Hauslehrer und 1839 Gymnasiallehrer in Köthen. Hier widmete er sich unter dem Einfluß Naumanns der schon lange von ihm gepflegten
Ornithologie. Auf seine Einladung trat 1845 die erste deutsche Ornithologenversammlung in Köthen zusammen, und 1850 wurde
auf seinen Antrag die Gesellschaft deutscher Ornithologen gegründet, als deren Vorstandsmitglied und Sekretär er
viele Jahre fungierte. 1849 erhielt er die Pfarrstelle zu Diebzig und 1858 die zu Osternienburg bei Köthen, siedelte aber 1865 in
Urlaub nach Halle über, ward 1868 emeritiert und lebt seit 1870 in Koburg.
Seit 1842 unternahm er viele ornithologische Reisen, und besonders fruchtbringend war ihm ein Aufenthalt an der untern
Donau, im Banat, in den Karpathen, den serbischen Gebirgen 1847 sowie eine Reise in Graubünden
und im Engadin 1867. Er bearbeitete mit Blasius
den Schluß von Naumanns »Naturgeschichte der Vögel Deutschlands«, gab 1849-58 die »Naumannia. Archiv für Ornithologie etc.« heraus
und schrieb: »Illustriertes Handbuch der Federviehzucht« (2. Aufl.,
Dresd. 1881, 2 Bde.);
»Vogelmärchen« (das. 1876) und »Das
Hausgeflügel« (das. 1882).
Seine Studien waren in erster Linie der Fortpflanzung der Vögel gewidmet, über die er ein großes
Werk bearbeitet, welchem als Unterlage die berühmte Nester- und Eiersammlung des Verfassers dient.
Giovanni, toscan. Ministerpräsident, geb. 1790 zu Livorno, wurde zuerst Douanier
in Pisa und dann Rechnungsrevisor (sindaco) in Florenz; 1845 erhielt er den Titel eines Staatsrats und thatsächlich die Leitung
des Finanzwesens, den Charakter als Finanzdirektor aber erst im August 1847. Bei den Ministerkrisen im September 1847 und Juni 1848 behauptete
sich auch bei veränderten Regierungsprinzipien. Zum Senator ernannt, wurde er mit dem Ministerium Ridolfi
durch die republikanische Demonstration vom gestürzt, begab sich dann auf den Ruf Leopolds II. nach Gaeta und trat an
die Spitze der neugebildeten konservativen Regierung. Im Sommer 1850 war er mit dem Großherzog in Wien und brachte von
dort die toscanischen Septembergesetze mit, durch welche die Konstitution auf unbestimmte Zeit suspendiert und die Preßfreiheit
beschränkt wurde. Als Finanzminister bemühte er sich, durch Erhöhung der direkten und indirekten Steuern den zerrütteten
Staatsfinanzen aufzuhelfen. Im Herbst 1852 wurde ein Mordversuch gegen ihn gemacht. Im Mai 1859 mußte er abermals dem
Umschwung der Dinge weichen. Er starb Baldasseroni schrieb eine Biographie des Großherzogs Leopold II. (Flor. 1871).
Jakob, einer der vorzüglichsten neuern lateinischen Dichter, geb. zu Ensisheim im Elsaß, studierte
zu Ingolstadt, trat 1624 in den Jesuitenorden, kam 1626 als Scholastiker nach München, 1628 als Professor
der Rhetorik nach Innsbruck, studierte dann erst in Ingolstadt Theologie, erhielt 1633 die Priesterweihe, wurde 1635 Professor
der Rhetorik in Ingolstadt, lebte seit 1637 in München, wo er 1638-40 Hofprediger war, wirkte seit 1650 in Landshut und Amberg
als Kanzelredner, seit 1654 in Neuburg a. D. als pfalzgräflicher Hofprediger und starb daselbst.
Seine lateinischen Gedichte, zumal die lyrischen: »Lyricorum libri IV«, »Epodon
liber unus«, »Sylvae lyricae« (Münch. 1643-45; zuletzt von Benno Müller, neue Ausg., Regensb. 1884, und Hippler, Münster 1856),
zeugen von echt poetischer Begabung;
die wenigen deutschen Gedichte stehen weit dahinter zurück.
Seine »Opera
omnia« erschienen in 8 Bänden (Münch.
1729),
eine Auswahl besorgte Orelli (2. Aufl., Zür. 1818). Sein Andenken haben vorzüglich
Herder (durch treffliche Übersetzung vieler Oden in der »Terpsichore«) und A. W. Schlegel wieder geweckt. Neuere Übersetzungen
lieferten unter andern Neubig (»Oden«, Kempt. 1830, 3 Bde.),
Schlüter (»Mariengesänge«, Paderb. 1857),
Schrott und Schleich (»Ausgewählte Dichtungen«, Münch. 1870).
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Marienwerder, Kreis Schlochau, am fischreichen Bölzigsee und an der Eisenbahn
Posen-Stolpmünde, mit Amtsgericht, evang. Kirche und (1880) 2419 Einw.
(Baldr, Baldur), in der nord. Mythologie Sohn Odins und der Frigg, der Gott der Reinheit und
Unschuld, um und um »Licht«, im Götterkreis allbeliebt und dann allbeweint, der mildeste und gerechteste Richter zugleich,
dessen Urteile unumstößlich sind, weil sie zugleich alles versöhnen. Die weißeste Blume heißt »Balders Braue«, sein Palast
Breidablik (»Weitglanz«). Seine Gattin war die schöne Nanna, die Tochter Neps, mit der er Forseti, den
Gott der Gerechtigkeit, zeugte.
Balder, von Träumen geängstigt, die ihm seinen nahen Tod ankündigten, erzählte dies den Göttern, und sie hielten großen Rat,
wie man ihn schützen könnte. Frigg nahm alles, was in der Welt ist, Lebendiges und Lebloses, in Eid, ihm nicht
zu schaden, vergaß aber das Bäumchen Mistiltein (Mistel). Die Götter, nun das Leben Balders gesichert glaubend, trieben allerlei
Scherz mit ihm; einige schossen mit Pfeilen oder hieben mit Schwerten auf ihn, andre warfen ihn mit Steinen, ohne ihn zu verletzen.
Nur der tückische Loke teilte die Freude nicht. Als eine alte Frau ging er zu Frigg und entlockte ihr, welche
Vorkehrungen sie zu Balders Schutz getroffen. Unglücklicherweise erwähnte sie auch des am Thor Walhallas wachsenden Bäumchens
Mistiltein, das sie beim Eid übergangen. Loke begab sich darauf mit dem Bäumchen unter die Götter, beredete hier den blinden
Höder, den Bruder des Balder, mit dem Mistiltein nach Balder zu werfen, und Balder stürzte
tot nieder. Der Leichnam ward auf Balders Schiff Hringhorn gebracht, das die Riesin Hyrrockin vom Strand schieben mußte, und
hier auf einem Scheiterhaufen zugleich mit Nanna, welche der Schmerz getötet hatte, und seinem Roß verbrannt.
Odin und Frigg, die Walküren sowie viele Berg- und Eisriesen waren zugegen; brennend fuhr das Schiff in die
See hinaus. Inzwischen hatten die Götter ihren Boten, den schnellen Hermoder, hinab zur Hel gesandt, um Balder zurückzuerbitten,
und Hel willigte in die Bitte, »wenn alle Wesen, sowohl lebendige als leblose, den Balder beweinen würden«. Diese
waren leicht zu bewegen; schon kehrten die Boten fröhlich zur Hel zurück, um den geliebten Balder zurückzuholen, als sie ein
Riesenweib, mit Namen Thökk (»Vergeltung« - es war Loke), antrafen, welches die Teilnahme an der allgemeinen Klage verweigerte.
So mußte nun Balder bei Hel bleiben. Balder war wohl ursprünglich der himmlische Lichtgott der schönen Frühlings-
und Sommerzeit. Mit der Sonnenwende, wo die Tage wieder kürzer werden, glaubte man ihn »in den dann eintretenden Gewittern«
verendet und zur Hel hinabgestiegen. Aus dem erwähnten Naturkreis scheint auch die Szenerie seines Todes, namentlich das Wettschießen
nach ihm, entlehnt, denn die Blitze faßte man als ein solch himmlisches Schießen auf. Nanna aber stellt
das Blütenleben dar, welches mit dem Sommer dahinstirbt. Der eine der sogen.
mehr
Merseburger Zaubersprüche berichtet einen eigentümlichen mythischen Zug,
wie Phol (d. h. Balder) und Wodan zu Walde ritten, dem
Fohlen Phols der Fuß ausgerenkt ward und der zauberkundige Wodan ihn dann einrenkte (alte Besprechungsformel). Über den Ursprung
des Mythus von Balder vgl. Schwartz, Indogermanischer Volksglaube (Berl. 1885).