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Naturwissenschaften durchaus unbrauchbar, wo wir Wahrheiten finden sollen, indem wir die Natur interpretieren, aber nicht, indem wir sie mit unserm Denken antizipieren. Die Natur auszulegen, sei nur durch Induktion [* 2] möglich und diese daher die einzige richtige Methode, wie die Erfahrung die einzige verläßliche Erkenntnisquelle der Naturwissenschaft. Objekt der Induktion aber sei weder die Materie noch die sogen. wirkende Ursache, sondern der Prozeß oder vielmehr das (Natur-) Gesetz, durch welches dieser beherrscht wird.
Die Anwendung dieses Grundsatzes unterscheidet die neuere Physik von der ältern. Nicht gestaltende Wesen (formae substantiales), wie der erste Beweger, die Weltseele, überhaupt die Seele, dürfen als Erklärungsgrund der Gestaltung vorausgesetzt werden, sondern eben nur Naturgesetze; doch dürfen nie, wie die Alten es fast ohne Ausnahme gethan haben, Endursachen (fines) als Erklärungsgründe mit untergeschoben werden, vor deren Aufsuchung und Anwendung der Physiker sich überall zu hüten hat.
Als Methodiker und Didaktiker gilt Bacon für einen der vorzüglichsten Begründer der modernen Wissenschaft; doch sind alle Großthaten der neuern Erfahrungswissenschaft entweder schon vor seiner Epoche vollzogen oder ihm gleichzeitig, doch nicht von ihm beeinflußt; die größte derselben, die Entdeckung des Kopernikus, ist von ihm nicht anerkannt, seines großen Zeitgenossen Gilbert Methode, die Methode der heutigen Naturforschung, sogar von ihm verworfen worden.
Als Physiker ahnte Bacon das Gesetz der gegenseitigen Anziehung (Gravitationsgesetz), welches Newton später bewies. Er hatte eine Art von pneumatischer Maschine [* 3] erfunden, mittels welcher er der Elastizität und Schwere der Luft, die Galilei und Torricelli nach ihm entdeckten, auf die Spur gekommen zu sein scheint. Die Naturgeschichte behandelte er im Abriß in seinem Werk »Sylva sylvarum«. Über Medizin hat er mehrere Aufsätze geschrieben, unter andern einen über »Leben und Tod« (»De vita et morte«).
Seine Aphorismen »Über die allgemeine Gerechtigkeit oder die Quellen des Rechts« (»Exemplum tractatus de justitia universali sive fontibus juris«) enthalten Ansichten, die zu der Bahn führen, welche die philosophische Rechtslehre verfolgt hat. Sein Versuch über die Moral, »Sermones fideles«, zeugt von eindringender Kenntnis des Menschen und der menschlichen Verhältnisse, vorgetragen in einem blühenden, kraftvollen Stil. Die »Nova Atlantis«, eine Allegorie, beziehen einige auf die Freimaurerei.
Tiefe Blicke in die Mythologie und den Geist des Altertums thut er in der »Sapientia veterum«. Wenig bedeutend ist sein Geschichtswerk »Historia regni Henrici VII., Anglorum regis«. Seine astronomischen Abhandlungen: »Thema coeli« und »Descriptio globi« sowie die »Über Ebbe und Flut« leiden an dem Grundfehler, daß Bacon die Wahrheit des kopernikanischen Systems nicht anerkennt. Seine kleinern Abhandlungen wurden als »Essays« herausgegeben von Whately (6. Aufl., Lond. 1864),
von Abbott (das. 1876),
deutsch, mit der »Weisheit der Alten«, von Fürstenhagen (Leipz. 1884). Gesamtausgaben seiner Schriften veranstalteten Bacons Sekretär [* 4] Rawley (Amsterd. 1663, 6 Bde.), Mallet (Lond. 1740, 4 Bde.; 1765, 5 Bde.), Montague (das. 1825-34, 16 Bde.) und am besten Ellis, Spedding und Heath (das. 1857 bis 1874, 14 Bde.; davon 7 Bde. Briefe und Biographie). Eine tiefgehende, jedoch nicht parteilose Charakteristik Bacons gab Macaulay in seinen »Essays«; Lasson (»Über Bacons wissenschaftliche Prinzipien«, Berl. 1860) und Liebig in seiner Rektoratsrede (»Über und die Methode der Naturforschung«, Münch. 1863) haben die übertriebene Hochschätzung Bacons auch vom Standpunkt der Naturforschung ermäßigt.
Vgl. Kuno Fischer, Franz Bacon von Verulam, die Realphilosophie und ihr Zeitalter (2. Aufl., Leipz. 1875);
Spedding, Account of the life and times of Lord Bacon (Lond. 1879, 2 Bde.);
Abbott, F. Bacon (1885); kürzere Biographie von Fowler (das. 1883).
4) John, engl. Bildhauer, geb. zu London, [* 5] war in seiner Jugend Porzellanmaler, zeichnete sich aber bald in der Bildhauerei so aus, daß er 1770 Mitglied der königlichen Kunstakademie wurde. Er starb in London. Sein bedeutendstes Werk ist eine Marsstatue. Außerdem verdienen Erwähnung: zwei Büsten Georgs III. (im Christchurch College zu Oxford [* 6] und in der Universitätsbibliothek zu Göttingen), [* 7] die Monumente William Pitts in der Westminsterabtei und in Guildhall, Howards und Samuel Johnsons Statuen in der Paulskirche zu London. Auch als Fabeldichter, asketischer Schriftsteller u. Verfasser vieler Grabschriften machte sich Bacon bekannt.