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Kathedralen von Messina [* 2] und Palermo. [* 3] Unter den romanischen Bauten der Lombardei sind der gegen den Schluß des 11. Jahrh. begonnene Dom von Modena, der in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. begonnene Dom von Cremona, der 1122 begonnene Dom von Piacenza, der in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. begonnene Dom von Parma, [* 4] der Dom von Ferrara [* 5] zu nennen, während das bedeutendste Erzeugnis romanischer Architektur in Spanien [* 6] die Kathedrale von Tarragona ist. Eins der ältesten Monumente der romanischen [* 7] in Frankreich ist die Kirche St.-Front zu Périgueux (in Guienne). Zu den Monumenten des südöstlichen Frankreich, welche im einzelnen noch die den alten Römerbauten jener Gegend entlehnten Motive erkennen lassen, gehören die Kirche Notre Dame du Port zu Clermont in der Auvergne, die Kirchen von Issoire, Brioude und Puy en Velay.
Die Monumente im westlichen Frankreich sind schwerer in den Formen, willkürlicher in der Komposition und überladen mit bildnerischem Schmuck. Das hervorragendste Beispiel einer solchen noch völlig barbarischen Pracht ist die Kirche von Notre Dame la Grande zu Poitiers. Wesentlich verschieden sind die Monumente im nördlichen Frankreich, wo das germanische Volk der Normannen ein selbständiges Kulturleben begründete. Ihre Werke zeigen das System der gewölbten Basilika, [* 8] das hier jedoch mit einer schlichten, strengen Konsequenz ausgebildet ist, so daß wir die Normandie wenn auch nicht als den Ort der Erfindung, so doch als das Gebiet der ersten selbständigen Ausbildung dieses Systems betrachten müssen.
Eins der frühsten Beispiele der romanischen Kunst ist die zwischen 1050 und 1066 erbaute Kirche St.-Georges von Bocherville, unfern von Rouen, [* 9] während die ältern Teile der Kathedrale von Bayeux aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. stammen. Das umfassendste Beispiel des normännischen Baustils, wie er sich unter der Normannenherrschaft in England entfaltete, bietet die 1096 gegründete und im Lauf des 12. Jahrh. ausgebaute Kathedrale von Norwich. [* 10] Die ältesten deutschen Gebäude der in Rede stehenden Periode gehören dem Schluß des 10. Jahrh. an, treten uns aber bereits in so bestimmter Physiognomie entgegen, daß wir ältere Bestrebungen voraussetzen müssen, welche zu der Ausbildung der ihnen eigentümlichen Richtung geführt haben.
Eins der ersten romanischen Denkmäler des nördlichen Deutschland, [* 11] welches die ersten und wichtigsten Zeugnisse jener Frühzeit der deutschen Kultur bewahrt, ist die Schloßkirche von Quedlinburg, [* 12] die zwischen 997 und 1021 erbaut ist und sich durch den Reichtum der Anlagen auszeichnet. Ähnlichen, doch fast noch rohern Stil zeigen die bereits 936 erwähnte, vielverbaute Kirche von Westergröningen bei Halberstadt, [* 13] die wahrscheinlich 960 gegründete alte Schloßkirche zu Gernrode und die 1014 erbaute Liebfrauenkirche zu Magdeburg. [* 14]
Die uns bekannten Bauten in den alemannischen und schwäbischen Landen gehören, wie der nach 1052 erbaute Dom zu Konstanz, [* 15] der zweiten Hälfte des 11. Jahrh. und dem Verlauf des folgenden Jahrhunderts an. Eine Säulenbasilika von großartigen Verhältnissen und strengem Stil ist die um 1105 erbaute Klosterkirche von Paulinzelle in Thüringen, deren reichgebildetes Portal samt der vor demselben befindlichen Vorhalle der spätern Zeit des 12. Jahrh. angehört. Auch die zwischen 1073 und 1109 erbaute Kirche St. Jakob zu Bamberg [* 16] und die zwischen Ansbach [* 17] und Nürnberg [* 18] gelegene, 1136 geweihte Kirche von Heilsbronn sind Säulenbasiliken.
Dagegen hat die 1121 geweihte Kirche St. Michael in Bamberg wieder Pfeiler, deren Gliederung jedoch bereits mehr ausgebildet ist. Die hierher gehörigen Denkmäler der Stadt Hildesheim [* 19] sind die Säulenbasilika auf dem Moritzberg, der Dom, worin Pfeiler mit je zwei Säulen [* 20] wechseln, und die 1133 gegründete Kirche St. Godehard (s. Tafel IX, [* 1] Fig. 1). Der Dom von Trier [* 21] mit seinen der Antike nachgebildeten Pilastern ist ein wertvoller Bau der frühromanischen Periode. Die bedeutendste Entfaltung des Baues gewölbter Basiliken finden wir an den drei mittelrheinischen Domen zu Mainz [* 22] (s. Tafel IX, [* 1] Fig. 6 u. 7), Worms [* 23] und Speier. [* 24]
Verwandten Stil mit den deutsch-niederrheinischen Bauten zeigen die romanischen Kirchen der benachbarten belgischen Lande, besonders die Kirche St. Servatius zu Maastricht, [* 25] Notre Dame la Chapelle zu Brüssel [* 26] und die Kathedrale von Tournay, während der höchste Glanz und Adel romanischer Dekoration sich an dem alten Teil, insbesondere dem Portal des der letzten Periode des romanischen Stils angehörenden Doms von Freiberg [* 27] im sächsischen Erzgebirge, der sogen. »goldenen Pforte« (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 28] IV«, [* 29] Fig. 4 u. 5), entfaltet. Wo sich bei diesen deutsch-romanischen Monumenten der Spitzbogen angewendet findet, erscheint derselbe als eine mehr oder weniger untergeordnete, fast zufällige Form, welche auf organische Weise in die künstlerische Struktur dieser Bauwerke nicht verflochten ist, während derselbe bei einer andern Reihe von Monumenten, vorzugsweise Sachsen, [* 30] Thüringen, Hessen [* 31] und Franken angehören, eine höhere Bedeutung gewinnt.
Man hat diese seit der Mitte des 12. Jahrh. auftretende Verbindung des durch die Kreuzzüge aus dem Orient mitgebrachten Spitzbogens mit den Elementen der romanischen Baukunst den Übergangsstil genannt. Zu den frühsten Bauwerken derselben sind die noch dem 12. Jahrh. angehörige Stiftskirche St. Peter zu Fritzlar in Hessen, ferner die als Ruine noch vorhandene Kirche vom Kloster Memleben an der Unstrut, das Schiff [* 32] und Querschiff des Doms von Naumburg, [* 33] der westliche Bau und das Querschiff der Kirche zu Freiburg [* 34] an der Unstrut, der Dom zu Bamberg (s. Tafel IX, [* 1] Fig. 3-5) als das reichste und glänzendste Beispiel sowie die alten Teile von St. Sebald zu Nürnberg zu rechnen, während unter den Bauten des südlichen Deutschland und der angrenzenden Länder die Pfarrkirche zu Wiener-Neustadt, die alten Teile an der Westseite von St. Stephan zu Wien, [* 35] der angeblich aus dem Anfang des 11. Jahrh. herrührende Dom zu Basel [* 36] (s. Tafel IX, [* 1] Fig. 8), die Kirche zu Gebweiler [* 37] im Elsaß, das Querschiff des Doms zu Freiburg i. Br., das Querschiff und das Chor des Doms zu Straßburg [* 38] sowie die Pfarrkirche zu Gelnhausen [* 39] hervorzuheben sind.
An den ältern Teilen, zumal dem Chor des Doms von Magdeburg, obgleich schon 1208 oder 1211 begonnen, zeigt sich das Element des gotischen Stils bereits überwiegend, ebenso an einzelnen Klostergebäuden der deutsch-romanischen Architektur, insbesondere an den Kreuzgängen, welche die Klosterhöfe umgeben. Obwohl die Denkmäler romanischer Architektur in den skandinavischen Ländern, soweit uns nähere Kunde über dieselben vorliegt, nicht von sonderlicher Bedeutung sind, so gewähren doch einige kleinere, in dem Innern von Norwegen [* 40] erhaltene Monumente, die aus Holz [* 41] gebauten Kirchen zu Borgund und Urnes im Stift Bergen [* 42] sowie zu Hitterdal in Tellemarken, ein kunsthistorisches Interesse. In Schweden existieren einige rohe Granitbauten, welche der Zeit um die Mitte des 12. Jahrh. angehören und, ohne weitere Ausbildung, nur in der Form des Rundbogens das Gepräge des ¶
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romanischen Stils tragen, z. B. die alte, unter Erich dem Heiligen nach 1155 vollendete Kirche bei Upsala, [* 44] die Ruinen des Klosters Alwastra, die Kirche des Klosters Wreta in Ostgotland sowie die Ruinen des Klosters Nydala in Småland. Die ältesten Bauten Dänemarks, von denen wir Kunde haben, sind dem Stil der norddeutschen verwandt, so die um 1110 gegründete Kirche von Westerwig an der westlichen Bucht des Limfjords und die Krypte der Kirche von Viborg in Jütland. In Grönland hat man die Ruinen dreier Rundgebäude entdeckt, die, aus dem frühern Mittelalter herrührend, vermutlich zu dem Zweck der Baptisterien erbaut worden waren. Merkwürdiger jedoch als diese ist ein andrer, vielleicht von Bischof Erik um 1121 errichteter Bau zu Newport auf Rhode-Island, an der Küste der nordamerikanischen Freistaaten, der gegenwärtig noch erhalten ist und in einem Rundbau von 7 m Durchmesser besteht, der von acht schweren Rundpfeilern mit roher Deckplatte, über denen sich Halbkreisbogen wölben, getragen wird.
Die gotische Baukunst.
Der gotische Baustil (s. Tafel X und die beiden Tafeln »Kölner [* 45] Dom« bei Art. »Köln«), [* 46]
welcher in der letzten Hälfte des 12. Jahrh. unmittelbar auf die vollendete Entfaltung des romanischen folgte und zum Teil sogar gleichzeitig mit ihm hervortritt, knüpft zunächst an das System der gewölbten Basilika, wie sich dasselbe in der romanischen Periode entwickelt hatte, an. Der Grundplan der kirchlichen Monumente, die Hauptdisposition der Räume bleiben im wesentlichen dieselben; aber ungleich entschiedener als bisher tritt das Gefühl für das Ganze des architektonischen Werks und für das gegenseitige Verhältnis seiner Teile hervor, ungleich lebensvoller erscheint der Organismus, der dasselbe durchdringt, ungleich wirksamer entfaltet sich die aufwärts strebende Bewegung, welche den Geist und die Sinne des Beschauers zum Himmel [* 47] emporzuziehen bestimmt ist.
Die Pfeiler und Halbsäulen, welche die Bogen [* 48] und Gewölbe [* 49] aufnehmen, steigen bei dem gotischen Kirchenbau selbständig und frei empor, und ihre Bewegung setzt sich in den Linien des Gewölbes fort. Die belebte Teilung der Gewölbemasse, die bereits der romanische Baustil durch die Anwendung des Kreuzgewölbes gewonnen hatte, wird entschiedener dadurch hervorgehoben, daß nicht bloß Quergurte (zur Sonderung der Hauptteile des Gewölbes), sondern daß auch Kreuzgurte (zur Bezeichnung der Einzelteile desselben) eingeführt werden.
Dieses System der verschiedenen Gurtungen bildet den eigentlichen festen Kern des Gewölbes; zwischen sie werden nur leichte Gewölbekappen von dreieckiger Gestalt zum Schluß der Decke [* 50] eingesetzt. Somit kommt hier das Gewölbe nicht mehr als eine Masse in Betracht, sondern vorzugsweise nur die Struktur seiner Gurte, in welche sich die aufsteigende Bewegung der Pfeiler auflöst, und in welcher der Gewölbedruck auf die einzelnen Punkte der Pfeiler, von denen sie ausgingen, zurückwirkt.
Indem somit die Masse des Gewölbes sich gliedert, genügen zu deren Stütze an der äußern Seite des Gebäudes einzelne Strebepfeiler, die zugleich Teile der Umfangsmauer bilden und im Innern als Träger [* 51] der Gewölbegurte gegliedert sind, während sie nach außen die feste, widerstandsfähige Gestalt des Mauerkörpers bewahren. Die zwischen den Strebepfeilern gelegenen Teile der Umfangswände bieten somit die Gelegenheit zu weiten und hohen Fenstern, während nur eine leichte Füllmauer und untere Brüstung der Fenster eingeschaltet wird.
Mit dieser Reduktion der belastenden und Konzentration der widerstehenden Massen stand der ruhig abschließende Halbkreisbogen im Widerspruch, der überdies eine Überwölbung verschiedener Spannweiten bei gleicher Höhe der Bogen nicht zuließ. Indem man sich dem kühner aufsteigenden Spitzbogen zuwandte, den man bereits vielfach vorgebildet fand, hatte man eine Bogenform gewonnen, welche große Abwechselung in Höhe und Weite der Bogen zuließ, ohne ihren Charakter zu verändern.
Gurtgewölbe, Strebepfeiler und Spitzbogen bilden somit charakteristische Elemente der gotischen Architektur, die sich daneben auch des Pfeilers oder der Säule bedient, an welche sich leichte Halb- oder Dreiviertelsäulchen zum Tragen der Gewölbegurte anlehnen. Der Pfeiler erscheint in solcher Gestalt als ein gegliedertes Ganze, welches auch bei Bildung seines Details als ein Ganzes behandelt wird. Das Kapitäl bildet eine leichte, umherlaufende Blätterkrone, die sich kelchförmig ausweitet und mit wenigen und leichten Deckgliedern versehen ist (s. Tafel »Kölner Dom [* 52] I«),
während der Fuß nur unbedeutend ausladet und mit dem Pfeilerschaft durch Vermittelungsglieder verknüpft ist. Was die Form der Bogen und Gurte des Gewölbes betrifft, so wird in der gotischen Baukunst, wo Bogen und Pfeiler in einem unmittelbarern Zusammenhang stehen als in der romanischen, eine derjenigen der Pfeiler ähnliche Gliederung angenommen, welche im Gegensatz zu der starren Breite [* 53] des romanischen Pfeilers in ihrer Hauptform schräge Seitenflächen hat, die sich einer gemeinsamen Kante zuneigen.
Die einfachste Gliederung erhalten die relativ schwächern Kreuzgurte des Gewölbes, reicher sind die stärkern Haupt- oder Quergurte desselben, noch reicher und mannigfaltiger die starken Bogen gegliedert, welche die Pfeiler verbinden, und auf denen zugleich die Oberteile des Mittelschiffs ruhen. Dasselbe Bildungsgesetz wie an den Gewölbebogen erscheint an der Einfassung der Fenster, während man in die Fensteröffnung ein Stabwerk einfügt, welches in schmalen Säulchen besteht, die oben durch Spitzbogen verbunden sind.
Zwischen die letztern und die großen Spitzbogen der Fenstereinfassung werden kreisförmige und andre geometrische Figuren bildende stabartige Glieder, [* 54] das sogen. Maßwerk, [* 55] eingespannt, welche dem Ganzen Halt gewähren. Unter den Fenstern, welche die Oberteile des Mittelschiffs einnehmen, pflegt (wenigstens bei den völlig durchgebildeten Bauwerken) eine durchbrochene Galerie oder ein galerieähnliches Nischenwerk eingeschlossen zu sein, dessen Hauptteile mit der Fensterarchitektur in Verbindung stehen, wodurch die gesamte Oberwand des Mittelschiffs in eine harmonisch bewegte Gliederung aufgelöst ist.
Die Einfassungen der Thüren sind denen der Fenster ähnlich, nur reicher gebildet, da die stärkere Mauer einen größern Raum zur Anordnung von Profilierungen darbietet. Die Dächer erscheinen bei dem aufstrebenden Charakter, den auch das Äußere ausdrückt, in hoher, steiler Form. Ein einfacher, um die Strebepfeiler und Brüstungsmauern umherlaufender Sockel gibt dem Gebäude eine feste Unterlage. Scharfprofilierte Kranzgesimse schließen die Umfangswände nach oben ab. Die großartigste Entfaltung der äußern Architektur zeigen die Fassade und die beiden Türme, welche die Seiten der Fassade bilden. Die Bogen der Portale tragen nicht selten reichgeschmückte, denjenigen der Fenster gleichende Giebel, die sogen. Wimpergen (s. Tafel »Kölner Dom [* 52] II«, [* 43] Fig. 5). Zwischen den Türmen und über dem Hauptportal wird ein besonderer Zwischenbau mit einem großen Prachtfenster, dessen Licht [* 56] in das Mittelschiff fällt, angebracht, ¶