Beginn 1000, Blütezeit 1200, Ausartung 13. Jahrh.
1. Würfelkapitäl von S. Godehard in Hildesheim.
2. Säule a. d. Klosterkirche zu Hecklingen (1139).
3. Dom zu Bamberg. Ostseite spätroman. Stil, erbaut 1009-1012, restaur. 1828-1837.
4. Grundriss des Doms zu Bamberg.
5. Gesims am obern Stockwerk des Doms zu Bamberg. Profil.
6. Dom zu Mainz. Ostseite 978-1175. Hauptperiode 1081-1136.
7. Grundriss des Doms zu Mainz.
8. Seitenportal (S. Gallus) des Münsters zu Basel (Spätzeit des roman. Stils).
9. Refectorium (Rebenthal) des Klosters zu Maulbronn 1215-1220.
10. Fensteröffnungen am Palaste Barbarossa's zu Gelnhausen 12. Jahrh.
11. Kapitäl aus dem Palaste Barbarossa's.
Zum Artikel »Baukunst«.
Beginn 12. Jahrh., Blütezeit 13.-14. Jahrh., Verfall 15. u. 16. Jahrh.
1. Kathedrale zu York, erbaut 1291 ? um 1410.
2. Altstadt-Rathaus zu Braunschweig, begonnen um 1250, vollendet 1468.
3. Tuchhalle zu Ypern, erbaut 1201-1342.
4. Kathedrale zu Burgos, begonnen 1221, vollendet 1442-1487 durch Johann von Köln.
5. Kathedrale zu Reims, begonnen 1212 durch Robert de Coucy, vollendet um 1300.
6. Dom zu Siena, begonnen um 1250, Bau der Fassade durch Giovanni Pisano seit 1284, fortgesetzt bis 1357.
Zum Artikel »Baukunst«.
1. Certosa bei Pavia, Frontaufriss beg. 1473.
2. S. Peter zu Rom. Frontaufriss.
3. S. Peter zu Rom, Längenschnitt.
4. S. Peter zu Rom. Innenansicht.
5. S. Peter zu Rom, Grundriss. Begonnen 1506 von Bramante, fortges. von Raffael, Peruzzi, San Gallo u. 1546 von Michel Angelo, vollend. 1667 von Bernini.
Zum Artikel »Baukunst«.
1. Palast Strozzi zu Florenz. Erbaut 1483 von Benedetto da Majano.
2. S. Zaccaria zu Venedig. Erbaut 1457-1515 von Martino Lombardo.
3. Bibliothek S. Marco zu Venedig. Erbaut von Jacopo Sansovino 1536.
4. Pavillon de l'Horloge (Sully) des Louvre zu Paris. Begonnen von Lemercier 1524.
5. Otto-Heinrichsbau des Schlosses zu Heidelberg. Erbaut 1556-1559.
Zum Artikel »Baukunst«.
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jenen des nördlichen Europa zu vergleichen sind und z. B. auf der Osterinsel große Steinhaufen von pyramidaler Form oder bei den Morais (heiligen Begräbnisorten) regelmäßig behauene, zum Teil mächtige Steine bilden, die zu einem ebenso regelmäßigen wie einfachen architektonischen Ganzen zusammengefügt sind. Andre Beispiele einer frühen Entwickelung der Kunst finden wir in den alten Denkmälern von Amerika (s. Amerikanische Altertümer und Tafel »Baukunst I«, [* ] Fig. 1-3). Die Denkmäler des alten Mexiko zeigen, obwohl keiner Urzeit des Menschengeschlechts angehörend, in ihrer künstlerischen Gestaltung keine fremden Einflüsse und sind daher als ein Zeugnis selbständiger, volkstümlicher Entwickelung zu betrachten. Sie zeigen in den Teokallis von Guernavaca [* ] (Fig. 1), von Tusapan [* ] (Fig. 2), von Papantla [* ] (Fig. 3) u. a. die zum Teil schon in reicher Weise ausgebildete und mannigfach geschmückte Grundform der Pyramide.
Die Baukunst der orientalischen Völker.
Dieselbe Form finden wir in Ägypten (s. Tafel III). Das ganze sich an den Ufern des Nilstroms hinziehende Land war mit einer Menge von Denkmälern bedeckt, von denen noch viele mehr oder weniger erhalten sind, so besonders die zum Teil kolossalen Grabdenkmäler des alten Memphis (s. Tafel III, [* ] Fig. 1 u. 2), die Pyramiden, welche an den Abhängen der libyschen Bergkette auf einer Strecke von 8 Meilen in mehreren Gruppen zerstreut liegen und bis in das 5. Jahrtausend v. Chr. hinaufreichen. In die auf die Vertreibung der Hyksos folgende Blüteperiode des ägyptischen Lebens gehören die glänzendsten, an den Ufern des Nils aufgeführten Denkmäler, vor allen die Monumente von Theben in Oberägypten, die fast sämtlich von Ramses d. Gr. oder Sesostris (um die Mitte des 15. Jahrh. v. Chr.) und seinen Vorgängern und nähern Nachfolgern herrühren. In diesen altägyptischen Bauwerken tritt wieder die Form der Pyramide als älteste Architekturform hervor.
Die Umfangsmauern der Tempel erhielten einen Anlauf und wurden an den Kanten mit Rundstäben geschmückt, die Decken mit einem horizontalen Abschluß und mit einer mächtigen Hohlkehle versehen (s. Tafel III, [* ] Fig. 18). Keine Fensteröffnung oder Säulenstellung unterbrach die gewaltigen Flächen dieser Umfangsmauern, welche ein langgestrecktes Rechteck umschlossen und mit farbenreicher Bilderschrift, mit Darstellungen der Götter und Herrscher bedeckt waren. Ausgedehnte Doppelreihen von kolossalen Sphinxen oder Widdern führten zu dem hohen, schmalen Eingang, der zwischen zwei turmartige Pylonen gleichsam eingeschoben und bisweilen von Obelisken oder kolossalen sitzenden Herrscherstatuen flankiert ward. Die zu beiden Seiten desselben in die Pylonen eingelassenen Nuten (s. Tafel III, [* ] Fig. 4) dienten zur Aufnahme hoher, bei Festen mit flatternden Wimpeln geschmückter Masten.
Die enge Pforte führte in den unbedachten, auf mindestens drei Seiten von einer bedeckten Säulenstellung umgebenen Vorhof, welcher sich bei einigen Tempeln hinter einem zweiten Pylonenpaar wiederholt, und von da in einen oft ebenso großen Saal, dessen schwere Steinbalkendecke auf Reihen dicht gestellter Säulen ruht, von welchen die mittlern höher waren und eine höhere Decke trugen, unter der dem Säulensaal von beiden Seiten durch vergitterte Öffnungen Licht zugeführt wurde. An diesen Saal, der in keinem ägyptischen Tempel fehlt, reihten sich die übrigen kleinern und düstern Räume des Heiligtums mit der engen, niedrigen Cella, welche das Götterbild aufnahm.
Auch diese innern Räume sind mit bunter Hieroglyphenschrift bedeckt. Die ägyptische Säule (s. Tafel III, [* ] Fig. 4-9 und 11-17) zeigt bereits die verschiedenen durch das Wesen der Säule bedingten Elemente in regelmäßiger, gesetzmäßiger Wiederkehr. Über einer runden Plinthe erhebt sich der runde, ganz unten mehr oder weniger eingezogene, nach oben zu allmählich verjüngte Schaft der Säule und nimmt das entweder kesselförmige, unten ausgebauchte, oben eingezogene geschlossene oder kelchförmige, unten etwas ausgebauchte, oben überfallende offene Lotoskapitäl mit quadratischer Platte auf, worüber der aus starken, von Säule zu Säule reichenden Steinbalken bestehende Architrav ruht.
Sowohl die Säulenschäfte als die Kapitäler erhalten bisweilen konvexe oder konkave Längsrippen und sind teils mit Pflanzengebilden als Sinnbildern der elastischen Biegsamkeit, teils mit Bilderschrift bedeckt. Insbesondere erhalten die offenen Lotoskapitäler Ornamente aus schlanken Pflanzenblättern oder auf elastischen Stielen sich wiegenden Blüten. Unter die mystischen Symbole der ägyptischen Architektur gehört die besonders über den Portalen oft mehrfach angebrachte geflügelte Sonnenscheibe (s. Tafel III, [* ] Fig. 19). Von den einzelnen Monumenten erwähnen wir die Reste der beiden riesigen Tempel zu Karnak (s. Tafel III, [* ] Fig. 12 u. 14) und zu Luksor, die durch eine fast 2 km lange Allee von Sphinxkolossen verbunden werden, den großen Tempelpalast bei Medinet Abu (s. Tafel III, [* ] Fig. 11 u. 17) und das nördlich von diesem gelegene Trümmerfeld mit vielen Bruchstücken kolossaler Statuen, von denen noch zwei aufrecht sitzen, wovon eine die berühmte Memnonsstatue ist.
Der nördlich davon befindliche Totenpalast ist ein Mausoleum des Ramses (s. Tafel III, [* ] Fig. 10). Als Werke derselben frühen Periode sind die Denkmäler von Abu Simbal (Ebsambul, s. Tafel III, [* ] Fig. 8), Derri, Girrscheh und Sebua in Unternubien zu betrachten, welche ganz oder zum Teil in den Felsen gehauen sind. Bei den nach Anlage und Form mehrfach abweichenden Denkmälern der spätern Zeit, worunter sich der prachtvolle Tempel zu Dendrah unterhalb Theben (s. Tafel III, [* ] Fig. 16), der östliche und westliche Tempel auf der Insel Philä (s. Tafel III, [* ] Fig. 9 u. 13) und der große Tempel zu Edfu (s. Tafel III, [* ] Fig. 4-7) aus der Ptolemäerzeit auszeichnen, ist die vordere große Säulenhalle fast nirgends mehr geschlossen, sondern mit offener Säulenstellung versehen, so jedoch, daß die Brüstungsmauern und Thürpfosten zwischen den Säulen nie fehlen.
Vor dieser Halle befindet sich entweder noch der Vorhof mit dem Pylon, oder es fehlt auch diese vordere Anlage. Die auf allen vier Seiten von einer Säulenstellung umgebenen Tempel sind als eine Nachahmung griechischer Tempelbauten zu betrachten, bei welchen nur die auf den Ecken angebrachten anlaufenden Pfeiler an das pyramidale Grundelement der ägyptischen Architektur erinnern. Bei der Säulenbildung kommt das nach oben zu geschlossene Kapitäl nur noch selten, die Kelchform, mannigfaltig geschmückt, als die vorherrschende zur Anwendung.
Gewöhnlich ist der Kelch aus mehreren kolossalen Blättern gebildet, worauf Pflanzenornamente eingegraben und durch bunte Färbung ausgezeichnet sind; auch werden die Blätter des Kelchkapitäls nicht selten mit eigentümlichen Voluten und Schnörkeln verbunden, wodurch sie an die griechisch-korinthische Kapitälform erinnern. Die zwischen Kapitäl und Architrav eingeschaltete Platte ist zuweilen sehr niedrig, zuweilen über die Würfelform erhöht und bildet, besonders an den Typhonien, einen
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hohen Aufsatz, an dessen Seiten dämonische Gestalten dargestellt sind. Der hohe, über dem Kelchkapitäl zunächst mit vier Gesichtsmasken (Bildern der Isis oder Hathor) und über diesen mit vier kleinen Tempelfassaden geschmückte Aufsatz, worüber gewöhnlich noch eine besondere kleine Platte angeordnet ist (s. Tafel III, [* ] Fig. 16), erscheint als eine weit spätere Anordnung, bei welcher der eigentliche Kelch des Kapitäls bisweilen ganz weggelassen ist, so daß dasselbe nur aus den Bildern jenes Aufsatzes besteht. Auch in den dem gemeinen Nutzen gewidmeten Unternehmungen leisteten die Ägypter Ausgezeichnetes, besonders im Wasserbau zum Schutz gegen die jährlichen Überschwemmungen des Nils.
Die Baukunst der alten Völker des westlichen Asien diesseit des Indus kennen wir nur aus ungenügenden Berichten der Schriftsteller des Altertums und vereinzelten Resten ihrer Denkmäler. Unter die Bauwerke des einst so mächtigen Reichs von Babylonien gehört der durch die ältesten biblischen Sagen als »Turm von Babel« bekannte Tempel des Belus, ein massiver pyramidaler Bau, der an der Basis etwa 200 m breit und ebenso hoch war und in acht großen Absätzen emporstieg. Zu den ältern Monumenten von Babylon gehörte ferner die alte königliche Burg, deren Mauern mit bildlichen Darstellungen großer Jagden auf wilde Tiere geschmückt waren.
Die übrigen Trümmer von Babylon gehören schon der jüngern Zeit an, wo sich nach dem Sturz des alten Reichs durch das Eindringen der Chaldäer ein neues, chaldäisch-babylonisches Reich erhob. Zu diesen spätern Werken gehört ein zweiter königlicher Palast mit einem prächtigen Garten, der sich terrassenförmig erhob und später unter der Benennung der »hängenden Gärten der Semiramis« unter die »sieben Wunder der Welt« gezählt wurde. Der Trümmerberg El Kasr wird für den Rest des Palastes gehalten.
Seit Jahrtausenden sind die Ruinen Babylons als Steingruben für den Bau benachbarter Städte benutzt worden und dadurch zu unregelmäßigen Schutthaufen zusammengesunken. Unter den Ruinenhügeln von Nimrud, welche man für Reste des alten Ninive hält, haben der beim Dorf Chorsabad und der mehr nördlich gelegene Kujundschik wertvolle Bruchstücke (s. Tafel II, [* ] Fig. 1-3) enthalten. Das Baumaterial sind Steine aus gebranntem Thon, die durch ein Erdharz, zum Teil auch durch Kalkmörtel, auf sehr feste Weise verbunden wurden.
Die Phöniker bildeten einen Teil desselben Volksstammes, welchem die Babylonier angehörten; ihr religiöser Kultus stand in inniger Verbindung mit dem von Babylon. Mancherlei Tempel und andre Architekturen werden zwar erwähnt, aber was wir darüber wissen, bezieht sich meist nur auf die glänzende Ausschmückung, die sie durch edle Metalle erhielten. Zu den berühmtesten Denkmälern gehören die von König Hiram erbauten Tempel zu Tyros. Karthago besaß einen prachtvollen Tempel auf der Burg; an einem andern Tempel am Markt hatten die innern Wände einen Überzug von Goldplatten. Diese Stadt war überdies durch großartige Hafenbauten ausgezeichnet.
An die Bauwerke der Phöniker schließen sich die der Juden (s. Tafel II, [* ] Fig. 10-13) an. Unter der Regierung Salomos (um 1000 v. Chr.) wurde die alte transportable Stiftshütte durch einen massiven Tempel auf dem Berg Moria zu Jerusalem ersetzt. Nur ein Teil seines kolossalen Unterbaues (s. Tafel II, [* ] Fig. 10) hat sich erhalten, aber von seiner Pracht enthalten die biblischen Schriften überschwengliche Schilderungen. Ungefähr 420 Jahre nach seiner Erbauung ward der Tempel Salomos durch Nebukadnezar zerstört.
Der neue, von den Juden nach ihrer Rückkehr aus dem Exil (gegen Ende des 6. Jahrh.) erbaute Tempel war nur ein Schatten von der Pracht und Herrlichkeit des alten. Ein zweiter Neubau, 20 v. Chr. unter Herodes d. Gr. begonnen, sollte den alten Ruhm des Salomonischen Tempels wiederherstellen, stand aber nur 70 Jahre. Über die Detailformen der hebräischen Baukunst geben uns einzelne Bruchstücke aus den Felsengräbern von Jerusalem (s. Tafel II, [* ] Fig. 11-13) Aufschluß, unter welchen das sogen. Grab des Absalom [* ] (Fig. 13) besondere Beachtung verdient.
Die Volksstämme Kleinasiens haben vorzugsweise Grabmonumente hinterlassen, die sich noch in erheblicher Anzahl und mannigfacher Formbildung vorfinden. Die ältesten und primitivsten derselben stammen von den Lydiern (ca. 700-600 v. Chr.) und haben meist die Form eines einfachen Tumulus, der auf kreisrundem Unterbau kegelförmig aufsteigt (Grab des Tantalos bei Smyrna). Ihnen gegenüber stehen die Felsgrottenbauten der Phrygier mit ihren künstlich aufgemeißelten Giebelfassaden (Grab des Midas im Thal Doghanlü), während die Grabmäler der Lykier (500-300 v. Chr.) wieder eine andre, noch reicher entwickelte Form darbieten.
Man meißelte hier entweder aus dem freien Felsgestein das Grabmal als einen selbständigen monolithen Sarkophag heraus, oder man legte die Grabkammer im Felsen an und meißelte dem letztern eine Fassade auf, in beiden Fällen jedoch mit getreuer Nachahmung einer Holzkonstruktion; Beispiele finden sich bei Phellos, Antiphellos (s. Tafel II, [* ] Fig. 15), Myra etc. In einzelnen Werken macht sich hier auch griechischer Einfluß geltend, indem der ionische Säulenbau und sonstige griechische Formbildung zur Anwendung kommen, so bei den Gräbern von Telmissos (s. Tafel II, [* ] Fig. 14).
In der Glanzperiode des persischen Reichs nahmen die Könige ihr Hoflager besonders zu Ekbatana in Medien, Susa und Persepolis. Ekbatana war die Residenz des medischen Reichs gewesen und ihre Burg schon beim Beginn der Mederherrschaft auf großartige Weise angelegt worden. Auf einer Anhöhe stieg sie in sieben Absätzen empor, deren übereinander emporragende Mauerzinnen in verschiedenen Farben erglänzten. Am Fuß der Burg lag der königliche Palast; die Säulen, das Balkenwerk und das Täfelwerk der Wände bestanden aus Zedern- und Cypressenholz und waren durchaus mit Gold- und Silberblech überzogen.
Die in der Nähe des heutigen Hamadan aufgefundenen Reste, namentlich Basis und Schaft einer Säule, stimmen mit den Formen der persepolitanischen Architektur überein. Von Susa, dessen Erbauung den ersten persischen Herrschern zugeschrieben wird, wissen wir, daß es in der Bauweise von Babylon angelegt war. Das eigentliche Heiligtum des persischen Reichs bildete aber der alte Stammsitz der persischen Herrscher, ursprünglich Pasargadä (»Perserlager«),
von den Griechen Persepolis genannt. Hier stand die alte Burg des königlichen Geschlechts, hier wurden die Gebeine der Könige bestattet und ihre Ruhestätten durch glänzende Denkmäler bezeichnet (s. Tafel II, [* ] Fig. 7), hier erhob sich ein neuer, umfangreicher Palast (s. Tafel II, [* ] Fig. 4 u. 5). Das auf der Stätte der alten Residenz, in der Gegend von Murghab, erhaltene Grabmal des Cyrus (s. Tafel II, [* ] Fig. 6) ist ein pyramidaler, aus kolossalen weißen Marmorblöcken aufgeführter, an der Basis
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13 m langer, 12 m breiter und 12 m hoher Bau, der in sieben Stufen emporsteigt und auf der obern Fläche ein steinernes Häuschen mit giebelförmigem, durch ein schlichtes Gesims von der Wandfläche abgesetztem Dach (gleichfalls von Marmor) trägt. Dies Häuschen enthielt den goldenen Sarg des Königs. Die in der Gegend des südlicher gelegenen neuen Reichspalastes befindlichen Gräber der spätern Könige sind in den Felsen gearbeitete Kammern mit verschlossenem und verborgenem Eingang, welche an dem Äußern der Felswand durch eine ausgemeißelte Fassade (s. Tafel II, [* ] Fig. 7) bezeichnet sind, deren architektonisches Gerüst an sich einfach, jedoch durch bildnerische Zierden bereichert ist. Es besteht aus einer Reihe schlanker Halbsäulen, in deren Mitte eine Thür angedeutet ist, und auf welchen ein mehrfach gegliedertes Gebälk ruht. Die Halbsäulen haben keine weitere Zierde als das Kapitäl, welches aus zwei nach den Seiten hinausragenden, mit den Leibern zusammenhängenden Einhörnern (s. Tafel II, [* ] Fig. 8 u. 9) besteht, zwischen deren Hälsen die Stirn eines Balkenkopfes vortritt, welcher einen Querbalken andeutet, worauf der Architrav des Hauptgebälkes ruht.
Darüber erhebt sich eine Art von prächtigem Thronbau, der größtenteils durch die Reliefs menschlicher Figuren ausgefüllt wird. Das merkwürdigste aller Monumente der persischen Baukunst bilden die Reste des großen Palastes von Persepolis, die gegenwärtig den Namen Tschil Minar (»die vierzig Säulen«) führen (s. Tafel II, [* ] Fig. 4). An babylonische Anlagen erinnernd, erheben sie sich in mehreren breiten Terrassen auf einer Abdachung des Bergs Rachmed und umschließen einen Raum von 440 m Länge und 280 m Breite. Die architektonische Ausbildung der Säulen, die Zusammensetzung der Kapitäler sowohl als die besondere Anwendung der Voluten beweisen, daß die persepolitanischen Denkmäler am Schluß einer lange fortgesetzten Kunstentwickelung stehen, insofern sie einer schon ausartenden Kunst angehören.
Getrennt von dem Völkerleben des westlichen Asien entwickelte sich der Osten dieses Weltteils, als dessen Kultursitz vornehmlich Hindostan erscheint. Die zahlreichen Denkmäler dieses Landes sind an Umfang und Pracht nur mit denen des ägyptischen Volks zu vergleichen (s. Tafel I, [* ] Fig. 4-13). Der Grundzug des indischen Volkscharakters, eine große Weichheit des Gefühls und eine lebhafte Glut der Phantasie, in der sich fast jede übrige Thätigkeit des Geistes auflöst, zeigt sich auch in den indischen Bauwerken, bei denen durchweg ein lebendiges Gefühl hervortritt, welches die Form nicht um einer konventionellen Bedeutung, sondern um ihrer selbst willen bildet; aber die fessellose Phantasie gestattet dem Gefühl nicht oder nur selten die zu einer harmonischen Durchbildung notwendige Ruhe, sie häuft Formen auf Formen und endet mit dem Eindruck einer fast chaotischen Verwirrung.
Die Blütezeit der indischen Baukunst fällt mit dem gleichzeitigen Bestehen des Brahmanismus und Buddhismus zusammen, besonders in das letzte Jahrhundert vor Christo. Die bedeutendsten Baureste finden sich in Dekhan, deren wichtigste jene zum Teil sehr umfassenden Felsmonumente sind, die auf der Westseite der Halbinsel, in größerer oder geringerer Entfernung von der Stadt Bombay, liegen. Sie zeigen eine mehr oder weniger entschiedene Übereinstimmung des Stils und gehören ohne Zweifel derselben Entwickelungsperiode an. Die brahmanischen Felsentempel bedecken gewöhnlich einen viereckigen, zuweilen auch unregelmäßigen Hauptraum von größerer oder geringerer Ausdehnung, an den sich nicht selten kleinere Nebenräume anschließen, unter denen das mit dem Bild oder dem Symbol des Gottes geschmückte Sanktuarium der wichtigste ist, das entweder eine Kammer für sich bildet, oder noch von einem Gang umgeben ist.
Der Hauptraum, als die Vorhalle des eigentlichen Heiligtums, hat immer eine flache Decke, welche durch Säulen- oder Pfeilerstellungen gestützt wird, deren vordere Reihe die offene Fassade des Tempels bildet. Höfe mit Galerien, Nebenkammern oder monolithen Monumenten finden sich häufig vor den Tempeln. Zuweilen liegen zwei, bisweilen sogar drei solcher Tempelräume übereinander. Die Säulen oder Pfeiler, welche die Felsdecke des Hauptraums stützen, stehen gewöhnlich in rechtwinkelig sich durchschneidenden Reihen und sind an der Decke durch architravähnliche Streifen verbunden, während die mit ihren Reihen korrespondierenden, an den Wänden hervortretenden Pilaster zwischen sich Nischen einschließen, welche in der Regel durch Bildwerke ausgefüllt sind. Jene frei stehenden Stützen (s. Tafel I, [* ] Fig. 10-12) haben meist eine halb pfeiler-, halb säulenartige Gestalt und bestehen durchweg aus einem festen Untersatz von würfelartiger Form, einem kurzen, runden Schaft mit einem unten eingezogenen, oben ausladenden, einem großen Pfühl gleichenden Kapitäl und einem viereckigen Aufsatz, an welchen sich oft [* ] (Fig. 11) seitwärts zwei Konsolen anschließen.
Zuweilen verbindet sich mit der Grottenanlage ein sehr ausgebildeter, obwohl nur aus dem Felsen gemeißelter Freibau, der dadurch entsteht, daß der das Sanktuarium umgebende Gang in beträchtlicher Breite angelegt und von der darüberschwebenden Felsdecke befreit ist, wodurch das Sanktuarium eine inmitten eines Hofraums liegende Kapelle bildet. In den Grotten von Ellora (s. Tafel I, [* ] Fig. 10), namentlich im größern Tempel des Indra und in den Monumenten des Kailasa (s. Tafel I, [* ] Fig. 8 u. 9), finden sich sehr merkwürdige Beispiele dieser Anordnung.
Die buddhistischen Grottentempel öffnen sich nicht frei gegen außen. Sie bilden einen länglichen Raum, der nach hinten halbkreisförmig abschließt und rings von einem schmalen Umgang umgeben ist; Pfeilerstellungen trennen den Umgang von dem mittlern Hauptraum. Die Decke des letztern hat die Form eines überhöhten halbkreisförmigen, zuweilen hufeisenförmigen Tonnengewölbes, während die Decke des Umganges flach ist. Die Pfeiler sind teils einfach achteckig, ohne Basis und Kapitäl, teils mehr durchgebildet und mit Basis und Kapitäl versehen, welche in der Hauptform denjenigen der Grottentempel gleichen, auch wohl über dem Kapitäl noch mit phantastischen Skulpturen geschmückt sind. Im Grunde des Mittelraums, vor seinem halbkreisförmigen Abschluß, befindet sich das Heiligtum, wodurch sich diese Anlagen als buddhistische kennzeichnen, der sogen. Dagop, eine etwas überhöhte, auf einem breiten, cylinderförmigen Untersatz ruhende halbkugelige Masse.
Dieser Dagop, das Bild der Wasserblase und stets wiederkehrende Symbol der Vergänglichkeit im Buddhismus, pflegt irgend eine Reliquie Buddhas oder eines Buddha-Heiligen einzuschließen. Vor ihm steht gewöhnlich die Statue Buddhas in ihrer stets wiederkehrenden typischen Bildung. Einige Grottentempel der Koromandelküste bei Madras tragen den Charakter frei stehender architektonischer Monumente, die aber im Innern nicht ausgehöhlt sind und nach Form und Stil den frei stehenden Monumenten von Ellora entsprechen. Die auf dem heiligen Boden von Orissa, auf der Ostküste Indiens, vorhandenen Monumente sind aus
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Werkstücken (zum Teil auch aus Ziegeln) aufgeführte Bauten. Diese von den Europäern gewöhnlich Pagoden (verdorben aus dem Wort Bhagavati, »heiliges Haus«) genannten Tempelbauten zeigen je nach dem Grade der Heiligkeit des Ortes größere oder geringere Ausdehnung und als Hauptform wieder diejenige der Pyramide, die aber durch eine Menge aus dem Dach jedes untern Absatzes hervortretender Kuppeln, mannigfaches Pilasterwerk (zum Teil auch Säulen) an den Wänden der untern Absätze, Nischen, die ihre besondern bunt geschweiften (zum Teil spitzbogig geschweiften) Bekrönungen haben, Zwischengesimse, besonders vielgestaltige Fußgesimse, endlich durch eine oft übergroße Menge von bildnerischen Darstellungen, die alle freien Stellen der Architektur einnehmen, das Gepräge einer wüsten Verworrenheit erhalten, die den Sinn des Beschauers schwindeln macht. Hervorzuheben sind die Pagoden zu Tiravalur, Chillambrum u. Madura (s. Tafel I, [* ] Fig. 6, 7), wo sich auch der riesige, zur Aufnahme der Pilger bestimmte neuere Saal oder Tschultri (s. Tafel I, [* ] Fig. 4 u. 5) befindet, dessen Decke von 124 in vier Reihen stehenden, bis zum Kapitäl aus je Einem Granitblock gearbeiteten Säulen getragen wird.
Auch in den bei Manikyala im Indusland beginnenden, der alten, von Indien durch Kabulistan nach Persien und Baktrien führenden Königsstraße entlang liegenden Topen (von Stupa, »Tumulus«),
turmartigen Bauten von 15-25 m Höhe, hat man die Dagope, also dieselben buddhistischen Heiligtümer, wieder erkannt, die sich im Innern der indisch-buddhistischen Tempelgrotten vorfinden. Die Periode, in welcher diese merkwürdigen Denkmäler entstanden, ist diejenige, in welcher hier seit dem Sturz der makedonisch-baktrischen Herrschaft (136 v. Chr.) bis zum 7. Jahrh. n. Chr. und zum Teil noch länger mächtige buddhistische Reiche blühten. In dieselbe Periode gehören auch die kolossalen, an der Felswand von Bamian befindlichen, in Nischen stehenden Relieffiguren bis zu 40 m Höhe.
Auch auf Ceylon entstanden seit der Einführung des Buddhismus zu Ende des 4. Jahrh. v. Chr. zahlreiche Bauten, unter denen kolossale, im 2. Jahrh. erbaute Dagope hervorzuheben sind. Auch an den wichtigsten Monumenten von Nepal, den sogen. Chaityas im Norden des indischen Gangeslandes, zeigt sich derselbe Baustil, indem sie außen die kuppelartige Form des Dagop zeigen und innen bereits zum freien, hoch gewölbten Raum geworden sind. Die bedeutenden, auf der Insel Java wie auch auf einigen andern Sundainseln erhaltenen Denkmäler gehören der Zeit des Mittelalters an und verdanken ihren Ursprung indischen Kolonisationen.
Auch China empfing von Ostindien mit der Religion des Buddha seine Baukunst. Die bedeutsamsten Monumente der Chinesen gründen sich wiederum auf die hier wesentlich umgestaltete Dagopform. Die chinesischen Buddhisten beseitigten den symbolischen Kuppelbau gänzlich und behielten nur die stufenförmige Spitze bei, die sie zum selbständigen Turmbau (Tha) ausbildeten. Diese Türme steigen in vielen Geschossen empor, jedes obere um etwas verjüngt, jedes mit einem geschweiften Dach versehen und mit Glöckchen behängt; die Dachziegel haben einen goldblinkenden Firnis, die Wände sind bunt angestrichen oder mit glänzenden Porzellanplatten belegt.
Der im 15. Jahrh. erbaute Porzellanturm von Nanking ist eins der berühmtesten Bauwerke dieser Art. Die Tempel der Chinesen sind an sich von kleiner Dimension und gewöhnlich von Säulenstellungen umgeben, doch haben die bedeutenden derselben auch anderweite Umgebungen, namentlich Höfe und Säulenhallen verschiedener Art. Nach ihrem architektonischen Charakter sind sie von den Privatbauten, namentlich von deren Höfen und Hallen in den Prachtwohnungen der Vornehmen, nicht verschieden.
In dem Prinzip des Säulenbaues erkennt man wieder eine große Verwandtschaft mit den Säulenbauten der spätindischen Kunst, wohin namentlich die Anwendung der auf verschiedene Weise geschnitzten Konsolen gehört, die an dem Kopf der Säulen, statt eines Kapitäls, zur Unterstützung des Architravs hervortreten. Auch die Basen der Säulen, wo solche vorhanden sind, erinnern an spätindische Formen. Übrigens bestehen diese Säulen durchweg aus Holz und sind mit glänzend roter Lackierung versehen.
Oben und zwischen den Säulen ist oft ein künstliches vergoldetes Gitterwerk angebracht. Das Dach hat stets eine geschweifte, nach den Ecken aufwärts gekrümmte Form und ist über den Ecken gewöhnlich mit allerlei fabelhaftem Schnitzwerk, besonders mit Drachenfiguren, geschmückt. Die chinesischen, zur Verherrlichung der Thaten verdienter Personen bestimmten Denkmäler sind quer über die Straßen gebaute Pforten, Pälu genannt, und bestehen, je nachdem ein Durchgang oder deren drei beabsichtigt waren, aus zwei oder vier Pfosten (von Stein oder auch nur von Holz), die oben durch Querbalken verbunden sind. Ausgezeichnet dagegen sind die Chinesen in gemeinnützigen Bauanlagen, wohin besonders die kolossale Mauer, als Schutz gegen die Einfälle der Mongolen, ferner das ausgedehnte System von Kanälen, das die gegen Osten fließenden Ströme des Landes verbindet und die ausgedehnteste Wasserkommunikation ermöglicht, gehören.
Die griechische Baukunst.
Als das erste Stadium in der Entwickelung der griechischen Architektur (Tafel IV) betrachten wir die Schöpfungen, welche dem Heroenzeitalter der griechischen Geschichte angehören. Die einfachsten Denkmäler, deren in den Homerischen Gesängen Erwähnung geschieht, sind die Grabmäler der gefallenen Helden, kegelförmige Erdhügel, in deren Tiefe die Asche des Verstorbenen beigesetzt ward, und auf deren Spitze bisweilen einzelne große teils roh-, teils unbearbeitete Steine aufgerichtet waren. Die wichtigsten Äußerungen baukünstlerischer Thätigkeit finden wir in der Anlage von Burgen, deren gewaltige, von der spätern Sage als Cyklopenmauern bezeichnete Ringmauern aus polygonen Steinblöcken (s. Tafel IV, [* ] Fig. 2) bestanden.
Die erhaltenen Mauerreste (s. Tafel IV, [* ] Fig. 1-5), welche einen allmählichen Fortschritt der Technik erkennen lassen, sind teils aus rohen, kolossalen Blöcken aufgebaut, deren Lücken mit kleinern Steinen ausgefüllt wurden, teils aus mehr oder weniger sorgfältig behauenen, mit ihren Kanten und Winkeln genau ineinander gefügten Steinen zusammengesetzt. Das Streben, die Steine in horizontalen Schichten übereinander zu legen, führte endlich zum regelmäßigen Quaderbau.
Die in diesen Mauern angebrachten Thore zeigen verschiedene Gestalt. Ihre Seitenwände haben in der Regel eine Neigung, die teils dadurch, daß die obern Steine über die untern mehr heraustreten, teils durch schräg stehende größere Pfosten erzeugt wird. Auch ihre Bedeckung ist häufig von giebelförmiger Gestalt, teils durch übereinander vorgekragte, teils durch sparrenförmig gegeneinander gelehnte, seltener durch horizontal liegende Steine gebildet. Bei größern Thoren, z. B. zu Phigalia und Amphissa (s. Tafel III, [* ] Fig. 4 u. 5), sind beide Arten der Überdeckung in der Weise kombiniert, daß ein über die Thürpfosten gelegter starker steinerner Sturz durch
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allmählich vorgekragtes, ein hohles Dreieck bildendes Mauerwerk entlastet und dieses Dreieck nur durch einen flachen Stein von verhältnismäßig geringem Gewicht ausgesetzt wird. Das bedeutendste Werk dieser Art ist das Löwenthor zu Mykenä (s. Tafel IV, [* ] Fig. 1), bei welchem der zuletzt erwähnte dreieckige Stein die Reliefdarstellung zweier Löwen zeigt, die sich gegen eine kandelaberartige Säule emporrichten. Über die Beschaffenheit der Fürstenhäuser jener Epoche haben uns auch die Ausgrabungen von Schliemann nur unvollkommene Vorstellungen geliefert. (Vgl. Mykenä, Orchomenos, Tiryns, Troja.) Auch nach diesen Ausgrabungen sind wir noch nicht über das Stadium der Vermutungen hinausgekommen.
Die zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten bestimmten Teile dieser fürstlichen Anlagen, die sogen. Thesauren oder Schatzhäuser, bestanden in meist unterirdischen, kreisrunden Räumen, die durch kuppelförmige, aus horizontalen, allmählich vorgekragten Steinringen bestehende, oben durch je eine größere Platte geschlossene Überbaue abgedeckt waren, und unter welchen das Schatzhaus des Atreus zu Mykenä das merkwürdigste und am besten erhaltene ist. Wenn Schliemanns Ausgrabungen uns auch keine positiven Aufklärungen über die Wohnräume der griechischen Heroen geliefert haben, so verdanken wir ihnen doch ein sehr reichhaltiges Material zur Unterstützung des Nachweises, daß die griechische ein Sprößling des Orients ist, und daß der griechische Geist aus den Überlieferungen Asiens und Ägyptens jene Gebilde edelster Harmonie entwickelte, deren herrlichstes Symbol der griechische Tempel ist.
Die ältesten Göttertempel sind auch die ältesten Erzeugnisse nationalgriechischer Kunst. Der griechische Tempel in seiner ursprünglichen Anlage bestand nur aus der rechteckigen Zelle, in welcher das Götterbild aufgerichtet war, und aus einer offenen Vorhalle, welche eine freie Säulenstellung erhielt, die man bei größern Anlagen später rings um das Tempelhaus führte. Als die Ausbildung der Tempelform ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurde das architektonische Gerüst aus der Reihe der Säulen gebildet, die, auf einem gemeinsamen, aus mehreren Stufen bestehenden Unterbau errichtet, in geschlossener Kraft emporstrebten und den Architrav aufnahmen, der durch seine äußere Form die flache Bedeckung der Halle und ihre Verbindung mit dem Tempelhaus aussprach.
Über dem Architrav erhob sich nicht unmittelbar, wie in den übrigen Architekturen der Alten Welt, das krönende Gesims, sondern der für den bildnerischen Schmuck bestimmte Fries, der Zophoros oder »Bildträger«. Über dem Bildwerk des Frieses ruhte das Kranzgesims, dessen Hauptglied, eine stark vortretende Platte, einen festen Abschluß bildete. An der Schmalseite des Tempels und der ihr entsprechenden Rückseite stieg über dem Kranzgesims noch der Giebel empor, dessen Gestalt, ein flaches Dreieck, durch die Form des Tempeldaches bedingt war.
In dem Giebelfeld war das bedeutsamste Bildwerk enthalten, das wiederum in dem kräftig vortretenden Giebelgesims seinen Abschluß fand. Die Endpunkte des Giebels, der Gipfel und die äußern Ecken, waren außerdem durch aufgelegte Platten, die Akroterien, und frei gebildetes, aufstrebendes Ornament ausgezeichnet. Je nach der einfachern oder reichern Anwendung einer einfachen oder doppelten Säulenstellung, nur an der Vorder- und Hinterseite oder auf allen Seiten des Tempels, unterscheidet man den Tempel in antis, den Prostylos, Amphiprostylos, Peripteros, Pseudoperipteros, Dipteros, Pseudodipteros.
Nach der wegen des in der Mitte liegenden Einganges stets geraden Zahl der Säulen an der Vorderseite des Tempels nannte man die Tempel tetrastylos (viersäulig), hexastylos (sechssäulig), oktastylos (achtsäulig), dekastylos (zehnsäulig), dodekastylos (zwölfsäulig); nach der geringern oder größern Weite des Zwischenraums zwischen je zwei Säulen: pyknostylos (engsäulig), systylos (nahsäulig), eustylos (schönsäulig), diastylos (weitsäulig), aräostylos (fernsäulig).
Näheres s. Tempel und die einzelnen eben genannten Gattungsbezeichnungen. Das geschlossene Tempelhaus bestand aus der eigentlichen Zelle (Naos), die bei den gewöhnlichen Anlagen keine Fenster hatte, und aus der Vorhalle (Pronaos), die mit jener durch eine große Thür verbunden war. Bei einzelnen Tempeln findet sich hinter der Zelle ein abgeschlossenes, wohl meist als Schatzkammer dienendes Hinterhaus (Opisthodom). Der Amphiprostylos erhielt gewöhnlich an der Rückseite eine dem Pronaos entsprechende Halle (Posticum).
Bei Tempelanlagen, die eine größere Ausdehnung hatten und zur Aufnahme eine größere Menschenmenge bestimmt waren, dehnte sich die Zelle zum offenen Hofraum, dem Hypäthron, aus, der mit Säulenreihen vor den Wänden, bisweilen mit zweien übereinander, von denen die obern eine Galerie bildeten, oder mit vorspringenden Wandpfeilern, von denen mehr oder weniger tiefe Nischen eingeschlossen wurden, umgeben war. Die Einzelform gestaltete sich nach den Eigentümlichkeiten des dorischen und ionischen Stammes, durch welche die griechische ein zweifaches Gepräge erhielt, verschieden.
Die dorischen Tempel zeigen schwerere Verhältnisse. Die Säulen stehen in einem Abstand von 1¼-1½ ihres untern Durchmessers und sind etwa nur vier- bis fünfmal so hoch als ihr unterer Durchmesser, während ihre Verjüngung sich auf etwa ⅙ des untern Durchmessers beläuft. Die Höhe des Gebälks und Giebels beträgt ⅓-½ der Säulenhöhe. Ebenso kräftig wie die Gesamtanordnung ist die Profilierung der einzelnen Glieder. Zu den vollkommensten Schöpfungen des dorischen Stils gehört der Tempel des Theseus oder das Theseion, der der Pallas Athene oder der Parthenon (s. Tafel IV, [* ] Fig. 6) zu Athen und der des Zeus in Olympia. In der ionischen Bauweise erscheint die Form des architektonischen Gerüstes reicher gegliedert und zierlicher ausgebildet; die Zwischenglieder sind mannigfaltiger, weicher und flüssiger. Die Verhältnisse sind freier und leichter, das Ganze hat das Gepräge einer anmutvollen Majestät. Von großer Feinheit der Form sind der Tempel der Athene zu Priene und der Tempel des Erechtheus oder das Erechtheion (s. Tafel IV, [* ] Fig. 7) auf der Akropolis zu Athen.
Als Bauwerke von Bedeutung reihen sich den Tempeln die Prachthallen an, welche den Zugang zu dem heiligen Bezirk, der die Tempel umgab, bildeten: die Propyläen. In ihrer äußern Erscheinung den Tempeln nahestehend, unterscheiden sie sich von jenen durch das Fehlen der Zellenmauern, wodurch sie einen offenen Durchgang bilden. Beispiele von Propyläen sind in Athen und Eleusis erhalten. Die für andre Zwecke bestimmten Säulenhallen wurden teils mit ringsum offenen Säulenstellungen, die eine gemeinsame Decke trugen, versehen, teils außerhalb der Säulen durch Mauern von dem allgemeinen Verkehr abgeschlossen, teils als Säulenhöfe, etwa nach Art der Hypäthraltempel, eingerichtet. Hierher gehören die sogen. Basiliken, Gerichtshallen, die jedoch erst in der Periode der römischen Kunst ihre höhere Bedeutung erhielten. Auch bei den Gymnasien pflegten die Säulenhallen den wichtigsten Schmuck zu bilden, nicht
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minder in den reichern Privatwohnungen der spätern alexandrinischen Zeit. Die Hauptanlage der Wohngebäude dieser spätern Zeit ist folgende: ein Säulenhof (als wichtigster Teil), um den die Räume der Männerwohnung, zum Teil mit prachtvollen Säulensälen, gelegen waren;
weiter zurück die Frauenwohnung, womit häufig, von dem Hauptbau durch kleinere Zwischenhöfe getrennt, besondere Gastwohnungen verbunden waren.
Ausgedehnte Bauanlagen waren ferner die für die Spiele, gymnastischen und musischen Wettkämpfe bestimmten, zu welchen das wieder aufgefundene Theater zu Segesta (s. Tafel IV, [* ] Fig. 11) und namentlich das vollkommen aufgedeckte Olympia gehören. Mit den Wettkämpfen im Zusammenhang stehen die von seiten der Chorführer für den in musischen Spielen errungenen Sieg errichteten choragischen Monumente, die entweder Säulen, oder durchgebildete Architekturen, auf deren Gipfel ein Dreifuß aufgestellt war, oder kapellenartige Bauten bildeten, die in ihrem Innern das Siegeszeichen enthielten.
Ein Werk dieser Art ist das einen kleinen, runden Tempel darstellende Monument des Lysikrates in Athen (s. Tafel IV, [* ] Fig. 8 u. 9). Die Grabmäler waren zum Teil sehr einfach, bestanden aus schlichten Pfeilern, waren mit einem blumigen, den Akroterien der Tempel ähnlichen Schmucke gekrönt und enthielten an ihrer Vorderseite ein einfaches Bildwerk, zum Teil waren sie von altarähnlicher Form oder bildeten Felsgrotten, deren Fassade architektonisch dekoriert war. Einzelne Bauten der spätesten Zeit griechischer Baukunst, wie der Turm der Winde (s. Tafel IV, [* ] Fig. 10), enthalten bereits ausländische Formen.
Die etruskische Baukunst.
Als ein wichtiges Zwischenglied in der Geschichte der klassischen Baukunst erscheinen diejenigen künstlerischen Bestrebungen Italiens, welche den Boden vorbereiteten, auf welchem sich nachmals die römisch-griechische Kunst entfalten sollte. Die Bauwerke der Ureinwohner Italiens bekunden dieselbe Richtung, die wir bei den griechischen Werken des heroischen Zeitalters wahrnehmen. Zu einer charaktervollen Ausbildung gelangte jedoch nur die Baukunst der Etrusker (s. Tafel V, [* ] Fig. 1-11). Zu den altertümlichsten Werken altitalischer Architektur gehören die Mauern der alten Städte, die sehr häufig in jener cyklopischen Bauweise aufgeführt sind wie die von den pelasgischen Urbewohnern erbauten Mauern Griechenlands.
Bei den in Etrurien vorkommenden Bauten dieser Art, wie bei den Mauern von Volterra, Fiesole, Cortona, Populonia, herrscht das Bestreben vor, die Steine regelmäßiger, in horizontalen Schichten übereinander zu legen, wodurch sie zwischen der polygonen Bauweise und dem Quaderbau in der Mitte stehen. Hieran reihen sich die der Struktur der altgriechischen Thesauren entsprechenden Anlagen, deren Räume durch Kuppeln, welche aus horizontal vorgekragten, ringförmigen Steinschichten bestehen, abgedeckt sind. Unterirdische Gemächer dieser Art, vermutlich Gräber, finden sich zu Norba, Vulci, Tarquinii; ein ähnliches besitzt Rom in dem untern Gemach des Carcer Mamertinus, dem sogen. Tullianum, am Abhang des kapitolinischen Bergs. Außer und neben dieser Kragsteinkonstruktion wandten die Etrusker bereits den Gewölbebau (s. Konstruktion des Rundbogens, Tafel V, [* ] Fig. 2) mit aus Keilsteinen gebildeten Bogen an, wie ihn die noch erhaltenen alten Thore von Volterra und Perugia (s. Tafel V, [* ] Fig. 3 u. 4) zeigen. Ein andres findet sich zu Tusculum, wo es als Wasserbehälter für eine Wasserleitung dient (s. Tafel V, [* ] Fig. 1). Zu den mächtigsten etruskischen Gewölbebauten gehören die zur Ableitung des in den Sümpfen und Seen am palatinischen Berg angesammelten Wassers bestimmten Kloaken zu Rom (s. Tafel V, [* ] Fig. 5) und der um 393 ausgeführte 2500 m lange Entwässerungskanal des Albanischen Sees.
Eine hohe Bedeutung unter den erhaltenen Monumenten der etruskischen Architektur haben vornehmlich die Grabmäler, unter denen besonders drei Gattungen zu unterscheiden sind. Die erste ist aus der Form der rohen Erdhügel hervorgegangen und erscheint in mehr oder minder bedeutenden Abmessungen häufig noch in dieser Form, indem man dem Erdhügel nur einen kreisrunden, aus Steinen sorgfältig gearbeiteten Untersatz zufügte. Hierher gehört das Monument in der Nekropolis von Vulci, welches den Namen der Cucumella führt (s. Tafel V, [* ] Fig. 8), ferner das sogen. Grabmal der Horatier und Curiatier bei Rom, das über einem viereckigen Unterbau fünf kegelförmige Spitzsäulen enthält (s. Tafel V, [* ] Fig. 9). Die zweite Gattung besteht aus architektonischen Fassaden, welche man aus den Wänden der Felsen gemeißelt hat, und die sich sehr zahlreich in den Nekropolen der etruskischen Orte Orchia (jetzt Norchia) und Aria (jetzt Castel d'Asso oder Castellaccio; s. Tafel V, [* ] Fig. 10), beide unfern von Viterbo, vorfinden.
Die dritte Gattung endlich besteht aus solchen Grabmälern, die ganz unterirdisch in den Tuffstein eingegraben sind. Ein schmaler Gang oder eine Treppe führt gewöhnlich zu einem Vorraum, an dessen Seiten sich die Grabkammern, in der Regel symmetrisch geordnet, anschließen. Bisweilen sind in diesen Räumen kurze Pfeiler (viereckig, mit einfachen Deckgesimsen) zur Unterstützung der Decken stehen geblieben, welch letztere entweder flach oder in giebelförmiger Schräge gearbeitet sind.
Von den sehr zahlreichen Gräbern solcher Art sind die interessantesten in der Nekropolis von Vulci. Von etruskischen Tempeln (s. Tafel V, [* ] Fig. 6, 7) sind keine Reste auf unsre Zeit gekommen, da deren Überbau aus Holzbalken bestand; wir kennen aber ihre Anlage und architektonische Ausbildung aus der Anweisung, welche Vitruv zur Aufführung von Tempeln dieser Gattung, deren Stil von der spätern römischen Architekturschule als die toscanische Ordnung bezeichnet wird, hinterlassen hat.
Unter den für öffentliche Spiele bestimmten Gebäuden der Etrusker sind die Ruinen des Theaters zu Fiesole hervorzuheben. Endlich ist den Etruskern die erste Ausbildung der von der griechischen abweichenden italischen Häuseranlage zuzuschreiben, welche sich von jener durch einen mehr nordischen Charakter unterscheidet. An die Stelle des offenen Säulenhofs, um den sich in dem griechischen Haus die Gemächer aneinander reihen, tritt hier ein mehr geschlossener Raum, das Atrium, der oberwärts zwar auch gegen den Himmel geöffnet ist, bei dem aber diese Öffnung (impluvium) eine verhältnismäßig geringe Ausdehnung hat.
Die römische Baukunst.
Die Römer waren ein Volk ohne künstlerische Anlage. Was zu Rom in den ersten Jahrhunderten des Staats an architektonischen Kunstwerken ausgeführt ward, verdankte man wesentlich den benachbarten Etruskern, sei es, daß die Arbeiten von etruskischen Künstlern eigenhändig ausgeführt wurden, oder daß man der Lehre und dem Beispiel derselben folgte. Als die römische Kultur sich mit der griechischen berührte, gewann letztere einen solchen Einfluß auf jene, daß auch die griechische Kunst nach Rom übertragen wurde und hier eine schöne Nachblüte erlebte. Die beiden Formprinzipien, welche in der
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römischen Baukunst (s. Tafel V und VI) zusammenfließen, sind die des griechischen Säulenbaues und des italischen Gewölbebaues, der zuerst von den Etruskern auf beachtenswerte Weise zur Anwendung gebracht worden war. Der Gewölbebau wird von den Römern durchgehends in seiner ursprünglichen Schlichtheit und Massenhaftigkeit angewandt, er bildet den Körper der römischen Architektur und verleiht derselben ihr gewaltiges Gepräge. Der Säulenbau verbindet sich teils als ein integrierender Teil mit dem Gewölbebau, um dessen strenge Erscheinung zu beleben, teils tritt er, der griechischen Bauweise entsprechend, in selbständiger Freiheit auf.
Die einfachen Gattungen der griechischen Architektur, die dorische und die ionische, werden bei den Römern selten und, wo sie erscheinen, nur in einer nüchternen Ausbildung angewandt. Statt ihrer wird jetzt die korinthische Säulenform vorherrschend, deren volles Blätterkapitäl dem Streben nach Pracht und Glanz besser entspricht als die mehr geometrischen Kapitälformen jener beiden Ordnungen; auch die Gliederungen des Gebälkes werden mannigfaltiger und mit reicherm Schmuck versehen. Ihr Hauptgepräge erhält die römische Baukunst durch die umfassende Anwendung des Gewölbebaues, durch den sich zuerst eine in sich abgeschlossene innere Architektur entwickelt. Die oblonge Halle wird durch ein Tonnengewölbe (s. Tafel V, [* ] Fig. 12) überspannt und schließt, dem Eingang gegenüber, durch eine Nische mit halber Kuppel harmonisch ab. Über dem kreisrunden (oder achteckigen) Raum erhebt sich in stolzer Wölbung die Kuppel, und weiter ausgebildet, in Teile gesondert erscheint dieser Raum, wenn an den Seiten der cylindrischen oder prismatischen Wandung Nischen mit Halbkuppeln ausgespart werden.
Andre Räume werden durch Kreuzgewölbe (s. Tafel V, [* ] Fig. 13), die eine noch belebtere Gewölbeform bezeichnen, überspannt, und aus der verschiedenartigen Weise, wie Haupt- und Seitenräume überwölbt werden, entsteht das reich kombinierte Ganze. Die starre Masse gewinnt auch im Äußern ein vielgeteiltes Leben, und wie sich Gewölberäume über Gewölberäume emporbauen, so treten auch am Äußern Bogenöffnungen neben und über Bogenöffnungen vor. Als freies und selbständiges Monument erscheint der Bogen, der sich über die Straße des lebendigen Verkehrs hinwölbt.
Die großartigen Bedürfnisse und der Luxus der Römer riefen eine Menge neuer Anlagen hervor, denen allen dasselbe Gepräge der Macht und Großartigkeit aufgedrückt war. Man baute Tempel der mannigfaltigsten Art, teils und meist nach einfach griechischer Anlage, teils mit eigentümlicher Anwendung des Gewölbes, führte die verschiedenartigsten Gebäude für Zwecke des öffentlichen Lebens auf, darunter besonders Basiliken in großartiger und eigentümlicher Ausbildung.
Tempel und Staatsbauten reihten sich um das Forum her, das, selbst eine besondere architektonische Anlage, mit jenen ein imposantes Ganze bildete. Der Gesundheit, aber auch dem öffentlichen Vergnügen und behaglichen Müßiggang wurden die Thermen gewidmet, die eine ganze Welt von Pracht und Luxus in sich einschlössen. Riesige Werke, wie Theater, Amphitheater, Naumachien, Zirkusse, erhoben sich, zu unverwüstlicher Dauer wurden die für den öffentlichen Nutzen bestimmten Bauten ausgeführt, unter welchen die Heerstraßen, Brücken und Wasserleitungen mit ihren mächtig geschwungenen Bogen und die öffentlichen Brunnen hervorzuheben sind. Eben so glanzvoll erschienen die Ruhmesdenkmäler der Einzelnen, die Säulen, an denen man die Trophäen der Sieger aufhing, oder über denen sich die Gedächtnisstatuen erhoben, das stolze Gepränge der Triumphpforten, die Grabmonumente, die in den verschiedensten Formen, zuweilen in riesigem Maßstab, emporgetürmt wurden. Mit dem Glanz der öffentlichen Anlagen endlich wetteiferten die Privatwohnungen, Häuser, Paläste, Villen.
Den lebendigern Aufschwung der römischen Baukunst mit Beginn des 3. Jahrh. v. Chr. kennzeichnet der in dieser Zeit beginnende Bau der großen Heerstraßen und Wasserleitungen (s. Aquädukt), unter welchen die Via Appia und der Aquädukt des Claudius (s. Tafel VI, [* ] Fig. 3) hervorzuheben sind. In derselben Zeit erhielt auch das Forum der Stadt Rom eine großartigere Gestalt. Erhalten ist von den Monumenten dieses ersten Aufschwunges der römischen Baukunst nur ein kleineres dekoratives Werk, das Grabmal des L. Cornelius Scipio Barbatus, aus dem Anfang des 3. Jahrh. (gegenwärtig im vatikanischen Museum).
Einen erneuten Aufschwung nahm die römische Architektur um den Beginn und noch mehr um die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. Griechische Kunstwerke und griechischer Geschmack wurden aus dem eroberten Griechenland nach Rom verpflanzt, und jetzt erst wurde zu den römischen Prachtbauten, die früher aus dem rohern Peperin aufgeführt waren, das bei den Griechen übliche edlere Material des Marmors angewandt. Schon in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. erhielt das römische Forum wieder eine neue Gestalt, indem es mit großartigen Basiliken, dem öffentlichen Handelsverkehr und der öffentlichen Rechtspflege gewidmeten Säulenhallen, umgeben wurde.
Auch von den Werken dieses zweiten Aufschwunges der römischen Architektur ist nur weniges auf unsre Zeit gekommen, worunter das am Abhang des Kapitols nach dem Forum hin 78 v. Chr. erbaute, als Archiv und Schatzhaus des Reichs dienende Tabularium hervorzuheben ist. Die Monumente von Pompeji bezeichnen den Übergang zwischen griechischer und römischer Architektur. Die Blütezeit der letztern beginnt mit dem Zeitalter des Julius Cäsar, durch welchen die großartigen Unternehmungen eingeleitet wurden, die Augustus vollendete.
Unter Augustus entstand ein ganz neues, prächtigeres Rom; er konnte sich rühmen, die Ziegelstadt, die er vorgefunden, als eine Marmorstadt zu hinterlassen. Indes betraf dies mehr die von ihm hinzugefügten neuern Stadtteile. Die alte Stadt war dabei großenteils noch in ihrer frühern unregelmäßigen Beschaffenheit geblieben, erst Nero verschaffte durch die von ihm entzündete Feuersbrunst auch im Herzen der Stadt Raum zu den umfassendsten Anlagen. Vespasian baute ein prachtvolles neues Kapitol; noch glänzender wurde dasselbe nach einem bald darauf erfolgten Brande durch Domitian wiederhergestellt.
Noch herrlichere Bauten führte Trajan aus, dessen Forum sich zu einer nicht genug zu bewundernden Anlage gestaltete. Aber auch die Provinzen wurden nicht vergessen, an verschiedenen Orten stiegen neue, prächtige Städte empor. Bis zur Zeit Hadrians hält sich der Stil der römischen Architektur ziemlich auf gleicher Höhe, und erst in der zweiten Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. zeigt sich ein allmähliches Sinken des Geschmackes, indem die Verhältnisse minder edel erscheinen und Überladung an die Stelle glänzender Pracht tritt. Die bedeutendsten noch vorhandenen Gebäude des römischen Altertums sind das von Agrippa 26 v. Chr. erbaute Panthéon zu Rom (s. Tafel V, [* ] Fig. 14-16) und der von Hadrian 135 n. Chr. erbaute Tempel der Venus und Roma (s. Tafel V, [* ] Fig. 17
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u. 18), der größte unter allen uns bekannten Tempeln Roms, von dem noch charakteristische Ruinen vorhanden sind. Die Theater, worunter das Theater des Marcellus hervorzuheben ist, wurden zunächst den griechischen nachgebildet, während die zu blutigen Kampfspielen bestimmten Amphitheater, wie das berühmte Kolosseum zu Rom, diejenigen zu Nîmes (s. Tafel VI, [* ] Fig. 1 u. 2), Arles, Verona und Pola, die römische Baukunst kennzeichnen. Außerdem gehörten neben den Prachtforen des Julius Cäsar und der Kaiser die Thermen zu den eigentümlichsten und großartigsten Anlagen Roms. Die Thermen des Caracalla (die rekonstruierte Ansicht eines Saals s. Tafel VI, [* ] Fig. 11) aus der frühern Zeit des 3. und des Diokletian aus dem Anfang des 4. Jahrh. ragten durch Größe und Pracht hervor.
Von großartigen Brückenanlagen aus dieser Zeit sind uns erhalten: der einfachere Pons Aelius (jetzt Ponte Sant' Angelo) und der zierlichere Ponte rotto (Pons Palatinus oder Senatorius) zu Rom sowie die ebenfalls zierlich ausgebildete Brücke des Augustus zu Rimini. Von den Ehrensäulen erscheinen in reichster Ausbildung die Säulen des Trajan und Mark Aurel zu Rom. Der römischen Kunst eigentümlich und dieselbe in ihrer ganzen Majestät zeigend sind die Ehrenbogen, namentlich die Triumphbogen. Unter den erhaltenen sind die frühsten die Triumphbogen des Augustus zu Rimini und zu Susa in Piemont sowie der Siegesbogen zu Aosta am Fuß der Alpen, während der Bogen der Sergier zu Pola in Istrien der besten Zeit der römischen Kunst angehört und unter den zu Rom erhaltenen der frühste der des Titus ist, dem sich die des Septimius Severus und des Konstantin (s. Tafel VI, [* ] Fig. 7) anschließen.
Die Grabmäler sind teils unterirdisch und ohne bedeutendere Entfaltung architektonischer Formen, teils als mehr oder weniger bedeutsame Werke über der Erde angelegt. Die unterirdischen Gräber sind entweder in den Fels gearbeitet, wie die Katakomben von Rom, Neapel, Syrakus, Malta, Alexandria etc., oder gemauert und überwölbt, wie das Grabmal der Familie Furia bei Frascati. Überreste bedeutenderer, über der Erde angelegter Grabdenkmäler bilden das sogen. Grabmal des Vergilius am Posilippo, das sogen. Grabmal der Servilier bei Rom, das aus der Zeit des Julius Cäsar herrührende Grabmal der Cäcilia Metella bei Rom und das der Plautier bei Tivoli. In riesigem Maß vergrößert und zugleich mit reichster künstlerischer Dekoration versehen erscheint die altertümliche Form in dem Mausoleum des Augustus auf dem Marsfeld und dem Mausoleum des Hadrian (s. Tafel VI, [* ] Fig. 8-10), dessen untere Teile den Kern des heutigen Kastells Sant' Angelo bilden.
Die Pyramidenform tritt in der noch erhaltenen, 35 m hohen Pyramide des C. Cestius zu Rom aus der Zeit des Augustus auf. Die römische Häuseranlage, welche der pompejanischen verwandt ist und in dem Haus des Pansa in Pompeji (s. Tafel VI, [* ] Fig. 4-6) einen Repräsentanten findet, unterscheidet sich von der griechischen dadurch, daß in ihr die Frauenwohnung minder bestimmt von der Männerwohnung gesondert war, dann durch die Verbindung des italischen (etruskischen) Atriums mit den der griechischen Architektur entsprechenden Räumen.
Das Atrium bildete den Mittelraum in dem vordern Teil des Gebäudes und diente für die öffentlichen Geschäfte des Hauses, während sich hinten der Hof mit seiner Säulenumgebung anschloß. Reich und umfassend wurden auch die Villen der Vornehmen angelegt. Eine neue Erscheinung bot Neros sogen. goldenes Haus dar, dessen Prunkräume von Gold, edlen Steinen, Perlen etc. erglänzten, und in dessen Umfang ganze Felder, Wiesen, Weinberge und Gehölze eingeschlossen waren.
Domitian gründete einen neuen Kaiserpalast auf dem Palatin, und die spätern Kaiser bauten daran fort; die interessantesten Baureste, die sich auf dem Palatin (in den Farnesischen Gärten und in der Villa Spada) erhalten haben, gehören dem Domitianischen Bau an. Höchst ausgedehnt war die Villa des Hadrian zu Tivoli, von der noch ein Labyrinth von Ruinen übrig ist, und die aus Wohnräumen der mannigfaltigsten Art, aus einer Menge größerer und kleinerer Hallen, mehreren Theatern, Thermen etc. bestand.
Mit dem Beginn des 3. Jahrh. n. Chr. trat in der römischen Architektur das Bestreben hervor, die Masse auf eine mannigfaltigere Weise zu gliedern, sie reicher zu beleben, die Teile in verschiedenartigerm Wechsel aufeinander folgen zu lassen. Mit den einfachen Formen des griechischen Säulenbaues und der italischen Gewölbarchitektur vereinigen sich nicht selten bunt geschweifte, phantastische Bildungen. Pilaster, Halbsäulen, frei vortretende Säulen unterbrechen die Wandflächen häufiger als bisher; Nischen und Tabernakel der verschiedenartigsten Form füllen oft in mehrfachen Reihen übereinander die Räume zwischen ihnen aus, während die Giebel der Tabernakel öfters in gebrochenen Formen erscheinen.
Reihen von Säulchen, frei von Konsolen getragen und einzig zur Dekoration bestimmt, treten an den obern Teilen der Wände hervor; Bogen setzen unmittelbar über den Säulen auf. Die Ornamente werden oft so gehäuft, daß die Hauptglieder zwischen ihnen ganz verschwinden. Aber mitten aus dieser Auflösung der Kunst der Alten Welt treten zugleich die Prinzipien einer neuen Kunstwelt immer deutlicher hervor, in der auf eine mehr malerische Wirkung hingearbeitet wird, während sich eine selbständigere Behandlung des Gewölbe- und Bogenbaues, teils in eigentümlicher Anwendung des Kreuzgewölbes, teils darin, daß man Bogen unmittelbar von Säulen ausgehen ließ, erkennen läßt.
Die Hauptmotive dieser neuen Umwandlung der antiken hat man, wie es scheint, im Orient zu suchen, wo in dieser Zeit verschiedene großartige Bauanlagen ausgeführt wurden, unter denen sich die mächtigen Bauten zweier Städte Syriens auszeichnen, von denen bedeutende Reste bis auf unsre Zeit gekommen sind: Palmyra (Tadmor) und Heliopolis (Baalbek), bei denen jene Überladung und mannigfache Teilung der architektonischen Massen bereits sehr auffallend hervortritt.
Andre asiatische Architekturen reihen sich denen der eben genannten Städte an, so die Felsengräber bei Jerusalem, im Thal Josaphat, die Ruinen der Felsenstadt Petra (südlich von Palästina). Ungleich wichtiger und interessanter ist das mächtige Schloß, welches sich Kaiser Diokletian im Anfang des 4. Jahrh. zu Salona, dem heutigen Spalato (s. Tafel VI, [* ] Fig. 12 u. 13), in Dalmatien erbauen ließ, und wovon ebenfalls noch bedeutende Reste erhalten sind. Dasselbe bildet ein großes Viereck von 220 m Länge und Breite, außerhalb von Mauern und Türmen umgeben, innerhalb nach Art des römischen Feldlagers abgeteilt und mit vielen Säulengängen und Hallen, mit Tempeln und Wohnräumen für den Kaiser und sein Gefolge versehen. Unter die charakteristischen Baureste dieser Periode zu Rom gehören die kolossalen und reichen Architekturfragmente, welche man gewöhnlich das Frontispiz des Neropalastes nennt, und die einem Tempel des Sol angehören, welchen Aurelian in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. mit dem größten Prachtaufwand
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erbaute, der Tempel des Vespasian (fälschlich der Tempel der Concordia genannt) am Forum, der Janus Quadrifrons am Forum Boarium aus der Zeit Konstantins, die Basilika des Konstantin auf dem Forum Pacis, bei der eine großartig neue Entfaltung des Gewölbebaues erscheint und die Art, wie das Kreuzgewölbe des Mittelschiffs angelegt ist, bereits das Prinzip der mittelalterlichen Architektur, wenn auch noch unentwickelt, zeigt, und das Mausoleum der Constantia, außerhalb Roms, die heutige Kirche Santa Constanza. Durch Konstantin, der den Sitz der kaiserlichen Herrschaft von Rom nach Byzanz (Konstantinopel) verlegte, wurden auch hier mannigfache und ansehnliche Anlagen veranlaßt und in diesen die Werke des alten Rom zum Teil nachgeahmt.
Die christliche Baukunst im frühen Mittelalter.
Mit dem Sieg des Christentums trat ein von den gesamten Bauweisen des heidnischen Altertums wesentlich abweichendes Prinzip in die ein. Während die Tempelanlagen des letztern aus dem Begriff einer körperlichen Gegenwart der Gottheit hervorgingen und meist nur die Vorhalle, nur die äußere Umgebung es war, woran sich die künstlerische, der Bedeutung des Heiligtums entsprechende Form entwickeln konnte, sollte das christliche Gotteshaus die in ihm zum Gebet versammelte Gemeinde über die irdischen Gedanken emporheben und seine Form in einer diesem Zweck angemessenen künstlerischen Weise durchgebildet sein.
Die christliche Baukunst ist also eine Architektur des Innern. Die älteste christliche Baukunst (s. Tafel VII) ging daher von den einfachen antiken Basiliken aus, die ohnehin schon die Bestimmung hatten, eine größere Menschenmenge in sich aufzunehmen. Die frühsten christlichen Kirchen, welche nach dem Muster der antiken Basiliken erbaut wurden, waren von diesen ohne Zweifel in nichts Wesentlichem verschieden; aber schon gegen das Ende des 4. Jahrh. gab sich eine eigentümliche und bedeutsame Umbildung kund, indem sich den größern Basiliken mancherlei Neubauten: kleinere Basiliken, verschiedene Kapellen, teils von viereckiger Form und mit eigner kleiner Tribüne, teils von runder Form, anschlossen (s. Basilika).
Unter die ersten Basiliken Roms gehören die alte fünfschiffige Peterskirche Santa Maria Maggiore und die von Theodosius aufgeführte Kirche St. Paul vor Rom (s. Tafel VII, [* ] Fig. 1-3). Zu den wichtigern Nebenbauten gehören die Triklinien, große Säle mit einer oder mehreren Tribünen oder Nischen, welche zur Bewirtung der Pilger, zur Feier besonderer Agapen u. dgl. dienten, die Taufkirchen (Baptisterien), die man nach dem Vorbild der Baptisterien in den antiken Thermen errichtete.
Aus diesen und andern Elementen, namentlich aber aus dem Prinzip des Gewölbebaues entwickelte sich im 5. und vornehmlich im 6. Jahrh. im byzantinischen Reich ein eigentümlicher Baustil, der als ein wesentlicher Fortschritt betrachtet werden muß. Der Gewölbebau ward von dem Zwang, welchen ihm früher die fremdartigen griechischen Formen auferlegt hatten, befreit; kräftige Pfeiler stiegen frei und unbehindert empor, durch stolze Bogen verbunden, über denen sich der Raum in einer leichten Kuppel zuwölbte.
Andre Räume, meist mit Halbkuppeln oder auch andern Wölbungen bedeckt, an jene Bogen anlehnend, schlossen sich dem Hauptraum an (s. Tafel VII, [* ] Fig. 7 u. 8), oder es wurden zierlich bewegte Säulenarkaden in mehreren Reihen übereinander zwischen jene großen Pfeiler und Bogen so eingesetzt, daß sich das architektonische Detail der mächtigen Hauptform auf angemessene Weise unterordnete. In Harmonie mit diesen Formen trat die Linie des Halbkreises, auch als freier Abschluß der Außenwände, an Stellen, wo man früher etwa nur die Form des Giebels angewandt hatte, hervor und diente zur Vermehrung des bunten Reichtums, den das Ganze darbot.
Aber noch verharrte die byzantinische Architektur, was die eigentlich künstlerische Durchbildung des Gewölbebaues betrifft, auf einer niedrigen Stufe. Jeder Teil des Gebäudes blieb in sich beschränkt und abgeschlossen und ward nur äußerlich an den andern gelehnt oder in denselben eingeschoben. Jene mächtigen Pfeiler waren durch Bogen verbunden, aber die Kuppel, welche die Bedeckung des Raumes bildete, war nicht aus ihnen hervorgewachsen; vielmehr erhob sie sich teils ohne charakteristisches Übergangsmotiv aus dieser Bogenarchitektur, teils war sie von derselben durch einen horizontalen Gesimskranz scharf abgetrennt.
Beide Bausysteme der altchristlichen Kunst, das des Basilikenbaues und das des byzantinischen Stils, wurden von ihren beiden Hauptausgangspunkten, von Rom und Konstantinopel, hinausgetragen, wobei es an mancherlei Wechselwirkungen nicht fehlen konnte, in welchem Betracht die Bauten zu Ravenna besonders merkwürdig sind. Im allgemeinen erscheint zwar auch hier der Basilikenbau vorherrschend, doch findet man dabei eine Behandlung des Details, welche sich häufig als eine byzantinische ankündigt, die namentlich in einer freiern Behandlung der Säulenform und in der Anwendung eines als Kämpfer dienenden keilförmigen Aufsatzes über dem Kapitäl der Säulen (s. Tafel VII, [* ] Fig. 5 u. 6) besteht, daneben aber auch die unmittelbare und vollständige Aufnahme des byzantinischen Gewölbebaues zeigt.
Von den meisten ravennatischen Bauwerken, darunter das interessante Mausoleum Theoderichs (die heutige Kirche Santa Maria della Rotonda), haben sich Bruchstücke bis auf unsre Zeit erhalten; dagegen sind Überreste altchristlicher in Frankreich, Deutschland und England nur sparsam vorhanden. Der vermutlich als Baptisterium benutzte Rundbau zu Riez, die alte Kathedrale zu Vaison, wohl eine Basilika, das alte Baptisterium der Kathedrale von Aix gehören den frühsten Zeiten altchristlicher an. In Deutschland hatte sich Aachen, die Hauptresidenz Karls d. Gr., einer besondern Gunst jenes großsinnigen Förderers der Baukunst zu erfreuen, durch welchen diese Stadt, wie Zeitgenossen sich ausdrücken, ein zweites Rom ward und ein Forum, Theater, Thermen, eine Wasserleitung etc. erhielt, von deren Anordnung wir freilich nichts Näheres wissen.
In der Nähe des daselbst von Karl ausgeführten prachtvollen Palastes wurde 796 bis 804 die durch einen Portikus mit ihm verbundene, der heiligen Jungfrau geweihte Münsterkirche erbaut, welche noch steht und das vorzüglichste Beispiel altchristlicher Architektur diesseit der Alpen bildet. Zu den durch Karl d. Gr. an verschiedenen andern Orten seines Reichs erbauten Palästen und Villen gehören der Palast von Ingelheim am Rhein, zu dessen reicher Säulenpracht Rom und Ravenna hatten beisteuern müssen, sowie der Palast zu Nimwegen, wo sich ein 16eckiges, der Münsterkirche zu Aachen ähnliches Baptisterium erhalten hat. Die zahlreichen, zum Teil prachtvollen, vornehmlich im 7. und 8. Jahrh. unter der Herrschaft der Angelsachsen ausgeführten Bauten in England sowie die altchristlichen Bauten in Spanien sind untergegangen. Dem Basilikenstil gehören ferner die ersten christlichen Bauunternehmungen im oströmischen Reich an. Römisch waren ohne Zweifel die wichtigsten Kirchen, welche Konstantin in Konstantinopel anlegte: die der heiligen
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Weisheit (Sankta Sophia), des heiligen Friedens und der heiligen Kraft. Die angeblich von der Mutter des Kaisers, der heil. Helena, erbaute, noch stehende große Kirche zu Bethlehem bildet eine mächtige fünfschiffige Basilika mit einfachen römischen Säulen und geraden Gebälken. Auch das Kloster auf dem Sinai soll von der heil. Helena gegründet worden sein, während die große Kirche der Verklärung, eine einfache Basilika, den darin vorhandenen Inschriften und bildlichen Darstellungen zufolge ein Werk aus der Zeit des Justinian ist. Von den koptischen Kirchen in Ägypten und Nubien, welche die einfache Basilikenform zeigen, tragen einzelne ein hochaltertümliches Gepräge und deuten somit auf die frühsten Zeiten des Christentums zurück.
Nachdem die Sophienkirche zu Konstantinopel 530 ein Raub der Flammen geworden war, ordnete Kaiser Justinian den Neubau derselben an, und an dieser neuen Sophienkirche (s. Tafel VII, [* ] Fig. 9-12) bildete sich der byzantinische Baustil in seiner umfassendsten und charaktervollsten Gestalt aus. Das Verdienst der Erfindung des neuen architektonischen Systems gebührt dem Baumeister Anthemius von Tralles, als dessen Gehilfen Isidorus von Milet und der Baumeister Ignatius genannt werden. Im J. 537 war der Bau vollendet und hat sich, von einzelnen Restaurationen unter den folgenden Kaisern und geringen Abänderungen seit seiner Umwandlung in eine Moschee abgesehen, bis heute erhalten.
Die ältere Basilikenform ist allerdings noch zu erkennen, die Anwendung des Systems der Kuppelwölbungen hat aber der gesamten Erscheinung des Gebäudes ein wesentlich abweichendes Gepräge gegeben. Die Sophienkirche (s. Konstantinopel) blieb der Stolz und das Vorbild der byzantinischen und schon unter Justinian wurden ihr außer andern die Apostelkirche in Konstantinopel und die Kirche des Evangelisten Johannes in Ephesus nachgebildet. Die Kirche des heil. Bakchos zu Konstantinopel, die auch den Namen der kleinen Sophienkirche führt und ebenfalls noch vorhanden ist, kann als ein Mittelglied zwischen der Kirche San Vitale in Ravenna (s. Tafel VII, [* ] Fig. 5 u. 6) und der großen Sophienkirche betrachtet werden.
Bei dem fortschreitenden Verfall des byzantinischen Reichs fehlte es später sowohl an der künstlerischen Kraft als selbst an den Mitteln, größere Rotunden zu erbauen, so daß die früher untergeordneten Seitenteile der Gebäude allmählich wieder anwachsen mußten; doch blieben diese Seitenabteilungen der Kirche, gleich dem Mittelraum, stets überwölbt. Noch dürftiger mußten die griechischen Kirchenbauten ausfallen, seit das Reich unter die Türkenherrschaft gekommen war.
Ein quadratischer oder etwas länglicher Raum, in dessen Mitte eine auf vier Pfeilern ruhende erhöhte Kuppel, die Seitenräume mit Tonnengewölben, die Eckräume mit kleinen Kuppeln bedeckt, drei Tribünen, eine Vorhalle (Narthex) und vor dieser zuweilen ein Portikus, dies sind die regelmäßig wiederkehrenden Elemente der spätern griechischen Kirchen. Als byzantinische Bauten sind schließlich die Zisternen zu nennen, die vornehmlich zu Konstantinopel schon seit der Zeit Konstantins in großer Anzahl angelegt wurden und gewöhnlich große Reservoirs für Wasser bildeten, deren gewölbte (aus kleinen Kuppeln oder Kreuzgewölben bestehende) Decke von einer größern oder geringern Zahl von Säulen getragen ward. Eine kolossale Ausdehnung hat die westlich vom Hippodrom gelegene Zisterne, welche den Namen Binbirdirek (die Zisterne der 1001 Säulen) führt. Mit diesen Anlagen waren Wasserleitungen verbunden.
Einen besondern Zweig der byzantinischen Architektur bildet die russische Baukunst Wladimir d. Gr. (981 bis 1015), der sich die Ausbreitung des Christentums angelegen sein ließ, baute zahlreiche Kirchen, zu deren Ausführung er byzantinische Architekten berief. Die bedeutendsten Kirchen waren die der damaligen Residenzstadt Kiew, und unter diesen ragt die Kirche der heil. Sophia hervor, deren Name auf das byzantinische Vorbild deutet. In Nowgorod ließ der Großfürst Jaroslaw (um 1040) gleichfalls unter der Leitung griechischer Architekten eine andre Sophienkirche erbauen, ebenfalls eine Nachbildung der byzantinischen. In Moskau wurde 1326 auf dem Kreml der Grundstein zur Kirche der Verklärung der Mutter Gottes gelegt und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. das Schloß des Kremls aus Steinen aufgeführt.
Iwan III. Wasiljewitsch (1462-1505) und seine Nachfolger schmückten ihre Residenz mit prächtigen Bauten, und diese vornehmlich sind es, welche den russischen Baustil als einen eigentümlichen zeigen. Zwar sind Grundlage, innere Einteilung und Anordnung der Kirchen ganz die des byzantinischen Baustils, doch erscheint das Innere durchweg schwerfällig, eng und düster. Desto größere Pracht wurde im Äußern entwickelt, wo sich unverkennbar asiatischer Einfluß zeigt, der teils aus den Zeiten der Mongolenherrschaft herrühren, teils aber auch in der größern geographischen Verwandtschaft Rußlands mit Asien begründet sein mag. Wo in der byzantinischen Architektur die Räume durch schlichte Kuppeln bedeckt wurden, da steigen hier turmartige Bauten, teils in breiter Masse, teils schlank und keck wie die Minarets der Mohammedaner, in die Lüfte empor, oben von Kuppeln gekrönt, die bald als Halbkugeln, bald in Eiform, bald in der geschweiften Form einer Birne oder Zwiebel erscheinen.
Dabei ist das Äußere mit Ornamenten bedeckt, unter denen man hier byzantinische, dort modern-italienische, arabische und andre Formen findet, und die mit grellen, bunten Farben bemalt sind, während jene Kuppeln meist in goldenem Glanz funkeln. Auf gleiche Weise wurden auch die Paläste und andre Bauten von Bedeutung, geschmückt. Diese Bauweise hatte sich über ganz Rußland verbreitet, als Peter d. Gr. im Anfang des 18. Jahrh. dort modern-europäische Kultur einzuführen begann, in deren Gefolge denn auch der modern-europäische Baustil allmählich einen überwiegenden Einfluß auf die russische Kunst gewann.
Die arabische (mohammedanische) Baukunst.
Die neue Religion des Islam, welche sich seit 610 zunächst über Arabien verbreitete, brachte eine neue Weise der Gottesverehrung, und diese bedurfte einer neuen Gestaltung der Kunst (s. Tafel VIII). Aber das Volk der Araber besaß jene eigne, höhere Kultur nicht, die zu solchen Unternehmungen die Mittel hätte liefern können, und es blieb ihnen somit vorerst nichts übrig, als die Kunstformen, welche sie in den von ihnen beherrschten Ländern vorfanden, für ihre Zwecke zu benutzen.
Dies waren aber vornehmlich wieder die Formen der spätern Römerzeit. Hiermit verband sich ein speziell orientalisches Kunstelement. Zum Teil hatten bereits die Römerbauten in Asien und Afrika eine mehr oder weniger deutliche orientalische Färbung erhalten, teils konnte es nicht fehlen, daß dies Element durch die unmittelbare Berührung mit den alten Kulturvölkern Asiens noch mehr hervortrat, und wie sich im Verlauf der Zeit die mohammedanischen Nationen selbständig entwickelten, so ging aus diesen Grundelementen auch eine eigentümliche Richtung der Kunst hervor. Die
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Kunst des Islam steht somit, was ihre Ursprünge anbetrifft, zu der des christlichen Altertums in sehr naher Beziehung, wurde aber durch den Mangel aller bildlichen Darstellung, vornehmlich der Darstellung menschlicher Figuren, welche in der Religion des Islam aufs entschiedendste verboten war, an einer höhern Vollendung gehindert. Bei ihren Monumentalbauten, vornehmlich den Moscheen, begegnen wir zwei Haupttypen, deren einer dem altchristlichen Basilikenstil, deren andrer dem byzantinischen Baustil nähersteht.
Jener scheint der ursprüngliche und mehr den westlichen Gegenden des Islam angehörige, dieser erst später allgemein geworden und der den östlichen Gegenden eigentümliche gewesen zu sein; doch unterscheidet sich die erstere Hauptform in mehreren wesentlichen Punkten von der Anlage der christlichen Basiliken. Während bei den letztern das Gebäude ein in sich geschlossenes Ganze bildet und sich demselben als unabhängiger Raum ein Vorhof anschließt, hat hier das Gebäude der Moschee in sich keinen architektonischen Mittelpunkt und keinen Schluß; es ist eigentlich nur ein großer, viereckiger, von mehrfachen hintereinander liegenden Arkadenreihen umgebener Hof.
Die einzelnen Schiffe, welche die Arkadenreihen bilden, sind voneinander nicht unterschieden, und das Heiligtum (die Nische, die nach Mekka hindeutet, und wo insgemein der Koran aufbewahrt wird) ist, wenn auch reichdekoriert, doch für die architektonische Gesamtanlage als solche kein wichtiger, beziehungsreicher Punkt. Indem die ganze Anlage also nur die architektonische Dekoration eines offenen, heitern Platzes, der durch eine starke Mauer von dem Treiben des gewöhnlichen Verkehrs abgesondert ist, darstellt, befindet sich dabei stets, wie aus den Vorhöfen der altchristlichen Basiliken, ein mit einer kleinen Kuppel überwölbter Brunnen.
Die umschließende Mauer hat im Äußern, mit Ausnahme der Portale und der Zinnen, keine architektonische Ausbildung, und nur der schlanke Turm, der sich an ihrer Seite in die Lüfte erhebt, und von dem herab der Muezzin die Stunden des Gebets verkündet (das Minaret), gibt dem Gebäude nach außen hin eine Auszeichnung. Bei der zweiten Hauptform enthält der Körper des Gebäudes eine in sich geschlossene Architektur, indem der Hauptarm durch eine Kuppel überdeckt ist, die Nebenräume gleichfalls überwölbt und mit jenem auf ähnliche Weise verbunden sind wie bei den Anlagen des byzantinischen Stils.
Vor dem Gebäude ist auch hier durchweg ein von gewölbten Portiken umgebener Vorhof. Das Äußere erscheint hier zum Teil in zierlicher Ausbildung, insbesondere bilden die Minarets, welche zu 2, 4, 6 an den Ecken des Gebäudes emporschießen, gegen dessen imposante Hauptmasse einen zierlich bewegten Gegensatz. Wenn demnach die Hauptformen der mohammedanischen Architektur, etwa mit Ausnahme des Minarets, keine besondern neuen Eigentümlichkeiten in die Kunst einführen, so ist dies gleichwohl im Detail der Fall. Hier zeigt sich überall und schon in den frühern Zeiten der orientalische Geist, aus dem der Islam hervorgegangen war, und der bei Überdeckung der Arkaden, Thür- und Fensteröffnungen zu neuen Bogenformen führte.
Selten genügte hier die Form des ruhigen und schlichten Halbkreisbogens, dessen sich die antike und altchristliche Kunst bedient hatten; der bewegliche Geist der Orientalen verlangte nach Formen, die dem Auge ein lebendigeres Linienspiel gegenüberstellten. Die eine dieser neuen Bogenformen, der sogen. Hufeisenbogen und Kielbogen (s. Tafel VIII, [* ] Fig. 1 u. 2), die einen größern Abschnitt des Kreises als der Halbkreis bilden, besitzt etwas eigentümlich Keckes und Kräftiges, womit ganz wohl übereinstimmt, daß man sie vorzugsweise in den westlichen Gegenden, namentlich bei den Bauwerken der ritterlichen Mauren in Spanien, angewandt findet.
Eine dritte Bogenform ist der aus zwei Bogenstücken bestehende, ohne Zweifel auf orientalischen Vorbildern beruhende Spitzbogen, dessen konsequente Anwendung sich zuerst in denjenigen Bauresten zeigt, die in Persien aus der Zeit der Sassaniden (226-651 n. Chr.) erhalten sind. Auch in Ägypten erscheint er bereits an Monumenten aus der frühsten Zeit der Herrschaft des Islam, vollkommen sicher aber an solchen, die dem Anfang des 9. Jahrh. angehören. Im allgemeinen kommt er mehr an den östlichen Monumenten des Islam vor, an welchen er teils rein und einfach, teils mit hufeisenförmigem Ansatz, teils oberwärts gedrückt, sehr häufig auch mit aufwärts geschweifter Spitze auftritt, während bei der Anwendung dieser Bogenformen, insbesondere bei ihrem Verhältnis zu den stützenden Pfeilern oder Säulen, eine große Verschiedenheit und viel Willkürlichkeit obwalten.
Ein organisches Verhältnis zwischen Bogen und Stütze (wie in der ausgebildeten romanischen und in der germanischen Baukunst) entwickelt sich nicht, vielmehr bleiben beide Teile sich ihrem Wesen nach ebenso fremd wie in der spätrömischen und altchristlichen Kunst. Alle weitere Ausbildung des Details der mohammedanischen Baukunst ist nicht als eine architektonische, sondern als eine ornamentistische zu bezeichnen, da alle Flächen, alle Teile der Architektur, die nur zur Aufnahme eines spielend bewegten Schmuckes geeignet waren, mit solchem überdeckt wurden, und in der That hat die mohammedanische Kunst hierin einen Reichtum, häufig auch einen Schönheitssinn entwickelt, der höchste Anerkennung verdient.
Gleichwohl bewegt sich auch diese Ornamentbildung in einem bestimmten und sogar trotz ihres Reichtums ziemlich eng abgegrenzten Kreis; fast überall beruht das Prinzip auf einer einzelnen schematischen Regel, auf einer abstrakten Formel, die kein Gesetz lebendiger Entwickelung in sich trägt und durch ihre stete Wiederholung zuletzt ermüdet (s. Arabesken). An den wichtigsten Stellen der Räume und der architektonischen Teile, welche in dieser Weise verziert sind, erscheinen die das belebende Bildwerk ersetzenden Inschriften, Stellen aus dem Koran oder Verse, die einen besondern Bezug auf das Lokal und seinen Erbauer haben.
Die Säulenkapitäler erscheinen oft auf ähnliche Weise dekoriert, nicht minder die aus der Antike beibehaltene schwere Fläche der Bogenlaibung. Die letztere wird gern durch kleine Zackenbogen ausgefüllt, die bald wie feine Reifen nebeneinander liegen, bald in größerer Dimension aus der Masse hervortreten. Hierher gehört auch eine auf einzelne Bogen oder auch größere Räume angewandte zellgewebartige Ausbildung der Gewölbeform (s. Tafel VIII, [* ] Fig. 4), die ursprünglich, wie es scheint, an solchen Stellen in Anwendung kam, wo ein Übergang aus rechtwinkelig zusammenstoßenden Flächen zu einer größern Gewölbemasse nötig war, und wobei kleine, gleiche, selbständig abgeschlossene Gewölbestückchen so lange übereinander gesetzt wurden, bis der nötige Raum ausgefüllt war, oder wobei sich auch die obere Spitze des einen Gewölbestücks, die dem andern zum Ansatz dient, hängend niedersenkt, so daß das Ganze den Eindruck von Tropfsteinbildungen gewährt.
Die maurischen Architekturen Spaniens unterscheiden sich von denen der übrigen
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mohammedanischen Völker ebenso wie die Geschichte und das Leben des Volks, das sie errichtet. Die imposanten Kuppeln, die zierlich spielende Form des Minarets finden wir hier zwar nicht; aber die Arkaden haben mehr oder weniger das Gepräge einer Sicherheit und Bestimmtheit, welche den Bauten des Orients nicht in gleichem Maß eigen zu sein pflegt. Unter den ältern Bauwerken ist die Moschee von Cordova hervorzuheben, deren Anlage sich auf die oben besprochene ursprüngliche Form der Moscheen gründet, während das Hauptgebäude von dem Vorhof bereits abgeschlossen ist und eine bedeutende Ausdehnung nach der Tiefe gewonnen hat (s. Tafel VIII, [* ] Fig. 5). Zwischen 936 und 976 ward ein Herrscherpalast, Azzahra genannt, 5 Meilen unterhalb Cordova am Guadalquivir errichtet, der 4312 Säulen enthalten haben soll, und welchen die Erzählungen arabischer Schriftsteller als das Höchste schildern, was Pracht und Glanz hervorzubringen vermochten.
Das in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. erbaute und später erweiterte Königsschloß der Alhambra (s. d. und Tafel VIII, [* ] Fig. 6-12) erhebt sich noch heute über Granada und zeigt uns die spätere Entwickelung der maurischen Architektur in ihrer ganzen romantischen Pracht. Charakteristisch für die letzte Zeit der maurischen Architektur sind einige zum Teil bereits unter christlicher Herrschaft aufgeführte Monumente von Sevilla, worunter der Alkazar (»königliches Schloß«) gehört, an dessen von Hallen und Galerien umgebenem Hof die modernen Elemente schon deutlich hervortreten, während der Audienzsaal sich durch die edle und gemessene Behandlung der maurischen Formen auch sehr vorteilhaft auszeichnet.
Der Stil der mohammedanischen Monumente Ägyptens steht ungefähr in der Mitte zwischen den Stilen der maurischen Architektur und der ostasiatischen Länder. Besonders wichtig sind die Monumente von Kairo, unter ihnen der Nilmesser (Mequyas) auf der Insel Rodah, ein viereckiger, brunnenartiger Bau mit Treppen, spitzbogigen Nischen an den Wänden und einer großen, reichverzierten Säule in der Mitte, an welcher man das Steigen und Fallen des Wassers beobachtete.
Für die älteste unter den Moscheen von Kairo gilt die 643 gegründete, nach einem Brand 897 erneute Moschee Amru, deren Säulen von antiken Gebäuden entnommen sind und hohe, breite Spitzbogen mit hufeisenförmigem Ansatz tragen, deren Spitze sich jedoch wenig über die Kreislinie erhebt. Zwischen den Säulen und Bogen ist ein hoher, würfelförmiger Aufsatz, offenbar eine Nachbildung jenes hohen, über den Kapitälern der spätern Zeit des altägyptischen Stils so häufig vorkommenden Aufsatzes, angebracht.
Ungleich merkwürdiger ist die 885 gegründete und angeblich durch einen christlichen Architekten vollendete Moschee Tulun, bei welcher die den Hof umgebenden Arkaden nicht durch Säulen, sondern durch breite Pfeiler gebildet sind, über denen sich die einfachen, ebenfalls breiten Spitzbogen erheben. In die Ecken der Pfeiler sind kleine Säulen eingelassen, das frühste, in der mohammedanischen Architektur sehr seltene Beispiel einer architektonischen Vermittelung der Pfeilerflächen, die in der romanischen Architektur des Occidents zu eigentümlichen Formenbildungen führte. Diesen ägyptischen Monumenten reiht sich die große Moschee von Damaskus in Syrien an, deren Grundriß ebenfalls einen von Säulenhallen umgebenen Hof darstellt.
Auf Sizilien, das die Araber 827 eroberten, haben sich unfern Palermo zwei arabische Schlösser, Zisa u. Kuba, erhalten, welche, mit Ausnahme einzelner Veränderungen aus späterer Zeit, das Gepräge des arabischen Stils tragen und hohe, kubische Massen mit Erkertürmen auf den Seiten bilden, während die Außenwände mit flachen, spitzbogigen Nischen versehen sind. In der Mitte des Innern befindet sich eine reichgeschmückte Halle (oder Hof). Bei den Moscheen der europäischen Türkei, vornehmlich den Prachtbauten von Konstantinopel, welche den spätern Zeiten der mohammedanischen Kunst angehören, ist der byzantinische Kuppelbau vorherrschend, und zwar bildet das Gebäudeganze stets dasselbe nicht sehr organische Konglomerat von Kuppeln, Halbkuppeln und Bogen, während nur die Hauptkuppel durchweg in einem höhern, freiern Bogen emporsteigt als diejenige der Sophienkirche. Das orientalische Gepräge erhalten diese Moscheen durch die Minarets, die den Körper des Gebäudes schlank und frei umstehen, durch die mehr oder weniger arabische Bildung des Details und durch die Anwendung von Inschriften statt des Bildwerks.
In Indien ist das Gebiet des Gangesstroms vorzüglich reich an den prächtigsten Monumenten, unter denen einige noch aus den frühern Zeiten der Herrschaft des Islam in Indien, aus der Periode der vom Schluß des 12. bis zum Schluß des 14. Jahrh. blühenden Patanendynastie, herrühren. In Dehli, der Residenz der Herrscher dieses Geschlechts, finden sich zur Seite der spätern Prachtbauten noch einzelne Monumente jener Zeit, unter denen der sogen. Kutab-Minar, das Minaret, welches Kutab als die stolze Triumphsäule des Islam errichtete, hervorragt.
Die Monumente, die unter der Herrschaft der Großmoguls errichtet wurden, gehören zu den schönsten Erzeugnissen der mohammedanischen Kunst und zeigen vorherrschend den Kuppelbau. Die Masse des Gebäudes steigt in der Regel als ein fester, viereckiger Körper empor, dessen Außenseiten mit Nischenwerk oder mit regelmäßig wiederkehrenden Öffnungen versehen und mit zierlichen Zinnen gekrönt sind, worüber sich zuweilen in verjüngtem Maßstab noch einige Absätze von ähnlicher Einrichtung erheben, während der mittlere Teil von einer mächtigen Zwiebelkuppel bekrönt wird.
Die auf den Ecken gewöhnlich angeordneten Minarets reihen sich dem Ganzen in harmonischer Weise an und zeigen nicht jenes übertrieben schlanke Verhältnis der türkischen. Die Portale bilden gewöhnlich einen Vorbau von beträchtlicher Erhebung und werden durch eine große, spitzbogige Nische gebildet, in deren Grund die verhältnismäßig kleine Thüröffnung sich befindet, und deren Seiten durch Minarets eingefaßt zu sein pflegen. Die Bogenform ist durchgängig die des Spitzbogens, der in der Regel flach und oben mit etwas geschweifter Spitze gebildet ist (s. Tafel VIII, [* ] Fig. 2), sodann stets einen rechtwinkeligen, durch breite Bänder gebildeten Rahmen erhält, der wieder in Harmonie mit dem gemessenen Charakter der Gesamtanlage steht.
Die berühmtesten dieser Bauwerke gehören der Regierung Schah Akbars d. Gr. (1556-1605) und seines Sohns, des Schahs Jehan (1605-58), an und finden sich in Dehli und Agra sowie in deren Umgebung. Schah Jehan ließ zu Dehli 40 große Moscheen errichten, unter welchen die sogen. »große Moschee« (die Jamna oder Dschamna) den in Rede stehenden Stil in seiner glänzendsten Entwickelung zeigt (s. Tafel VIII, [* ] Fig. 15). Denselben Baustil sehen wir gleichzeitig in Persien verbreitet u. durch ihn die Herrschaft der Sofidynastie verherrlicht. Im höchsten Glanz erscheinen hier vornehmlich die stolzen Bauten, mit denen Schah Abbas d. Gr. (1585-1629) seine Residenz Ispahan schmückte.