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Zeit zu den reinen klassischen Formen zurück, teils zwar noch, wie besonders von seiten der Franzosen, in der römischen Auffassung dieser Formen, teils, wie bei einzelnen englischen Bauten, in unmittelbarer Nachahmung griechischer Vorbilder, teils in einer Weise, welche aus dem griechischen Geist heraus Neues zu schaffen sich bestrebte. In dem letztern Betracht leistete besonders Deutschland [* 2] Ausgezeichnetes, und vornehmlich K. Schinkel (1781-1841) ist es, dessen Bauwerke zuerst wieder das reine Bewußtsein der klassischen Formenbildung wie keine andern Denkmäler des gesamten modernen Zeitalters erkennen lassen, so das mit Fresken geschmückte Alte Museum, die in dorischem Stil erbaute Hauptwache, das genial entworfene Schauspielhaus zu Berlin. [* 3]
Bei kleinern Anlagen, wie dem reizenden Charlottenhof in Potsdam, [* 4] wußte der Meister die Architektur mit der Gartenanlage auf das glücklichste zu verbinden, während er in der Bauakademie zu Berlin der Backsteinarchitektur der Gegenwart neue Bahnen vorzuzeichnen verstand. Eine dritte Richtung entwickelte sich als Opposition gegen die einseitige und in dieser Einseitigkeit frostige Auffassungsweise, zu der jene antikisierende Richtung allerdings häufig genug Veranlassung gab.
Diese Opposition wandte sich im Gegensatz gegen jenes formale Streben der Blüteperiode des romanischen Zeitalters zu. Es fehlte hier ebenfalls nicht an mancherlei einseitigen Leistungen, zugleich blieb diese Richtung auf einen engern Kreis [* 5] beschränkt und ging schnell vorüber; doch mußte ein solches Bestreben die wohlthätigsten Folgen haben. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Wiederaufnahme des gotischen Baustils, welche sich zunächst in England vollzieht, wo überhaupt zwischen dem Mittelalter und der neuern Zeit keine so scharfe Grenze gezogen war wie in andern Ländern. In Deutschland sind verschiedene nicht unbedeutende Monumente gotischen Stils ausgeführt worden, in denen aber auf der einen Seite mehr eine Aufnahme der Äußerlichkeiten dieses Stils, auf der andern Seite eine Umbildung desselben nach einer mehr klassischen Formenweise, die aber seinem Grundprinzip widerspricht, ersichtlich wird, während einzelne deutsche Baumeister statt seiner zu dem romanischen Baustil zurückgegriffen haben.
Endlich ist diesen verschiedenen Entwickelungsstufen derjenige Zustand der Baukunst [* 6] gefolgt, der vorzugsweise der Gegenwart angehört und sich fast ausschließlich in der Nachahmung der verschiedenen Erscheinungsformen der Renaissance erschöpft. Neben Berlin wurde ein Schauplatz für großartige Bauthätigkeit in neuester Zeit Bayern [* 7] und insbesondere München [* 8] durch König Ludwig I. Hier war es Leo v. Klenze, der in der Glyptothek (1816-30), in der Walhalla bei Regensburg, [* 9] in der Befreiungshalle bei Kelheim, in der Ruhmeshalle und in den Propyläen zu München mit anerkennenswerter Konsequenz an den Grundsätzen der Antike festhielt und bei der Pinakothek, dem neuen Königsbau und Saalbau die Renaissance mit Geschick zu benutzen verstand, während Gärtner in der Ludwigskirche, Bibliothek und Universität sich den Stilen des Mittelalters nach dem Grundsatz der romantischen Schule anschloß, Ziebland in der Basilika [* 10] des heil. Bonifacius den altchristlichen und Ohlmüller in der Mariahilfkirche in der Vorstadt Au den gotischen Stil vertrat.
König Maximilian II. (seit 1848) versuchte statt der Reproduktion der verschiedenen Baustile der Vergangenheit die Erfindung eines neuen Baustils hervorzurufen. Die Münchener Akademie der bildenden Künste forderte 1851 hierzu auf und erkannte den Entwürfen Wilhelm Stiers aus Berlin den Preis zu, welche indes bei aller Reife in der Komposition zur Ausführung nicht geeignet schienen. Die im neuen Stil aufzuführenden Bauten wurden deshalb der Hand [* 11] Bürkleins anvertraut, der sich namentlich durch seinen Bahnhof als einen glücklichen Vertreter der romanischen Richtung bewährt hatte, aber sonst weder in der neuen Maximiliansstraße und ihren öffentlichen Gebäuden noch in dem Regierungsgebäude und Maximilianeum etwas für die Gegenwart und nächste Zukunft Maßgebendes zu schaffen im stande war. Unter den neuern Gebäuden Münchens sind das gotische Rathaus von Hauberrisser sowie das im Renaissancestil erbaute, ebenso zweckmäßig wie künstlerisch durchgebildete neue Polytechnikum von Neureuther hervorzuheben. Eisenlohr (gest. 1853) hat in den Hochbauten der badischen Eisenbahn, namentlich an den Bahnhöfen von Heidelberg, [* 12] Freiburg [* 13] und Karlsruhe, [* 14] den romanischen Stil wieder zu erwecken und unsern Bedürfnissen anzupassen gewußt, während Hübsch (gest. 1863) in Karlsruhe die altchristliche und romanische Bauart zu entwickeln strebte und in dem Theater [* 15] zu Karlsruhe, der Trinkhalle in Baden-Baden, [* 16] vor allem aber in der Kunstschule zu Karlsruhe seine besten Leistungen hinterlassen hat.
Einer freiern Verwendung antiker Formen verdankt die Stuttgarter Schule den Fortschritt zu einer edlen Renaissance, wovon die Villa bei Berg von Leins, Egles Polytechnikum und Stuttgarts Privatbauten Beispiele darbieten. Unter den Leistungen der neuesten Zeit sind das Postgebäude von Tritschler, der ebenso geschmackvolle wie zweckmäßig eingerichtete neue Bahnhof von Morlock, die Kirche am Feuersee von Leins, das Gesellschaftsgebäude der Museumsgesellschaft von Reinhardt und die schon stark in den Barockstil hinüberspielenden Privatbauten von Gnauth zu nennen.
Die bauliche Entwickelung Wiens, welche bis zum Jahr 1828 unter dem Druck einer baubüreaukratischen Reaktion gestockt hatte, datiert von diesem Jahr, in welchem der Schweizer Architekt Müller aus Wyl, Zieblands Schüler, durch den in den italienisch-deutschen Formen des romanischen Stils bewirkten Bau der Altlerchenfelder Kirche eine erste Anregung zum Fortschritt gab. Ihr folgte der Bau der neuen Synagoge im maurischen Stil von Förster, des riesigen Artilleriearsenals, welches aus den Konkurrenzplänen der Architekten Hansen, Förster, Rösner, Siccardsburg und van der Nüll kombiniert war und, obwohl ohne völlige Einheit, doch in seinen einzelnen Teilen, besonders in dem stattlichen Waffenmuseum Hansens, welches eine ebenso originelle wie harmonische Verbindung romanischer und maurischer Elemente zeigt, eine hervorragende Leistung der modernen Architektur darstellt.
Auch durch seine Kapelle des evangelischen Friedhofs, die Pfarrkirche der nichtunierten Griechen, den Renaissancepalast Erzherzog Wilhelms, den in dem Heinrichshof vereinigten großartigen Komplex von Miethäusern, das in griechischem Stil erbaute Parlamentsgebäude und die Akademie der bildenden Künste hat Hansen für Wien [* 17] Epochemachendes geleistet. Während das von Siccardsburg und van der Nüll errichtete neue Opernhaus sich in den Formen der Spätrenaissance bewegt, hat Heinrich Ferstel (gest. 1883) in der Votivkirche einen edlen gotischen, in dem Bank- und Börsengebäude und der Universität imponierende Bauten im Stil der florentinischen Paläste geschaffen. Unter den strengern Gotikern ist vor allen Friedr. Schmidt mit seiner Lazaristenkirche (1860-62), seinem ¶
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akademischen Gymnasium (vollendet 1867) und dem im Stil italienischer Gotik ausgeführten Rathaus zu nennen. Auf seinem eng begrenzten Gebiet ist er ein trefflicher Meister und neben Statz, welcher mehrere Kirchen in den Rheinlanden erbaut hat, das tüchtigste Glied der [* 19] kölnischen neugotischen Schule. Unter den neuesten Kirchen sind die Weißgerberkirche, die Pfarrkirche in der Brigittenau und die Kirche in Fünfhaus, alle von Schmidt, in gotischem Stil erbaut. Der Bau der Hofmuseen, des Hofburgtheaters und der Hofburg selbst nach den Entwürfen von Semper u. Hasenauer und der Justizpalast von A. v. Wielemans bilden gewissermaßen den monumentalen Abschluß einer Gruppe von Bauten, wie sie großartiger und phantasievoller keine zweite moderne Großstadt besitzt. (Näheres s. bei Wien, mit Tafel »Wiener Bauten«.) [* 20]
In Norddeutschland ist namentlich die Friedenskirche zu Potsdam, von Persius 1850 vollendet, ein glänzendes Muster des Basilikenstils, der nicht minder glücklich, wenn auch mit weit geringern Mitteln im Backsteinrohbau in Stülers Jakobikirche zu Berlin zur Anwendung kam (1845). Stracks Petrikirche ist schon deswegen bemerkenswert, weil hier unter größter äußerer Beschränkung die Gotik einem Grundriß sich anbequemen mußte, welcher ihr fremd war, und hierdurch zu einem originellen Bauwerk Veranlassung gab.
Einen nicht minder bedeutenden Bau, für welchen der romanische Stil und noch mehr die Renaissance Vorbilder gaben, ist die mit Kuppeln überdeckte Kirche der katholischen St. Michaelsgemeinde von Soller. Zu den großen Profanbauten, mit welchen Friedrich Wilhelms IV. Kunstsinn die Stadt schmückte, gehört das Neue Museum von Stüler, welches alle Sammlungen in sich schließt und mit Schinkels Altem Museum durch eine Straßenüberführung verbunden ist. Unter der Leitung von Strack wurde ein andrer Teil der Anlage, die Nationalgalerie, errichtet. Im Privatbau, besonders dem ländlichen, zu dessen Ausbildung die Straßen am Tiergarten und die reizenden Umgebungen Potsdams aufforderten, haben Strack, Knoblauch, Hitzig und besonders Persius Treffliches geschaffen. Zu den Wohnhäusern größern Stils gehört das elegante russische Botschaftshotel von Knoblauch, zu den öffentlichen Gebäuden das im Backsteinrohbau ausgeführte Rathaus von Wäsemann, die im Renaissancestil erbaute Börse, das erste in Hausteinen ausgeführte Gebäude Berlins, und die deutsche Reichsbank von Hitzig.
Die im maurischen Stil aufgeführte Synagoge von Knoblauch zeichnet sich ebensowohl durch meisterhaften Grundriß wie durch die edlen Verhältnisse ihres Innern und ihrer originellen eisernen Kuppel aus, während die Anatomie und das chemische Laboratorium von Albert Cremer edle und geschmackvolle Leistungen im Backsteinbau darstellen. Unter den Kirchen der neuesten Periode sind die byzantinische Thomaskirche von Adler [* 21] und die romanische Zionskirche von Orth als Muster zweckmäßiger Einrichtung und künstlerischer Durchbildung hervorzuheben.
Besonders zahlreich sind die Leistungen auf dem Gebiet des Eisenbahnbaues, unter welchen der Görlitzer Bahnhof von Orth, der Ostbahnhof von Lohse, der Niederschlesisch-Märkische, der Lehrter und Potsdamer, der Anhalter von Schwechten und die Stadtbahnhöfe von Jakobsthal bei zweckmäßiger Anlage und künstlerischer Durchbildung eine mehr oder minder gelungene Verbindung des Steinbaues mit dem Eisenbau zeigen. Die Privatarchitektur weist eine Fülle von Bauten auf, welche, in dem Charakter eines Palastes oder einer Villa gehalten, meist sowohl in Anlage als in Form vortrefflich sind.
Auf diesem Gebiet haben sich neuerdings neben den Meistern der ältern Periode, wie Lucae und Gropius und Schmieden, besonders Ende und Böckmann, Kayser und v. Großheim, Ebe und Benda, Kyllmann und Heyden, Otzen, H. Stier hervorgethan. (Näheres s. bei Berlin, mit Tafel »Berliner [* 22] Bauten«.) [* 23] - Unter den Bauwerken Dresdens sind Sempers Theater (1841 vollendet, 1869 abgebrannt, von neuem nach seinem Plan 1872-77 erbaut) ausgezeichnet zugleich durch die Fülle bedeutenden Schmuckes, für welche Plastik und Malerei auf das freigebigste aufgeboten wurden, und Museum, der Schlußstein des mächtigen Zwingerbaues, hervorzuheben.
Mit dem Jahr 1848 erreichte Sempers Thätigkeit vorerst in Dresden [* 24] ihr Ende und fand in der Schweiz, [* 25] wo er in dem eidgenössischen Polytechnikum und Bahnhof zu Zürich [* 26] und in dem Rathaus zu Winterthur Bauwerke in edlem Renaissancestil schuf, und später in Wien ihre Fortsetzung (s. oben). Leipzig [* 27] zeigt im Privatbau meist eine Renaissance unter Dresdener Einfluß und erfreut sich im Museum des Müncheners Ludwig Lange, das 1858 vollendet und seit 1883 durch Lipsius erweitert wurde, eines seinem Zweck trefflich entsprechenden Gebäudes.
Braunschweig [* 28] hat durch Ottmer (1831-36) ein schönes, im Renaissancestil mit korinthischen Säulenstellungen erbautes Residenzschloß, welches später, teilweise durch Feuer zerstört, in der alten Gestalt wiederhergestellt wurde, und durch Raschdorff ein in gotischem Stil erbautes Postgebäude erhalten. Hannover [* 29] hat bei bedeutendem Anwachs der Bevölkerung [* 30] eine große Bauthätigkeit entfaltet. Das 1852 eröffnete Theater von Laves ist ein prachtvoll ausgestatteter Renaissancebau im Rundbogenstil; außerdem sind Haases Museum (romanisch) und Christuskirche (gotisch) als Bauten von hervorragender Bedeutung zu erwähnen.
Unter den öffentlichen Gebäuden Bremens ist die im gotischen Stil erbaute Börse von Müller hervorzuheben. Von Köln [* 31] aus, wo der gotische Stil durch den wieder aufgenommenen Dombau unter Zwirners Leitung treffliche Pflege fand, verbreitete er sich wieder auch durch Deutschland und rief namhafte Bauten hervor, unter welchen die Nikolaikirche zu Hamburg [* 32] von dem Engländer Gilbert Scott, 1863 eingeweiht, und die Kölner [* 33] Bauten von Statz zu nennen sind. In Schwerin [* 34] sind durch den von Schinkel beeinflußten A. Demmler mehrere Monumentalbauten entstanden, unter denen das im florentinischen Palaststil gehaltene Arsenal und das im Stil der französischen Frührenaissance errichtete, von Stüler vollendete Schloß die bedeutendsten sind.
Deutschland zunächst hinsichtlich der Bedeutung des neuesten architektonischen Schaffens steht Frankreich, wo die provinziellen Eigentümlichkeiten nicht so wie dort hervortreten, sondern Paris [* 35] allein den Mittelpunkt aller Produktion bildet. Auf die streng antikisierende Richtung eines Percier und Fontaine unter dem ersten Kaiserreich folgte die freiere klassische Richtung des 1867 verstorbenen Hittorf aus Köln, der die edle Basilika St.-Vincent de Paul baute, und dem die Vollendung der Anlage der Place de la Concorde zu danken ist. Unter den Leistungen der Gotiker, welche fast durchweg den frühsten Formen dieses Stils sich anschließen, sind Viollet le Ducs Kirche in St.-Denis und die Kirche Ste.-Clotilde zu Paris von Gau aus Köln hervorzuheben, welch ersterer auch die gelungene Restauration der Ste. Chapelle zu Paris leitete. Von größerm Erfolg war der Anschluß an die Renaissance, wie er sich ¶