dem Frankenreich beigefügt worden war.
Unter ihm gründete Bonifacius 739 die Bistümer Passau, Freising, Salzburg und Regensburg. Odilo hinterließ 748 die Herrschaft seinem sechsjährigen Sohn Thassilo II. Derselbe stand anfangs unter der Vormundschaft seiner Muter Chiltrudis, der Stiefschwester Pippins des Kleinen. Als er selbständig geworden, suchte er unter dem Einfluß seiner Gemahlin Liutgard, Tochter des gestürzten Langobardenkönigs Desiderius, die fränkische Oberhoheit abzuschütteln und sich unabhängig zu machen.
Obwohl er Karl d. Gr. nochmals den Lehnseid schwören mußte, stellte er doch bei den langobardischen und fränkischen Kriegen keine Truppen zum fränkischen Heerbann, besuchte die Maifelder nicht und erließ alle Gesetze und Beschlüsse bloß in seinem eignen Namen. Als er sich aber mit seinem Schwager, dem Langobarden Adalgis, und dem oströmischen Hof, ja sogar mit den Avaren verbündete, um eine Empörung zu versuchen, ward er von Karl mit Waffengewalt gezwungen, 787 in Worms sein Herzogtum von neuem zu Lehen zu nehmen und Geiseln zu stellen. Da Thassilo seine Umtriebe dennoch fortsetzte, so wurde er 788 von einem Reichsgericht in Ingelheim zum Tod verurteilt, aber begnadigt und in ein Kloster verwiesen. Im J. 794 verzichtete er auf dem Reichstag zu Frankfurt feierlichst auf Bayern, wodurch das Land zur fränkischen Provinz wurde.
Karl d. Gr. machte zuerst seinen Schwager, den schwäbischen Grafen Gerold, zum Vorsteher
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(Präfekten) von aber nach dessen Tod im Avarenkrieg 796 teilte er das Land in Grafschaften. Das vielfach verheerte Bayern blühte jetzt wieder auf, doch unter Karls Nachfolgern ward es von neuen Unruhen heimgesucht. Ludwig der Fromme überließ seinem ältesten Sohn, Lothar, die Verwaltung des Landes unter dem Titel eines Königreichs. In einer spätern Teilung aber erhielt der jüngste von Ludwigs des Frommen Söhnen, Ludwig der Deutsche, Bayern nebst Böhmen, Kärnten und allen an die Wohnsitze der Wenden und Avaren grenzenden Landen.
Ludwig, der durch den Vertrag von Verdun 843 noch einen großen Teil von Deutschland dazu erhielt, wodurch das ostfränkische Reich entstand, übergab 863 die Verwaltung Bayerns seinem ältesten Sohn, Karlmann, der nach Ludwigs Tod (876) Bayern mit der Hoheit über Böhmen, Mähren, Kärnten und einen Teil von Ungarn erhielt, aber schon 880 starb. Da nun auch der zweite Bruder, Ludwig, schon 882 starb, so fiel Bayern mit den dazu gehörigen Gebieten an den dritten Bruder, Karl den Dicken, und damit an das ostfränkische Reich zurück.
Unter Karls Nachfolger Arnulf dauerten die Unruhen fort, die von dem nachteiligsten Einfluß auf die Wohlfahrt Bayerns waren. Kaum war Arnulf 899 gestorben, und sein Sohn Ludwig das Kind hatte den Thron bestiegen, als die Ungarn in Ostbayern eindrangen. Sie wurden zwar von dem Markgrafen Liutpold von der Ostmark in die Flucht geschlagen, wiederholten aber ihre verheerenden Einfälle und erschienen 907 mit einer so überlegenen Macht, daß der größte Teil des bayrischen Heers, mit ihm der Markgraf Liutpold selbst, auf dem Schlachtfeld blieb.
Ganz Bayern östlich des Inn ward nun ein Raub der Ungarn. Liutpolds Sohn Arnulf der Böse drängte die Ungarn wieder zurück und ward 912 von den Bayern als Herzog anerkannt. Er vermehrte seine Gewalt besonders auf Kosten der Geistlichkeit unter der schwachen Regierung Konrads I., der ihn in wiederholten Kriegen vergeblich zu unterwerfen suchte, und dehnte sie über Kärnten, den Nordgau und über einen Teil von Ostfranken aus. Im J. 921 verstand er sich dazu, in Regensburg Heinrichs I., des sächsischen Königs, Oberhoheit anzuerkennen, aber nur, nachdem dieser ihm die herzogliche Würde bestätigt und das Recht eingeräumt hatte, auf eigne Hand Krieg zu führen, Recht zu sprechen, Münzen zu prägen und über die Bistümer und Klöster zu verfügen. Nach seinem Tod 937 wurde sein Sohn Eberhard vom Kaiser Otto I., dem er den Huldigungseid verweigerte, aus dem Land vertrieben und Arnulfs Bruder Berchthold (938-945) als Herzog, aber mit erheblich verringerten Befugnissen, eingesetzt. Arnulfs jüngerer gleichnamiger Sohn erhielt als Pfalzgraf das oberste Gericht und die Verwaltung der königlichen Besitzungen und Einkünfte in Bayern.
Nach Berchtholds Tod belehnte Otto seinen Bruder Heinrich I., der mit Arnulfs Tochter Judith vermählt war, mit dem Herzogtum, ohne auf die Nachkommen Berchtholds Rücksicht zu nehmen. Doch machte sich die Abneigung der Bayern gegen die sächsische Herrschaft 953 beim Aufstand Liudolfs u. Konrads gegen Otto I. bemerklich, indem sich die Bayern unter Führung des Pfalzgrafen Arnulf der Empörung anschlossen, Regensburg hartnäckig gegen den König verteidigten und erst 954 unterworfen werden konnten.
Die Vernichtung der Ungarn auf dem Lechfeld 955 knüpfte sodann das Band zwischen und dem Reich enger, so daß auf Heinrich I. 955 sein vierjähriger Sohn Heinrich II., der Zänker, unter der Vormundschaft seiner Mutter Judith folgen konnte. Als sich dieser wegen der Verleihung der Ostmark an die Babenberger 974 gegen Otto II. empörte, wurden nach seiner Besiegung Kärnten und der Nordgau von Bayern getrennt, die Pfalzgrafenwürde erneuert und das verkleinerte Bayern des Kaisers Neffen Otto von Schwaben verliehen.
Nach dessen Tod 982 erhielt Bayern Berchtholds Sohn Heinrich III., der jüngere, der bisher Kärnten besessen, das so an Bayern zurückfiel. Im J. 985 wurde aber Heinrich der Zänker in Bayern als Herzog wieder eingesetzt und erhielt 989 auch Kärnten. Ihm folgte 995 sein Sohn Heinrich IV., während Kärnten an Otto von Franken kam. Als Heinrich IV. als Heinrich II. Kaiser geworden, verlieh er an Heinrich von Lützelburg, nach dessen Tod 1026 König Konrad II. Bayern seinem Sohn Heinrich (Heinrich VI.) gab.
Dieser belehnte als Kaiser Heinrich III. 1042 Heinrichs V. Neffen Heinrich VII. und nach dessen Tod 1047 Konrad von Zütphen mit Bayern. Als dieser 1053 geächtet wurde, verlieh der Kaiser Bayern seinem Sohn, der 1056 als Heinrich IV. den Thron bestieg. Während der vormundschaftlichen Regierung der Kaiserin Agnes trat diese 1061 an Otto von Nordheim ab, der es 1070 an Welf I. verlor. Damit begann die Herrschaft des welfischen Hauses, das Bayern bis 1180 besaß. Auf Welf I. folgte 1101 dessen Sohn Welf II., auf diesen 1120 sein Bruder Heinrich IX., der Schwarze, und 1126 dessen Sohn Heinrich X., der Stolze. Da derselbe 1138 vom Kaiser Konrad III., weil er auf Sachsen zu verzichten sich weigerte, geächtet wurde, übertrug Konrad 1139 Bayern dem Markgrafen Leopold von Österreich und nach dessen Tod (1141) im Frankfurter Frieden dessen Bruder Heinrich XI. Jasomirgott.
Doch gab Friedrich II. 1156 dem Welfen Heinrich (XII.) dem Löwen Bayern zurück, wogegen die Mark Österreich von Bayern losgelöst und zu einem selbständigen Herzogtum erhoben wurde. Heinrich der Löwe gründete München, widmete sich aber mehr seinem andern Herzogtum, Sachsen, und als er 1180 geächtet wurde, erhielt auf dem Reichstag zu Regensburg das Herzogtum Bayern Pfalzgraf Otto IV. von Wittelsbach aus dem alten bayrischen Geschlecht der Grafen von Scheyern.
Bayern als Herzogtum unter den Wittelsbachern.
Otto I. von Wittelsbach, Stammvater des noch jetzt regierenden Hauses, vergrößerte das sehr zusammengeschmolzene Land durch neue Erwerbungen, starb aber schon 1183; ihm folgte mit kaiserlicher Bestätigung sein unmündiger Sohn Ludwig I., der Kelheimer. Dieser vermehrte gleichfalls sein Besitztum und gelangte 1214 durch kaiserliche Belehnung in Besitz der Rheinpfalz. Als er 1231 zu Kelheim durch Meuchelmord gefallen war, folgte ihm sein Sohn Otto II., der Erlauchte.
Seine Händel mit dem Papste, der ihn mit dem Bann belegte, brachten große Verwirrung über das Land, welche die Bischöfe benutzten, um sich von der herzoglichen Gewalt nach und nach frei zu machen. Nach Ottos Tod (1253) übernahm sein ältester Sohn, Ludwig der Strenge, die Regierung gemeinschaftlich mit seinem Bruder Heinrich; aber schon 1255 teilten die entzweiten Brüder das Herzogtum, wobei Ludwig Oberbayern mit den Städten München, Regensburg, Amberg und die Pfalz am Rhein, Heinrich Niederbayern mit Straubing und Landshut erhielt. Nach Ludwigs Tod (1294) regierte sein älterer Sohn, Rudolf, während der Minderjährigkeit seines Bruders Ludwig allein in Oberbayern und in der Pfalz. Erst 1300 trat letzterer als sein Mitregent auf und zwar in der Residenz Ingolstadt, alle Urkunden wurden von jetzt an von beiden Brüdern
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unterzeichnet. Ludwig aber hielt sich für verkürzt und forderte eine Teilung der Länder, die 1310 zu stande kam. Rudolf erhielt den jenseit der Isar gelegenen östlichen Teil von Oberbayern, Ludwig die westlichen, zwischen dem Lech und der Isar gelegenen Lande. Da keiner der Brüder, am wenigsten Ludwig, zufrieden war, so begann ein Bruderkrieg, der 1313 durch einen Frieden beendigt ward, in welchem Ludwig Oberbayern, Rudolf die Pfalz erhielt. Nach dem Tod Heinrichs VII. 1314 zum deutschen König gewählt, trat Ludwig (der Bayer) durch den Erbfolgevergleich zu Pavia 1329 seinen Neffen Rudolf und Ruprecht, den Söhnen Herzog Rudolfs, die Pfalz mit einem Teil des Nordgaus, deshalb Oberpfalz genannt, ab, doch so, daß die Kurwürde unter den beiden Linien abwechseln, im Fall des Erlöschens der einen Linie die andre erben und kein Fürst von den Besitzungen des Hauses etwas veräußern sollte.
Durch den Tod des Herzogs Johann von Niederbayern (1340), des Urenkels des Stifters dieser Linie, fiel dieses Land an Ludwig zurück; auch belehnte er 1323 seinen ältesten Sohn, Ludwig, mit Brandenburg, vereinigte 1342 durch die Vermählung desselben mit Margarete Maultasch, Gräfin von Tirol, letzteres Land mit Bayern, sowie er nach dem Tode des Grafen Wilhelm IV. von Holland dessen Provinzen als erledigte Reichslehen einzog und 1346 seine Gemahlin damit belehnte.
Kaiser Ludwig erwarb sich um sein Erbland mehrfache Verdienste: er führte eine Gerichtsordnung in Niederbayern ein, erteilte München Stadtrechte und ordnete die innere Verwaltung. Er hinterließ 1347 sechs Söhne: Ludwig den Brandenburger, Stephan mit der Haft, Ludwig den Römer, Wilhelm, Albrecht und Otto. Die Vorteile einer ungeteilten Herrschaft wohl einsehend, hatte er verordnet, daß vor Ablauf von 20 Jahren seine Söhne die Erblande nicht teilen sollten; aber schon nach zweijähriger gemeinsamer Regierung 1349 handelten sie dieser Verordnung entgegen, und die Wittelsbacher Besitztümer wurden seitdem wiederholt unter mehrere Linien geteilt, wodurch Zwietracht und Verwirrung entstanden und die Macht des bayrischen Fürstenhauses sehr geschwächt wurde.
Die auswärtigen Besitzungen, Brandenburg (1373), Tirol (1363), Holland (1428), gingen bald verloren, die Kurwürde fiel 1356 an die Pfälzer Linie. In Bayern entstanden die vier Linien: Ingolstadt und München (Oberbayern), Landshut und Straubing (Niederbayern). Besonders Herzog Ludwig VII., der Bärtige, von Ingolstadt fachte den Streit im wittelsbachischen Haus an. Nachdem er 1421 seinen Vetter Heinrich den Reichen von Landshut, der ihn in Konstanz überfallen, mit Krieg überzogen hatte, bekämpfte er seinen eignen Sohn, Ludwig den Höckerigen, und ward von demselben 1443 in den Kerker geworfen, in welchem er 1447 starb.
Mit ihm erlosch die Ingolstädter Linie, während die Straubinger schon 1425 ausgestorben war. Diese Streitigkeiten benutzten der Adel und die Städte, um sich verschiedene Rechte und Freiheiten zu verschaffen. Die drei Stände, Prälaten, Ritter und Städte, bildeten seit 1392 einen Gesamtkörper, welcher als »Landschaft« auftrat, an der Gesetzgebung teilnahm und die Steuern erheben ließ. An Kämpfen der Landschaft mit den Herzögen konnte es nicht fehlen. Doch erlangten die Herzöge in Niederbayern unter Ludwig IX. und Georg dem Reichen, in Oberbayern unter Albrecht III. und IV. wieder größere Macht und Bedeutung im Reich, so daß die Unbotmäßigkeit des Adels unterdrückt werden konnte.
Noch einmal entbrannte ein heftiger Erbstreit, als mit Georg 1503 die Landshuter Linie ausstarb und auf Grund des Testaments desselben Pfalzgraf Ruprecht von der Pfälzer Kurlinie Ansprüche auf das Erbe erhob. Zwar erklärte sich Kaiser Maximilian 1504 für das Erbrecht Albrechts IV. von Oberbayern. Aber Ruprecht hatte sich sofort in den Besitz des Landes gesetzt und verteidigte sich hartnäckig. Erst nach einem langwierigen, verderblichen Krieg, der auch nach Ruprechts Tod fortdauerte, wurde auf dem Reichstag zu Köln 1505 der Landshuter Erbfolgestreit dahin entschieden, daß Neuburg an die Söhne Ruprechts, einige Landstriche an der Tiroler Grenze an Maximilian, der Rest Niederbayerns an Albrecht fallen sollten.
Nun setzte Albrecht IV., im Verein mit den Landständen, 1506 die Unteilbarkeit des Landes fest und führte die Primogenitur ein, wodurch Bayern wieder zu größerer Bedeutung kam. Ihm hätte bei seinem Tod 1508 der älteste Sohn, Wilhelm IV. (1508-1550), als alleiniger Herzog von Bayern folgen sollen; doch kam es 1514 nach manchen Streitigkeiten zu einer gemeinschaftlichen Regierung Wilhelms IV. und seines Bruders Ludwig, die bis zum Tode des letztern (1534) dauerte. Luthers Reformation fand auch in Bayern bald zahlreiche Anhänger unter Geistlichen und Weltlichen.
Herzog Wilhelm stellte sich ihr aber, nachdem er 1524 vom Papst ansehnliche Rechte und Befugnisse über die bayrischen Bistümer und Klöster erhalten, entgegen, begünstigte Luthers heftigsten Gegner, Eck von Ingolstadt, ließ viele Bekenner der neuen Lehre des Landes verweisen und rief (1541) die Jesuiten ins Land. Am Schmalkaldischen Krieg nahm er aber keinen Teil. Sein Sohn und Nachfolger Albrecht V., der Großmütige (1550-79), beförderte Wissenschaft und Künste, verfolgte aber ebenfalls den Protestantismus und begünstigte die Jesuiten.
Dessen Sohn Wilhelm V., der Fromme (1579-97), stand ganz unter dem Einfluß der Jesuiten, denen er alle Schulen überließ. Sein Bruder Ernst wurde 1583 zum Erzbischof von Köln erwählt, und seitdem hatten mehr als 100 Jahre bayrische Prinzen jenes Erzstift inne. Wilhelm zog sich 1597 in ein Kloster zurück und übergab die Regierung seinem ältesten Sohn, Maximilian I. (1597-1651). Dieser, von Jesuiten erzogen, brachte Bayern auf eine hohe Stufe der Macht. Er ordnete die Finanzen des Landes und sorgte für einen reichlichen Staatsschatz.
Das Landesverteidigungswesen wurde durch Gründung einer einheimischen Miliz umgestaltet und das gesamte Justizwesen 1616 durch die neue »Landrechts-, Polizei-, Gerichts- und Malefizordnung« reformiert. Dieselbe regelte alle Verhältnisse des bürgerlichen und gewerblichen Lebens im einzelnen. Der Klerus und das Klosterwesen wurden gebessert, Gelehrte berufen und ein Beamtenstand gebildet. Doch wirkte das jesuitische System, dem Maximilian huldigte, lähmend und nachteilig ein, indem jede freiere Regung, jeder humane Geistesschwung unterdrückt wurden.
Auch stellte Maximilian an die Spitze der katholischen Partei in Deutschland. Durch die Exekution der Reichsacht gegen das protestantische Donauwörth 1607 gab er die nächste Veranlassung zur Bildung der evangelischen Union, der gegenüber er selbst die katholische Liga stiftete. Während des Dreißigjährigen Kriegs leistete er dem Kaiser, besonders durch Tillys Feldherrntalent, die wichtigsten Dienste, wofür ihm dieser 1623 die dem geächteten Friedrich V. von der Pfalz abgenommene Kurwürde verlieh. Für die Kriegskosten erhielt er die Oberpfalz erblich und einen Teil
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der Unterpfalz als Lehen. Im Westfälischen Frieden behielt Maximilian die Kurwürde und die Oberpfalz, während er die Unterpfalz an die Kurpfalz zurückgab.
Bayern als Kurfürstentum.
Bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs nahmen die bayrischen Truppen hervorragenden Anteil an den Kämpfen gegen die Schweden und Franzosen, wodurch freilich Bayern arg litt und furchtbar verwüstet wurde. Doch vermochte sich Maximilian nicht mehr vom Kaiser zu trennen, selbst als er im Ulmer Vertrag mit Frankreich (1647) einen Versuch dazu machte. In den zwei letzten Jahren seiner Regierung suchte er dem erschöpften Land nach Kräften wieder aufzuhelfen. Da bei seinem Tod (1651) sein Sohn Ferdinand Maria noch minderjährig war, so übernahmen dessen Mutter und sein Oheim Albrecht die Verwaltung des Landes.
Nach drei Jahren trat Ferdinand Maria die Regierung selbst an, und es gelang ihm, allmählich die tiefen Wunden zu heilen, die der Dreißigjährige Krieg allenthalben geschlagen; namentlich war seine Sorge auf Wiederbelebung des Ackerbaues und der Gewerbe gerichtet. Von den Kriegen gegen Frankreich hielt er sich aus Vorliebe für dieses fern. Die Kirche begünstigte er, erbaute viele prächtige Kirchen und stellte zahlreiche Klöster wieder her. Der Oberpfalz gab er 1657 ein neues Gesetzbuch und hielt 1669 einen Landtag, den ersten seit 1612, auf dem die Errichtung von Fideikommissen erlaubt wurde. An seinem Hof herrschte großer Glanz; in München wurden prachtvolle Bauten aufgeführt. Er hinterließ 1679 einen unmündigen Sohn, Maximilian II. Emanuel, der nach einer kurzen vormundschaftlichen Regentschaft die Regierung antrat.
Nach kriegerischem Ruhm strebend, suchte Max Emanuel mit innerm Wohlstand auch äußern Glanz zu vereinigen und hielt keinen Preis für zu hoch, größere Besitzungen und höhern Rang sich zu erkaufen. Dieser Hang stürzte aber in namenloses Unglück. Den Kriegsruhm seines Herzogs, den sich derselbe besonders im Kampf gegen die Türken vor Wien, bei Mohács und Belgrad erwarb, und der ihm die Hand der Kaiserstochter Maria Antonia verschaffte, bezahlte es teuer mit dem Blut und dem Geld seiner Bürger. König Karl II. von Spanien ernannte Max Emanuel zum Statthalter der spanischen Niederlande und setzte den bayrischen Kurprinzen Joseph Ferdinand zum Erben der spanischen Krone ein. Als dieser wenige Monate nachher im siebenten Lebensjahr starb und nun der Enkel Ludwigs XIV. von Karl II. zum Erben bestimmt wurde, ließ sich der Kurfürst durch die ehrgeizige Hoffnung auf ein Königreich in Süddeutschland verleiten, im spanischen Erbfolgekrieg für Frankreich Partei zu nehmen. Nachdem er anfangs glücklich gekämpft und einen Einfall in Tirol unternommen hatte, wandte sich das Glück des Kriegs. Nach der Schlacht von Höchstädt wurde ganz Bayern von den Österreichern besetzt und als erobertes Land behandelt, während sich Maximilian selbst nach den Niederlanden zurückzog.
Dennoch war die Liebe der Bayern für ihren Fürsten so groß, daß sie mehrmals Aufstände versuchten, unter denen jener der Oberländer Bauern unter dem Schmiedbalthes, die am Weihnachtstag 1705 bei Mittersendling geschlagen wurden, hervorzuheben ist. Die Länder des geächteten Kurfürsten wurden nun als heimgefallene Lehen behandelt, das Innviertel mit Österreich vereinigt, die Oberpfalz an Kurpfalz gegeben, die Kurfürstin mit einer kleinen Apanage nach Italien geschickt und die Prinzen als Grafen von Wittelsbach in harter Gefangenschaft gehalten. Der Friede von Baden 1714 machte diesem Zustand ein Ende, und ganz Bayern kam an Maximilian Emanuel zurück, der nach München zurückkehrte und auch die Kurwürde wiedererhielt.
Auf Maximilian Emanuel folgte 1726 sein Sohn Karl Albrecht, unter welchem Bayern 14 Jahre lang der ersehnten Ruhe genoß. Indes der wenig begabte, von den Jesuiten erzogene und beherrschte Fürst that nichts, um das Volk aus seiner trägen Ruhe aufzurütteln, den ertötenden Druck der Kirche zu beseitigen und durch Aufklärung und Anregung einen höhern Aufschwung in gewerblicher und geistiger Thätigkeit vorzubereiten. Auch er sah in Glanz und Pracht, in prunkvollen Hoffesten die Ehre der Herrschaft und verwickelte überdies in einen neuen und verderblichen Krieg.
Obwohl er bei seiner Vermählung mit Maria Amalia, der zweiten Tochter Kaiser Josephs I., 1722 die Pragmatische Sanktion Karls VI. anerkannt hatte, erhob er doch nach dessen Tod (1740) auf Grund des Kodizills zum Testament Ferdinands I. vom dessen in München befindliche Abschrift sich in der wesentlichen Stelle als gefälscht erwies, und dann als Gemahl einer Tochter Josephs I. Protest gegen die Thronbesteigung Maria Theresias, verband sich 1741 mit Frankreich, nahm Oberösterreich, ließ sich in Prag als König von Böhmen huldigen und ward in Frankfurt 1742 als Karl VII. zum deutschen Kaiser gewählt, verlor aber um dieselbe Zeit sein Stammland Bayern, das durch die Österreicher besetzt wurde.
Dieselben dachten wiederum an seine dauernde Vereinigung mit Österreich. Als Friedrich II., König von Preußen, im August 1744 mit 100,000 Mann in Böhmen erschien, kehrte Karl VII. zwar nach München zurück; starb aber schon Ihm folgte sein Sohn Maximilian III. Joseph als Kurfürst, der durch den Separatfrieden zu Füssen von Österreich alle Bayern entrissenen Lande zurückerhielt, wogegen er die Pragmatische Sanktion anerkannte und dem Herzog Franz von Lothringen seine Stimme zur Kaiserwahl versprach.
Maximilian Joseph war eifrig bemüht, die Spuren des Kriegs zu entfernen. Der Ackerbau wurde durch neue Kulturen gefördert, Industrie und Bergbau gehoben. Der 1751 von dem Vizekanzler Kreitmayr entworfene Kriminalkodex verbesserte das Justizwesen. Gegen Bettler und Landstreicher wurden strenge Maßregeln ergriffen. Der Kurfürst stiftete 1759 die Akademie der Wissenschaften in München, deren Druckschriften er der Zensur der Jesuiten entzog. Auch zur bessern Organisation der Volksschule machte er einen Versuch. Jedoch wurde diese ebenso wie die gänzlich verfallene Universität Ingolstadt so völlig von den Jesuiten beherrscht, daß eine Besserung unausführbar war.
Da Maximilian Joseph kinderlos war, so erneuerte er mit dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz die frühern Erbverträge. Als daher die bayrische Linie der Wittelsbacher mit Maximilian Joseph erlosch, wurde Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz und bei Rhein, dem Vertrag gemäß Kurfürst von und hiermit ward die fast 4½ Jahrhunderte von Bayern getrennt gewesene Pfalz wieder mit Bayern vereinigt. Sofort aber ließ Österreich, das auf das größere Dritteil der Erbschaft (das ehemalige Herzogtum Straubing, die Herrschaften Mildesheim, Leuchtenberg, Wolfstein, Haag, Has u. a.) unter dem Titel böhmischer, österreichischer und Reichslehen Anspruch machte, jene Distrikte durch seine Truppen besetzen. Karl Theodor, der keine ehelichen Kinder und von Kaiser Joseph II. die Aussicht auf Erhebung
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seiner unehelichen Kinder in den Reichsfürstenstand erhalten hatte, welche Standeserhöhung unter dem Titel Fürsten von Bretzenheim wirklich erfolgte, willigte in alle Ansprüche Österreichs. Der Herzog Karl von Zweibrücken, der als nächster Agnat eine solche Zerstückelung nicht zugeben konnte, wandte sich jedoch an den König Friedrich II. von Preußen, der, argwöhnisch gegen Österreichs Vergrößerungspläne Rußland bewog, sich den Ansprüchen des Kaisers zu widersetzen, und das Interesse aller deutschen Fürsten an dieser Angelegenheit zu erwecken wußte. Da Kaiser Joseph nicht nachgeben wollte, so kam es 1778 zum Bayrischen Erbfolgekrieg (s. d.), auch Kartoffelkrieg genannt, der aber, noch ehe eine Schlacht geliefert war, auf Maria Theresias Betrieb 7. März durch einen Waffenstillstand und durch den Frieden zu Teschen beendigt ward. Bayern blieb ein Ganzes, die eventuelle Erbfolge wurde Zweibrücken zugesichert, doch mußte es das Innviertel an Österreich abtreten und für die Allodialherrschaft an Sachsen 6 Mill. Thlr. zahlen.
Bald darauf verfiel Kaiser Joseph auf einen andern Plan; 1785 schlug er Karl Theodor vor, Bayern gegen die österreichischen Niederlande zu vertauschen und den Titel König von Burgund anzunehmen; die Verhandlungen zerschlugen sich aber, als die Agnaten, besonders der Herzog Karl von Zweibrücken, den Plan verwerfend, sich an den König von Preußen wandten, der zum Schutz der deutschen Reichsstände gegen die Vergrößerungsgelüste Österreichs 1785 den Fürstenbund gründete. Im Innern war Karl Theodors Regierung für Bayern ebenfalls nicht segensreich.
Zwar wurde der Jesuitenorden aufgehoben, aber sein System nicht beseitigt. Jede freiere Regung des geistigen Lebens wurde unterdrückt, der Illuminatenorden verfolgt, die Presse in engsten Schranken gehalten. Als die französische Revolution ausbrach, war ein gänzlich verrottetes Staatswesen: der Staat erschöpft und ohne Kredit, das Heerwesen verfallen, das Beamtentum korrumpiert und willkürlich, die Geistlichkeit unwissend, das bürgerliche Gewerbe durch Zunftschranken gelähmt, das Volk verarmt u. in rohem Aberglauben befangen.
Bayern im Revolutionszeitalter 1798-1815.
In den französischen Revolutionskriegen wurde die Pfalz hart mitgenommen, und 1796 wurde auch Bayern der Schauplatz des Kriegs. Während Jourdan in der Oberpfalz sich mit dem Erzherzog Karl von Österreich schlug, drang eine andre französische Armee unter Moreau, nachdem sie Augsburg besetzt hatte, über den Lech über Landsberg bis München vor und besetzte Ingolstadt. Karl Theodor floh nach Sachsen, seine Minister aber schlossen mit Moreau einen Waffenstillstand für und seine diesseit des Rheins gelegenen Länder.
Dadurch und durch das siegreiche Vordringen der Österreicher wurde Bayern zeitweilig wieder frei. Karl Theodor starb und da auch der Herzog Karl von Zweibrücken kinderlos gestorben war, so wurde dessen Bruder, der Herzog Maximilian IV. (I.) Joseph von Pfalz-Zweibrücken, Kurfürst von Pfalzbayern. Im Juni 1800 überschwemmten die französischen Armeen die eine Hälfte von Bayern, während in der andern die Österreicher standen. Durch den Lüneviller Frieden 1801 wurde der Krieg beendet. Bayern verlor dadurch zwar die ganze Rheinpfalz, die Herzogtümer Zweibrücken und Jülich (12,400 qkm mit 690,000 Einw.), erhielt aber 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluß in den Bistümern Würzburg, Bamberg, Augsburg, Freising, einem Teil von Passau und Eichstätt, in 12 Abteien und 15 Reichsstädten eine reiche Entschädigung (18,000 qkm mit 900,000 Einw.) für seinen Verlust.
Nun begann ein gänzlicher Umschwung in der Politik. Der Freiherr v. Montgelas, den der Kurfürst an die Spitze des Ministeriums stellte, wirkte im Sinn der Aufklärung. Die Aufhebung der Klöster begann, allgemeine Religionsduldung wurde proklamiert, der Zustand der Schulen verbessert, die Universität Würzburg neu organisiert und die von Ingolstadt nach Landshut verlegt; jene zu Dillingen, Bamberg und Altdorf wurden aufgehoben. Auch wurde ein protestantisches Generalkonsistorium in Würzburg niedergesetzt, der Staatshaushalt neu gestaltet, das Finanzwesen geordnet und die Bodenkultur verbessert. Manufakturen und Fabriken blühten empor, und durch eine zweckmäßigere Einrichtung der Justiz und gut geordnete Landespolizei wurde für die Sicherheit des Eigentums gesorgt. Das Heerwesen wurde von Grund aus reformiert und durch Aufstellung einer ansehnlichen, gut ausgerüsteten und geübten, von tüchtigen geschulten Offizieren befehligten Truppenmacht Bayern zur Ergreifung einer selbständigen Politik in den Stand gesetzt.
Bei seiner geographischen Lage hatte Bayern nun zwischen einem Anschluß an Österreich und Frankreich zu wählen. Das Bündnis mit letzterm hatte zwar schon zweimal, im spanischen und im österreichischen Erbfolgekrieg, Bayern ins Verderben gestürzt und beinahe seinen Untergang herbeigeführt. Dennoch schien es damals das vorteilhaftere, weil Österreich militärisch schwächer als Frankreich war und nicht bloß 1742 und 1778, sondern noch in den letzten Jahren ganz offen seine auf Bayerns Annexion gerichteten Absichten kundgegeben hatte.
In dem französisch-österreichischen Krieg von 1805 trat daher der Kurfürst, durch Österreichs drohende Haltung veranlaßt, auf die Seite Napoleons I. Infolge des Siegs der Franzosen und des Preßburger Friedens verzichtete Bayern zwar auf den Besitz von Würzburg, erhielt aber dafür ganz Tirol, Vorarlberg, die Markgrafschaft Burgau, die übrigen Teile von Passau und Eichstätt und einige Bezirke des südöstlichen Schwaben mit Augsburg, d. h. für 5500 qkm mit 200,000 Einw. 32,000 qkm mit 1,028,000 Einw. Dazu belohnte Napoleon seinen neuen Verbündeten mit der Königswürde. Am nahm der Kurfürst den Titel König von Bayern mit voller Souveränität an und trat aus dem deutschen Reichsverband zum Rheinbund über mußte aber die Verpflichtung eingehen, Napoleon in allen seinen Kriegen mit 30,000 Mann zu unterstützen.
Bayern hatte nach dem Frieden von Preßburg einen Flächenraum von beinahe 90,000 qkm mit ungefähr 3 Mill. Einw. Nach einem weitern Vertrag mit Frankreich erhielt König Maximilian Joseph gegen Abtretung des Herzogtums Berg (3000 qkm mit 260,000 Einw.) die Markgrafschaft Ansbach (3750 qkm mit 245,000 Einw.), welche Preußen an Frankreich gegen Hannover überlassen hatte, und bald darauf die Reichsstadt Nürnberg mit ihrem Gebiet und die Souveränität über verschiedene Graf- und Herrschaften, so daß es sich auf 91,000 qkm mit 3,231,000 Einw. vergrößerte. Über die Rechte der mediatisierten Fürsten, Grafen und Herren erließ der König eine Deklaration, welche 1815 in der deutschen Bundesakte als Basis und Norm angenommen wurde. Am erhielt das neue Königreich eine Verfassung, welche die so heterogenen Bestandteile desselben zu einem einheitlich organisierten Staat verschmelzen sollte. Alle Sonderrechte, Privilegien, landschaftlichen und ständischen
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Korporationen wurden aufgehoben, die Leibeigenschaft und die Adelsvorrechte abgeschafft, die Konskription eingeführt, ein gleichmäßiges Justiz- und Steuerwesen errichtet, das Land mit absichtlicher Mißachtung des historischen Herkommens und der Stammesverschiedenheit in geographische Kreise eingeteilt. Die verheißenen Kreis- und Reichsstände traten nicht ins Leben. In dieser Beziehung, ebenso in Bezug auf Preßfreiheit und persönliche Sicherheit blieb die Verfassung ein toter Buchstabe.
Dagegen wurde die Verwaltung nach französischem Muster geordnet, und die zum Teil wirklich segensreichen Reformen, wie die neue Agrargesetzgebung, die Ablösung der Zehnten und Fronen, die Aufhebung der Klöster u. a., wurden auf rein büreaukratischem Weg durchgeführt. Auch die Schule sollte gehoben und die Wissenschaft gepflegt werden, zu welchem Zweck berühmte Gelehrte, auch protestantischen Glaubens, wie Thiersch, Feuerbach, Jacobi u. a., nach München berufen wurden. Indes deren Thätigkeit blieb in der dumpfen Atmosphäre des Altbayertums lange eine fruchtlose. Die Hebung des Wohlstandes und die Besserung der Finanzen wurden aber immer wieder durch neue Kriege unterbrochen.
Der Kampf zwischen Österreich und Frankreich von 1809, verbunden mit dem von ersterm begünstigten Aufstand im Inn-, Eisack- und Etschkreis (Tirol) und im Illerkreis (Vorarlberg), nahm die Kräfte des Landes und die Thätigkeit der Regierung abermals in Anspruch. Der Wiener Friede vom brachte neue Gebietsveränderungen. Nach einem zu Paris geschlossenen Vertrag trat Bayern das südliche Tirol an Frankreich (Italien), nach einem andern vom 26. Mai Schweinfurt und einige Teile des Mainkreises an das Großherzogtum Würzburg, dann nach einem vom 18. Mai Buchhorn, Wangen, Ravensburg, Leutkirch, Ulm, Bopfingen mit ansehnlichen Gebietsteilen (zusammen mit 491,000 Einw.) an Württemberg ab, erhielt aber dagegen die Markgrafschaft Baireuth, die Fürstentümer Regensburg, Salzburg, Berchtesgaden, das Innviertel und einen Teil des Hausruckviertels (zusammen mit 565,000 Einw.), so daß Bayern neuerdings 75,000 Einw. gewann und nun über 3,300,000 Einw. umfaßte.
Diese außerordentlichen Erfolge, die Bayern als Bundesgenosse Frankreichs errang, erweckten in seinen Staatsmännern und Feldherren die Hoffnung, die Stellung in Deutschland gewinnen zu können, welche Preußen durch seinen schmählichen Sturz 1807 für immer verloren zu haben schien. Die Aussichten auf das Gelingen waren für Bayern nicht ungünstig und das Streben daher nicht unberechtigt. Nur machten die Überhebung, mit der man in Bayern den Napoleonischen Königstitel nur als die Wiederherstellung des alten bayrischen Königtums angesehen wissen wollte, die Beschönigung der Schmach des Anschlusses an das Ausland durch den versuchten Nachweis, daß die Bayern oder Bojer keine Germanen, sondern Kelten seien, die gemeine Verdächtigung aller nationalen und freisinnigen Bestrebungen, die Roheit der bayrischen Soldateska in Tirol u. a. in ganz Deutschland den ungünstigsten Eindruck und Napoleon sorgte durch immer neue Kriege dafür, daß Bayern nicht dazu kam, sich aus dem Verhältnis willenloser Unterordnung unter seine Befehle zu befreien. Bayern war der mächtigste der Rheinbundsstaaten, sonst blieb es aber nur Frankreichs Vasall.
Im J. 1812 stellte Bayern sein Kontingent von 30,000 Mann zu der großen Armee, die Napoleon nach Rußland führte; im November gingen noch 10,000 Mann Ersatzmannschaften nach, welche zum Teil in den Oder- und Weichselfestungen verwendet wurden. Nur unbedeutende Trümmer kamen im Frühjahr 1813 zurück. Doch stellte Maximilian Joseph abermals frische Truppen unter Napoleons Befehl, als dieser in den letzten Tagen des Aprils den neuen Feldzug in Norddeutschland begann, während der übrige Teil, worunter viele mobil gemachte Nationalgarden, unter dem Feldmarschall Wrede am Inn eine beobachtende Stellung gegen Österreich nahm. Infolge der Fortschritte der Verbündeten im Herbst 1813 änderte aber der König Maximilian Joseph seine Politik und sagte sich noch vor der Entscheidungsschlacht von Leipzig von Frankreich los.
In dem Vertrag von Ried erhielt er infolge hiervon und durch die Gunst der gegen eine Wiederherstellung des Deutschen Reichs gerichteten Metternichschen Politik den Besitzstand Bayerns und die Fortdauer seiner Souveränität garantiert, wogegen er sich verbindlich machte, ein Kontingent von 36,000 Mann gegen Frankreich zu stellen. Nun erklärte an Frankreich den Krieg (14. Okt.). Wrede, unter dessen Oberbefehl auch das gegen Bayern gesandte österreichische Korps gestellt ward, brach eilig vom Inn auf und rückte über Würzburg auf Hanau, um den Franzosen den Rückzug über den Rhein abzuschneiden, wurde aber von Napoleon 30. und 31. Okt. bei Hanau zurückgeworfen. Im Feldzug von 1814 fochten die bayrischen Truppen, mit der großen Hauptarmee unter Schwarzenberg vereinigt, ruhmvoll bei La Rothière, Bar und Arcis sur Aube und wohnten auch dem Feldzug von 1815 bei, ohne jedoch an einem bedeutendere Treffen teilnehmen zu können. Infolge des Pariser Friedens vom trat Bayern Tirol und Vorarlberg an Österreich ab, wofür es vorderhand die erledigten Fürstentümer Würzburg und Aschaffenburg in Besitz nahm. Nach dem Protokoll des Wiener Kongresses vom 3. Nov. sollten das Hausruck- und Innviertel sowie der bei weitem größte Teil von Salzburg an Österreich fallen, aber durch einen Teil der Departements des Donnersbergs und der Saar (356,855 Einw.), den Kanton Landau (53,887 Einw.), einige Ämter von Fulda (26,304 Einw.), das Amt Redwitz (3000 Einw.), mehrere darmstädtische Ämter (24,661 Einw.) und einen Teil des badischen Amtes Wertheim (4907 Einw.) entschädigt werden. Bayern weigerte sich lange, auf diese Übereinkunft einzugehen, bis zu München der Vertrag zwischen Österreich und Bayern unterzeichnet ward. Bayern trat an Österreich die genannten Gebiete mit 387,031 Einw. ab und erhielt dafür die erwähnten Territorien am linken Rheinufer mit 420,742 Einw., auf dem rechten Rheinufer jene fuldaischen Ämter und das Amt Redwitz, sowie auch Hessen (30. Juni) einige Ämter mit 24,667 Einw. abtrat. In geheimen Artikeln erhielt es das Versprechen, daß für den Fall des Aussterbens der direkten und männlichen Linie des regierenden Großherzogs von Baden der Teil der Rheinpfalz, welcher den Neckarkreis bildete, mit den Städten Mannheim, Heidelberg und Philippsburg und einer Bevölkerung von 167,000 Einw. an Bayern fallen solle (vgl. Baden, Geschichte, S. 236). Bayern umfaßte jetzt 81,000 qkm mit 3,377,000 Einw.
Bayern als konstitutioneller Staat bis 1848.
Wrede, der Bayern auf dem Wiener Kongreß vertrat, behauptete hier für Bayern den Standpunkt eines völlig unabhängigen souveränen Staats und protestierte daher gegen jede Beschränkung dieser Souveränität durch eine starke deutsche Zentralgewalt. Auch gegen
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die Verpflichtung aller deutschen Staaten, von Bundes wegen ständische Verfassungen einzuführen sprach er sich aus. Indem er aus Haß gegen Preußen in aufdringlicher Weise Metternich bei seinen Ränken gegen dieses unterstützte, erlangte er für Bayern solchen Einfluß, daß die Beschränkung des neuen Bundes auf einen völkerrechtlichen Verein ihm besonders zuzuschreiben war. Die antinationale, partikularistische Richtung der Politik blieb auch nach 1815 in Bayern die herrschende.
Während aber bisher die Regierung büreaukratisch-absolutistisch gesinnt gewesen war und die Verfassung von 1808 noch immer nicht ausgeführt hatte, wurde sie mehr und mehr liberal, als sie sah, daß die reaktionäre Strömung in den beiden deutschen Großstaaten, Österreich und Preußen, das Übergewicht erhielt. Aus Eifersucht gegen Preußen und in dem Bestreben, der nationalen Idee in den freiern Institutionen der frühern Rheinbundsstaaten ein Gegengewicht zu bieten, entschloß man sich in Bayern zu liberalen Reformen. Da sich Montgelas dem widersetzte, erhielt er seine Entlassung. Bayern wurde darauf in acht Kreise eingeteilt, deren jeder in dem jedes Jahr zu berufenden Landrat eine Repräsentativverfassung erhielt. Die protestantischen Kirchenangelegenheiten wurden neu geordnet und die der Katholiken durch den Abschluß des Konkordats mit dem päpstlichen Stuhl und durch ein Religionsedikt von 1818 reguliert. Den Gemeinden wurden ihre Magistrate und diesen die Verwaltung des Gemeindevermögens zurückgegeben und bald (17. Mai auch das ganze Gemeindewesen in freierm Sinn geordnet. Am proklamierte der König ein Grundgesetz (Verfassungsurkunde), gegründet auf Repräsentation aller Stände in zwei Kammern (s. oben), das erste dieser Art in einem größern deutschen Staat.
Gleichheit vor dem Gesetz und in der Besteuerung, Freiheit und Sicherheit der Person und des Eigentums, Freiheit des Glaubens und andre staatsbürgerliche Rechte wurden darin zugesichert. Die Gesetzgebung und Besteuerung waren an die Zustimmung des Landtags gebunden. Der erste Landtag ward eröffnet und erregte große Teilnahme. Doch wurde weder auf diesem noch auf den Landtagen von 1822 und 1825 außer den Gesetzen über Gewerbewesen, Heimatsrecht und Niederlassung viel Nennenswertes ausgerichtet, besonders weil die beiden Kammern unter sich uneinig waren und die Regierung sehr bald wieder reaktionären Tendenzen verfiel; namentlich widersetzte sich dieselbe allen Maßregeln, um durch strenge Kontrolle der Mißwirtschaft mit den Staatsgeldern zu steuern.
Als der König Maximilian I. Joseph starb, sah man dem Regierungsantritt seines Sohns, des Königs Ludwig I., mit großen Erwartungen entgegen, da über dessen Anhänglichkeit an die konstitutionellen Prinzipien kein Zweifel herrschte. In der That bezeichnete er den Anfang seiner Regierung mit Abstellung vielfacher im Hof- und Militärwesen und in der Staatsverwaltung obwaltender Mißbräuche durch eine besondere Ersparungskommission. Die Ordnung, welche König Ludwig in den Finanzen einführte und bewahrte, machte die Ausstattung der in Gemäßheit des Konkordats (seit 1827) wieder ins Leben gerufenen Klöster, die glänzende Dotierung der von Landshut nach München verlegten und durch die Berufung der gefeiertsten Männer gehobenen Universität und den Beginn einer Reihe großartiger Prachtbauten möglich, durch welche sowie überhaupt durch eifrige und geschmackvolle Fürsorge für die plastischen Künste König Ludwig Bayern zum klassischen Boden moderner Kunst machte.
Auch die Beförderung eines freien geistigen Verkehrs ließ sich der König angelegen sein; die Zensur für alle nicht politischen Blätter wurde aufgehoben, und auch für politische war sie so mild wie nirgends in Deutschland. Zur Beförderung des Handels und der Gewerbe schloß der König einen Zollvertrag mit Württemberg, welchem sich auch die beiden Hohenzollern anschlossen. Der Landtag von 1827 bis 1828, der erste unter der Regierung Ludwigs, schaffte die Militärgerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen ab und vollendete die Organisation der Landräte.
Der Landtag von 1831 (1. März) brachte zuerst bedeutendere Mißhelligkeiten, indem die Zweite Kammer sich hartnäckig einigen Ausgabeposten für Kunst und Bauten widersetzte und sich energisch gegen das Zensuredikt der Regierung vom erklärte, so daß der König es zurücknahm und ein neues Ministerium ernannte, in dem der liberal gesinnte Fürst von Öttingen-Wallerstein das Innere übernahm. Jedoch hatten die nationalen und demokratischen Bestrebungen in der Pfalz, die im Hambacher Fest (s. d.) ihren Gipfelpunkt erreichten, wieder reaktionäre Maßregeln zur Folge, nachdem die Bewegung durch Militär unterdrückt war. Es begannen Prozesse wegen Majestätsbeleidigungen, Versuchs des Hochverrats etc., die wie durch die Strenge der Strafen, so durch die Zuthat der Abbitte vor dem Bilde des Königs allgemeinen Unwillen erregten. In Würzburg ordnete man Versetzungen mehrerer Professoren an, verlegte das Appellationsgericht nach Aschaffenburg und setzte den populären Bürgermeister Behr, dessen Rede beim Konstitutionsfest zu Gaibach Mißfallen erregt hatte, in Ruhestand; am ward Behr sogar verhaftet und zur Untersuchung nach München abgeführt.
Als es sich herausstellte, daß mehrere Studenten bayrischer Hochschulen in das Frankfurter Attentat verwickelt waren, ergriff man auch gegen, letztere Institute die strengsten Maßregeln. Fürst Öttingen vermochte diese reaktionären Maßregeln um so weniger zu hindern, als der König sich immer mehr den Ultramontanen zuneigte und überhaupt die monarchischen Prärogativen den Ministern gegenüber betonte. Ganz selbständig verfuhr der König in der griechischen Frage.
Sein lebhafter Anteil am Freiheitskampf der Griechen war im Land populär gewesen, und auch die Erhebung seines zweiten Sohns, Otto, auf den neuen griechischen Thron (1832) ward mit Beifall begrüßt. Dagegen wurde die Absendung bayrischer Truppen nach Griechenland, um dem jungen König zur Stütze zu dienen, nicht gebilligt, und die Bewilligung von bayrischen Staatsgeldern für eine griechische Anleihe gab noch später der Kammer wiederholt zu Beschwerden Anlaß. Ferner erhob der König den Anspruch, über die Überschüsse von den Staatseinnahmen nach Belieben (für seine Kunstbauten) verfügen zu können, wenn dies nur für Staatszwecke geschehe. Die Kammern bestritten der Regierung dieses Recht, selbst der Minister Öttingen sprach als Reichsrat dagegen. Der König erteilte daher im November 1837 dem Fürsten Öttingen den Abschied, worauf der streng ultramontane Abel zum Minister des Innern ernannt wurde.
Unter dem zehnjährigen Regiment Abels wurde Bayern ganz nach dem Wunsch der Jesuiten und Metternichs geleitet; die Aufhebung der Zensurfreiheit für die Besprechung der innern Politik und die Einführung der
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Stockprügel waren seine ersten Maßregeln. Die Zensur wurde in der brutalsten und ungeschicktesten Weise gehandhabt. An der Münchener Universität mehrten sich die ultramontanen Professoren, während Männern wie Schelling und Baader Schwierigkeiten bereitet wurden. Die Zahl der Klöster stieg auf über 132; besonders aber erregte Unwillen die Zulassung der Jesuiten unter dem Namen der Redemptoristen. Die Protestanten wurden zurückgesetzt und die Ausübung ihres Gottesdienstes erschwert.
Durch die Verordnung vom wurde den protestantischen Soldaten befohlen, dem katholischen Militärgottesdienst beizuwohnen und vor der Monstranz die Kniee zu beugen. Ein Pfarrer, der dagegen protestierte, wurde verhaftet und in Kriminaluntersuchung gezogen. Im J. 1844 wurde der Gustav-Adolfs-Verein in Bayern verboten. Die Opposition der ohnehin zahmen und gemäßigten Kammern wurde dadurch gelähmt, daß die Regierung ihr Recht, den Staatsdienern den Urlaub zum Eintritt in die Kammern zu verweigern, auf Advokaten und Ärzte ausdehnte und rücksichtslosen Gebrauch von demselben machte. Erst 1846 ermannten sich die Kammern unter Führung des Fürsten Wrede im Reichsrat und des Bürgermeisters von Regensburg, v. Thon-Dittmer, im Abgeordnetenhaus zu einem Antrag auf Verminderung und Einschränkung der Klöster und auf Entfernung der Redemptoristen, der aber erfolglos blieb.
Der Umschwung und der Sturz des ultramontanen Ministeriums erfolgten nicht durch die Kammern, sondern durch eine fremde Abenteuerin, die Tänzerin Lola Montez, welche die Gunst des Königs gewonnen hatte und ihn ganz und gar beherrschte. Vergeblich suchte die ultramontane Partei, welche sich bisher gegen die Schwäche des Königs für das schöne Geschlecht sehr tolerant gezeigt hatte, Lola Montez für ihre Interessen zu gewinnen. Dieselbe bestärkte vielmehr den König in seiner Absicht, sich von den auch ihm durch ihre Anmaßung lästigen Ultramontanen zu befreien. Im Dezember 1846 wurde Abel die Leitung des Kirchen- und Unterrichtswesens entzogen und ein besonderes Ministerium hierfür errichtet. Abel suchte nun den König einzuschüchtern und unter seine Gewalt zu bringen, indem er ein Memorandum gegen die vom König gewünschte Indigenatsverleihung an seine Mätresse in zahlreichen Exemplaren veröffentlichte und im Volk verbreitete, noch ehe er es dem König überreichte. Der König beantwortete es mit der sofortigen Entlassung des ultramontanen Ministeriums und berief den protestantischen Staatsrat v. Maurer zum Präsidenten eines neuen büreaukratisch-liberalen Kabinetts.
Dasselbe unterzeichnete die Verleihung des Indigenats an Lola Montez, welche zur Gräfin Landsfeld erhoben wurde, und schritt, als die Ultramontanen, an ihrer Spitze mehrere Professoren der Münchener Universität, das Volk, namentlich die Studenten, zu Straßenexzessen und Insulten gegen Lola Montez, ja gegen den König selbst aufreizten, mit Strenge ein; mehrere Professoren, wie Lasaulx, der Neffe von Görres, Sepp, Döllinger, Höfler, Philipps u. a., wurden entlassen.
Um die Stimmung des Volks, welches für die Gemaßregelten anfangs Partei nahm, für sich zu gewinnen, bemühte sich das Ministerium Maurer, möglichst konstitutionell und freisinnig zu regieren. Die Begünstigung der Redemptoristen wurde 5. Juni aufgehoben. Gegen die Wünsche des außerordentlichen Landtags, der im September 1847 zusammentrat, in Bezug auf die Regelung des Budgets u. die gesetzlich zu ordnende Verwendung der Überschüsse zeigte sich das Ministerium sehr nachgiebig.
Dies behagte aber dem König nicht, und Landtag wie Ministerium wurden 27. Nov. in Ungnaden entlassen. Fürst von Öttingen-Wallerstein bildete ein neues Kabinett, in dem eine Kreatur der königlichen Mätresse, Staatsrat Berks, das Innere übernahm; daher hieß das neue Ministerium im Volksmund Lola-Ministerium. Dasselbe war ebenfalls bestrebt, durch freisinnige Maßregeln die ultramontane Opposition zu überwinden, und gewährte eine weitgehende Preßfreiheit.
Aber das schamlose, herrische Benehmen der Mätresse, welche sich in alle Staatsgeschäfte einmischte und ihren Einfluß auf die neue Regierung in herausfordernder Weise zur Schau trug, mußte dieser alles Vertrauen und alle Unterstützung seitens der Liberalen rauben. Infolge eines Kommerses der von Lola begünstigten Studentenverbindung »Alemannen« (Lolamontanen genannt) kam es in den ersten Tagen des Februars 1848 von neuem zu Studententumulten. Lola sah sich öffentlich verhöhnt und bedroht.
Die Folge war, daß der König 8. Febr. die Schließung der Universität verfügte. Dies hieß Öl ins Feuer gießen. Die Bevölkerung Münchens, durch das Einschreiten des Militärs aufgereizt, nahm Partei für die Universität, die Unruhen steigerten sich 10. und 11. Febr., die bewaffnete Macht erfüllte ihre Befehle lau und mit Widerwillen. Der König sah sich daher bewogen, die Forderungen der Bürgerschaft: Wiedereröffnung der Universität, Auflösung der Alemannia und Entfernung der Lola Montez, zu bewilligen.
Damit war jedoch der Sturm noch nicht beschwichtigt. Man verlangte die Entlassung des Ministers Berks. Die Regierung sträubte sich und suchte Ausflüchte. Aber die Februarrevolution brachte auch hier einen schnellen Umschwung der Dinge. Berks wurde durch Thon-Dittmer ersetzt, und eine von allen Prinzen des wittelsbachischen Hauses mitunterzeichnete königliche Proklamation vom 6. März enthielt neben der Berufung der Stände auf den 16. eine lange Reihe von Verheißungen: Vertretung des deutschen Volks am Bund und Revision der Bundesverfassung, Verantwortlichkeit der Minister, vollständige Preßfreiheit, Verbesserung der Ständewahlordnung, Einführung der Öffentlichkeit und Mündlichkeit in die Rechtspflege mit Schwurgerichten, schleunige Abfassung eines Polizeigesetzbuchs, unverzügliche Beeidigung des Heers auf die Verfassung etc. Dennoch riefen Gerüchte von der heimlichen Rückkehr der Gräfin Landsfeld, der Rücktritt des Fürsten von Öttingen-Wallerstein, der Eindruck der in Wien und Berlin ausgebrochenen Revolution neue Tumulte hervor. Der König verlor infolge davon so sehr den Mut, daß er zu gunsten seines Sohns, des Kronprinzen Maximilian II., abdankte.
Die Regierung König Maximilians II. 1848-64.
Der neue König, Maximilian II., leistete 21. März den Verfassungseid und eröffnete am 22. die Ständeversammlung durch eine Thronrede, in welcher er Amnestie für alle politischen Verbrechen und Vergehen erteilte und eine Reihe von Gesetzvorlagen verhieß, von denen die über Preßfreiheit, über die Wahlen zur Kammer der Abgeordneten, über Ablösung der Grundlasten und über Einführung neuer Gesetzbücher die wichtigsten waren. Zum erstenmal trat nun ein verantwortliches und zugleich populäres Ministerium, dessen wichtigste Mitglieder Graf Bray (Äußeres), Thon-Dittmer (Inneres) und Lerchenfeld (Finanzen) waren, an die Spitze der Geschäfte. Die vom Ministerium vorgelegten Gesetzentwürfe