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Taubergegend. Die Getreidefläche umfaßt 320,000 Hektar, worauf eine Durchschnittsernte von 375,000 Ton. Frucht erzielt wird. Der Ertrag deckt das Bedürfnis des Landes nicht; einzelne Gegenden führen freilich aus, andre dagegen haben größern Zuschuß von außen nötig. - Kartoffeln werden allgemein gebaut (auf 86,600 Hektar), durchschnittlich im Jahr 5-600,000 T. Wichtig ist die Kultur der Handelsgewächse. Hanf von besonderer Güte liefert namentlich das Hanauerland; jedoch ist dessen Anbau unter dem Druck ausländischer Konkurrenz stark zurückgegangen (von 9500 im J. 1865 auf 3000 Hektar); Tabak [* 2] baut vornehmlich die Pfalz bis gegen Karlsruhe [* 3] und die Ortenau bis gegen den Kaiserstuhl [* 4] (1883-84 auf 7646 Hektar). Baden [* 5] übertrifft hierin alle andern deutschen Staaten und vereinigt mehr als ein Drittel des ganzen deutschen Tabaksbaues.
Der gleichfalls vorzugsweise in der Pfalz gebaute Hopfen [* 6] nimmt gegen 3000 Hektar mit einem Jahresertrag von etwa 2000 T. ein; auch der Anbau von Zichorien auf 2700 Hektar mit etwa 30,000 T. Ertrag ist (namentlich für die Gegend von Lahr) [* 7] von Bedeutung; an Ölgewächsen werden Raps und Mohn gebaut (4700 Hektar). Bedeutend ist der Futterbau an Klee, Luzerne, Rüben etc. (124,000 Hektar); auch der Gemüsebau ist im ganzen erheblich, im einzelnen sind jedoch nur der Spargelbau von Schwetzingen, die Erdbeerkultur von Staufenberg bei Baden und der Meerrettichbau der Rastatter Gegend erwähnenswert. Die Wiesen sind großenteils bewässert; sie brachten 1883: 921,000 T. Heu. - Obst (Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschen, Nüsse) wird mit Ausnahme der höhern Gebirgsgegenden allgemein gezogen;
zum Teil sind auch die Felder mit Obstbäumen besetzt.
In der Gegend von Bühl, auch bei Heidelberg [* 8] werden Kastanien, in besonders milden Lagen, wie an der Bergstraße, Pfirsiche und Mandeln in größerer Menge gewonnen. Im Durchschnitt mögen 150,000 T. Obst gewonnen werden, welches zum Teil ausgeführt wird, und woraus zum Teil auch Obstwein und gebranntes Wasser (Kirsch- und Zwetschenwasser) bereitet werden. Die Weinberge nahmen 1883 ein Areal von 19,953 Hektar ein. Sie dehnen sich vornehmlich am Saum der Berge und Hügel gegen die Rheinebene sowie an den Ufern des Bodensees aus. Die hauptsächlichsten Weingegenden sind das Markgräflerland, der Kaiserstuhl, die Offenburger, Oberkircher und Bühler Gegend, die Bergstraße, der Taubergrund, die Meersburger Gegend und die Reichenau (s. Badische Weine). Die Ertragsmenge schwankt je nach guten und schlechten Jahren erheblich, im Durchschnitt beträgt sie etwa 600,000 hl im Wert von ca. 17 Mill. Mk. Der Wert der Gesamternte ist im Mittel auf 240 Mill. Mk. zu schätzen.
Die Viehzucht [* 9] ist im ganzen in gutem Zustand, und es wird ihr immer mehr Sorgfalt zugewendet. Namentlich wird das Rindvieh durch Kreuzung mit dem Simmenthaler Schlag verbessert. Auch der Pferdeschlag wird durch Einführung tüchtiger Hengste gekräftigt. Sowohl die Regierung als auch der Landwirtschaftliche Zentralverein nebst 67 landwirtschaftlichen Bezirksvereinen und sonstigen Vereinen sind um die Hebung [* 10] des Ackerbaues und der Viehzucht bemüht. Der Viehstand begreift (1883) 67,244 Pferde, [* 11] 609,426 Stück Rindvieh (davon 322,574 Kühe), 129,338 Schafe, [* 12] 370,589 Schweine, [* 13] 96,982 Ziegen.
Außerdem gibt es 62,560 Bienenstöcke und 1,815,502 Stück Federvieh. Die Zahl der Pferde und Schafe nimmt seit einiger Zeit ab, die der Schweine und Ziegen zu; die des Rindviehs hält sich auf gleicher Höhe. Im ganzen hat Baden im Vergleich mit andern deutschen Ländern einen sehr starken Viehstand. Es besitzt unter allen größern deutschen Staaten den verhältnismäßig größten Bestand an Wald; dabei ist seine Forstwirtschaft als musterhaft anerkannt. Von dem Wald waren 1883: 98,584 Hektar Staats-, 249,070 Gemeinde-, 15,244 Körperschafts-, 189,868 Hektar Privatwald.
Die meist bewaldeten Höhen des Schwarz- und Odenwaldes tragen den größten Teil des Waldes; doch enthalten auch die Ebene und das Hügelland ausgedehnte Waldungen, wie die Schwetzinger Haardt, die Lusthaardt bei Bruchsal, den obern und untern Haardtwald bei Karlsruhe, Bahnwald bei Rastatt, [* 14] Hagenschieß bei Pforzheim, [* 15] Mooswald bei Freiburg [* 16] u. a. m. 252,122 Hektar sind Nadelwald, 300,644 Hektar Laubwald, wovon 52,676 Nieder-, 96,039 Mittel-, 151,929 Hektar Hochwald. Der Holzvorrat wird auf 81 Mill., die jährliche Nutzung auf 2 Mill. Festmeter im Wert von 20 Mill. Mk. geschätzt. Ein Teil des Holzes wird in Stämmen und als Schnittware auf dem Rhein und über Straßburg [* 17] auf dem Rhein-Marnekanal sowie auf den Eisenbahnen ausgeführt. Die Jagd ist im ganzen gut bestellt; es gibt Rehe und Hasen, hier und da auch Hirsche, [* 18] Damwild und Schweine, von Vögeln: Enten, [* 19] Schnepfen, Auer-, Birk- und Rebhühner. - Der Fischfang liefert neben den gewöhnlichen Fischarten Salmen-, Ritter- und Lachsforellen im Rhein, Seeforellen, Felchen und Gangfische im Bodensee, Bachforellen in den Gebirgsgewässern;
Welse kommen im Mindel- und Ilmensee vor.
An nutzbaren Mineralien [* 20] kommt namentlich die reiche Ausbeute der Stein-, Kalk- und Gipsbrüche, der Kies- und Lehmgruben in Betracht; die erstern liefern zum Teil vorzügliches Bau- und Straßenmaterial. Der eigentliche Bergbau, [* 21] welcher früher in einigen Gegenden des Schwarzwaldes ziemlich lebhaft auf Eisen, [* 22] Blei, [* 23] Silber, Nickel etc. betrieben wurde, ist, weil nicht rentabel, zurückgegangen und jetzt unerheblich. 1883 wurden 8073 Ton. Steinkohlen, 998 T. Zink- und 23,5 metr. Ztr. Manganerze gewonnen. Die zwei Staatssalinen Dürrheim und Rappenau erzeugten 32,517 T. Salz, [* 24] das Sodawerk Wyhlen bei Rheinfelden nebensächlich 1413 T. Besonders reich ist an Mineralquellen. Die wichtigsten und bekanntesten sind die Thermen von Baden-Baden [* 25] und Badenweiler, die Stahlquellen Rippoldsau, Petersthal, Griesbach und Antogast, die Schwefelquelle Langenbrücken, die Solbäder Dürrheim und Rappenau, einer großen Anzahl kleiner Bäder nicht zu gedenken.
Industrie. Handel und Verkehr.
Wenn nun auch der Flächenverteilung nach Baden vorherrschend einen landwirtschaftlichen Charakter trägt und in manchen Strichen, wie der Seegegend, der obern Rheinebene, dem nördlichen Schwarzwald und im gesamten Nordosten, die Industrie ganz unentwickelt ist, so überwiegen doch im allgemeinen der Bevölkerungsverteilung nach die industriellen Handels- und Verkehrsgewerbe. Die Gewerbthätigkeit hat in einigen Gegenden festen Fuß gefaßt und eine hohe Blüte [* 26] erreicht.
Als industriell lassen sich besonders das Wiesenthal (Ämter Lörrach, Schopfheim, Schönau) nebst dem anschließenden Oberrheinthal (Säckingen und Waldshut) und der mittlere Schwarzwald (Ämter Triberg, Villingen und Neustadt) [* 27] bezeichnen; daneben ist die Fabrikthätigkeit besonders lebhaft in Mannheim, [* 28] Pforzheim, Karlsruhe, Freiburg, Lahr, Ettlingen, auch in Heidelberg, Konstanz, [* 29] Offenburg [* 30] und Weinheim. Der bedeutendste Industriezweig ist die Textilindustrie mit dem Hauptsitz im Wiesenthal und obern Rheinthal, sodann in ¶
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Freiburg, Waldkirch und Ettlingen, auch in Offenburg, Lahr und Konstanz vornehmlich als Baumwollspinnerei und -Weberei (als Druckerei besonders in Lörrach) und als Seidenzwirnerei und -Weberei (Bandweberei in Säckingen);
danach folgt an Umfang die Zigarren- und Tabaksfabrikation, anschließend an den Tabaksbau der Pfalz und der Ortenau, vornehmlich in der Gegend von Mannheim und Lahr;
die chemische Großindustrie, welche sich hauptsächlich in Mannheim und Umgegend mächtig entwickelt hat und Säuren, Soda, Chinin, Farben, künstlichen Dünger etc. produziert;
die Maschinenfabrikation (Lokomotiven, Nähmaschinen, [* 32] landwirtschaftliche Maschinen etc.) vornehmlich in Mannheim, Karlsruhe, Pforzheim und Durlach; [* 33]
die Bijouteriefabrikation in Pforzheim, als bedeutendste ihrer Art in Deutschland, [* 34] mit Ausfuhr nach allen Weltteilen;
die Lederfabrikation von Weinheim und Lahr;
die Papierfabrikation [* 35] in Freiburg, Ettlingen, Emmendingen, Schopfheim;
Tapetenfabrikation in Mannheim, Kehl, Breisach, Karlsruhe;
Kartonagenfabrikation in Lahr;
Hart- und Weichgummi- und Kautschukfabrikation in Mannheim;
Steingut- und Porzellanfabrikation im Kinzigthal;
Porzellanknöpfefabrikation in Freiburg; Spiegelglas und Spiegel [* 36] werden in einer großen Anstalt bei Mannheim (Waldhof) hergestellt;
Schleifereien von Granaten [* 37] und andern harten Steinen sind in Waldkirch und Zell am Harmersbach, Zichorienfabrikation in Lahr und Durlach, und die einzige, aber besonders große Zuckerfabrik besitzt Waghäusel unweit Schwetzingen. - Bier wird in vielen, zum Teil großen Brauereien gebraut (Karlsruhe, Mannheim, Donaueschingen);
zahlreiche Sägemühlen richten den Reichtum des Waldes zu Handelsware her.
Eigentümlich und zugleich bedeutend ist die Industrie des Schwarzwaldes;
dort ist eine lebhafte Uhrenfabrikation mit den Mittelpunkten Furtwangen, Lenzkirch, Triberg, Neustadt und eine als Hausindustrie weitverzweigte Strohflechterei im Gange;
Villingen, auch Waldkirch fertigen Musikwerke und Drehorgeln;
Todtnau, das sich zugleich der Textilindustrie des Wiesenthals anschließt, liefert Bürsten und Pinsel, der übrige südliche Schwarzwald grobe Holzwaren.
Inmitten des volk- und gewerbreichsten Teils Europas und an Hauptverkehrslinien von O. nach W. und von S. nach N. gelegen, selbst von einer dichten Bevölkerung [* 38] besetzt, hat Baden einen starken Verkehr zu vermitteln und zu führen. Hierfür dienen einige schiff- und flößbare Flüsse, [* 39] ein vorzügliches Netz gut unterhaltener Straßen (9000 km unter Staatsverwaltung und -Aufsicht) und (1884) 1328 km Eisenbahnen. Die schiffbaren Flüsse sind der Rhein, Main und Neckar; bis Mannheim reicht die große Rheinschiffahrt (mit Fahrzeugen von bis 1000 Ton. Tragfähigkeit), von dort aufwärts ist sie wegen des Gefälles und der beweglichen Sandbänke unerheblich; oberhalb Maxau hört sie fast ganz auf.
Die internationale Rheinschiffahrts-Zentralkommission hat ihren Sitz in Mannheim. Wichtig ist die Dampfschiffahrt des Bodensees. Flößbar sind außer den übrigen Rheinstrecken die Kinzig, Murg, Enz und Nagold. Die Eisenbahnen sind fast ausschließlich (1225 km) Staatsbahnen; [* 40] einige kleine Privatbahnen stehen unter Staatsverwaltung. Hauptlinien oder Teile von solchen sind die Main-Neckarbahn (an welcher Baden gleichfalls als Eigentümer teilhat) von Frankfurt [* 41] nach Heidelberg; die Linien Mannheim-Basel, Basel-Konstanz, Würzburg-Heidelberg (Odenwaldbahn), Mannheim-Karlsruhe (Rheinthalbahn), Bruchsal-Bretten und Karlsruhe-Mühlacker, beide an die Württemberger Bahn anschließend; Appenweier-Straßburg, Offenburg-Singen (Schwarzwaldbahn).
Das Anlagekapital der badischen Eisenbahnen beträgt 406 Mill. Mk. Auf denselben wurden 1883 über 52 Mill. metr. Ztr. Güter befördert. Dem Korrespondenzverkehr dienen (1883) 768 Postanstalten und 682 Telegraphenstationen (einschließlich derjenigen des Bahntelegraphen). Haupthandelsplatz Badens und zugleich Süddeutschlands ist Mannheim; als Endpunkt der großen Rheinschiffahrt, zugleich am schiffbaren Neckar und an der Kreuzung wichtiger Schienenwege gelegen, mit großartigen Hafen- und Lageranstalten ausgestattet, gewinnt es immer mehr Bedeutung (1883 Warenverkehr auf dem Rhein aufwärts nahezu 11 Mill., abwärts nahezu 3 Mill., auf der Eisenbahn nahezu 10 Mill. metr. Ztr.). An öffentlichen Kredit- und Versicherungsanstalten sind unter andern zu nennen: Badische Bank (mit Notenausgabe), Rheinische Kreditbank und Rheinische Hypothekenbank in Mannheim, Badische Versorgungsanstalt (Lebensversicherung) in Karlsruhe, 106 Vorschuß- und Kreditvereine, 50 ländliche Kreditvereine (deren Zahl in raschem Anwachsen begriffen ist), endlich 111 öffentliche Sparkassen mit 193,382 Einlegern und einem Einlageguthaben von 155 Mill. Mk. In Mannheim befindet sich eine Reichsbankhauptstelle, in Karlsruhe eine Reichsbankstelle. Vom Zollvereinsgebiet sind wegen der Lage ausgeschlossen: Büsingen (östlich von Schaffhausen) [* 42] und Jestetten nebst einigen Gemeinden (westlich von Schaffhausen). - hat selbstverständlich deutsche Münze und das für das Reich angenommene metrische Maß und Gewicht. Zuvor rechnete es nach Gulden zu 60 Kreuzer (1 Fl. = 1,71 Mk.) und nach Fußen = 30 cm, nach Maß = 1½ Lit., Ohm = 1½ hl, Morgen = 36 Ar etc.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Die Stammlande des Großherzogtums, das erst nach und nach durch Vereinigung verschiedener Gebiete seinen jetzigen Umfang erhielt, sind die Baden-Durlachschen: Markgrafschaft Baden-Durlach mit den Herrschaften Hochberg, Badenweiler, Sausenberg und Rötteln (etwa 1600 qkm = 29 QM.) und die Baden-Badenschen: Markgrafschaft Baden-Baden, Grafschaft Eberstein, Amt Kehl, Herrschaften Mahlberg und Staufenberg (etwa 1200 qkm = 22 QM.). Alle übrigen Landesteile sind neuere Erwerbungen, besonders durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803, den Preßburger Frieden von 1805 und die Rheinbundsakte von 1806, und setzen sich aus vormaligen hessischen (Hanauerland), nassauischen (Lahr), österreichischen (Breisgau, Ortenau, Stadt Konstanz etc.), kurpfälzischen (Mannheim, Heidelberg), geistlichen (Speier, [* 43] Mainz, [* 44] Würzburg, [* 45] Straßburg, Konstanz, St. Blasien u. a.), fürstlichen (Fürstenberg, Löwenstein, von der Leyen, Leiningen etc.), Deutschordens-, reichsritterschaftlichen und andern Besitzungen sowie verschiedenen Reichsstädten etc. zusammen.
Baden ist eine konstitutionelle Monarchie, erblich nach dem Erstgeburtsrecht und der Linearerbfolge im Mannesstamm, im Fall des Erlöschens des Mannesstamms auf männliche Nachkommen badischer Prinzessinen ^[richtig: Prinzessinnen] übergehend. Landesfürst ist gegenwärtig Großherzog Friedrich, geb. (seit Derselbe führt den Titel: Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Er bekennt sich mit dem großherzoglichen Haus zur evangelischen Konfession. Die badische Verfassung wurde vom Großherzog Karl verliehen. Nach derselben steht dem Großherzog die ausübende Gewalt zu, während er die gesetzgebende mit den aus zwei Kammern zusammengesetzten ¶