den modernen Bedürfnissen, insbesondere auch des Privatbaues, an. Sie wendet die gerade und rundbogige Überdeckung oder
auch beide zugleich an. Im Kirchenbau kommt auch die Kuppel zur Verwendung, mit welcher alsdann außer andern auch byzantinische
Formen verbunden werden. Auf die edle, sogen. Frührenaissance folgt die Hochrenaissance als die Epoche der
höchsten Blüte, aus welcher sich die Spätrenaissance entwickelt, deren Ausläufer Barock-, Rokoko- und Zopfstil sind.
Die Gegenwart hat zu den Formen der klassischen, mittelalterlichen und Renaissancestile zurückgegriffen und wendet deren
Planformen, Konstruktionen und Details teils rein, teils kombiniert an, bevorzugt jedoch den zur Lösung der verschiedenartigsten,
die frühern an Dimension übertreffenden Aufgaben des Profanbaues besonders geeigneten Renaissancestil,
während die mittelalterlichen Stile, insbesondere der gotische, noch als die im Kirchenbau vorherrschenden anzusehen sind.
Durch die immer zahlreicher angewandten Eisenkonstruktionen hat die Architektur der Gegenwart ein neues, noch wenig durchgebildetes
Konstruktionselement erhalten, welches ihr bereits einen individuellen Charakter aufdrückt und ihr bei
allmählicher Durchbildung einen neuen, selbständigen Stil zuführen wird. Außer den vorgenannten Baustilen haben sich einzelne
Bauweisen entwickelt, welche als Vermittelungsglieder derselben anzusehen sind, worunter insbesondere der zwischen dem romanischen
und gotischen Stil entwickelte den Namen des Übergangsstils erhalten hat, bei welchem sich der Rund- und Spitzbogen oft gleichzeitig
angewandt findet.
Ferner haben die genannten Hauptbaustile nach dem Charakter der Länder, worin sie sich entwickelt haben, eine verschiedene
Ausbildung erfahren, z. B. der gotische Stil, bei welchem man einen deutsch-, französisch-, englisch- und italienisch-gotischen
Stil unterscheidet. Ausführliche Charakteristik der Baustile enthält der Artikel »Baukunst« (s. d.).
Vgl. Rosengarten, Die architektonischen
Stilarten (3. Aufl., Braunschw. 1874);
Lübke, Abriß der Geschichte der Baustile (4. Aufl., Leipz. 1878);
v. Sacken, Katechismus der Baustile (7. Aufl., das. 1882);
»Handbuch der Architektur« von Durm u. a., 2. Teil: »Die Baustile«
(Darmst. 1880 ff.).
(spr. botäng), Louis Eugène Marie, franz. Philosoph und Theolog, geb. zu Paris,
seit 1819 Professor der Philosophie an der Akademie zu Straßburg und als solcher ein Anhänger der liberalen Partei, ward 1824 suspendiert,
warf sich aber infolge plötzlich eingetretener Sinnesänderung der Kirche in die Arme und ließ sich 1828 zum Priester weihen,
worauf er zwar in sein Lehramt wieder eingesetzt, bald aber neuerdings der Heterodoxie beschuldigt und
(1834) zur Retraktation aufgefordert wurde. Die Feindschaft zwischen ihm und dem Klerus wuchs, als er in dem Werk »De l'enseignement
de la philosophie en France au XIX. siècle« (Straßb. 1833) die herrschende scholastische Methode angriff und der Abbé Bonnechose
die Lehre des Meisters unter dem Titel: »Philosophie du christianisme, correspondances religieuses de Mr.
Louis Bautain« (das. 1835, 2 Bde.)
herausgab. Die kirchlichen Mißhelligkeiten wurden durch einen (allerdings kaum mehr als scheinbaren) Widerruf (1834; vgl.
Bautain, Lettre à Mgr. de Trevern, évêque de Strasbourg, Straßb. 1836) und durch einen persönlichen Besuch
Bautains beim Papst insoweit ausgeglichen, daß Bautain seit seiner Rückkehr nach Frankreich in
Paris lebte,
wo er während des Winters einen großen Kreis von Schülern um sich sammelte und Predigten hielt, die zu den besuchtesten gehörten.
Was ihm vorzugsweise den Vorwurf der Ketzerei zugezogen hat, war in der Lehre von der Sünde und der Gnade
seine Hinneigung zum Augustinismus. Im J. 1848 ernannte der Erzbischof Sibour Bautain zum Obervikar der Pariser Diözese; 1853 wurde
er Professor der Moraltheologie an der theologischen Fakultät zu Paris, wo er starb. Bautains philosophische Lehren
sind ein in sich haltloses Aggregat von Sätzen, die hauptsächlich von Kant, Jacobi, Platon und Augustinus
entlehnt sind. Er schrieb noch: »Psychologie expérimentale« (Straßb. 1839, 2 Bde; 2. Aufl.,
Par. 1859; deutsch, Münst.
1853);
»Philosophie morale« (Par. 1842, 2 Bde.);
»La religion et la liberté considérées dans leurs rapports« (eine Sammlung
seiner Pariser Kanzelvorträge, das. 1848; deutsch, Schaffh. 1851);
»La morale de l'évangile comparée aux divers systèmes de
morale« (Vorlesungen an der Sorbonne, Par. 1855; deutsch, Tübing. 1856);
»Philosophie des lois« (das. 1860);
daneben auch Bücher
allgemein erbaulichen Inhalts.
(Hirmen, Galgensteine), im skandinavischen Norden in vorgeschichtlicher Zeit errichtete rohe, schmale, hohe
Denksteine, vielleicht von gleicher Bedeutung wie die in andern Gegenden Europas unter der Bezeichnung
Menhir bekannten prähistorischen Monumente.
Sie finden sich einzeln und miteinander verbunden, besonders zahlreich auf den
Inseln Bornholm und Fuur (im Limfjord).
Zu unterscheiden sind von ihnen die Steinsetzungen (Grabdenkmäler, Opferplätze) und
die Runensteine.
[* ] (wend. Budissin), Hauptstadt der gleichnamigen sächs. Kreishauptmannschaft, die erste der sogen.
Vierstädte, liegt an der Dresden-Görlitzer und der Bautzen-Schandauer Eisenbahn, auf einer steilen Anhöhe rechts über der Spree,
über welche eine schöne Eisenbahnbrücke führt, und besteht aus der eigentlichen, mit Mauern und Warttürmen
umgebenen Stadt und zwei Vorstädten, die durch Alleen von der eigentlichen Stadt geschieden und mit Wall und Graben (jetzt
zum Teil Promenaden) umgeben sind, während das meist von Wenden bewohnte Dorf Seidau (mit 2858 Einw.) nördlich am andern
Ufer der Spree liegt. Im NW., auf dem höchsten Punkte der Stadt, liegt das uralte, 958 gegründete, aber
später wiederholt abgebrannte Felsenschloß Ortenburg, ehemals häufig die Residenz der Könige von Böhmen, jetzt Sitz verschiedener
Behörden.
Unter den Kirchen ist die vorzüglichste der Dom St. Petri am Fleischmarkt, ein großer Hallenbau von unregelmäßiger Grundform,
1441-97 erbaut, mit 94 m hohem Turm, fünf großen Glocken und kostbaren Kirchengefäßen. Die Kirche ist
seit 1543 paritätisches Gotteshaus für Katholiken (deren Bautzen 1631 zählt) und Protestanten. Andre Kirchen sind die zu St. Maria
und Martha (Garnisonkirche für Protestanten), die protestantische Dreifaltigkeits- oder Taucherkirche, die St. Michaeliskirche
(für wendische Protestanten) und die Kirche zu Unsrer Lieben Frau (für wendische Katholiken). Andre ansehnliche
Gebäude sind: die beiden Landschaftshäuser, die Dekanei (das Kapitelhaus), das schöne Rathaus mit schlankem Turm, das große
Gewandhaus,
die Kaserne, das Theater, das Stadtkrankenhaus, das neue Gymnasialgebäude, die neue Bürgerschule etc. Sehenswert sind auch
die malerischen Ruinen der Nikolai- und besonders der Mönchskirche innerhalb der Stadt. Die Zahl der Einwohner betrug 1880 mit
Einschluß der Garnison (Inf.-Reg.
Nr. 103) 17,509 (3066 Wenden). Bautzen gehört zu den gewerbfleißigsten Städten Sachsens. Der älteste, schon
im 17. Jahrh. wichtig gewesene und noch jetzt wichtigste Industriezweig ist das Stricken und Wirken wollener Strümpfe, Handschuhe,
Jacken etc.; auch die Tuchmacherei ist bedeutend.
Außerdem hat Bautzen zwei Eisengießereien mit Maschinenbauwerkstätten, eine mechanische Spinnerei, Weberei, Strumpfwirkerei,
Fabriken für Papier, Zigarren, Strickmaschinen, Leder, Pulver, Sprit, Thonwaren, Wagen, eine lithographische
Anstalt, einen Kupferhammer, Ziegelbrennerei, eine Kunstmühle, eine Gas- und Wasserleitung etc. Der Großhandel erstreckt
sich besonders auf die Erzeugnisse der städtischen Industrie. Ein Kaufhaus (das sogen. Gewandhaus) besteht schon seit 1284. hat 1 Gymnasium
(seit 1556), 1 protestantisches und 1 kath. Schullehrerseminar, 1 Realschule zweiter Ordnung, 1 Handels-, 1 Landwirtschaftsschule, 2 öffentliche
Bibliotheken, deren eine ein böhmisches Manuskript von Johannes Huß enthält, 1 Altertumsmuseum und 1 Bildergalerie.
Als Wohlthätigkeitsanstalten sind zu erwähnen: 4 Spitäler, 1 Waisenhaus, 1 Armenhaus (verbunden mit Korrektionsanstalt), 1 Stadtkrankenhaus;
außerdem 1 Garnisonlazarett. Bautzen ist Sitz der Kreishauptmannschaft, eines Landgerichts (für die 18 Amtsgerichte
zu Bautzen, Bernstadt, Bischofswerda, Ebersbach, Großschönau, Herrnhut, Kamenz, Königsbrück, Löbau, Neusalza, Neustadt bautzen St., Ostritz,
Pulsnitz, Reichenau, Schirgiswalde, Sebnitz, Stolpen und Zittau), einer Amtshauptmannschaft, der landständischen Bank des sächsischen
Markgrafentums Oberlausitz sowie des Domstifts St. Petri.
Dasselbe besteht aus einem katholischen Dechanten (der stets infuliert
und jetzt gewöhnlich ein Bischof in partibus ist), einem lutherischen Propst (stets ein Meißener Domherr,
weil das Domstift St. Petri geschichtlich ein Kollegiatstift von Meißen ist), 10 Domherren und 5 Vikaren derselben. Der Dechant
hat auf den Landtagen seinen Sitz in der Ersten Kammer. Das Stift wurde 1213 von dem Bischof Bruno II. von
Meißen gestiftet und hat große Besitzungen.
Geschichte. Bautzen, ursprünglich eine slawische Niederlassung Budissin, erscheint schon um 1004, wo es vom König Heinrich II.
erobert ward, als befestigte Stadt. Zur Hebung derselben trug der Ruf einer Reliquie, eines Arms von St. Petrus, bei. Hier ward 1018 der
Friede zwischen dem Polenherzog Boleslaw und Kaiser Heinrich II. und 1350 der Vertrag zwischen Karl IV. und
Ludwig von Brandenburg geschlossen, wodurch Ludwig seinen Ansprüchen auf die Niederlausitz entsagte, aber Brandenburg verbürgt
erhielt. Im Hussitenkrieg litt Bautzen viel, schlug aber 1431 einen Sturm ab. Im Dreißigjährigen Krieg nahm es Kurfürst Georg 1620 nach
vierwöchentlicher Belagerung ein; 1633 ward es von Wallenstein erobert, und brannte es der
vom Kurfürsten von Sachsen belagerte kaiserliche Oberst v. Goltz, bevor er sich ergab, nieder. Im J. 1813 wurde Bautzen berühmt
durch die Schlacht (auch die Schlacht von Wurschen genannt) vom 20. und 21. Mai. Nach der Schlacht bei Lützen
zogen sich die Preußen und Russen über die Elbe zurück, und machten bei Bautzen Halt.
Die Stellung auf dem rechten Ufer der Spree war gut gewählt; das Terrain erhebt sich terrassenförmig bis hinauf nach Hochkirch.
Die
Verbündeten sicherten sich durch zahlreiche Redouten und Erdverschanzungen. Ihr linker Flügel lehnte
sich an die böhmischen Gebirge, der rechte, bei Malwitz, war durch Seen, Teiche und fließende Gewässer gedeckt, die Spree
und die Stadt Bautzen schützten die Fronte. Auf dem äußersten rechten Flügel, bei Klix und Malwitz, befehligte Barclay de Tolly;
im Zentrum an der Spree Kleist, dahinter in zweiter Linie auf den Kreckwitzer Höhen Blücher und York; auf
dem linken Flügel Gortschakow, vor ihm an der Spree Miloradowitsch.
Der Großfürst Konstantin führte die Reserve. Die Verbündeten hatten 180,000 Mann, Napoleon I. 130,000 Mann, worunter 8000 Mann
Reiterei. Nachdem die Verbündeten den günstigen Zeitpunkt für einen Angriff auf Napoleon, der anfangs
nur eine geringe Truppenmasse bei sich hatte, versäumt und am 19. Mai durch einen verspäteten Versuch, bei Königswartha-Weißig
Neys Heranmarsch zu verhindern, das Yorksche Korps nutzlos geschwächt hatten, schritt Napoleon 20. Mai zum Übergang seines Heers
über die Spree.
Macdonald stürmte im Zentrum die steinerne Brücke nach und setzte sich nachmittags in Besitz der Stadt.
Auf dem äußersten rechten Flügel schlug Oudinot nach hartem Kampf bei Wilthen eine Brücke und warf Gortschakows Korps. Nur der
linke französische Flügel stand abends noch auf dem linken Ufer der Spree; Kleist, der sich gegen Marmont gehalten hatte, mußte
jedoch in seine zweite Position bei Litten zurückgehen. Napoleon blieb während der Nacht in Bautzen. Am 21. Mai, morgens 5 Uhr, erneuerte
sich die Schlacht auf der ganzen Linie; Oudinot machte wiederholte Angriffe auf den linken Flügel der Verbündeten, wurde aber
verschiedene Male zurückgeschlagen.
Indessen gelang es Ney, das Korps Barclay de Tollys in der Flanke zu fassen; zu gleicher Zeit ließ Napoleon
im Zentrum durch Soult die Höhen von Kreckwitz nehmen, und da nunmehr die Gefahr einer völligen Einschließung drohte, wurde
von den Verbündeten der Rückzug angetreten und in der größten Ordnung ausgeführt. Weder Geschütz noch Gefangene wurden
von den Franzosen eingebracht. Die Verluste der Verbündeten beliefen sich auf etwa 14,000, die der Franzosen
auf über 20,000 Mann an Toten und Verwundeten. Die Folge der Bautzener Schlacht war der Rückzug der Verbündeten bis an die
Oder, worauf nach längerer Unthätigkeit der Waffenstillstand vom 4. Juni folgte.
Vgl. Wagner, und seine
Umgebung (Bautzen 1871);
Wilke, Geschichte der Stadt Bautzen (das. 1843);
v. Meerheimb, Die Schlacht bei Bautzen (Berl. 1873).
Die Kreishauptmannschaft Bautzen zählt auf 2470 qkm (44,85 QM.)
(1880) 351,326 Einw. (142 auf 1 qkm), davon 321,379 Evangelische, 29,363 Katholiken und 187 Juden (48,525 Wenden), und zerfällt
in die vier Amtshauptmannschaften: