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In Spanien [* 2] sehen wir die Renaissance ebenfalls bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. eingeführt. Unter Karl V. ward hier unter anderm als ein Gebäude von italienischer Form der (unvollendete) Palast neben der Alhambra von Granada, [* 3] nach den Plänen Machucas, erbaut, dessen trockner Ernst zu der spielenden Pracht des maurischen Königsschlosses einen charakteristischen Gegensatz bildet. Bedeutenderes geschah in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. unter Philipp II. Das großartigste Monument, welches dieser Fürst errichten ließ, ist das Kloster San Lorenzo im Eskorial, begonnen 1563 durch Juan de Toledo, [* 4] beendet 1584 durch dessen Schüler Juan de Herrera.
In England kam der moderne Baustil kaum vor dem Anfang des 17. Jahrh. zu einer durchgreifenden Anwendung. Als Begründer desselben ist hier vornehmlich Inigo Jones (1572-1652) zu nennen, ein getreuer Nachfolger des Palladio. Der königliche Palast zu Whitehall, ein Teil des Hospitals von Greenwich bei London [* 5] u. v. a. rühren von ihm her. Der bedeutendste der modernen englischen Baumeister ist Christopher Wren, welcher von 1675 bis 1710 den Neubau der Paulskirche zu London ausführte. Auch in England spricht man nach den Regenten von einem Elizabethan Style, Stil der Königin Anna etc. In den Niederlanden ist vornehmlich Jakob van Campen (gest. 1658), der Erbauer des großen Rathauses von Amsterdam, [* 6] zu nennen.
In Deutschland [* 7] entstanden bereits seit der Mitte des 16. Jahrh. mancherlei Bauanlagen italienischen Stils, wie der Otto-Heinrichsbau des Heidelberger Schlosses (s. Tafel XII, [* 1] Fig. 5). Doch suchte sich der deutsche Geist die antike Dekoration bald so vollständig anzueignen und ihr ein so entschieden nationales Gepräge zu geben, daß sich die deutsche Renaissance als selbständiges Glied [* 8] aus der allgemeinen Renaissancebewegung herauslöste und namentlich in der dekorativen Gestaltung der Bauwerke, welche meist ihre gotische Grundform behielten, und im Kunstgewerbe zu reizvollen und künstlerisch wertvollen Schöpfungen gelangte. Zu Anfang des 17. Jahrh. erfreute sich Elias Holl von Augsburg [* 9] eines besondern Ruhms; er führte 1615-20 das dortige Rathaus auf, das indes keine sonderlich großartige künstlerische Entwickelung erkennen läßt.
Gleichzeitig (1616-19), in einer nicht unwürdigen Anwendung des italienischen Stils, ward das Rathaus zu Nürnberg [* 10] durch Eucharius Karl Holzschuher erbaut. Wichtigere Unternehmungen finden sich in Deutschland zu Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh. Zu den kraftvollsten Bauten dieser Zeit gehören das 1685 von Nehring angefangene und von Joh. de Bodt vollendete Zeughaus zu Berlin [* 11] sowie diejenigen Teile des dortigen königlichen Schlosses, welche Andreas Schlüter in den Jahren 1699-1706 erbaut hat.
Schlüter, der größte Künstler seines Zeitalters, namentlich in der Skulptur, strebt in seinen Architekturen ebenfalls nach einer lebendig malerischen Wirkung, verliert aber dabei ebensowenig die kraftvolle Gestaltung des Einzelnen wie den festen und massenhaften Charakter des Ganzen aus dem Auge. [* 12] Als bedeutende Zeitgenossen Schlüters sind Joh. Bernhard Fischer von Erlach, als dessen Hauptbau die 1716 begonnene und 1737 (durch seinen Sohn Esaias Emanuel) beendete Kirche St. Karl Borromäus zu Wien [* 13] zu bezeichnen ist, ferner Johann Balth. Neumann, der von 1720 bis 1744 die stattliche fürstbischöfliche Residenz zu Würzburg [* 14] erbaute, sowie G. W. v. Knobelsdorff zu nennen, von dem die bedeutendsten Bauten, welche Friedrich II., König von Preußen, [* 15] in den frühern Jahren seiner Regierung zu Berlin und Potsdam [* 16] ausführen ließ, herrühren.
Diese Richtung der deutschen Baukunst [* 17] entspricht in ihrem Stilcharakter im allgemeinen dem italienischen Barockstil. Mit diesem kämpfte zu Anfang des 18. Jahrh. eine originelle Neuerung um den Vorrang, das in Frankreich entsprungene Rokoko. Das Rokoko setzt sich ebenso kontrastierend in die klassische Epoche hinein wie das Regime Louis XV in jenes Louis XIV. Das Rokoko ist kein eigentlicher Architektur-, sondern ein Dekorationsstil. Es setzt an die Stelle der prunkvollen Säulenausstattung und Gebälkarbeit römischer Herkunft ein üppiges Geranke von Muscheln [* 18] und Linganen, von Palmen [* 19] und krummen Leisten, für deren Zusammenstellung nur leichtes Geringel und flache Haltung Gesetz sind.
Kahle Wände und Decken sind dem Rokoko am erwünschtesten, geradlinige Gliederungen dagegen feindlich. Charakteristisch ist ferner, daß es sich besonders im Innenraum entfaltet, in Verbindung mit eingelassenen Spiegeln, glitzernden Glaslüstern, Porzellan-Etageren und chinesisch-japanischen Kunsterzeugnissen, welche überhaupt vom größten Einfluß auf den Stil geworden sind und zwar in Form, Dessin und Farbe. Die Abhängigkeit der europäischen Throne von Frankreich während und nach der Regierung Ludwigs XIV. verpflanzte rasch die neue Weise auch in die andern Länder, vorzugsweise nach Deutschland.
Die zahlreichen Höfe bewahren davon noch köstliche, die französischen Vorbilder weit übertreffende Beispiele, unter denen der von Pöppelmann gebaute Zwinger zu Dresden, [* 20] das Schloß Sanssouci bei Potsdam und die Pavillons von Nymphenburg hervorragen. Auch der auf das Rokoko (Style Régence und Louis XV) folgende, die Rückkehr zur Nüchternheit bezeichnende Stil Louis XVI, verbunden mit schwächlicher Anlehnung an die Antike, fand an den deutschen Höfen willige Nachahmung, wo in dem sogen. Zopfstil namentlich in Berlin demselben bereits vorgearbeitet war.
Die neuere Baukunst.
Eine neue Entwickelungsperiode der Baukunst beginnt gegen Ende des 18. Jahrh., wo sich zuerst eine Reaktion gegen den Rokoko- und Zopfstil insofern bemerkbar machte, als sich hier und da Bauten erhoben, welche durch einfache und unbefangene Natürlichkeit ein glückliches Gegengewicht gegen das manieriert-konventionelle Wesen jener Stilrichtungen bildeten. Als größere, stattliche Werke sind das von H. Gentz gegen Ende des 18. Jahrh. in Berlin erbaute Münzgebäude und das Brandenburger Thor von Langhans anzuführen.
Gleichzeitig werden aber auch bereits andre, ungleich mehr umfassende Bestrebungen sichtbar, in denen wir die zweite Stufe dieser neuen Entwickelung erkennen. Dies sind diejenigen, die auf einem erneuten und tiefer eindringenden Studium der Antike beruhen, und durch welche der Kunst wiederum der Gewinn eines geläuterten und gereinigten Stils zu teil wurde. Als gewaltiger Herold ging diesen Bestrebungen Winckelmann (1717-68) voran, dessen prophetisch-begeistertes Wort von seinen Zeitgenossen bewundert, aber erst von der folgenden Generation in lebendigem Schaffen wiedergeboren ward. Seinen wissenschaftlichen Forschungen folgten die Untersuchungen der Monumente des griechischen Landes selbst. Seit Stuart und Revett ward die Aufnahme und Vermessung der griechischen Baudenkmäler eifrig betrieben, dann wurden große Schätze der griechischen Bauornamente in die Museen des westlichen Europa [* 21] entführt und in Gipsabgüssen überallhin verbreitet. So kehrte man von dem Schnörkelwesen der frühern ¶
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Zeit zu den reinen klassischen Formen zurück, teils zwar noch, wie besonders von seiten der Franzosen, in der römischen Auffassung dieser Formen, teils, wie bei einzelnen englischen Bauten, in unmittelbarer Nachahmung griechischer Vorbilder, teils in einer Weise, welche aus dem griechischen Geist heraus Neues zu schaffen sich bestrebte. In dem letztern Betracht leistete besonders Deutschland Ausgezeichnetes, und vornehmlich K. Schinkel (1781-1841) ist es, dessen Bauwerke zuerst wieder das reine Bewußtsein der klassischen Formenbildung wie keine andern Denkmäler des gesamten modernen Zeitalters erkennen lassen, so das mit Fresken geschmückte Alte Museum, die in dorischem Stil erbaute Hauptwache, das genial entworfene Schauspielhaus zu Berlin.
Bei kleinern Anlagen, wie dem reizenden Charlottenhof in Potsdam, wußte der Meister die Architektur mit der Gartenanlage auf das glücklichste zu verbinden, während er in der Bauakademie zu Berlin der Backsteinarchitektur der Gegenwart neue Bahnen vorzuzeichnen verstand. Eine dritte Richtung entwickelte sich als Opposition gegen die einseitige und in dieser Einseitigkeit frostige Auffassungsweise, zu der jene antikisierende Richtung allerdings häufig genug Veranlassung gab.
Diese Opposition wandte sich im Gegensatz gegen jenes formale Streben der Blüteperiode des romanischen Zeitalters zu. Es fehlte hier ebenfalls nicht an mancherlei einseitigen Leistungen, zugleich blieb diese Richtung auf einen engern Kreis [* 23] beschränkt und ging schnell vorüber; doch mußte ein solches Bestreben die wohlthätigsten Folgen haben. Von besonderer Wichtigkeit ist hier die Wiederaufnahme des gotischen Baustils, welche sich zunächst in England vollzieht, wo überhaupt zwischen dem Mittelalter und der neuern Zeit keine so scharfe Grenze gezogen war wie in andern Ländern. In Deutschland sind verschiedene nicht unbedeutende Monumente gotischen Stils ausgeführt worden, in denen aber auf der einen Seite mehr eine Aufnahme der Äußerlichkeiten dieses Stils, auf der andern Seite eine Umbildung desselben nach einer mehr klassischen Formenweise, die aber seinem Grundprinzip widerspricht, ersichtlich wird, während einzelne deutsche Baumeister statt seiner zu dem romanischen Baustil zurückgegriffen haben.
Endlich ist diesen verschiedenen Entwickelungsstufen derjenige Zustand der Baukunst gefolgt, der vorzugsweise der Gegenwart angehört und sich fast ausschließlich in der Nachahmung der verschiedenen Erscheinungsformen der Renaissance erschöpft. Neben Berlin wurde ein Schauplatz für großartige Bauthätigkeit in neuester Zeit Bayern [* 24] und insbesondere München [* 25] durch König Ludwig I. Hier war es Leo v. Klenze, der in der Glyptothek (1816-30), in der Walhalla bei Regensburg, [* 26] in der Befreiungshalle bei Kelheim, in der Ruhmeshalle und in den Propyläen zu München mit anerkennenswerter Konsequenz an den Grundsätzen der Antike festhielt und bei der Pinakothek, dem neuen Königsbau und Saalbau die Renaissance mit Geschick zu benutzen verstand, während Gärtner in der Ludwigskirche, Bibliothek und Universität sich den Stilen des Mittelalters nach dem Grundsatz der romantischen Schule anschloß, Ziebland in der Basilika [* 27] des heil. Bonifacius den altchristlichen und Ohlmüller in der Mariahilfkirche in der Vorstadt Au den gotischen Stil vertrat.
König Maximilian II. (seit 1848) versuchte statt der Reproduktion der verschiedenen Baustile der Vergangenheit die Erfindung eines neuen Baustils hervorzurufen. Die Münchener Akademie der bildenden Künste forderte 1851 hierzu auf und erkannte den Entwürfen Wilhelm Stiers aus Berlin den Preis zu, welche indes bei aller Reife in der Komposition zur Ausführung nicht geeignet schienen. Die im neuen Stil aufzuführenden Bauten wurden deshalb der Hand [* 28] Bürkleins anvertraut, der sich namentlich durch seinen Bahnhof als einen glücklichen Vertreter der romanischen Richtung bewährt hatte, aber sonst weder in der neuen Maximiliansstraße und ihren öffentlichen Gebäuden noch in dem Regierungsgebäude und Maximilianeum etwas für die Gegenwart und nächste Zukunft Maßgebendes zu schaffen im stande war. Unter den neuern Gebäuden Münchens sind das gotische Rathaus von Hauberrisser sowie das im Renaissancestil erbaute, ebenso zweckmäßig wie künstlerisch durchgebildete neue Polytechnikum von Neureuther hervorzuheben. Eisenlohr (gest. 1853) hat in den Hochbauten der badischen Eisenbahn, namentlich an den Bahnhöfen von Heidelberg, [* 29] Freiburg [* 30] und Karlsruhe, [* 31] den romanischen Stil wieder zu erwecken und unsern Bedürfnissen anzupassen gewußt, während Hübsch (gest. 1863) in Karlsruhe die altchristliche und romanische Bauart zu entwickeln strebte und in dem Theater [* 32] zu Karlsruhe, der Trinkhalle in Baden-Baden, [* 33] vor allem aber in der Kunstschule zu Karlsruhe seine besten Leistungen hinterlassen hat.
Einer freiern Verwendung antiker Formen verdankt die Stuttgarter Schule den Fortschritt zu einer edlen Renaissance, wovon die Villa bei Berg von Leins, Egles Polytechnikum und Stuttgarts Privatbauten Beispiele darbieten. Unter den Leistungen der neuesten Zeit sind das Postgebäude von Tritschler, der ebenso geschmackvolle wie zweckmäßig eingerichtete neue Bahnhof von Morlock, die Kirche am Feuersee von Leins, das Gesellschaftsgebäude der Museumsgesellschaft von Reinhardt und die schon stark in den Barockstil hinüberspielenden Privatbauten von Gnauth zu nennen.
Die bauliche Entwickelung Wiens, welche bis zum Jahr 1828 unter dem Druck einer baubüreaukratischen Reaktion gestockt hatte, datiert von diesem Jahr, in welchem der Schweizer Architekt Müller aus Wyl, Zieblands Schüler, durch den in den italienisch-deutschen Formen des romanischen Stils bewirkten Bau der Altlerchenfelder Kirche eine erste Anregung zum Fortschritt gab. Ihr folgte der Bau der neuen Synagoge im maurischen Stil von Förster, des riesigen Artilleriearsenals, welches aus den Konkurrenzplänen der Architekten Hansen, Förster, Rösner, Siccardsburg und van der Nüll kombiniert war und, obwohl ohne völlige Einheit, doch in seinen einzelnen Teilen, besonders in dem stattlichen Waffenmuseum Hansens, welches eine ebenso originelle wie harmonische Verbindung romanischer und maurischer Elemente zeigt, eine hervorragende Leistung der modernen Architektur darstellt.
Auch durch seine Kapelle des evangelischen Friedhofs, die Pfarrkirche der nichtunierten Griechen, den Renaissancepalast Erzherzog Wilhelms, den in dem Heinrichshof vereinigten großartigen Komplex von Miethäusern, das in griechischem Stil erbaute Parlamentsgebäude und die Akademie der bildenden Künste hat Hansen für Wien Epochemachendes geleistet. Während das von Siccardsburg und van der Nüll errichtete neue Opernhaus sich in den Formen der Spätrenaissance bewegt, hat Heinrich Ferstel (gest. 1883) in der Votivkirche einen edlen gotischen, in dem Bank- und Börsengebäude und der Universität imponierende Bauten im Stil der florentinischen Paläste geschaffen. Unter den strengern Gotikern ist vor allen Friedr. Schmidt mit seiner Lazaristenkirche (1860-62), seinem ¶