mehr
römischen Baukunst [* 2] (s. Tafel V und VI) zusammenfließen, sind die des griechischen Säulenbaues und des italischen Gewölbebaues, der zuerst von den Etruskern auf beachtenswerte Weise zur Anwendung gebracht worden war. Der Gewölbebau wird von den Römern durchgehends in seiner ursprünglichen Schlichtheit und Massenhaftigkeit angewandt, er bildet den Körper der römischen Architektur und verleiht derselben ihr gewaltiges Gepräge. Der Säulenbau verbindet sich teils als ein integrierender Teil mit dem Gewölbebau, um dessen strenge Erscheinung zu beleben, teils tritt er, der griechischen Bauweise entsprechend, in selbständiger Freiheit auf.
Die einfachen Gattungen der griechischen Architektur, die dorische und die ionische, werden bei den Römern selten und, wo sie erscheinen, nur in einer nüchternen Ausbildung angewandt. Statt ihrer wird jetzt die korinthische Säulenform vorherrschend, deren volles Blätterkapitäl [* 3] dem Streben nach Pracht und Glanz besser entspricht als die mehr geometrischen Kapitälformen jener beiden Ordnungen; auch die Gliederungen des Gebälkes werden mannigfaltiger und mit reicherm Schmuck versehen. Ihr Hauptgepräge erhält die römische Baukunst durch die umfassende Anwendung des Gewölbebaues, durch den sich zuerst eine in sich abgeschlossene innere Architektur entwickelt. Die oblonge Halle [* 4] wird durch ein Tonnengewölbe (s. Tafel V, [* 1] Fig. 12) überspannt und schließt, dem Eingang gegenüber, durch eine Nische mit halber Kuppel harmonisch ab. Über dem kreisrunden (oder achteckigen) Raum erhebt sich in stolzer Wölbung die Kuppel, und weiter ausgebildet, in Teile gesondert erscheint dieser Raum, wenn an den Seiten der cylindrischen oder prismatischen Wandung Nischen mit Halbkuppeln ausgespart werden.
Andre Räume werden durch Kreuzgewölbe (s. Tafel V, [* 1] Fig. 13), die eine noch belebtere Gewölbeform bezeichnen, überspannt, und aus der verschiedenartigen Weise, wie Haupt- und Seitenräume überwölbt werden, entsteht das reich kombinierte Ganze. Die starre Masse gewinnt auch im Äußern ein vielgeteiltes Leben, und wie sich Gewölberäume über Gewölberäume emporbauen, so treten auch am Äußern Bogenöffnungen neben und über Bogenöffnungen vor. Als freies und selbständiges Monument erscheint der Bogen, [* 5] der sich über die Straße des lebendigen Verkehrs hinwölbt.
Die großartigen Bedürfnisse und der Luxus der Römer [* 6] riefen eine Menge neuer Anlagen hervor, denen allen dasselbe Gepräge der Macht und Großartigkeit aufgedrückt war. Man baute Tempel [* 7] der mannigfaltigsten Art, teils und meist nach einfach griechischer Anlage, teils mit eigentümlicher Anwendung des Gewölbes, führte die verschiedenartigsten Gebäude für Zwecke des öffentlichen Lebens auf, darunter besonders Basiliken in großartiger und eigentümlicher Ausbildung.
Tempel und Staatsbauten reihten sich um das Forum [* 8] her, das, selbst eine besondere architektonische Anlage, mit jenen ein imposantes Ganze bildete. Der Gesundheit, aber auch dem öffentlichen Vergnügen und behaglichen Müßiggang wurden die Thermen gewidmet, die eine ganze Welt von Pracht und Luxus in sich einschlössen. Riesige Werke, wie Theater, [* 9] Amphitheater, Naumachien, Zirkusse, erhoben sich, zu unverwüstlicher Dauer wurden die für den öffentlichen Nutzen bestimmten Bauten ausgeführt, unter welchen die Heerstraßen, Brücken [* 10] und Wasserleitungen mit ihren mächtig geschwungenen Bogen und die öffentlichen Brunnen [* 11] hervorzuheben sind. Eben so glanzvoll erschienen die Ruhmesdenkmäler der Einzelnen, die Säulen, [* 12] an denen man die Trophäen der Sieger aufhing, oder über denen sich die Gedächtnisstatuen erhoben, das stolze Gepränge der Triumphpforten, die Grabmonumente, die in den verschiedensten Formen, zuweilen in riesigem Maßstab, [* 13] emporgetürmt wurden. Mit dem Glanz der öffentlichen Anlagen endlich wetteiferten die Privatwohnungen, Häuser, Paläste, Villen.
Den lebendigern Aufschwung der römischen Baukunst mit Beginn des 3. Jahrh. v. Chr. kennzeichnet der in dieser Zeit beginnende Bau der großen Heerstraßen und Wasserleitungen (s. Aquädukt), unter welchen die Via Appia und der Aquädukt des Claudius (s. Tafel VI, [* 1] Fig. 3) hervorzuheben sind. In derselben Zeit erhielt auch das Forum der Stadt Rom [* 14] eine großartigere Gestalt. Erhalten ist von den Monumenten dieses ersten Aufschwunges der römischen Baukunst nur ein kleineres dekoratives Werk, das Grabmal des L. Cornelius Scipio Barbatus, aus dem Anfang des 3. Jahrh. (gegenwärtig im vatikanischen Museum).
Einen erneuten Aufschwung nahm die römische Architektur um den Beginn und noch mehr um die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. Griechische Kunstwerke und griechischer Geschmack wurden aus dem eroberten Griechenland [* 15] nach Rom verpflanzt, und jetzt erst wurde zu den römischen Prachtbauten, die früher aus dem rohern Peperin aufgeführt waren, das bei den Griechen übliche edlere Material des Marmors angewandt. Schon in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. erhielt das römische Forum wieder eine neue Gestalt, indem es mit großartigen Basiliken, dem öffentlichen Handelsverkehr und der öffentlichen Rechtspflege gewidmeten Säulenhallen, umgeben wurde.
Auch von den Werken dieses zweiten Aufschwunges der römischen Architektur ist nur weniges auf unsre Zeit gekommen, worunter das am Abhang des Kapitols nach dem Forum hin 78 v. Chr. erbaute, als Archiv und Schatzhaus des Reichs dienende Tabularium hervorzuheben ist. Die Monumente von Pompeji [* 16] bezeichnen den Übergang zwischen griechischer und römischer Architektur. Die Blütezeit der letztern beginnt mit dem Zeitalter des Julius Cäsar, durch welchen die großartigen Unternehmungen eingeleitet wurden, die Augustus vollendete.
Unter Augustus entstand ein ganz neues, prächtigeres Rom; er konnte sich rühmen, die Ziegelstadt, die er vorgefunden, als eine Marmorstadt zu hinterlassen. Indes betraf dies mehr die von ihm hinzugefügten neuern Stadtteile. Die alte Stadt war dabei großenteils noch in ihrer frühern unregelmäßigen Beschaffenheit geblieben, erst Nero verschaffte durch die von ihm entzündete Feuersbrunst auch im Herzen der Stadt Raum zu den umfassendsten Anlagen. Vespasian baute ein prachtvolles neues Kapitol; noch glänzender wurde dasselbe nach einem bald darauf erfolgten Brande durch Domitian wiederhergestellt.
Noch herrlichere Bauten führte Trajan aus, dessen Forum sich zu einer nicht genug zu bewundernden Anlage gestaltete. Aber auch die Provinzen wurden nicht vergessen, an verschiedenen Orten stiegen neue, prächtige Städte empor. Bis zur Zeit Hadrians hält sich der Stil der römischen Architektur ziemlich auf gleicher Höhe, und erst in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. zeigt sich ein allmähliches Sinken des Geschmackes, indem die Verhältnisse minder edel erscheinen und Überladung an die Stelle glänzender Pracht tritt. Die bedeutendsten noch vorhandenen Gebäude des römischen Altertums sind das von Agrippa 26 v. Chr. erbaute Panthéon zu Rom (s. Tafel V, [* 1] Fig. 14-16) und der von Hadrian 135 n. Chr. erbaute Tempel der Venus und Roma [* 17] (s. Tafel V, [* 1] Fig. 17 ¶
mehr
u. 18), der größte unter allen uns bekannten Tempeln Roms, von dem noch charakteristische Ruinen vorhanden sind. Die Theater, worunter das Theater des Marcellus hervorzuheben ist, wurden zunächst den griechischen nachgebildet, während die zu blutigen Kampfspielen bestimmten Amphitheater, wie das berühmte Kolosseum [* 19] zu Rom, diejenigen zu Nîmes (s. Tafel VI, [* 18] Fig. 1 u. 2), Arles, Verona [* 20] und Pola, [* 21] die römische Baukunst kennzeichnen. Außerdem gehörten neben den Prachtforen des Julius Cäsar und der Kaiser die Thermen zu den eigentümlichsten und großartigsten Anlagen Roms. Die Thermen des Caracalla (die rekonstruierte Ansicht eines Saals s. Tafel VI, [* 18] Fig. 11) aus der frühern Zeit des 3. und des Diokletian aus dem Anfang des 4. Jahrh. ragten durch Größe und Pracht hervor.
Von großartigen Brückenanlagen aus dieser Zeit sind uns erhalten: der einfachere Pons Aelius (jetzt Ponte Sant' Angelo) und der zierlichere Ponte rotto (Pons Palatinus oder Senatorius) zu Rom sowie die ebenfalls zierlich ausgebildete Brücke [* 22] des Augustus zu Rimini. Von den Ehrensäulen erscheinen in reichster Ausbildung die Säulen des Trajan und Mark Aurel zu Rom. Der römischen Kunst eigentümlich und dieselbe in ihrer ganzen Majestät zeigend sind die Ehrenbogen, namentlich die Triumphbogen. Unter den erhaltenen sind die frühsten die Triumphbogen des Augustus zu Rimini und zu Susa in Piemont sowie der Siegesbogen zu Aosta am Fuß der Alpen, [* 23] während der Bogen der Sergier zu Pola in Istrien [* 24] der besten Zeit der römischen Kunst angehört und unter den zu Rom erhaltenen der frühste der des Titus ist, dem sich die des Septimius Severus und des Konstantin (s. Tafel VI, [* 18] Fig. 7) anschließen.
Die Grabmäler sind teils unterirdisch und ohne bedeutendere Entfaltung architektonischer Formen, teils als mehr oder weniger bedeutsame Werke über der Erde angelegt. Die unterirdischen Gräber sind entweder in den Fels gearbeitet, wie die Katakomben von Rom, Neapel, [* 25] Syrakus, [* 26] Malta, Alexandria etc., oder gemauert und überwölbt, wie das Grabmal der Familie Furia bei Frascati. Überreste bedeutenderer, über der Erde angelegter Grabdenkmäler bilden das sogen. Grabmal des Vergilius am Posilippo, das sogen. Grabmal der Servilier bei Rom, das aus der Zeit des Julius Cäsar herrührende Grabmal der Cäcilia Metella bei Rom und das der Plautier bei Tivoli. In riesigem Maß vergrößert und zugleich mit reichster künstlerischer Dekoration versehen erscheint die altertümliche Form in dem Mausoleum des Augustus auf dem Marsfeld und dem Mausoleum des Hadrian (s. Tafel VI, [* 18] Fig. 8-10), dessen untere Teile den Kern des heutigen Kastells Sant' Angelo bilden.
Die Pyramidenform tritt in der noch erhaltenen, 35 m hohen Pyramide des C. Cestius zu Rom aus der Zeit des Augustus auf. Die römische Häuseranlage, welche der pompejanischen verwandt ist und in dem Haus des Pansa in Pompeji (s. Tafel VI, [* 18] Fig. 4-6) einen Repräsentanten findet, unterscheidet sich von der griechischen dadurch, daß in ihr die Frauenwohnung minder bestimmt von der Männerwohnung gesondert war, dann durch die Verbindung des italischen (etruskischen) Atriums mit den der griechischen Architektur entsprechenden Räumen.
Das Atrium bildete den Mittelraum in dem vordern Teil des Gebäudes und diente für die öffentlichen Geschäfte des Hauses, während sich hinten der Hof [* 27] mit seiner Säulenumgebung anschloß. Reich und umfassend wurden auch die Villen der Vornehmen angelegt. Eine neue Erscheinung bot Neros sogen. goldenes Haus dar, dessen Prunkräume von Gold, [* 28] edlen Steinen, Perlen etc. erglänzten, und in dessen Umfang ganze Felder, Wiesen, Weinberge und Gehölze eingeschlossen waren.
Domitian gründete einen neuen Kaiserpalast auf dem Palatin, und die spätern Kaiser bauten daran fort; die interessantesten Baureste, die sich auf dem Palatin (in den Farnesischen Gärten und in der Villa Spada) erhalten haben, gehören dem Domitianischen Bau an. Höchst ausgedehnt war die Villa des Hadrian zu Tivoli, von der noch ein Labyrinth von Ruinen übrig ist, und die aus Wohnräumen der mannigfaltigsten Art, aus einer Menge größerer und kleinerer Hallen, mehreren Theatern, Thermen etc. bestand.
Mit dem Beginn des 3. Jahrh. n. Chr. trat in der römischen Architektur das Bestreben hervor, die Masse auf eine mannigfaltigere Weise zu gliedern, sie reicher zu beleben, die Teile in verschiedenartigerm Wechsel aufeinander folgen zu lassen. Mit den einfachen Formen des griechischen Säulenbaues und der italischen Gewölbarchitektur vereinigen sich nicht selten bunt geschweifte, phantastische Bildungen. Pilaster, Halbsäulen, frei vortretende Säulen unterbrechen die Wandflächen häufiger als bisher; Nischen und Tabernakel der verschiedenartigsten Form füllen oft in mehrfachen Reihen übereinander die Räume zwischen ihnen aus, während die Giebel der Tabernakel öfters in gebrochenen Formen erscheinen.
Reihen von Säulchen, frei von Konsolen getragen und einzig zur Dekoration bestimmt, treten an den obern Teilen der Wände hervor; Bogen setzen unmittelbar über den Säulen auf. Die Ornamente [* 29] werden oft so gehäuft, daß die Hauptglieder zwischen ihnen ganz verschwinden. Aber mitten aus dieser Auflösung der Kunst der Alten Welt treten zugleich die Prinzipien einer neuen Kunstwelt immer deutlicher hervor, in der auf eine mehr malerische Wirkung hingearbeitet wird, während sich eine selbständigere Behandlung des Gewölbe- und Bogenbaues, teils in eigentümlicher Anwendung des Kreuzgewölbes, teils darin, daß man Bogen unmittelbar von Säulen ausgehen ließ, erkennen läßt.
Die Hauptmotive dieser neuen Umwandlung der antiken hat man, wie es scheint, im Orient zu suchen, wo in dieser Zeit verschiedene großartige Bauanlagen ausgeführt wurden, unter denen sich die mächtigen Bauten zweier Städte Syriens auszeichnen, von denen bedeutende Reste bis auf unsre Zeit gekommen sind: Palmyra (Tadmor) und Heliopolis (Baalbek), bei denen jene Überladung und mannigfache Teilung der architektonischen Massen bereits sehr auffallend hervortritt.
Andre asiatische Architekturen reihen sich denen der eben genannten Städte an, so die Felsengräber bei Jerusalem, [* 30] im Thal [* 31] Josaphat, die Ruinen der Felsenstadt Petra (südlich von Palästina). [* 32] Ungleich wichtiger und interessanter ist das mächtige Schloß, welches sich Kaiser Diokletian im Anfang des 4. Jahrh. zu Salona, dem heutigen Spalato (s. Tafel VI, [* 18] Fig. 12 u. 13), in Dalmatien erbauen ließ, und wovon ebenfalls noch bedeutende Reste erhalten sind. Dasselbe bildet ein großes Viereck [* 33] von 220 m Länge und Breite, [* 34] außerhalb von Mauern und Türmen umgeben, innerhalb nach Art des römischen Feldlagers abgeteilt und mit vielen Säulengängen und Hallen, mit Tempeln und Wohnräumen für den Kaiser und sein Gefolge versehen. Unter die charakteristischen Baureste dieser Periode zu Rom gehören die kolossalen und reichen Architekturfragmente, welche man gewöhnlich das Frontispiz des Neropalastes nennt, und die einem Tempel des Sol angehören, welchen Aurelian in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. mit dem größten Prachtaufwand ¶