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Freiburg, [* 2] Waldkirch und Ettlingen, auch in Offenburg, [* 3] Lahr [* 4] und Konstanz [* 5] vornehmlich als Baumwollspinnerei und -Weberei (als Druckerei besonders in Lörrach) und als Seidenzwirnerei und -Weberei (Bandweberei in Säckingen);
danach folgt an Umfang die Zigarren- und Tabaksfabrikation, anschließend an den Tabaksbau der Pfalz und der Ortenau, vornehmlich in der Gegend von Mannheim [* 6] und Lahr;
die chemische Großindustrie, welche sich hauptsächlich in Mannheim und Umgegend mächtig entwickelt hat und Säuren, Soda, Chinin, Farben, künstlichen Dünger etc. produziert;
die Maschinenfabrikation (Lokomotiven, Nähmaschinen, [* 7] landwirtschaftliche Maschinen etc.) vornehmlich in Mannheim, Karlsruhe, [* 8] Pforzheim [* 9] und Durlach; [* 10]
die Bijouteriefabrikation in Pforzheim, als bedeutendste ihrer Art in Deutschland, [* 11] mit Ausfuhr nach allen Weltteilen;
die Lederfabrikation von Weinheim und Lahr;
die Papierfabrikation [* 12] in Freiburg, Ettlingen, Emmendingen, Schopfheim;
Tapetenfabrikation in Mannheim, Kehl, Breisach, Karlsruhe;
Kartonagenfabrikation in Lahr;
Hart- und Weichgummi- und Kautschukfabrikation in Mannheim;
Steingut- und Porzellanfabrikation im Kinzigthal;
Porzellanknöpfefabrikation in Freiburg; Spiegelglas und Spiegel [* 13] werden in einer großen Anstalt bei Mannheim (Waldhof) hergestellt;
Schleifereien von Granaten [* 14] und andern harten Steinen sind in Waldkirch und Zell am Harmersbach, Zichorienfabrikation in Lahr und Durlach, und die einzige, aber besonders große Zuckerfabrik besitzt Waghäusel unweit Schwetzingen. - Bier wird in vielen, zum Teil großen Brauereien gebraut (Karlsruhe, Mannheim, Donaueschingen);
zahlreiche Sägemühlen richten den Reichtum des Waldes zu Handelsware her.
Eigentümlich und zugleich bedeutend ist die Industrie des Schwarzwaldes;
dort ist eine lebhafte Uhrenfabrikation mit den Mittelpunkten Furtwangen, Lenzkirch, Triberg, Neustadt [* 15] und eine als Hausindustrie weitverzweigte Strohflechterei im Gange;
Villingen, auch Waldkirch fertigen Musikwerke und Drehorgeln;
Todtnau, das sich zugleich der Textilindustrie des Wiesenthals anschließt, liefert Bürsten und Pinsel, der übrige südliche Schwarzwald grobe Holzwaren.
Inmitten des volk- und gewerbreichsten Teils Europas und an Hauptverkehrslinien von O. nach W. und von S. nach N. gelegen, selbst von einer dichten Bevölkerung [* 16] besetzt, hat Baden [* 17] einen starken Verkehr zu vermitteln und zu führen. Hierfür dienen einige schiff- und flößbare Flüsse, [* 18] ein vorzügliches Netz gut unterhaltener Straßen (9000 km unter Staatsverwaltung und -Aufsicht) und (1884) 1328 km Eisenbahnen. Die schiffbaren Flüsse sind der Rhein, Main und Neckar; bis Mannheim reicht die große Rheinschiffahrt (mit Fahrzeugen von bis 1000 Ton. Tragfähigkeit), von dort aufwärts ist sie wegen des Gefälles und der beweglichen Sandbänke unerheblich; oberhalb Maxau hört sie fast ganz auf.
Die internationale Rheinschiffahrts-Zentralkommission hat ihren Sitz in Mannheim. Wichtig ist die Dampfschiffahrt des Bodensees. Flößbar sind außer den übrigen Rheinstrecken die Kinzig, Murg, Enz und Nagold. Die Eisenbahnen sind fast ausschließlich (1225 km) Staatsbahnen; [* 19] einige kleine Privatbahnen stehen unter Staatsverwaltung. Hauptlinien oder Teile von solchen sind die Main-Neckarbahn (an welcher Baden gleichfalls als Eigentümer teilhat) von Frankfurt [* 20] nach Heidelberg; [* 21] die Linien Mannheim-Basel, Basel-Konstanz, Würzburg-Heidelberg (Odenwaldbahn), Mannheim-Karlsruhe (Rheinthalbahn), Bruchsal-Bretten und Karlsruhe-Mühlacker, beide an die Württemberger Bahn anschließend; Appenweier-Straßburg, Offenburg-Singen (Schwarzwaldbahn).
Das Anlagekapital der badischen Eisenbahnen beträgt 406 Mill. Mk. Auf denselben wurden 1883 über 52 Mill. metr. Ztr. Güter befördert. Dem Korrespondenzverkehr dienen (1883) 768 Postanstalten und 682 Telegraphenstationen (einschließlich derjenigen des Bahntelegraphen). Haupthandelsplatz Badens und zugleich Süddeutschlands ist Mannheim; als Endpunkt der großen Rheinschiffahrt, zugleich am schiffbaren Neckar und an der Kreuzung wichtiger Schienenwege gelegen, mit großartigen Hafen- und Lageranstalten ausgestattet, gewinnt es immer mehr Bedeutung (1883 Warenverkehr auf dem Rhein aufwärts nahezu 11 Mill., abwärts nahezu 3 Mill., auf der Eisenbahn nahezu 10 Mill. metr. Ztr.). An öffentlichen Kredit- und Versicherungsanstalten sind unter andern zu nennen: Badische Bank (mit Notenausgabe), Rheinische Kreditbank und Rheinische Hypothekenbank in Mannheim, Badische Versorgungsanstalt (Lebensversicherung) in Karlsruhe, 106 Vorschuß- und Kreditvereine, 50 ländliche Kreditvereine (deren Zahl in raschem Anwachsen begriffen ist), endlich 111 öffentliche Sparkassen mit 193,382 Einlegern und einem Einlageguthaben von 155 Mill. Mk. In Mannheim befindet sich eine Reichsbankhauptstelle, in Karlsruhe eine Reichsbankstelle. Vom Zollvereinsgebiet sind wegen der Lage ausgeschlossen: Büsingen (östlich von Schaffhausen) [* 22] und Jestetten nebst einigen Gemeinden (westlich von Schaffhausen). - hat selbstverständlich deutsche Münze und das für das Reich angenommene metrische Maß und Gewicht. Zuvor rechnete es nach Gulden zu 60 Kreuzer (1 Fl. = 1,71 Mk.) und nach Fußen = 30 cm, nach Maß = 1½ Lit., Ohm = 1½ hl, Morgen = 36 Ar etc.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Die Stammlande des Großherzogtums, das erst nach und nach durch Vereinigung verschiedener Gebiete seinen jetzigen Umfang erhielt, sind die Baden-Durlachschen: Markgrafschaft Baden-Durlach mit den Herrschaften Hochberg, Badenweiler, Sausenberg und Rötteln (etwa 1600 qkm = 29 QM.) und die Baden-Badenschen: Markgrafschaft Baden-Baden, [* 23] Grafschaft Eberstein, Amt Kehl, Herrschaften Mahlberg und Staufenberg (etwa 1200 qkm = 22 QM.). Alle übrigen Landesteile sind neuere Erwerbungen, besonders durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803, den Preßburger Frieden von 1805 und die Rheinbundsakte von 1806, und setzen sich aus vormaligen hessischen (Hanauerland), nassauischen (Lahr), österreichischen (Breisgau, Ortenau, Stadt Konstanz etc.), kurpfälzischen (Mannheim, Heidelberg), geistlichen (Speier, [* 24] Mainz, [* 25] Würzburg, [* 26] Straßburg, [* 27] Konstanz, St. Blasien u. a.), fürstlichen (Fürstenberg, Löwenstein, von der Leyen, Leiningen etc.), Deutschordens-, reichsritterschaftlichen und andern Besitzungen sowie verschiedenen Reichsstädten etc. zusammen.
Baden ist eine konstitutionelle Monarchie, erblich nach dem Erstgeburtsrecht und der Linearerbfolge im Mannesstamm, im Fall des Erlöschens des Mannesstamms auf männliche Nachkommen badischer Prinzessinen ^[richtig: Prinzessinnen] übergehend. Landesfürst ist gegenwärtig Großherzog Friedrich, geb. (seit Derselbe führt den Titel: Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Er bekennt sich mit dem großherzoglichen Haus zur evangelischen Konfession. Die badische Verfassung wurde vom Großherzog Karl verliehen. Nach derselben steht dem Großherzog die ausübende Gewalt zu, während er die gesetzgebende mit den aus zwei Kammern zusammengesetzten ¶
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Landständen teilt. Die Zivilliste, gegen welche die Domänen dem Staat überlassen sind, beträgt (außer dem Genuß der Schlösser, Forsten etc., aber einschließlich Apanagen) 1885: 1,739,126 Mk. Die Staatsangehörigen haben gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten; die vollständige Gleichstellung der Juden in bürgerlicher Beziehung erfolgte Die privilegierten Gerichtsstände sind, mit Ausnahme desjenigen für die Mitglieder der großherzoglichen Familie und des Militärs, bereits durch Gesetz vom aufgehoben.
Die freie Ausübung der Religion ist gewährleistet. Die Ständeversammlung wird mindestens alle zwei Jahre berufen. Die Erste Kammer besteht aus den Prinzen des großherzoglichen Hauses, den Häuptern der standesherrlichen Familien (5 Fürsten und 2 Grafen), dem Erzbischof von Freiburg und dem evangelischen Prälaten, den vom Großherzog bis zur Zahl von 8 ernannten Mitgliedern, aus 8 (auf je 8 Jahre gewählten) Abgeordneten des grundherrlichen Adels, endlich aus 2 auf 4 Jahre gewählten Abgeordneten der 2 Landesuniversitäten.
Die Zweite Kammer bebesteht ^[richtig: besteht] aus 63 Abgeordneten, 20 von 13 Städten und 43 der Landbezirke; auf etwa 25,000 Einw. kommt ein Abgeordneter. Dieselben werden in indirekter Wahl auf 4 Jahre gewählt und zwar alle 2 Jahre zur Hälfte. Der Großherzog ernennt das Präsidium der Ersten Kammer, während die Zweite Kammer das ihrige selbst wählt. Der Großherzog beruft und schließt die Ständeversammlung und kann dieselbe vertagen und auflösen; im Fall der Auflösung hat binnen 3 Monaten eine Neuwahl stattzufinden, und auch die Wahlen und Ernennungen zur Ersten Kammer sind zu erneuern.
Die Stände bewilligen die Steuern, Anleihen und Domänenverkäufe; ihre Zustimmung ist erforderlich zu Erlaß, Abänderung und authentischer Erläuterung der Gesetze. Das Budget ist zweijährig. Dasselbe sowie alle Finanzgesetze gehen zunächst an die Zweite Kammer. Die Erste Kammer votiert dieselben nur im ganzen; im Fall ihre Mehrheit dagegen stimmt, entscheidet das Stimmenverhältnis beider Kammern zusammen. Zu Veränderungen und Ergänzungen der Verfassung ist eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln bei Anwesenheit von drei Vierteln der Mitglieder in jeder Kammer erforderlich. Im übrigen wird die Erste Kammer durch Anwesenheit von 10, die Zweite von 35 Mitgliedern beschlußfähig.
Die Kammern haben das Recht des Gesetzesvorschlags, der Vorstellung und Beschwerde sowie der Ministeranklage. Die Abgeordneten der Universitäten und der Zweiten Kammer erhalten Diäten. Für die Zeit, in welcher die Kammern nicht versammelt sind, besteht ein ständischer Ausschuß, aus dem Präsidenten und 3 Mitgliedern von der Ersten und 6 Mitgliedern der Zweiten Kammer zusammengesetzt, welche von jeder Kammer für sich gewählt werden. Der Ausschuß prüft die Hauptstaatsrechnungen; im Notfall genügt seine Zustimmung zur Aufnahme einer Staatsanleihe.
An der Spitze der Staatsverwaltung steht das Staatsministerium, bestehend aus dem Präsidenten des Staatsministeriums, den Departementschefs und besonders ernannten Mitgliedern als verantwortlichen Ministern. Die vorsitzenden Räte der Ministerien und einige andre höhere Beamte können zu den Sitzungen mit beratender Stimme zugezogen werden. Departements-Ministerien sind zur Zeit vier: die Abteilung des Staatsministeriums für das großherzogliche Haus, die auswärtigen und Reichssachen, das Ministerium des Innern, Ministerium der Finanzen, Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts.
Die unabhängig gestellte Oberrechnungskammer überwacht das gesamte Rechnungswesen. Die innere Verwaltung wurde 1863 neu organisiert, wobei die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuerst in Deutschland eingeführt und der Selbstverwaltung ein breiter Boden in Gemeinde, Bezirk und Kreis [* 29] gewährt wurde. In den 52 Amtsbezirken steht dem Bezirksamt der Bezirksrat zur Seite, welcher in Verwaltungsangelegenheiten mitwirkt und in erster Instanz Verwaltungsrechtsstreite entscheidet.
Die jeder mehrere Amtsbezirke umfassenden elf Kreise [* 30] sind lediglich für die Selbstverwaltung gebildete Körperschaften, welche in der Kreisversammlung und dem Kreisausschuß ihre Organe haben. Die praktischen Aufgaben der Kreisversammlung sind bisher vornehmlich das Straßen-, Kranken- und Armenwesen. In Verwaltungsrechtsstreitigkeiten entscheidet in zweiter und letzter Instanz der Verwaltungsgerichtshof. Eine Mittelstelle gibt es in der innern Verwaltung nicht, vielmehr unterstehen die Bezirksämter dem Ministerium des Innern unmittelbar; dasselbe erteilt die erforderliche einheitliche Direktive durch Ministerialräte, welche als »Landeskommissare« in je einem der vier Distrikte Konstanz, Freiburg, Karlsruhe und Mannheim die Aufsicht über die Bezirksverwaltung führen. Die übrigen Verwaltungszweige bedienen sich der Mittelstellen; so besteht eine Steuer-, eine Zoll- und eine Domänendirektion, eine Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaues, eine Generaldirektion der Staatseisenbahnen, ein Oberschulrat; Oberpostdirektionen sind in Karlsruhe und Konstanz.
Die rechtliche Stellung der kirchlichen Gemeinschaften gegenüber dem Staat ist durch das Gesetz vom geregelt. Dasselbe beruht auf dem Grundsatz, daß die kirchlichen Gemeinschaften in allen religiös-kirchlichen Sachen sich frei und selbständig verwalten, daß dagegen der Staat das, was auf seinem Rechtsgebiet liegt, selbst in die Hand [* 31] nimmt und durch seine ihm verantwortlichen Beamten besorgen läßt. Hieraus ergab sich die Trennung der Volksschule von der Kirche und die Einführung der bürgerlichen Eheschließung und Standesbuchführung.
Die Verfassung der evangelischen Kirche ist im allgemeinen eine Vereinigung des Presbyterial- mit dem Episkopalsystem und ist wie die Staatsverfassung eine repräsentative. Ihre Grundlagen bilden die Pfarr- oder Kirchengemeinden, deren jede durch einen Kirchengemeinderat vertreten wird. Mehrere solcher Gemeinden sind in eine Diözese vereinigt, mit regelmäßig wiederkehrenden, aus sämtlichen Geistlichen und einer gleichen Anzahl gewählter Kirchenältesten zusammengesetzten Diözesansynoden unter dem Vorsitz der Dekane.
Als Repräsentant der Gesamtkirche oder Landesgemeinde erscheint die periodisch sich versammelnde Generalsynode, welche aus dem vom Großherzog ernannten Prälaten der evangelischen Landeskirche, 7 vom Großherzog ernannten, 24 gewählten geistlichen und 24 desgleichen weltlichen Abgeordneten besteht und alle fünf Jahre neu gewählt und einberufen wird. Oberste Kirchenbehörde ist der vom Großherzog ernannte, aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern bestehende Oberkirchenrat. Die Zahl der Dekanate ist 27, die der Pfarreien 380. Die Vereinigung (Union) der lutherischen und reformierten Kirche erfolgte 1821. Die katholische Kirche ist durch die für die oberrheinische Kirchenprovinz erlassenen päpstlichen Bullen von 1821 und 1827 und das landesherrliche Edikt von 1830 organisiert; Landesbischof ist der Erzbischof ¶