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von Bädern verbunden. Mit warmen Bädern wurde der willkommene Gast begrüßt, und sogar Königstöchter verschmähten es nicht, denselben darin zu bedienen. Vorzüglich geschätzt wurden Bäder von den Lakedämoniern, und einige wollen daher den Namen des bei den Römern so vielbenutzten Schwitzbades (laconicum, sc. balneum) von den Lakedämoniern ableiten. Heriodikos, welcher kurz vor dem Peloponnesischen Krieg lebte, soll Bäder zuerst in Verbindung mit kunstmäßigen Friktionen zur Erhaltung, Stärkung und Wiederherstellung der Gesundheit empfohlen haben.
Bei Hippokrates, seinem Schüler, finden sich die ersten umständlichen, unter wissenschaftlichem Gesichtspunkt geordneten Notizen über Nutzen und Nachteil der Bäder, welche als die Grundlage der spätern Balneotherapie zu betrachten sind. Der Gebrauch der warmen Bäder wurde später noch allgemeiner und häufiger, als die Griechen bei ihren Gymnasien und Palästren öffentliche Anstalten zum Baden [* 2] errichteten. Die Badehäuser der Römer [* 3] waren palastartige, weitläufige Gebäude, in denen jeder einzelne Akt beim Baden seinen besondern Raum hatte.
Vergleichen wir die Überreste alter Bäder untereinander, und halten wir sie zugleich mit dem zusammen, was Vitruv, Plinius, Palladius und andre Autoren darüber berichten, so erkennen wir folgende Teile eines römischen Bades überall wieder. In der Mitte des länglich-viereckigen Badegebäudes, im Kellergeschoß, lag das Heizungszimmer (hypocaustum), aus welchem sich Röhren [* 4] (caliductus) durch die Zimmer zur Lufterwärmung verbreiteten; über dem Hypokauston war ein Raum mit drei übereinander stehenden Kesseln (ahena); aus dem obersten (frigidarium) floß kaltes Wasser in den mittlern (tepidarium) und, hier lau geworden, in den untersten (caldarium), um heiß zu werden.
Aus jedem Kessel führten in die Badezimmer der beiden für die Männer und Frauen bestimmten Abteilungen des Gebäudes mit Hähnen versehene Röhren; der oberste Kessel erhielt sein Wasser aus einem gefüllten Behältnis, das gewöhnlich durch einen besonders dazu angelegten Aquädukt gespeist wurde. Neben und über dem Heizungszimmer waren die Badezimmer, das rund gebaute trockne Schwitzbad, mit diesem verbunden das warme Bad (caldarium), ferner die concamerata sudatio, wo man sich den Schweiß abtrocknete und den Körper reinigte, und das laue Bad (tepidarium). In jedem Zimmer befand sich ein steinernes oder metallenes Becken, um dasselbe ein Geländer, und zwischen diesem und den Wänden war der freie Raum (schola), wo die, welche noch zu baden gedachten oder bloß der Unterhaltung wegen das Bad besuchten, sich aufhielten. Von den römischen Bädern sind noch heutigestags mehrere Überreste vorhanden. Dahin gehören die Trümmer der Bäder in Rom [* 5] selbst, namentlich der des Titus, Caracalla (s. Tafel »Baukunst [* 6] VI«, [* 7] Fig. 11) und Diokletian, ferner die 1784 in Badenweiler entdeckten Ruinen, die eines römischen Privatbades zu Caerwent in England [* 1] (Fig. 1) etc., vorzüglich aber die pompejanischen Thermen, die in einem Zustand ausgegraben wurden, der es leicht macht, über die Bestimmung der meisten Teile mit Sicherheit zu entscheiden (vgl. nebenstehenden Plan, [* 1] Fig. 2). Die alten Gallier hatten ihre geheiligten Wasserquellen, in welche sie ihre Kranken legten, und in welchen sie sich zu gewissen Zeiten regelmäßig zu baden pflegten.
Die warmen Bäder kamen aber im 3. und 4. Jahrh. immer mehr in Verfall, ihr Gebrauch wurde sogar von der Geistlichkeit vielfach beschränkt und endlich verboten. So erlaubte der heil. Augustinus in seinen Regeln, monatlich nur einmal zu baden, und der heil. Hieronymus untersagte nach den Jahren der Kindheit den Gebrauch der Bäder gänzlich. Als aber im Anfang des 8. Jahrh. die Wissenschaften und namentlich die medizinischen bei den Arabern wieder aufblühten, kam auch der Gebrauch der Bäder wieder zu Ansehen, zuerst in dem von den Sarazenen eroberten Spanien. [* 8] Zu ihrer Empfehlung und Aufnahme in Deutschland [* 9] trug Karl d. Gr. viel bei; er liebte die warmen Bäder zu Aachen, [* 10] badete selbst viel und veranlaßte so viele andre, ein Gleiches zu thun, daß (nach Einhard) oft ¶
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mehr als hundert Personen zugleich badeten. Auch wurden in Hospitälern und Klöstern Bäder errichtet (balnea animarum, refrigeria animi), in welchen Arme unentgeltlich baden konnten. Keiner konnte den Ritterschlag erhalten oder in einen Orden [* 12] aufgenommen werden, bevor er nicht gebadet hatte. Noch häufiger und allgemeiner wurde der Gebrauch der Bäder durch die nähere Bekanntschaft mit den Sitten des Orients infolge der Kreuzzüge. In den Städten wurden eigne Badestuben errichtet, in welchen die Geschlechter getrennt badeten, und wo zugleich geschröpft und zur Ader gelassen wurde.
Man badete gewöhnlich des Sonnabends und betrachtete die körperliche Reinigung symbolisch zugleich als eine geistliche Weihung und Vorbereitung zur kirchlichen Feier des Sonntags. Bei der großen nach den Kreuzzügen herrschenden Sittenverderbnis gerieten jedoch die Bäder bald in Verfall. Die liederlichen Dirnen (fahrenden Weiber), welche in Scharen auf Reichstagen, Kirchenversammlungen und Jahrmärkten herumzogen, fehlten auch nicht in den Badestuben und trugen viel zum Verfall derselben bei. Da durch warme Bäder und Badestuben die ansteckenden Krankheiten, namentlich die im 16. Jahrh. so fürchterlich wütende Lustseuche, leichter verbreitet wurden, so beschränkte man den Gebrauch warmer Bäder aus Furcht vor Ansteckung in Deutschland und Italien. [* 13]
Der Gebrauch der Mineralbäder wurde in Deutschland und Frankreich vorzüglich im 15. und 16. Jahrh. allgemeiner und häufiger. Die Bäder, deren sich die Völker des Orients, namentlich die Türken, Ägypter und die Bewohner von Hindostan, bedienen, charakterisiert die raffinierteste Sinnlichkeit. Mit Bädern von Wasserdämpfen, welche mit den feinsten und kostbarsten Parfümen vermischt sind, wird eine durch Sklaven mit großer Sorgfalt verrichtete Manipulation des Körpers verbunden, welche man mit dem Namen Massieren, Kneten oder Schampuen (shampoo) bezeichnet und in mehreren Krankheiten sehr empfiehlt.
Vgl. über das Badewesen der Alten außer den Werken über römische Altertumskunde im allgemeinen: Wichelhausen, Über die Bäder des Altertums (Mannh. 1851);
Confeld, Das altrömische und seine Bedeutung für die Heilkunde (Darmst. 1863);
über die Badestuben des Mittelalters: Zappert, Über das mittelalterliche Badewesen, im »Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen«, Bd. 21 (Wien [* 14] 1859, Hauptschrift);
Joh. Falke, in »Westermanns Monatsheften«, Bd. 11 (1861);
Kriegk, Deutsches Bürgertum im Mittelalter (neue Folge, Frankfurt [* 15] 1871);
Marggraff, Badewesen der Vergangenheit (Berl. 1881).
Die medizinische Litteratur über Heilbäder s. Balneologie.
Einrichtung der modernen Badeanstalten.
In neuerer Zeit hob sich im Abendland das Badewesen zuerst in England. Die englische Regierung erließ 1846 ein Gesetz, durch welches die Stadtgemeinden ermächtigt wurden, nachdem auf Antrag von zehn Gemeindemitgliedern die städtische Verwaltung sich mit Zweidrittelmajorität für eine derartige Anlage entschlossen hat, die Ausführung derselben unter Verwendung von geeigneten Steuern in Angriff zu nehmen, worauf sie unter Aufsicht des Staatsministeriums steht. An allen Orten Englands und Schottlands finden sich jetzt auf Grund dieses Gesetzes angelegte große Schwimmanstalten für Männer und Frauen und in allen größern Städten auch auf Aktien gegründete Privat-, sogen. Klubbäder, welche nur den Aktionären zugänglich sind und außer der großen Schwimmhalle und den gewöhnlichen Wannenbädern unter anderm noch römische und Dampfbäder, Billardzimmer, Turnhalle, Lesezimmer und Rauchzimmer enthalten.
Bei den öffentlichen Bädern Englands und Belgiens ist in erster Linie auf die Schwimmhallen, erst in zweiter Linie auf warme Bäder Rücksicht genommen, von Dampf- und Schwitzbädern dagegen abgesehen worden. In der That scheinen diese letztern, in Rußland, Dänemark, [* 16] Norwegen [* 17] und Schweden noch vielfach im Gebrauch befindlichen Bäder auch in Deutschland minder nötig zu sein. Seit 25 Jahren sind auch in Deutschland Badeanstalten errichtet worden, zunächst die nach englischem Vorbild, jedoch ohne Schwimmbad gegründete Wasch- und Badeanstalt [* 18] in Hamburg [* 19] und nach ähnlichen Prinzipien die mit Schwimmbädern, Wannenbädern und Waschständen versehenen Aktienunternehmungen in Berlin. [* 20]
Eine weitere Förderung haben die öffentlichen Badeanstalten in größern deutschen Städten durch die Anlage der städtischen Wasserwerke erfahren, welche das zum Badebetrieb erforderliche reine Wasser zu liefern im stande sind. Auf diese Weise sind unter andern die mit Hilfe der Sparkasse und des Staats gebaute Badeanstalt in Bremen, [* 21] wo auch Bäder zweiter Klasse zu sehr billigen Preisen verabfolgt werden, und die große bedeckte Schwimmhalle in Dortmund [* 22] entstanden, welche der Stadt gehört und gleich den vorhergehenden das ganze Jahr hindurch betrieben wird.
Neben diesen größern, besonders mit Rücksicht auf die Unbemittelten errichteten Badeanstalten haben Aktiengesellschaften und Privatunternehmer Anstalten mit Schwimm-, Wannen- und andern Bädern eingerichtet und dieselben durch nicht zu hoch gehaltene Preise möglichst vielen zugänglich gemacht, worunter die mit getrennten Korridoren und Treppen [* 23] für Be- und Entkleidete versehene Schwimmanstalt in Aachen hervorzuheben ist. Als die meist entwickelten erscheinen die mit den Einrichtungen der römischen Thermen ausgestatteten Badeanstalten, welche, wie das römische am Praterstern in Wien, Räume und Bassins von verschiedenen Temperaturen zum Schwitzen und Abkühlen, Douchen, Ruhebetten u. dgl. enthalten.
Die öffentlichen Bäder werden zu den wirksamsten Mitteln für den physischen und moralischen Fortschritt der Bevölkerung, [* 24] da jeder, der die Wohlthaten des Badens an sich selbst empfunden hat, allmählich auch seinen Angehörigen dieselben nicht vorenthalten wird. Auch läßt sich erfahrungsmäßig durch sorgfältige Reinhaltung des Bassins, der Umgänge und Badezellen, durch besondere Reinigungsbäder und Douchen bei hinreichendem Zufluß von frischem Wasser und bei wöchentlich mindestens zweimaliger Entleerung, Scheuerung und Füllung das Schwimmbad in einem Zustand der größten Reinheit erhalten und durch die genügende Heizung [* 25] des Wassers und der Luft während der kältern Jahreszeiten [* 26] ein Aufenthalt schaffen, welcher ebenso gesund wie angenehm ist und zum wirksamsten Erholungsort wird.
Die Einrichtung der Badeanstalten, welche dem mit dem Baden beabsichtigten Erfolg zu entsprechen hat, ist verschieden, je nachdem sie der Erhaltung der Gesundheit, der Wiederherstellung derselben oder beidem entsprechen sollen. Dem ersten Zweck entsprechen vorzugsweise die kalten und warmen Wannenbäder, die Reinigungsbäder, die Douchebäder und die Schwimmbäder, dem letztern die ¶