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anziehende Dekoration, bei welcher romanische und arabische Elemente mit Glück benutzt sind. In reicher Pracht, moderne Formen ziemlich harmonisch mit jenen des gotischen Stils verschmelzend, erscheint auch die Fassade des 1456 gegründeten sogen. großen Hospitals zu Mailand. [* 2] Vor allem jedoch erhalten die Fassaden der Paläste von Venedig [* 3] in dieser Periode eine ebenso charakteristische wie anmutsvolle Gestalt, unter denen als eins der reichsten, aber noch schweren und minder entwickelten Beispiele der gegen die Mitte des 14. Jahrh. gebaute Dogenpalast zu nennen ist. Zierlicher ist eine Reihe von meist aus jüngerer Zeit herrührenden Privatpalästen am Canale grande, worunter die Paläste Cavalli, Foscari, Pisani, Barbarigo, Sagredo, die Cà Doro hervorzuheben sind.
In Spanien [* 4] und Portugal scheint sich der gotische Baustil in ungleich größerer Reinheit erhalten zu haben als in Italien, [* 5] doch fehlt es im einzelnen, wie in der spanisch-romanischen Architektur, auch nicht an Einflüssen des maurischen Baustils. Bei der Kathedrale von Burgos (1299) finden sich Pfeiler angewendet, welche ganz aus Halbsäulen als Gurtträgern zusammengesetzt sind (s. Tafel X, [* 1] Fig. 4). Ein reiches und glänzendes Äußere entfaltete sich an der Kathedrale zu Barcelona [* 6] (angeblich 1217 gegründet), deren Fassade 1442 durch zwei Meister von Köln, [* 7] Johann und Simon, angelegt worden sein soll. Zu den spanischen Kirchen dieser Periode gehören die Kathedralen von Segovia, deren Äußeres ziemlich massenhaft erscheint, von Sevilla, [* 8] fünfschiffig mit glänzender Fassade, welche schon mit Formen der spätern Entwickelungszeit des Stils durchsetzt ist, die Kirche de los Reies zu Toledo [* 9] (1494-98), reich und geschmackvoll dekoriert, und die Kirche des Dominikanerklosters zu Valladolid, deren Fassade aber bereits eine wüste Ausartung zeigt, indem die verschiedenartigsten gotischen und maurischen Formen bunt durcheinander gewürfelt sind.
Unter den Arkaden der Klosterhöfe finden sich mehrfache Reminiszenzen an die maurische Kunst, minder entschieden an denen der Klöster Montserrat und Poblet, deutlicher im Kloster von Guadalupe, wo Pfeiler durch spitz gewölbte Hufeisenbogen verbunden sind, und in vorzüglich schöner, doch freier Behandlung der gotischen Formen in dem Dominikanerkloster zu Valladolid. An öffentlichen städtischen Bauten, wie an dem Rathaus von Barcelona und an der Börse von Valencia, [* 10] entwickelt sich ein nicht minder ansprechender Dekorationsstil. Die edelste und regelmäßigste Ausbildung des gotischen Baustils auf der gesamten Pyrenäischen Halbinsel tritt uns in der Kirche des Klosters von Batalha in Portugal entgegen, in deren Innerm, den besten deutsch-gotischen Bauten wenigstens nahestehend, ein vorzüglich reines System sich entwickelt.
Die Baukunst der Renaissance.
Die neuere oder Renaissancebaukunst, welche in ihren letzten Ausläufern bis in unsre Tage hineinreicht (s. Tafel XI und XII), beruht auf der Wiederaufnahme der antiken und zwar vorzugsweise der römischen Bauformen, welche sich der erwachenden historisch-wissenschaftlichen Richtung zunächst darboten und welche mit den Bedürfnissen der neuern Zeit vorzugsweise übereinstimmten. Als die Wiege der neuern Baukunst [* 11] erscheint Italien, dessen Werke fast ausschließlich das Vorbild für die übrigen Länder blieben.
Die Blütezeit dieser Architektur fällt in das 15. Jahrh. An der Grenzscheide des romanischen Zeitalters stehend, sind die Bauten dieser gewöhnlich als Frührenaissance bezeichneten Periode noch von einem frischern Lebenshauch beseelt, der ihnen ein eigentümlich anziehendes Gepräge verleiht. Noch bemüht man sich, mit Selbständigkeit die klassischen Formen aufzufassen und diese mit besonderer Rücksicht auf das von den antiken Gebäuden abweichende Ganze auszubilden, während sich später das Ganze vielmehr dem als Prinzip aufgenommenen antiken System fügen muß.
In den Vordergrund dieser Kunstperiode tritt die Palastarchitektur. Die baulichen Massen werden hier noch kräftig und großartig zusammengehalten, ohne daß sich dieselben durch eine aufgeklebte Scheinarchitektur zu etwas anderm gestalten, als was sie sein sollen; aber da, wo die Massen sich naturgemäß in einzelne Teile sondern, namentlich an den Öffnungen der Fenster und Thüren, entwickelt sich gleichwohl eine bewegtere Gliederung, wozu die Formen der antiken Kunst mit Geist und Geschmack verwandt werden.
Freilich ist dies nur eine Architektur des Äußern, doch ist dieselbe mehr als eine müßige Dekoration. Bei den kirchlichen Monumenten, wo es vorerst auf eine architektonische Belebung des innern Raums ankam, konnten aber die antiken Vorbilder nicht ausreichen, weshalb diese Bauten von vornherein weniger Bedeutung erlangten. Die bessern derselben, welche der ersten Hälfte des 15. Jahrh. angehören, zeigen ein geistreiches Zurückgehen auf die einfache Basilikenform.
Später erscheinen Gewölbeanlagen nach römischer Art mit massigen, durch Pilaster bekleideten Pfeilern oder mit Kuppeln in der von den Byzantinern erfundenen Form. Wir unterscheiden in der Periode des 15. Jahrh. einige namhafte Bauschulen. Als die bedeutendste derselben tritt uns zuerst die toscanische Schule, welche in Florenz [* 12] ihren Sitz hat, entgegen. An ihrer Spitze steht, als der Begründer der modernen Baukunst, Filippo Brunellesco (1375-1444), von dem der Bau der kolossalen Kuppel, mit welcher die Chorpartie des Doms von Florenz bedeckt ist, die beiden florentinischen Kirchen San Lorenzo und San Spirito und der Palast Pitti (dessen Oberbau und Hof [* 13] aber erst später ausgeführt wurden) daselbst herrühren.
Der Burgcharakter dieses Palastes bleibt nun für geraume Zeit der Typus der florentinischen Paläste; sie erscheinen inmitten des städtischen Verkehrs als feste Schlösser, in denen die angesehensten Geschlechter residieren, charakteristisch für die Nachwirkung mittelalterlicher Lebensverhältnisse, die sich auch in der in Rede stehenden Periode noch häufig genug von Einfluß zeigten. Den folgenden Baumeistern gelang es, der rohen Anlage zugleich das Gepräge künstlerischer Würde und Schönheit zu geben, indem sie durch angemessene Gestaltung jener großen Werkstücke (der Bossagen), aus denen die Paläste aufgeführt wurden, durch ein kräftig abschließendes und krönendes Hauptgesims, durch zierliche Füllung der Fenster eine ebenso markige wie gefällige Gliederung des Äußern erzielten, wozu als wichtigste Beispiele der Palast, den Michelozzo Michelozzi für Cosimo Medici baute (jetzt Palast Riccardi), sowie der von Benedetto da Majano 1489 begonnene und von Simone Cronaca (1533) beendete Palast Strozzi zu Florenz (s. Tafel XII, [* 1] Fig. 1) zu nennen sind.
Ähnliche Paläste finden sich in Siena; besonders bemerkenswert und den genannten völlig ähnlich ist unter diesen der Palast Piccolomini (begonnen 1469), welcher vermutlich von dem florentinischen Meister Bernardo Rossellino herrührt. Unter den übrigen florentinischen Architekten der Zeit sind hervorzuheben: Agostino di Guccio, der das zierliche Kirchlein der Brüderschaft von San Bernardino zu Perugia (1462) erbaut hat;
Giuliano da Majano, der in Rom [* 14] den sogen. venezianischen Palast baute; ¶
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Baccio Pintelli, von dem verschiedene Kirchen in Rom, Sant' Agostino, Santa Maria del Popolo u. a., sowie die Sixtinische Kapelle des Vatikans (1473) erbaut sind, und Leo Battista Alberti (1398-1472), der zuerst mit einem entschiedenen gelehrten Studium des klassischen Altertums hervortrat.
Die venezianischen Paläste dieser Zeit zeichnen sich, im Gegensatz zu dem imponierenden Ernst jener von Toscana, durch eine eigentümliche Leichtigkeit und Eleganz aus und erhalten eine besondere Weise der Dekoration, die sich auf die ältesten venezianischen Vorbilder, auf die Anlagen des byzantinischen Stils (wie San Marco) zu gründen scheint, da eine Art musivischen Schmuckes, Täfelungen, Kreise, [* 16] Leistenwerk u. dgl., aus verschiedenfarbigem, wertvollem Stein gebildet, als Füllstücke in das Mauerwerk der Fassaden eingelassen ist.
Die kirchlichen Gebäude, im Innern zwar wieder weniger bedeutend, nehmen in der Gestaltung ihres Äußern an diesen Anordnungen teil; auch zeigt sich hier die bemerkenswerte, der byzantinischen Architektur entnommene Form der halbrunden Giebel. Besonders zahlreich sind die Werke, die man der Familie der Lombardi zuschreibt; als die ausgezeichnetsten unter den Gliedern dieser Familie werden Martino und Pietro Lombardo genannt. Unter den venezianischen Palästen dieser Periode sind als Hauptbeispiele zu nennen: der Palast Pisani a San Polo, die Paläste Angarani (oder Manzoni) und Dario, der als Werk des Pietro Lombardo geltende Palast Vendramin Calergi (1481), der Palast Corner Spinelli, der Palast Contarini (1504), der von Guglielmo Bergamasco (1525) erbaute Palast dei Camerlenghi neben Ponte Rialto, während die am Markusplatz gelegenen, von Bartolommeo Buono Bergamasco erbauten Procurazie vecchie einen hervorragenden Bau vom Schluß des 15. Jahrh. bilden.
Unter den kirchlichen Gebäuden sind hervorzuheben: San Zaccaria (1457; s. Tafel XII, [* 15] Fig. 2), dem Martino Lombardo zugeschrieben;
die Scuola di San Marco, neben der Kirche Santi Giovanni e Paolo, erbaut von Martino Lombardo (1485);
die Scuola di San Rocco, 1517 von Bartolommeo Buono u. a. erbaut.
Von dem gelehrten Architekten Fra Giocondo aus Verona [* 17] rühren der Fondaco dei Tedeschi zu Venedig sowie der bedeutende Ratspalast (Palazzo del Consiglio) zu Verona her.
Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderts beginnt in der italienischen Baukunst, was die Behandlung der antiken Bauform betrifft, eine größere kritische Strenge herrschend zu werden, verwandt mit den zuerst bei dem Florentiner [* 18] Alberti hervorgetretenen Bestrebungen, wodurch zwar jetzt im allgemeinen eine gewisse äußere Reinheit des Stils erreicht, zugleich aber jener poetische Hauch, jene lebensvollere Phantasie verkümmert wurden, welche die Mehrzahl der Werke des 15. Jahrh. noch durchdrungen hatten.
Man blieb fortan bei den Regeln stehen, die man aus den antiken Monumenten und aus den Büchern des Vitruv entnahm. Rom ward für jetzt der bedeutsamste Mittelpunkt der italienischen Architektur. Der erste für diesen Umschwung der architektonischen Richtung (Hochrenaissance) vorzüglich thätige Meister ist Donato Lazzari, gewöhnlich Bramante genannt, aus dem Herzogtum Urbino (1444-1514). Seine Mailänder Bauten tragen noch ganz das anmutige Gepräge, welches die oberitalienische Architektur aus der spätern Zeit des 15. Jahrhunderts ausgezeichnet.
Später ging Bramante nach Rom, wo ihn die unmittelbare Nähe der altrömischen Monumente zu einer strengern Nachahmung ihrer Formen angetrieben zu haben scheint. Die Werke, welche er hier ausführte, tragen jenen oben als den des 16. Jahrh. bezeichneten Charakter und zeigen zwar noch Grazie, feinen Sinn und Geschmack, zugleich aber auch jene beginnende größere Nüchternheit des Gefühls. Unter den Werken der Frührenaissance nimmt die Fassade der in edlem Stil erbauten Kartause von Pavia, der sogen. Certosa (s. Tafel XI, [* 15] Fig. 1), von Ambrogio Borgognone eine hervorragende Stelle ein.
Dem Bramante nahe verwandt ist Baldassare Peruzzi (1481-1537), der in Rom verschiedene Paläste erbaute, z. B. die sogen. Farnesina, eine für Agostino Chigi ausgeführte, im Äußern mit Pilasterstellungen geschmückte Villa, und dessen Schüler Sebastiano Serlio sich weniger durch ausgeführte Werke als durch sein Lehrbuch der Architektur bekannt machte. Bedeutendere Nachfolger Bramantes in Rom waren Antonio da Sangallo der jüngere aus Florenz (gest. 1546), der Erbauer des Palastes Farnese, der in seinen schönen und großartigen Verhältnissen eine Nachwirkung des ältern florentinischen Palaststils verrät, und Pirro Ligorio (gest. 1580), der bemüht war, sich völlig in den Geist des klassischen Altertums zu versenken, wovon unter seinen ausgeführten Bauwerken die in den vatikanischen Gärten gelegene Villa Pia (früher Casino del Papa) Zeugnis gibt, die als das zierlichste und anmutsvollste Beispiel antiker Villenarchitektur erscheint.
Eine durchaus abweichende Richtung entwickelt sich in der italienischen Architektur durch die Bestrebungen Michelangelo Buonarrotis (1474-1564), der im Gegensatz zu den frühern Meistern, die mit naiver Anmut in den Formen der Antike sich bewegten, im Gegensatz auch zu seinen Zeitgenossen, welche diese Formen mit gewissenhafter Treue festhielten, dieselben bei dem Bau der Peterskirche in Rom (s. Tafel XI, [* 15] Fig. 2-5) nach Laune und Willkür umzugestalten und somit den Ausartungen der Folgezeit das Thor zu öffnen beginnt.
Die Schüler Michelangelos ahmten den architektonischen Geschmack des Meisters mit mehr oder weniger Treue nach, und mit besonderm Wohlgefallen hielt unter diesen Giovanni del Duca an dessen manieristischen Ausartungen fest. Gleichwohl fand diese willkürliche Behandlungsweise der in den nächsten Jahrzehnten nach Michelangelos Tod noch wenig Anhänger. So hielt unter den jüngern Zeitgenossen dieses Meisters zunächst Giacomo Barozzi, genannt Vignola (1507-73), streng an dem Studium des klassischen Altertums fest und suchte dafür auch durch das Buch zu wirken, welches er über die fünf Säulenordnungen des klassischen Altertums verfaßte.
Sein Hauptbauwerk ist das Schloß Caprarola auf dem Weg von Rom nach Viterbo. Gleichzeitig mit Vignola und in ziemlich verwandter Richtung mit ihm bildete sich in Rom Galeazzo Alessi (1500-72) aus, dessen in Genua [* 19] aufgeführte Paläste im allgemeinen weniger durch ihre Fassaden als durch die Anordnung der innern Räume, namentlich der Vestibüle, Höfe und Treppenhallen, ausgezeichnet sind, worin er eine großartige malerische Wirkung zu erreichen wußte. Andre Eigentümlichkeiten gewahrt man bei denjenigen Architekten, welche in der Periode des 16. Jahrh. im venezianischen Gebiet beschäftigt waren. Unter den frühern Meistern derselben sind Michele Sanmichele von Verona (1484-1559) und Jacopo Tatti, genannt Sansovino (1479-1570), Erbauer der Bibliothek von San Marco in Venedig (s. Tafel XII, [* 15] Fig. 3), zu nennen, dessen Nachfolger Andrea Palladio von Vicenza (1518-80) der gefeiertste und einflußreichste Meister der modernen Architektur war. ¶