mehr
entweder auch zu beträchtlicher Tiefe in schiefer Richtung in den Boden, wie z. B. bei der Linde, oder sie halten sich nur oberflächlich und streichen dabei oft weit im Umkreis aus, wie bei den Pappelarten. Überdies erzeugt immer lockerer und tiefgrundiger Boden eine tiefere, bindige und flachgrundige Bodenbeschaffenheit eine oberflächlichere Wurzelbildung. Die monokotyledonen Bäume haben nie eine Pfahlwurzel; ihr Stamm endigt nahe unter der Bodenfläche und ist mit seitlich im Umfang aus demselben hervorkommenden Nebenwurzeln im Erdreich befestigt.
Hinsichtlich des innern Baues des Baumstammes weichen die zu den Monokotyledonen gehörigen Bäume, nämlich die Palmen, [* 2] von den Dikotyledonen wesentlich darin ab, daß bei jenen die Gefäßbündel [* 3] im Grundgewebe zerstreut stehen, daß es darum keinen Kambiumring, keinen Holzcylinder und somit auch keinen fortdauernden Dickezuwachs des Stammes gibt. Bei den zu den Dikotyledonen gehörigen Bäumen hat der Stamm schon in der frühsten Jugend als dünner Stengel [* 4] einen unter der Rinde gelegenen Kreis [* 5] von Gefäßbündeln, welcher jenen Teil von dem das Innerste einnehmenden Mark scheidet.
Dieser Gefäßbündelring stellt in seiner innern, dem Mark anliegenden Hälfte das Holz [* 6] und im äußern, an die Rinde angrenzenden Teil den Bast [* 7] dar; zwischen beiden zieht sich der Kambiumring hindurch. Dieser letztere, aus zarten, saftreichen, in Vermehrung begriffenen Zellen gebildet, vergrößert vermöge seines Zellvermehrungsprozesses die beiderseits ihm anliegenden Gewebe, [* 8] indem einesteils sich alljährlich an der Außenseite des Holzringes eine neue Zone Holzgewebe anlegt, wodurch die Jahresringe des auf diese Weise erstarkenden Holzkörpers entstehen, die man als konzentrische Linien auf dem Querschnitt desselben wahrnimmt, andernteils aber auch der Bast an seiner Innenseite einen jährlichen, wenn auch weit geringern Zuwachs erhält.
Auf diese Weise kommt die dauernde Verdickung des Stammes und aller seiner Äste sowie auch der Wurzeln zu stande. Dabei erweitert sich die Rinde vermöge eigner Zellenbildung in dem Grad, als dies durch die von innen her erfolgende Verdickung des Stammes erheischt wird. Dadurch wird zugleich eine schützende Decke [* 9] für die zunächst darunterliegenden weichen Teile der Rinde und des Bastes gebildet. Dieser Überzug tritt bald als glattes Periderm, bald als rissige Borke auf (s. Periderm).
Die Bäume können bei ungestörter Vegetation und unter günstigen Verhältnissen ein außerordentliches Alter erreichen, und es ist gewiß, daß dasselbe bei mehreren gegenwärtig noch existierenden Bäumen bis zu den frühsten Daten der römischen und griechischen Geschichte zurückgeht. Mit hohem Alter ist in der Regel eine ungewöhnliche Dicke des Stammes, aber nicht immer eine entsprechende Höhe verknüpft. Die ältesten, stärksten und höchsten Individuen der Erde gehören zu den Affenbrot-, Drachen- und Gummibäumen, zu den Eichen, Linden, Platanen, zu den Palmen sowie zu den Nadelbäumen.
Aloys de Cadamosto fand 1454 an der Mündung des Senegal Stämme des Affenbrotbaums (Adansonia digitata L.) von ungefähr 32 m Umfang, andre Reisende geben den Durchmesser derselben zu 8-9,4 m bei 22 m Höhe an. Spätere Reisende fanden die 300 Jahre früher von den ersten Besuchern eingeschnittenen Inschriften im Innern des Stammes wieder, und nach dem Maßstab, [* 10] der sich daraus für die Verdickung des Stammes ergab, konnte man das Alter mancher dieser Riesen auf ca. 6000 Jahre schätzen.
Der durch einen Sturm zerstörte Drachenbaum (Dracaena Draco L.) von Orotava auf den Kanarischen Inseln, der von A. v. Humboldt 1799 gemessen wurde, zeigte einen Umfang von 15 m bei einer Höhe von nicht viel über 22 m. Die Eukalyptusarten erreichen ebenfalls eine Stammstärke von 25 m im Umfang und eine Höhe von mehr als 150 m. Auch der Rosenbaum kann überaus alt werden; von dem sogen. tausendjährigen Rosenbaum (Rosa canina) an der Gruftkapelle des Doms zu Hildesheim [* 11] ist aber nur der Wurzelstock von 800jährigem Alter.
Die größte und mächtigste Eiche in Europa [* 12] besitzt Deutschland [* 13] bei Körtlinghausen im preußischen Regierungsbezirk Arnsberg. [* 14] Sie zählt über 1000 Jahre und hat etwa 22 m Höhe und einen Umfang von 12,4 m nahe an der Erde. Die Eiche bei Saintes im französischen Departement Charente-Inférieure hat bei 18,8 m Höhe 1,6 m über dem Boden 6,75 m Durchmesser; man schätzt ihr Alter auf 1800-2000 Jahre. In Litauen sind Linden von 25,7 m Umfang und 815 Jahresringen gefällt worden. Zu den durch ihre Größe berühmten Linden gehören ferner diejenige bei Freiburg [* 15] in der Schweiz, [* 16] welche schon zur Zeit der Schlacht bei Murten wegen ihres Umfanges bekannt war, und die bei Neuenstadt am Kocher in Württemberg, [* 17] welche die Chronik schon 1226 als den »großen an der Heerstraße« bezeichnet.
Die morgenländische Platane [* 18] (Platanus orientalis) erreicht auch im Süden Europas wie im Orient einen Riesenwuchs. Plinius erwähnt einer Platane, deren Stamm 25,4 m im Umfang hatte. Im Thal [* 19] Bujukdere bei Konstantinopel [* 20] befand sich noch neuerlich eine hohle Platane von 28 m Höhe und 15,7 m Stammumfang, deren Alter man auf mehrere Tausend Jahre schätzt. Der bekannte Kastanienbaum am Ätna, [* 21] mehr durch Stärke [* 22] als durch Höhenwuchs merkwürdig, ist mehrere Jahrhunderte alt; in seinem Innern sollen 100 Pferde [* 23] Raum haben.
In der Familie der Palmen findet man die über 56,5 m hohen Stämme von Ceroxylon andicola Hb. et Bp. in dem gemäßigten Alpenklima der Andes. Von den Koniferen [* 24] endlich sind die Araukarien in Brasilien, [* 25] Chile, [* 26] Australien, [* 27] auf den Norfolkinseln und in Neukaledonien [* 28] 53-88 m hoch. Pinus grandis Dougl. in Neukalifornien erreicht 59-65 m, P. Lambertiana Dougl. 65-68 m, P. Strobus L. (White Pine bei den Nordamerikanern) in New Hampshire öfters 74-78 m. In Kalifornien gibt es Rottannen von 85,5 m Höhe, in Western-Oregon solche von 94 m Höhe.
Weißtannen von 63 m Höhe und 4-5,6 m Umfang finden sich auf dem Kübany ^[richtig: Kubany] im Quellgebiet der Moldau. In einem geschützten Thal der kalifornischen Sierra Nevada steht die 1850 entdeckte Familie von 90 riesigen Exemplaren der Wellingtonia gigantea Lindl. Das Alter des einen, den man gefällt hat, ist aus den Jahresringen auf mehr als 3000 Jahre berechnet worden. Ein andrer liegt am Boden mit abgebrochener Krone; der verstümmelte Torso mißt noch 94 m und hat an der abgebrochenen Stelle oben 5,6 m Durchmesser, weshalb man annimmt, daß dieser Baum ursprünglich 141 m Höhe gehabt habe.
Die Zedern des Libanon sind weltberühmt; ihre Stämme haben bis 12,5 m im Umfang bei 25-28 m Höhe. Sie kontrastieren sonderbar mit unsern nur in der Dicke kolossalen Eibenbäumen (Taxus baccata L.), die aber unter allen europäischen Baumarten das höchste Alter erreichen. So ergaben sich z. B. für den Taxus baccata von Brabum in der Grafschaft Kent drei Jahrtausende. Unsre größten Tannen und Fichten erreichen mitunter eine Höhe von 47 m bei einer Stärke von 3,7 m ¶
mehr
im Umfang; ihren stattlichen Wuchs vollenden sie in 120-150 Jahren, obwohl sie 300 Jahre und noch älter werden können. Die berühmte Fichte [* 30] des Lampersdorfer Forstes bei Frankenstein in Schlesien [* 31] hat 5 m Umfang und mißt 48 m; im Böhmerwald gibt es Fichten von 63 m Höhe.
Unter den Tropen findet sich der üppigste Baumwuchs; zudem sind es lauter eigentümliche Baumarten dieser Klimate, welche hier die Urwälder bilden. Sie gehören vorzugsweise den Familien der Palmen, Euphorbiaceen, [* 32] Urticeen, Melastomaceen, Sapindaceen, Malvaceen, Büttneriaceen, Meliaceen, Leguminosen, [* 33] Sapoteen, Cinchonaceen an. In der subtropischen Zone ist der Baumwuchs hauptsächlich vertreten durch die immergrünen Myrtaceen und Laurineen sowie Proteaceen, denen sich in der wärmern gemäßigten Zone andre immergrüne Bäume anschließen, zumal die immergrünen Eichen, Granatbäume, Orangen und Zitronen, Ölbäume, Feigen und nochmals Myrte und Lorbeer.
Dagegen sind in der kältern gemäßigten Zone die laubwechselnden Bäume vorherrschend. Eichen- und Buchenwälder, Linden, Ulmen, Eschen, Pappeln, Weiden sind hier charakteristisch. Und obgleich auch hier bereits Nadelhölzer [* 34] in zusammenhängenden Waldungen auftreten, werden dieselben doch erst in der subarktischen Zone eigentlich vorwaltend, wo die Laubbäume einer nach dem andern verschwinden. Überhaupt werden die Bäume, je mehr man sich den Polarkreisen nähert, desto geringer an Zahl und desto kleiner.
Eichen, Linden, Eschen, Ahorne, Buchen hören in Schweden [* 35] schon diesseit des 64.° nördl. Br. auf. Jenseit dieser Breite [* 36] besteht die Baumvegetation hauptsächlich aus Fichten und Tannen, die in zusammenhängenden Waldungen nordöstlich noch über den 60.° hinausreichen, aus Birken, die in zusammenhängenden Waldungen sich fast bis zum 71.° nördl. Br. erstrecken, und zum Teil aus Ellern und Weiden. Auch die Höhe über der Meeresfläche hat auf die Ausbreitung und Höhe der Bäume, natürlich im Verhältnis zur Entfernung vom Äquator und zum Klima, [* 37] bedeutenden Einfluß.
Auf den Andes finden sich noch bis 94 m unter der Schneelinie ansehnliche Bäume; bis 2825 m Höhe gedeihen noch Wachspalmen, mehrere Cinchonen und Eskallonien. Unter 30° nördl. Br., wo die Schneegrenze bei 4048-4080 m liegt, kommen auf dem Himalaja, nördlich von Indien, noch 3766 m hoch Baumgruppen vor, die aus Eichen und Fichten bestehen. Ebenso sind in Mexiko, [* 38] unter 25-28° nördl. Br., die Gebirge bis 3766 m mit Fichten und bis 2825 m hoch mit mexikanischen Eichen bedeckt. Auf den Alpen [* 39] des mittlern Europa hört der Holzwuchs bei einer Höhe von 1570 m, auf dem Riesengebirge bei 1193, auf dem Brocken bei 1005 m auf. Eichen und Tannen stehen auf den Pyrenäen noch bis zu einer Höhe von 1883 m; dagegen wächst die Fichte auf dem Sulitelma in Lappland, bei 68° nördl. Br., kaum in einer Höhe von 188, die Birke kaum in einer von 376 m. Vgl. Pflanzengeographie.
Über den wichtigen Einfluß, welchen die Bäume, zumal wo sie wälderbildend auftreten, auf klimatische Verhältnisse und Witterung ausüben, s. Wald. - Die Schäden, denen die Bäume ausgesetzt sind, bestehen in Windbruch, Windfall, Schneebruch, Blitzschlag, Frostschäden. Die verschiedenen Krankheiten, von denen sie befallen werden können, bezeichnet man als Brand, Krebs, [* 40] Grind oder Schorf, Baumkrätze, Rost, Meltau, Rot- oder Kernfäule, Gelbsucht, Harzfluß, Gummifluß, Darrsucht, Wassersucht, Aufspringen der Rinde.
Mißbildungen an Bäumen sind die Maserkröpfe, die Hexenbesen oder Wetterbüsche, die Gallen. Baumkultur zum Zweck der Gewinnung von Holz, Zweigen, Rinden, Laub, Blüten, Früchten, Samen [* 41] oder einzelnen chemischen Bestandteilen (Terpentin, Zucker, [* 42] Kautschuk, Balsame, Alkaloide etc.) bildet den Gegenstand der Forstwirtschaft, der Landschafts- und Nutzgärtnerei. Mit der Lehre [* 43] von den Bäumen (Gehölzen), welche in einem bestimmten Land im Freien gedeihen, beschäftigt sich die Dendrologie, welcher Anpflanzungen von Bäumen in systematischer oder pflanzengeographischer Anordnung, die Arboreten, zu Beobachtungen und Versuchen dienen. Über alles dieses siehe die besondern Artikel.