mehr
minder in den reichern Privatwohnungen der spätern alexandrinischen Zeit. Die Hauptanlage der Wohngebäude dieser spätern Zeit ist folgende: ein Säulenhof (als wichtigster Teil), um den die Räume der Männerwohnung, zum Teil mit prachtvollen Säulensälen, gelegen waren;
weiter zurück die Frauenwohnung, womit häufig, von dem Hauptbau durch kleinere Zwischenhöfe getrennt, besondere Gastwohnungen verbunden waren.
Ausgedehnte Bauanlagen waren ferner die für die Spiele, gymnastischen und musischen Wettkämpfe bestimmten, zu welchen das wieder aufgefundene Theater [* 2] zu Segesta (s. Tafel IV, [* 1] Fig. 11) und namentlich das vollkommen aufgedeckte Olympia gehören. Mit den Wettkämpfen im Zusammenhang stehen die von seiten der Chorführer für den in musischen Spielen errungenen Sieg errichteten choragischen Monumente, die entweder Säulen, [* 3] oder durchgebildete Architekturen, auf deren Gipfel ein Dreifuß aufgestellt war, oder kapellenartige Bauten bildeten, die in ihrem Innern das Siegeszeichen enthielten.
Ein Werk dieser Art ist das einen kleinen, runden Tempel [* 4] darstellende Monument des Lysikrates in Athen [* 5] (s. Tafel IV, [* 1] Fig. 8 u. 9). Die Grabmäler waren zum Teil sehr einfach, bestanden aus schlichten Pfeilern, waren mit einem blumigen, den Akroterien [* 6] der Tempel ähnlichen Schmucke gekrönt und enthielten an ihrer Vorderseite ein einfaches Bildwerk, zum Teil waren sie von altarähnlicher Form oder bildeten Felsgrotten, deren Fassade architektonisch dekoriert war. Einzelne Bauten der spätesten Zeit griechischer Baukunst, [* 7] wie der Turm [* 8] der Winde [* 9] (s. Tafel IV, [* 1] Fig. 10), enthalten bereits ausländische Formen.
Die etruskische Baukunst.
Als ein wichtiges Zwischenglied in der Geschichte der klassischen Baukunst erscheinen diejenigen künstlerischen Bestrebungen Italiens, [* 10] welche den Boden vorbereiteten, auf welchem sich nachmals die römisch-griechische Kunst entfalten sollte. Die Bauwerke der Ureinwohner Italiens bekunden dieselbe Richtung, die wir bei den griechischen Werken des heroischen Zeitalters wahrnehmen. Zu einer charaktervollen Ausbildung gelangte jedoch nur die Baukunst der Etrusker (s. Tafel V, [* 1] Fig. 1-11). Zu den altertümlichsten Werken altitalischer Architektur gehören die Mauern der alten Städte, die sehr häufig in jener cyklopischen Bauweise aufgeführt sind wie die von den pelasgischen Urbewohnern erbauten Mauern Griechenlands.
Bei den in Etrurien vorkommenden Bauten dieser Art, wie bei den Mauern von Volterra, Fiesole, Cortona, Populonia, herrscht das Bestreben vor, die Steine regelmäßiger, in horizontalen Schichten übereinander zu legen, wodurch sie zwischen der polygonen Bauweise und dem Quaderbau in der Mitte stehen. Hieran reihen sich die der Struktur der altgriechischen Thesauren entsprechenden Anlagen, deren Räume durch Kuppeln, welche aus horizontal vorgekragten, ringförmigen Steinschichten bestehen, abgedeckt sind. Unterirdische Gemächer dieser Art, vermutlich Gräber, finden sich zu Norba, Vulci, Tarquinii; ein ähnliches besitzt Rom [* 11] in dem untern Gemach des Carcer Mamertinus, dem sogen. Tullianum, am Abhang des kapitolinischen Bergs. Außer und neben dieser Kragsteinkonstruktion wandten die Etrusker bereits den Gewölbebau (s. Konstruktion des Rundbogens, Tafel V, [* 1] Fig. 2) mit aus Keilsteinen gebildeten Bogen [* 12] an, wie ihn die noch erhaltenen alten Thore von Volterra und Perugia (s. Tafel V, [* 1] Fig. 3 u. 4) zeigen. Ein andres findet sich zu Tusculum, wo es als Wasserbehälter für eine Wasserleitung [* 13] dient (s. Tafel V, [* 1] Fig. 1). Zu den mächtigsten etruskischen Gewölbebauten gehören die zur Ableitung des in den Sümpfen und Seen am palatinischen Berg angesammelten Wassers bestimmten Kloaken zu Rom (s. Tafel V, [* 1] Fig. 5) und der um 393 ausgeführte 2500 m lange Entwässerungskanal des Albanischen Sees.
Eine hohe Bedeutung unter den erhaltenen Monumenten der etruskischen Architektur haben vornehmlich die Grabmäler, unter denen besonders drei Gattungen zu unterscheiden sind. Die erste ist aus der Form der rohen Erdhügel hervorgegangen und erscheint in mehr oder minder bedeutenden Abmessungen häufig noch in dieser Form, indem man dem Erdhügel nur einen kreisrunden, aus Steinen sorgfältig gearbeiteten Untersatz zufügte. Hierher gehört das Monument in der Nekropolis von Vulci, welches den Namen der Cucumella führt (s. Tafel V, [* 1] Fig. 8), ferner das sogen. Grabmal der Horatier und Curiatier bei Rom, das über einem viereckigen Unterbau fünf kegelförmige Spitzsäulen enthält (s. Tafel V, [* 1] Fig. 9). Die zweite Gattung besteht aus architektonischen Fassaden, welche man aus den Wänden der Felsen gemeißelt hat, und die sich sehr zahlreich in den Nekropolen der etruskischen Orte Orchia (jetzt Norchia) und Aria (jetzt Castel d'Asso oder Castellaccio; s. Tafel V, [* 1] Fig. 10), beide unfern von Viterbo, vorfinden.
Die dritte Gattung endlich besteht aus solchen Grabmälern, die ganz unterirdisch in den Tuffstein eingegraben sind. Ein schmaler Gang [* 14] oder eine Treppe [* 15] führt gewöhnlich zu einem Vorraum, an dessen Seiten sich die Grabkammern, in der Regel symmetrisch geordnet, anschließen. Bisweilen sind in diesen Räumen kurze Pfeiler (viereckig, mit einfachen Deckgesimsen) zur Unterstützung der Decken stehen geblieben, welch letztere entweder flach oder in giebelförmiger Schräge gearbeitet sind.
Von den sehr zahlreichen Gräbern solcher Art sind die interessantesten in der Nekropolis von Vulci. Von etruskischen Tempeln (s. Tafel V, [* 1] Fig. 6, 7) sind keine Reste auf unsre Zeit gekommen, da deren Überbau aus Holzbalken bestand; wir kennen aber ihre Anlage und architektonische Ausbildung aus der Anweisung, welche Vitruv zur Aufführung von Tempeln dieser Gattung, deren Stil von der spätern römischen Architekturschule als die toscanische Ordnung bezeichnet wird, hinterlassen hat.
Unter den für öffentliche Spiele bestimmten Gebäuden der Etrusker sind die Ruinen des Theaters zu Fiesole hervorzuheben. Endlich ist den Etruskern die erste Ausbildung der von der griechischen abweichenden italischen Häuseranlage zuzuschreiben, welche sich von jener durch einen mehr nordischen Charakter unterscheidet. An die Stelle des offenen Säulenhofs, um den sich in dem griechischen Haus die Gemächer aneinander reihen, tritt hier ein mehr geschlossener Raum, das Atrium, der oberwärts zwar auch gegen den Himmel [* 16] geöffnet ist, bei dem aber diese Öffnung (impluvium) eine verhältnismäßig geringe Ausdehnung [* 17] hat.
Die römische Baukunst.
Die Römer [* 18] waren ein Volk ohne künstlerische Anlage. Was zu Rom in den ersten Jahrhunderten des Staats an architektonischen Kunstwerken ausgeführt ward, verdankte man wesentlich den benachbarten Etruskern, sei es, daß die Arbeiten von etruskischen Künstlern eigenhändig ausgeführt wurden, oder daß man der Lehre [* 19] und dem Beispiel derselben folgte. Als die römische Kultur sich mit der griechischen berührte, gewann letztere einen solchen Einfluß auf jene, daß auch die griechische Kunst nach Rom übertragen wurde und hier eine schöne Nachblüte erlebte. Die beiden Formprinzipien, welche in der ¶
mehr
römischen Baukunst (s. Tafel V und VI) zusammenfließen, sind die des griechischen Säulenbaues und des italischen Gewölbebaues, der zuerst von den Etruskern auf beachtenswerte Weise zur Anwendung gebracht worden war. Der Gewölbebau wird von den Römern durchgehends in seiner ursprünglichen Schlichtheit und Massenhaftigkeit angewandt, er bildet den Körper der römischen Architektur und verleiht derselben ihr gewaltiges Gepräge. Der Säulenbau verbindet sich teils als ein integrierender Teil mit dem Gewölbebau, um dessen strenge Erscheinung zu beleben, teils tritt er, der griechischen Bauweise entsprechend, in selbständiger Freiheit auf.
Die einfachen Gattungen der griechischen Architektur, die dorische und die ionische, werden bei den Römern selten und, wo sie erscheinen, nur in einer nüchternen Ausbildung angewandt. Statt ihrer wird jetzt die korinthische Säulenform vorherrschend, deren volles Blätterkapitäl [* 21] dem Streben nach Pracht und Glanz besser entspricht als die mehr geometrischen Kapitälformen jener beiden Ordnungen; auch die Gliederungen des Gebälkes werden mannigfaltiger und mit reicherm Schmuck versehen. Ihr Hauptgepräge erhält die römische Baukunst durch die umfassende Anwendung des Gewölbebaues, durch den sich zuerst eine in sich abgeschlossene innere Architektur entwickelt. Die oblonge Halle [* 22] wird durch ein Tonnengewölbe (s. Tafel V, [* 20] Fig. 12) überspannt und schließt, dem Eingang gegenüber, durch eine Nische mit halber Kuppel harmonisch ab. Über dem kreisrunden (oder achteckigen) Raum erhebt sich in stolzer Wölbung die Kuppel, und weiter ausgebildet, in Teile gesondert erscheint dieser Raum, wenn an den Seiten der cylindrischen oder prismatischen Wandung Nischen mit Halbkuppeln ausgespart werden.
Andre Räume werden durch Kreuzgewölbe (s. Tafel V, [* 20] Fig. 13), die eine noch belebtere Gewölbeform bezeichnen, überspannt, und aus der verschiedenartigen Weise, wie Haupt- und Seitenräume überwölbt werden, entsteht das reich kombinierte Ganze. Die starre Masse gewinnt auch im Äußern ein vielgeteiltes Leben, und wie sich Gewölberäume über Gewölberäume emporbauen, so treten auch am Äußern Bogenöffnungen neben und über Bogenöffnungen vor. Als freies und selbständiges Monument erscheint der Bogen, der sich über die Straße des lebendigen Verkehrs hinwölbt.
Die großartigen Bedürfnisse und der Luxus der Römer riefen eine Menge neuer Anlagen hervor, denen allen dasselbe Gepräge der Macht und Großartigkeit aufgedrückt war. Man baute Tempel der mannigfaltigsten Art, teils und meist nach einfach griechischer Anlage, teils mit eigentümlicher Anwendung des Gewölbes, führte die verschiedenartigsten Gebäude für Zwecke des öffentlichen Lebens auf, darunter besonders Basiliken in großartiger und eigentümlicher Ausbildung.
Tempel und Staatsbauten reihten sich um das Forum [* 23] her, das, selbst eine besondere architektonische Anlage, mit jenen ein imposantes Ganze bildete. Der Gesundheit, aber auch dem öffentlichen Vergnügen und behaglichen Müßiggang wurden die Thermen gewidmet, die eine ganze Welt von Pracht und Luxus in sich einschlössen. Riesige Werke, wie Theater, Amphitheater, Naumachien, Zirkusse, erhoben sich, zu unverwüstlicher Dauer wurden die für den öffentlichen Nutzen bestimmten Bauten ausgeführt, unter welchen die Heerstraßen, Brücken [* 24] und Wasserleitungen mit ihren mächtig geschwungenen Bogen und die öffentlichen Brunnen [* 25] hervorzuheben sind. Eben so glanzvoll erschienen die Ruhmesdenkmäler der Einzelnen, die Säulen, an denen man die Trophäen der Sieger aufhing, oder über denen sich die Gedächtnisstatuen erhoben, das stolze Gepränge der Triumphpforten, die Grabmonumente, die in den verschiedensten Formen, zuweilen in riesigem Maßstab, [* 26] emporgetürmt wurden. Mit dem Glanz der öffentlichen Anlagen endlich wetteiferten die Privatwohnungen, Häuser, Paläste, Villen.
Den lebendigern Aufschwung der römischen Baukunst mit Beginn des 3. Jahrh. v. Chr. kennzeichnet der in dieser Zeit beginnende Bau der großen Heerstraßen und Wasserleitungen (s. Aquädukt), unter welchen die Via Appia und der Aquädukt des Claudius (s. Tafel VI, [* 20] Fig. 3) hervorzuheben sind. In derselben Zeit erhielt auch das Forum der Stadt Rom eine großartigere Gestalt. Erhalten ist von den Monumenten dieses ersten Aufschwunges der römischen Baukunst nur ein kleineres dekoratives Werk, das Grabmal des L. Cornelius Scipio Barbatus, aus dem Anfang des 3. Jahrh. (gegenwärtig im vatikanischen Museum).
Einen erneuten Aufschwung nahm die römische Architektur um den Beginn und noch mehr um die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. Griechische Kunstwerke und griechischer Geschmack wurden aus dem eroberten Griechenland [* 27] nach Rom verpflanzt, und jetzt erst wurde zu den römischen Prachtbauten, die früher aus dem rohern Peperin aufgeführt waren, das bei den Griechen übliche edlere Material des Marmors angewandt. Schon in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. erhielt das römische Forum wieder eine neue Gestalt, indem es mit großartigen Basiliken, dem öffentlichen Handelsverkehr und der öffentlichen Rechtspflege gewidmeten Säulenhallen, umgeben wurde.
Auch von den Werken dieses zweiten Aufschwunges der römischen Architektur ist nur weniges auf unsre Zeit gekommen, worunter das am Abhang des Kapitols nach dem Forum hin 78 v. Chr. erbaute, als Archiv und Schatzhaus des Reichs dienende Tabularium hervorzuheben ist. Die Monumente von Pompeji [* 28] bezeichnen den Übergang zwischen griechischer und römischer Architektur. Die Blütezeit der letztern beginnt mit dem Zeitalter des Julius Cäsar, durch welchen die großartigen Unternehmungen eingeleitet wurden, die Augustus vollendete.
Unter Augustus entstand ein ganz neues, prächtigeres Rom; er konnte sich rühmen, die Ziegelstadt, die er vorgefunden, als eine Marmorstadt zu hinterlassen. Indes betraf dies mehr die von ihm hinzugefügten neuern Stadtteile. Die alte Stadt war dabei großenteils noch in ihrer frühern unregelmäßigen Beschaffenheit geblieben, erst Nero verschaffte durch die von ihm entzündete Feuersbrunst auch im Herzen der Stadt Raum zu den umfassendsten Anlagen. Vespasian baute ein prachtvolles neues Kapitol; noch glänzender wurde dasselbe nach einem bald darauf erfolgten Brande durch Domitian wiederhergestellt.
Noch herrlichere Bauten führte Trajan aus, dessen Forum sich zu einer nicht genug zu bewundernden Anlage gestaltete. Aber auch die Provinzen wurden nicht vergessen, an verschiedenen Orten stiegen neue, prächtige Städte empor. Bis zur Zeit Hadrians hält sich der Stil der römischen Architektur ziemlich auf gleicher Höhe, und erst in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. zeigt sich ein allmähliches Sinken des Geschmackes, indem die Verhältnisse minder edel erscheinen und Überladung an die Stelle glänzender Pracht tritt. Die bedeutendsten noch vorhandenen Gebäude des römischen Altertums sind das von Agrippa 26 v. Chr. erbaute Panthéon zu Rom (s. Tafel V, [* 20] Fig. 14-16) und der von Hadrian 135 n. Chr. erbaute Tempel der Venus und Roma [* 29] (s. Tafel V, [* 20] Fig. 17 ¶