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Baccio Pintelli, von dem verschiedene Kirchen in Rom, Sant' Agostino, Santa Maria del Popolo u. a., sowie die Sixtinische Kapelle des Vatikans (1473) erbaut sind, und Leo Battista Alberti (1398-1472), der zuerst mit einem entschiedenen gelehrten Studium des klassischen Altertums hervortrat.
Die venezianischen Paläste dieser Zeit zeichnen sich, im Gegensatz zu dem imponierenden Ernst jener von Toscana, durch eine eigentümliche Leichtigkeit und Eleganz aus und erhalten eine besondere Weise der Dekoration, die sich auf die ältesten venezianischen Vorbilder, auf die Anlagen des byzantinischen Stils (wie San Marco) zu gründen scheint, da eine Art musivischen Schmuckes, Täfelungen, Kreise, Leistenwerk u. dgl., aus verschiedenfarbigem, wertvollem Stein gebildet, als Füllstücke in das Mauerwerk der Fassaden eingelassen ist. Die kirchlichen Gebäude, im Innern zwar wieder weniger bedeutend, nehmen in der Gestaltung ihres Äußern an diesen Anordnungen teil; auch zeigt sich hier die bemerkenswerte, der byzantinischen Architektur entnommene Form der halbrunden Giebel. Besonders zahlreich sind die Werke, die man der Familie der Lombardi zuschreibt; als die ausgezeichnetsten unter den Gliedern dieser Familie werden Martino und Pietro Lombardo genannt. Unter den venezianischen Palästen dieser Periode sind als Hauptbeispiele zu nennen: der Palast Pisani a San Polo, die Paläste Angarani (oder Manzoni) und Dario, der als Werk des Pietro Lombardo geltende Palast Vendramin Calergi (1481), der Palast Corner Spinelli, der Palast Contarini (1504), der von Guglielmo Bergamasco (1525) erbaute Palast dei Camerlenghi neben Ponte Rialto, während die am Markusplatz gelegenen, von Bartolommeo Buono Bergamasco erbauten Procurazie vecchie einen hervorragenden Bau vom Schluß des 15. Jahrh. bilden. Unter den kirchlichen Gebäuden sind hervorzuheben: San Zaccaria (1457; s. Tafel XII, Fig. 2), dem Martino Lombardo zugeschrieben; die Scuola di San Marco, neben der Kirche Santi Giovanni e Paolo, erbaut von Martino Lombardo (1485); die Scuola di San Rocco, 1517 von Bartolommeo Buono u. a. erbaut. Von dem gelehrten Architekten Fra Giocondo aus Verona rühren der Fondaco dei Tedeschi zu Venedig sowie der bedeutende Ratspalast (Palazzo del Consiglio) zu Verona her.
Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderts beginnt in der italienischen Baukunst, was die Behandlung der antiken Bauform betrifft, eine größere kritische Strenge herrschend zu werden, verwandt mit den zuerst bei dem Florentiner Alberti hervorgetretenen Bestrebungen, wodurch zwar jetzt im allgemeinen eine gewisse äußere Reinheit des Stils erreicht, zugleich aber jener poetische Hauch, jene lebensvollere Phantasie verkümmert wurden, welche die Mehrzahl der Werke des 15. Jahrh. noch durchdrungen hatten. Man blieb fortan bei den Regeln stehen, die man aus den antiken Monumenten und aus den Büchern des Vitruv entnahm. Rom ward für jetzt der bedeutsamste Mittelpunkt der italienischen Architektur. Der erste für diesen Umschwung der architektonischen Richtung (Hochrenaissance) vorzüglich thätige Meister ist Donato Lazzari, gewöhnlich Bramante genannt, aus dem Herzogtum Urbino (1444-1514). Seine Mailänder Bauten tragen noch ganz das anmutige Gepräge, welches die oberitalienische Architektur aus der spätern Zeit des 15. Jahrhunderts ausgezeichnet. Später ging Bramante nach Rom, wo ihn die unmittelbare Nähe der altrömischen Monumente zu einer strengern Nachahmung ihrer Formen angetrieben zu haben scheint. Die Werke, welche er hier ausführte, tragen jenen oben als den des 16. Jahrh. bezeichneten Charakter und zeigen zwar noch Grazie, feinen Sinn und Geschmack, zugleich aber auch jene beginnende größere Nüchternheit des Gefühls. Unter den Werken der Frührenaissance nimmt die Fassade der in edlem Stil erbauten Kartause von Pavia, der sogen. Certosa (s. Tafel XI, Fig. 1), von Ambrogio Borgognone eine hervorragende Stelle ein. Dem Bramante nahe verwandt ist Baldassare Peruzzi (1481-1537), der in Rom verschiedene Paläste erbaute, z. B. die sogen. Farnesina, eine für Agostino Chigi ausgeführte, im Äußern mit Pilasterstellungen geschmückte Villa, und dessen Schüler Sebastiano Serlio sich weniger durch ausgeführte Werke als durch sein Lehrbuch der Architektur bekannt machte. Bedeutendere Nachfolger Bramantes in Rom waren Antonio da Sangallo der jüngere aus Florenz (gest. 1546), der Erbauer des Palastes Farnese, der in seinen schönen und großartigen Verhältnissen eine Nachwirkung des ältern florentinischen Palaststils verrät, und Pirro Ligorio (gest. 1580), der bemüht war, sich völlig in den Geist des klassischen Altertums zu versenken, wovon unter seinen ausgeführten Bauwerken die in den vatikanischen Gärten gelegene Villa Pia (früher Casino del Papa) Zeugnis gibt, die als das zierlichste und anmutsvollste Beispiel antiker Villenarchitektur erscheint. Eine durchaus abweichende Richtung entwickelt sich in der italienischen Architektur durch die Bestrebungen Michelangelo Buonarrotis (1474-1564), der im Gegensatz zu den frühern Meistern, die mit naiver Anmut in den Formen der Antike sich bewegten, im Gegensatz auch zu seinen Zeitgenossen, welche diese Formen mit gewissenhafter Treue festhielten, dieselben bei dem Bau der Peterskirche in Rom (s. Tafel XI, Fig. 2-5) nach Laune und Willkür umzugestalten und somit den Ausartungen der Folgezeit das Thor zu öffnen beginnt. Die Schüler Michelangelos ahmten den architektonischen Geschmack des Meisters mit mehr oder weniger Treue nach, und mit besonderm Wohlgefallen hielt unter diesen Giovanni del Duca an dessen manieristischen Ausartungen fest. Gleichwohl fand diese willkürliche Behandlungsweise der in den nächsten Jahrzehnten nach Michelangelos Tod noch wenig Anhänger. So hielt unter den jüngern Zeitgenossen dieses Meisters zunächst Giacomo Barozzi, genannt Vignola (1507-73), streng an dem Studium des klassischen Altertums fest und suchte dafür auch durch das Buch zu wirken, welches er über die fünf Säulenordnungen des klassischen Altertums verfaßte. Sein Hauptbauwerk ist das Schloß Caprarola auf dem Weg von Rom nach Viterbo. Gleichzeitig mit Vignola und in ziemlich verwandter Richtung mit ihm bildete sich in Rom Galeazzo Alessi (1500-72) aus, dessen in Genua aufgeführte Paläste im allgemeinen weniger durch ihre Fassaden als durch die Anordnung der innern Räume, namentlich der Vestibüle, Höfe und Treppenhallen, ausgezeichnet sind, worin er eine großartige malerische Wirkung zu erreichen wußte. Andre Eigentümlichkeiten gewahrt man bei denjenigen Architekten, welche in der Periode des 16. Jahrh. im venezianischen Gebiet beschäftigt waren. Unter den frühern Meistern derselben sind Michele Sanmichele von Verona (1484-1559) und Jacopo Tatti, genannt Sansovino (1479-1570), Erbauer der Bibliothek von San Marco in Venedig (s. Tafel XII, Fig. 3), zu nennen, dessen Nachfolger Andrea Palladio von Vicenza (1518-80) der gefeiertste und einflußreichste Meister der modernen Architektur war.
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Allenthalben wurde noch lange nach seinen Rissen gebaut, und noch mehr sicherte er sich diesen nachwirkenden Einfluß durch das von ihm verfaßte Lehrbuch der Architektur. Die bedeutendsten seiner Nachfolger in Venedig waren Vincenzio Scamozzi und Baldassare Longhena. Verwandte, doch nicht zu derselben Konsequenz gesteigerte Bestrebungen zeigen in jener Zeit: Bartolommeo Ammanati zu Florenz (1511-92), Vollender des Palastes Pitti u. Erbauer der Brücke Santa Trinità, die sich durch leichte Schwingung ihrer Bogen auszeichnet, Domenico Fontana zu Rom (1543-1607), Erbauer des neuen Lateranpalastes, u. a.
Wie Leo Battista Alberti diejenigen Bestrebungen eingeleitet hatte, die im 16. Jahrh. eine größere Verbreitung fanden, so erscheint Michelangelo als Begründer derjenigen Richtung des architektonischen Geschmackes, welche das 17. Jahrh. charakterisiert. Ihm kam es vor allen Dingen darauf an, durch die Gewalt seiner Werke zu imponieren, durch kühne und überraschende Kombination den Beschauer mit Staunen und Verwunderung zu erfüllen, ohne auf die Reinheit, auf die innerliche Notwendigkeit der Mittel, die er zu solchem Zweck anwandte, sonderlich Rücksicht zu nehmen. Dies Streben ward mit Vorliebe und in ungleich ausgedehnterm Kreis um den Beginn des 17. Jahrh. aufgenommen; die architektonischen Werke dieser Periode haben einen gewissen pathetischen Schwung, der zuweilen allerdings Großartigkeit des Sinnes verrät, viel häufiger jedoch in fremdartigen und abenteuerlichen Formen sich ergeht und durchweg mit Hohlheit des Gefühls verbunden ist (Barockstil). Charakteristisch hierfür sind die zur Fortsetzung und zur glänzendern Gestaltung des Baues der Peterskirche von Rom ins Werk gesetzten Bauten von Carlo Maderna (1556-1639) und Lorenzo Bernini (1589-1680). Arbeitete der letztere und seine Mitstrebenden im allgemeinen auf eine gewisse Großartigkeit des Eindrucks hin, so trat ihnen eine andre Richtung gegenüber, die, von allem innern und äußern Formengesetz abweichend, nur durch die abenteuerlichsten und launenhaftesten Kombinationen zu wirken strebte. Das Haupt dieser Partei war Francesco Borromini (1599-1667), der eifrigste Nebenbuhler Berninis. Alles Geradlinige in den Grund- und Aufrissen seiner Architektur ward soviel wie möglich verbannt und durch Kurven der verschiedensten Art, durch Schnörkel, Schnecken u. dgl. ersetzt; den Hauptformen entzog er die gesetzmäßige Bedeutung, während er die untergeordneten, mehr für die Dekoration bestimmten Nebenformen mit völliger Willkür als die wichtigsten Teile des Ganzen behandelte. Rom wurde angefüllt mit diesen Fratzengebilden der Architektur. Unter den Nachfolgern des Borromini, welche im einzelnen die Willkür des Meisters noch zu überbieten wußten, sind Giuseppe Sardi und Camillo Guarini (besonders in Turin thätig) hervorzuheben. Im 18. Jahrh. machen sich in der italienischen Architektur Bestrebungen bemerklich, die zu einer größern Ruhe des Gefühls und zu einer strengern Schulrichtigkeit zurückführen; doch bereiten dieselben keine neue geistige Entwickelung vor. Die bedeutendsten Meister dieser Zeit sind Filippo Ivara (1685-1735), der unter anderm das Kloster der Superga bei Turin baute, und Luigi Vanvitelli (1700-73), der Erbauer des Schlosses Caserta bei Neapel.
Außerhalb Italiens blieb bei den christlich-occidentalischen Völkern der gotische Baustil bis in das 16. Jahrh. hinein allgemein in Anwendung. Obwohl die Renaissance hier somit erst beträchtlich später eingeführt wurde, so gibt sich doch bereits an denjenigen Monumenten des gotischen Stils, welche dem 15. und dem Anfang des 16. Jahrh. angehören, sehr häufig eine Behandlungsweise kund, die, ohne irgend eine Gemeinschaft mit dem Formenprinzip der Antike zu verraten, als ein Ausdruck des neuern Zeitgeistes zu betrachten ist, welcher in der Rückkehr zu einer größern Massenwirkung und zu dem Gesetz der Horizontallinie und den hiervon abhängigen Bogenformen besteht. Durch eine solche Richtung des künstlerischen Gefühls war auch hier die Einführung der antiken Formen vorbereitet, die von Italien aus und zwar von jener Epoche ab erfolgte, wo die italienisch-moderne Architektur jene größere Freiheit der künstlerischen Konzeption, welche die dortigen Werke des 15. Jahrh. noch auszeichnet, eingebüßt hatte. Willig und aller selbständigen Produktion entsagend, nahm man die Grundsätze an, welche die italienischen Meister aufgestellt und durch ihre Werke bethätigt hatten. Besondere Eigentümlichkeiten begegnen uns in der neuern Baukunst außerhalb Italiens vornehmlich nur da, wo die antiken Bauformen in den Zeiten ihrer ersten Einführung noch in einen gewissen Konflikt mit der ältern einheimischen Bauweise traten. Hierdurch sind manche interessante Schöpfungen entstanden, die zuweilen sogar noch an den Charakter der italienischen Werke des 15. Jahrh. erinnern, wenn sie auch die anmutsvolle Durchbildung der letztern nicht erreichen. Frankreich namentlich besitzt manche bezeichnende Werke solcher Art in der Architektur verschiedener Schlösser. Die künstlerischen Unternehmungen des Königs Franz I. (1515-47) verschafften hier dem neuen Stil schnellern und leichtern Eingang als in andern Ländern. Die vorzüglichsten französischen Architekten, welche in seiner und der nächstfolgenden Zeit thätig waren, sind: Jean Bullant (Schloß von Ecouen, um 1540), Pierre Lescot (die ältern Teile des Louvre, vollendet 1548; s. Tafel XII, Fig. 4) und Philibert Delorme. Auch ihre Werke haben bei mehr oder weniger reiner Aufnahme der italienischen Formen noch einen gewissen romantischen Nachklang; bei Delorme entwickelt sich hieraus aber ein barockes Wesen, das auch auf die spätere französische Architektur nicht ohne Einwirkung geblieben ist. In der ersten Hälfte des 17. Jahrh. ist besonders Jacques de Brosse anzuführen, von welchem der Palast Luxembourg in Paris herrührt, der an den florentinischen Palastbau erinnert. Die umfassenden Bauten, welche in der spätern Zeit des 17. Jahrh. unter Ludwig XIV. entstanden, sind ohne sonderliche Bedeutung. Am meisten tritt unter diesen die von Claude Perrault ausgeführte Hauptfassade des Louvre mit einer mächtigen Säulenhalle vor den obern Geschossen hervor, während das von J. H. ^[Jules Hardouin] Mansard, dem Erfinder der nach ihm benannten Dachform, gebaute Schloß von Versailles ziemlich charakterlos ist. Die französischen Architekten des 18. Jahrh. erscheinen durchweg, wie die gleichzeitigen Italiener, sehr nüchtern; nur Jacques Germain Soufflot (1713-81), der in seinem Kuppelbau der Kirche Ste.-Geneviève (des heutigen Panthéons) ein bei vielen Mängeln doch großartiges Werk zu stande brachte und sich zuerst wieder an die reinern Formen der Antike anschloß, verdient unter ihnen ausgezeichnet zu werden. Die Franzosen nahmen übrigens die Stilbegriffe Renaissance, Barock und Rokoko erst nach dem Vorgang der Deutschen an. Gewöhnlich bezeichnen sie die Stilwandlungen ihrer neuern Baukunst nach den Regenten und unterscheiden einen Stil François I, Henri II, Louis XIII, Louis XIV, Style Régence und Louis XVI.