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Universität Wittenberg, [* 2] machte 1610-19 Reisen in Deutschland, [* 3] Italien, [* 4] Holland, Frankreich und der Schweiz, [* 5] lebte dann abwechselnd in Halle [* 6] und auf seinem Gut Sellerhausen bei Leipzig [* 7] und, als dies 1636 abgebrannt war, im Paulinum zu Leipzig, wo er starb. Zwar ist er von großer Belesenheit, doch fehlt es ihm durchaus an methodischer Schulung des Urteils sowie an Geschmack, so daß seine außerordentlich zahlreichen Schriften höchstens noch als Sammlungen einigen Wert haben. Die bedeutendsten derselben sind die »Adversariorum libri LX« (Frankf. 1624 u. 1658) sowie die Ausgaben des Claudian (das. 1650) und des Statius (Zwickau [* 8] 1664-1665, 4 Bde.).
2) Christian Karl, Geschichtsforscher, geb. 1775 zu Baireuth, [* 9] trat in den Staatsdienst, wurde Regierungsrat in seiner Vaterstadt, 1817 Kreisdirektor in Speier, [* 10] 1818 Finanz- und Ministerial-, später Geheimrat zu München [* 11] und starb in Erlangen. [* 12] Sein Hauptwerk ist: »Deutschlands [* 13] Urgeschichte« (Hof [* 14] 1818-20, 2 Bde.; neue umgearbeitete Aufl. 1840-46, 5 Bde.),
ein Werk umfassender und gründlicher Forschung, in dem nicht sowohl die Geschichte des deutschen Volks als vielmehr die des deutschen Landes erzählt wird. Außerdem schrieb er: »Über die Druiden der Kelten« (Erlang. 1826);
»Die Kabiren in Deutschland« (das. 1832);
»Die altdeutsche Religion« (Leipz. 1835, 2 Bde.).
Gemeinschaftlich mit I. ^[Ignaz]
Rudhart gab Barth
die
»Bayrische Wochenschrift«
(Münch. 1823) heraus.
3)
Karl, Kupferstecher, geboren im
Oktober 1787 zu
Eisfeld, war Goldschmiedelehrling, widmete sich dann zu
Stuttgart
[* 15] unter
Joh.
Gotth. v.
Müller 1805-1812 der
Kupferstecherkunst und ging 1817 nach
Rom,
[* 16] wo er mit
Amsler den
Stich des Titelblattes zu
Cornelius'
Kompositionen zum
Nibelungenlied begann. Nach wechselndem Aufenthalt in
Nürnberg,
[* 17] Freiburg,
[* 18]
Frankfurt
[* 19] a. M. (wo 1826-30
unter anderm seine zierliche
Arbeit: die schwebende
Charitas, nach einem Deckengemälde in
Pillnitz von
Vogel v. Vogelstein,
entstand) und
Darmstadt
[* 20] ließ er sich in
Hildburghausen
[* 21] nieder, wo er vieles im Auftrag des Bibliographischen
Instituts arbeitete.
Er starb auf einer
Reise begriffen, geisteskrank in
Kassel.
[* 22] Als Schriftsteller hat sich Barth
durch
Erzählungen und Gedichte sowie durch die Bearbeitung von
Longhis Werk über die
Kupferstecherkunst (Hildburgh. 1837, 2 Bde.)
bekannt gemacht.
4) Marquard Adolf, bayr. Abgeordneter, geb. zu Eichstätt, [* 23] studierte Jurisprudenz zu München, wurde 1837 Rechtsanwalt in Kaufbeuren, [* 24] 1870 in München, war 1871-79 Rat beim Reichsoberhandelsgericht zu Leipzig und lebte darauf in Würzburg, [* 25] wo er starb. Im J. 1848 in die Nationalversammlung gewählt, gehörte er zur erbkaiserlichen Partei, war Mitglied der Deputation, welche 1849 dem König Friedrich Wilhelm IV. die Reichsverfassung überbrachte, und nahm an der Gothaer Versammlung teil.
Seit 1855 Mitglied der Kammer der Abgeordneten in Bayern, [* 26] war er mit Stauffenberg, Volk und andern Liberalen stets bemüht, für die geistige Entwickelung und Freiheit des Heimatstaats und für die Einheit und Größe des Gesamtvaterlandes zu wirken. Namentlich 1870 und 1871 trat er im bayrischen Landtag energisch für die Sache der deutschen Einheit ein. Als tüchtiger Jurist war er stets ein sehr geschätztes Mitglied, mehrmals auch Vorstand des Ausschusses für die Gesetzbücher. 1868 wurde er in das Zollparlament, 1871 in den deutschen Reichstag (vom Wahlkreis Rothenburg [* 27] in Mittelfranken) gewählt und gehörte in demselben (bis 1874) der liberalen Reichspartei an. Außer verschiedenen Abhandlungen schrieb er einen »Kommentar zur neuen Zivilprozeßordnung für das Königreich Bayern« (Nördling. 1869-72).
5) Heinrich, einer der bedeutendsten wissenschaftlichen Reisenden neuester Zeit, geb. zu Hamburg, [* 28] studierte 1839-44 in Berlin [* 29] Sprachwissenschaft und Altertumskunde, machte noch während seiner Studienzeit (1840) eine Reise nach Italien und Sizilien [* 30] und faßte infolge derselben den Plan, das Becken des Mittelmeers, [* 31] die Wiege der alten Kultur, in seinem ganzen Umfang aus eigner Anschauung kennen zu lernen und zu erforschen. Nach kurzem Aufenthalt in London, [* 32] wo er die arabische Sprache studierte, brach er 1845 über Gibraltar [* 33] nach Tanger auf, vermochte jedoch in Marokko [* 34] nicht ins Innere vorzudringen; besser gelang ihm dies in Algerien, besonders aber in Tunis und Tripolis, dessen Hauptstadt er über Gabes erreichte.
Darauf zog er um die
Große
Syrte nach
Bengasi, erforschte das alte
Kyrenaika und ging von da durch das alte
Marmarika in das Nilthal. An der
Grenze
Ägyptens 5. Juni von
Räubern fast seiner ganzen
Habe, namentlich seiner
Tagebücher und
Skizzen, beraubt, rettete er, schwerverwundet, mit Mühe sein
Leben. In
Ägypten
[* 35] unternahm er eine Nilfahrt bis zum zweiten
Katarakt von
Wadi Halfa, dann eine Wüstenreise von
Assuân nach
Berenike, worauf er seine Forschungen in
Asien
[* 36] durch die Peträische
Halbinsel und
Palästina
[* 37] fortsetzte, das nordsyrische
Küstenland,
Cypern
[* 38] und die ganze
Süd- und Westküste
Kleinasiens bereiste und nach dreijähriger
Abwesenheit über
Konstantinopel
[* 39] und durch
Griechenland
[* 40] nach der
Heimat zurückkehrte.
Im
Frühling 1848 habilitierte er sich als
Privatdozent zu
Berlin und bearbeitete zugleich sein Reisewerk
»Wanderungen durch die Küstenländer des
Mittelmeers, ausgeführt in den
Jahren 1845, 1846 und 1847«, von dem eben der erste
Band
[* 41] (Berl. 1849) erschienen war, als Barth
durch
Bunsen und
Petermann veranlaßt wurde, sich der Untersuchungsexpedition nach
dem Innern von Nordafrika, welche die britische
Regierung durch
Richardson ausführen lassen wollte, anzuschließen.
Mitte
November 1849 verließen die Reisenden, denen sich auch
Adolf
Overweg zugesellt hatte,
Berlin, landeten 11. Dez. zu
Philippeville
in
Algerien und reisten von dort über
Tunis, wo sie einige Zeit verweilten, weiter über
Susa,
Sfaks und Dscherbie nach
Tripolis.
Nachdem hier die Expedition vollzählig geworden war, begann die
Reise nach
Mursuk und von da
durch die
Sahara nach der
Oase
Aïr oder
Asben. Von Tin-Tellust, wo ein längerer Aufenthalt gemacht wurde, unternahm Barth
einen
Ausflug nach dem seit 1½
Jahrhunderten von keinem
Europäer betretenen
Agades und schloß mit dem dortigen
Fürsten
einen
Handelstraktat ab. In
Damerghu, einer Grenzstadt der
Tuareg gegen das
Reich
Bornu, trennten sich die Reisenden,
und Barth
wandte sich südwestlich nach dem Land
Haussa, um
Katsena und
Kano im
Reich
Sokoto zu erreichen.
Richardson starb schon 3. März in
Ungurutua, 5-6 Tagereisen von
Kuka; seine
Tagebücher rettete und sandte sie nach
London. Barth
selbst traf 5. Mai mit
Overweg in
Kuka, der Hauptstadt
Bornus, wieder zusammen. Während
Overweg nun in
Kuka blieb, wandte sich Barth
nach
Adamáua, entdeckte
auf dem Weg nach
Jola 18. Juni zwei große Quellströme des
Niger, den
Binuë und
Faró, langte 22.
¶
mehr
Juli wieder in Kuka an, unternahm sodann mit Overweg vereint eine Reise nach Kanem und vom bis Ende Januar 1852 nach dem Reich Musgo im S. Kukas. Von da zurückgekehrt, reiste er nach Bagirmi, im SO. des Tsadsees, und verweilte längere Zeit in dessen Hauptstadt Massenja, wo er eine große kartographische Arbeit über die Negerländer und einen ausführlichen Bericht über Geschichte, Geographie und Archäologie Bagirmis, Wadais und der benachbarten Landschaften verfaßte, zugleich auch reichhaltige Vokabularien der Loggene-, Bagirmi- und Wadaisprachen nebst einigen minder reichen von noch acht in jenen Gegenden geredeten Sprachen anfertigte.
Gleichzeitig stellte er sorgfältige Untersuchungen über den großen, von S. kommenden Zufluß des Tsadsees,
den Schari, an. Als auch Overweg bei Maduari am Tsad gestorben war, rettete Barth
dessen Papiere ebenfalls und sandte
sie nach London; darauf reiste er über Kano, Katsena, Wurno nach Sokoto, dessen mächtiger Herrscher Aliu ihn freundlich
aufnahm. Unter mannigfachen Gefahren erreichte er Say, einen wichtigen Handelsplatz am Niger, und überschritt hier
diesen Strom, durchwanderte dann die noch von keinem Europäer durchschrittenen Landschaften Gurma, Libthako und Dalla und gelangte 7. Sept. nach
Timbuktu, wo er trotz Krankheit und körperlicher Schwäche eine Karte von den westlichen Negerländern anfertigte
und astronomische Beobachtungen anstellte, durch welche die vielbestrittene Lage des Orts festgestellt wurde.
Bei seinem Einzug in Timbuktu galt er der großen Menge als ein Abgesandter des Sultans von Stambul; als es aber bekannt wurde, daß er ein Christ war, geriet er in große Lebensgefahr, vermochte jedoch erst nach achtmonatlichem Aufenthalt die Rückreise anzutreten. In Gago, wo er zwölf Tage verweilte, schloß er mit den angesehensten Tuaregfürsten als Abgesandter Englands feierliche Verträge ab, laut deren sie die Befahrung des Niger durch englische Schiffe [* 43] gestatteten. Am 30. Aug. kam er wieder nach Wurno, wo er die Herstellung seiner Gesundheit abwartete, verließ diese Stadt 5. Okt. und erreichte am 18. die Handelsstadt Kano, die er aus Mangel an Mitteln erst Mitte November verlassen konnte, um sich nach Bornu zu wenden.
Bei Bundi, zwischen Kano und Kuka, traf er 1. Dez. mit dem ihm nachgesandten Vogel zusammen. Während letzterer
nach Sinder ging, eilte Barth
nach Kuka, wo er 12. Dez., vom Scheich Omar feierlich eingeholt, eintraf. Am 28. Dez. kehrte auch Vogel zurück,
und beide Forscher genossen das Glück eines vierwöchentlichen Zusammenlebens. Anfang Mai 1855 trat Barth
dann die Rückreise
nach dem Norden
[* 44] an, erreichte über Bilma und Mursuk 21. Aug. Tripolis und betrat 8. Sept. zu Marseille
[* 45] wieder den
europäischen Boden, den er vor fast sechs Jahren verlassen.
Barths
Reisen bilden eine neue Ära in der Entdeckungsgeschichte Afrikas. Er hat zuerst das höchst interessante Land Aïr (Asben)
mit der Hauptstadt Agades gründlich erforscht, den mächtigen Tschaddastrom in seinem Oberlauf überschritten
und das ganze große, reiche, von ihm bewässerte Land Adamáua auf der Karte niedergelegt, die erste genaue Beschreibung von
den zwei wichtigen Königreichen Bagirmi und Wadai geliefert und die zwei großen Reiche Gando und Hamd-Allahi entdeckt.
Seine Erfolge erweckten ein neues reges Interesse für Afrika. [* 46] Barth beschrieb seine Reise in »Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika« (Gotha [* 47] 1857-59, 5 Bde.; im Auszug, das. 1859-60, 2 Bde.). Die geographischen Gesellschaften von London und Paris [* 48] verliehen ihm die große goldene Medaille, die Universität Oxford [* 49] ernannte ihn zum Ehrendoktor; er selbst aber nahm seine akademische Thätigkeit in Berlin wieder auf und trat 1858, nachdem er sein großes Reisewerk in unglaublich kurzer Zeit vollendet, eine Reise nach Kleinasien an, auf welcher ihn Mordtmann begleitete.
Die Resultate dieser in archäologischer Beziehung fruchtbaren Tour sind niedergelegt in dem Werk »Reise von Trapezunt durch die nördliche Hälfte Kleinasiens nach Skutari« (Gotha 1860). Nach seiner Rückkehr erhielt Barth 1863 die Professur seines 1859 gestorbenen Lehrers Karl Ritter, dessen Andenken er durch die von ihm begründete »Ritter-Stiftung« ehrte. Alljährlich unternahm er Reisen, so 1861 in die Pyrenäen und nach Spanien; [* 50] 1862 galt es die Erforschung der östlichen Türkei, [* 51] die er von Rustschuk ab, den Balkan übersteigend, die Höhe des Olymps zum erstenmal richtig bestimmend, bis Salonichi durchzog (»Reise quer durch das Innere der europäischen Türkei«, in der Berliner [* 52] »Zeitschrift für allgemeine Erdkunde« [* 53] 1863 u. 1864; auch selbständig herausgegeben). Im J. 1864 besuchte er abermals Italien, 1865 Dalmatien und Montenegro. [* 54] Bei der Ausarbeitung des Berichts über diese letzte Reise ereilte ihn in Berlin allzufrüh der Tod. Eine philologische Frucht seiner großen afrikanischen Reise war noch die »Sammlung und Bearbeitung zentralafrikanischer Vokabularien« (Gotha 1862-66, 3 Tle.).
Vgl. Koner, Heinr. (in der »Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin« 1866).
6) (Barth-Harmating) Hermann von, Naturforscher und Reisender, geb. auf Schloß Eurasburg in Oberbayern, studierte zu München Jurisprudenz, widmete sich dann als Rechtspraktikant mit großem Eifer naturwissenschaftlichen, besonders geologischen und paläontologischen, Studien und erhielt 1876 von der portugiesischen Regierung den ehrenvollen Auftrag, als Landesgeolog nach Angola und Benguela zu gehen. Er landete im Juni 1876 in São Paolo de Loanda, trat Ende Juli seine Reise ins Innere an und gelangte durch das Bengothal nach Golungo Alto und über Duque de Braganza nach Mambulu.
Hier aber erkrankte er heftig, und obschon es ihm gelang, die Küste wieder zu erreichen, vermochte er sich doch nicht wieder zu erholen und machte in einem Anfall von Fieberwahnsinn in São Paolo de Loanda seinem Leben ein Ende. Außer vielen wertvollen Aufsätzen in Fachzeitschriften, namentlich im »Ausland«, publizierte Barth:. »Aus den nördlichen Kalkalpen« (Gera [* 55] 1874) und »David Livingstone der Afrikareisende. Ostafrika von Limpopo bis zum Somaliland« (Leipz. 1875).